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fahrt im Jahre 1878 unternommen werden. Nordenskjöld   hatte schon im Jahre zuvor in einer ausführlichen Denkschrift den Zweck seiner beabsichtigten Fahrt längs der nordsibirischen Küste und die Bedeutung der nordöstlichen Durchfahrt für den Welthandel im allgemeinen und für die skandinavischen Reiche im besonderen ausführlich dargelegt und so wurde eine neue Expedition größtenteils auf Kosten der schwedischen Regierung und des Königs von Schweden   selbst, dann aber auch des Herrn Oskar Dickson   in Gotenburg   und des Russen Herrn Sibiriakow ausgerüstet. Zweck dieser Entdeckungsfahrt war: von Nowaja- Semlja nach Osten vorzubringen, womöglich einen Durchgang längs der sibi­rischen Küste auszufinden und schließlich durch die Behringstraße und den Suezkanal nachhause zurückzukehren, auf diese Weise ganz Asien  und Europa   umsegelnd. Als einziges für diese Forschungsreise in Aus­sicht genommenes Fahrzeug wurde das Wallfischfahrer- Dampfboot " Bega" für die Zwecke der Expedition angekauft. Dasselbe, ein sehr starkes, aus Eichenholz gebautes und auswendig noch mit einer 10 cm dicken Schicht von westindischem Holz gepanzertes Schiff, hat 500 Tonnen Gehalt und eine Maschine von 60 Pferdekraft Die ,, Vega" nahm neben dem erforderlichen Kohlenquantum, um etwa 15 000 km zurückzulegen, Mundvorräte auf 2 Jahre an Bord. Darunter spielten namentlich die fonservirten Präparate eine große Rolle. Das Hauptschiff führte noch einen ganz kleinen schwachen Dampfer mit sich, um längs der sibirischen Küste, wo das Wasser an vielen Stellen sehr seicht vermutet ward, als Sondirungsboot zu dienen. Am 4. Juli 1878 segelte die ,, Vega" von Gotenburg   ab. Am 1. August passirte sie die Jugorsche Straße und kam am 6. wohlbehalten im Dicksonhafen an der Jenisseimündung an. Am 14. August erreichte die Expedition die Taimyrinjel, welche aber feines­wegs blos eine einzelne Insel ist, sondern aus einem ganzen Archipel von Inseln und Inselchen leztere aus lauter nackten Granitblöcken bestehend zusammengesezt ist. 4 Tage lang hielt sich die ,, Vega" in dieser Inselregion auf und nahm verschiedene Untersuchungen vor. Am 19. erreichte jie Cap Ticheljuskin, das erste Hauptziel der Expedition, die nördlichste Spize der alten Welt. Diese war bisher nur im Jahre 1742 von Lieutenant Tscheljuskin über Land mit Schlitten erreicht worden, aber seit drei Jahrhunderten sind alle Versuche gescheitert, zu Wasser dahin zu gelangen, bis die schwedische Expedition das Problem löfte. Am 20. August wurde die Reise wieder fortgesezt und der Weg von Osten aus südwärts genommen, in der Hoffnung, auf weitere neue sibirische Inseln zu stoßen. Alsbald aber stellte sich Treibeis ein und am Morgen des 23. zeigte es sich als unmöglich, in dieser Richtung weiter vorzubringen. Es wurde nun versucht, nordwärts zu segeln und im Nordosten einen Ausweg aus diesen Eisfeldern zu finden. Vier­undzwanzig Stunden später befand sich die ,, Vega" wieder in offener See. Am 27. lief sie im Lenadelta   ein und schon am 28. fonnte sie, begünstigt von gutem Wind und klaren Wetter, die Reise nach Osten fortsezen. Aber in den lezten Tagen des Dezember 1878 empfing das schwedische Ministerium des Aeußeren Nachricht, wonach die kürzlich vom arktischen Ozean nach San Franzisko zurückgekehrten Walfischfänger berichten, ein vom Eise eingeschlossenes Schiff beim Osikap gesehen zu haben, welches, wie sie sämmtlich annahmen, ein größeres zur schwedischen Polar­expedition gehörendes Fahrzeug war." Sogleich ließ Sibiriakow einen Dampfer von 350 Tonnen in Malmö   bauen, um damit schon im Auguſt 1879 durch den Suezkanal nach der Beringstraße   zu gehen und nach Nordenskjöld   zu forschen. Mittlerweile erfuhr man, daß es in der Tat die ,, Bega" sei, welche in geringer Entfernung vom Festland und noch westlich vom Ostkap   vom Eise eingeschlossen liege. Das Ostkap   ist die nordöstliche Spize Asiens  , welche mit dem gegenüberliegenden Cap Prinz Wales des amerikanischen Kontinents die schmale Beringstraße begrenzt. Es wurde nun von Sibirien   aus eine Expedition organisirt, um die ,, Vega" auf dem Eiswege mit Renntieren oder Hunden zu erreichen, auch sollte ein russisches Kriegsschiff von der Station im Stillen Ozean ihr baldmöglichst durch die Beringstraße zu Hilfe kommen und Gordon Bennet, der Besizer des Newyork Herald", welcher im Begriff stand, seine in San Franzisko bereit liegende Yacht Jeannette"( so benannt nach dem Namen der Schwester Bennets) zu einer Polarfahrt abgehen zu lassen, erteilte ihr den Auftrag, in der Beringstraße   und nach Pas­sirung derselben feine Anstrengungen zu scheuen, um sichere Mitteilungen über Nordenskjöld   zu erlangen und ihm eventuell wirksam Unterstützung zu gewähren.

( Schluß folgt.)

Literarische Umschau.

München   in der Westentasche. Ein Führer für Fremde und Ein­heimische. Sommer 1882. München  , Druck und Verlag von Georg

C. Fehleisen. Forts.) Deutsche Rechtssprichwörter. Von M. Wittich.

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Bollner. Ruffinibazar 14.( Preis 25 Pfg.)- Die Verlagsbuchhand­lung hat mit diesem Miniaturführer wirklich das Menschenmögliche ge­leistet. Nicht nur, was man für 25 Pfg., sondern was man von einem nicht ganz ausführlichen und dann notgedrungen ziemlich kostspieligen Führer durch eine große Stadt und deren Umgebung überhaupt er­warten kann, leistet das zu alledem noch solid und geschmackvoll aus­gestattete Büchlein.

XZ.

Das vituelle Schächten der Israeliten im Lichte der Wissenschaft. Ein Vortrag gehalten im wissenschaftlich- literarischen Verein zu Kaisers­ lautern   von C. Bauwerker, Bezirkstierarzt in Kaiserslautern  . Verlag von August Gotthold's Buchhandlung ebenda. Diese etwa drei Boden starke Broschüre behandelt die vielumstrittene Schächtfrage in flarer Weise und so interessant, daß auch derjenige, welcher von jüdischem Ritus nichts weiß und ähnlichen Fragen feine Bedeutung beizumeſſen gewohnt ist, gewiß nicht bedauern wird, sie gelesen zu haben. Für ge bildete Juden, die sich nicht blindlings religiösen Vorurteilen gefangen geben mögen, scheint es uns sogar Pflicht zu sein, sich damit bekannt zu machen, und für alle, welche der Geschichte menschlicher Torheit ihr Studium zugewendet haben oder wenigstens einige Aufmerksamkeit schenken, wird das wissenschaftlich und doch im guten Sinn des Worts populär gehaltene Buch eine willkommene Lektüre sein.

Allgemeinwissenschaftliche Auskunft.

XZ.

Jüterbog. P. K. Dietrich von dem Werder( nicht Dietrich von Werder) ist einer der vorzüglichsten deutschen   Dichter während der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Geb. 17. Januar 1587 zu Werders hausen bei Köthen  , als Page des Landgrafen von Hessen   verhältnis­mäßig gut erzogen, später dessen Geheimrat, Aufseher einer Erziehungs anstalt in Marburg   und Gesandter. Dann auf seinem Gute lebend, nach der Schlacht bei Leipzig   von Gustav Adolf   zum Regimentskomman deur ernannt, von 1635 an hauptsächlich den Wissenschaften lebend. Gestorben am 18. Dezember 1657. Anerkennung hat er sich erworben durch seine Uebersezungen von Tassos Befreitem Jerusalem" und Ariosts Rasendem Roland".

Greifswalde. B. S. Die Art, wie Sie fünstliches Elfenbein herzustellen suchten, konnte allerdings zu feinem günstigen Resultate führen. Ueberhaupt ist es unseres Wissens bis jezt nie recht gelungen, künstliches Elfenbein von tadellos reiner Farbe herzustellen. In neuester Zeit will jedoch der Erfinder des Celluloid, J. S. Hezatt, eine befriedigende Fabrikationsweise entdeckt haben. Derselbe stellt aus 8.2. Schellack und 32 T. Ammoniakflüssigkeit von 0,995 spezifischem Gewicht durch mehrstündiges Schütteln in rotirendem Cylinder bei einer mög lichst gleichmäßig erhaltenen Temperatur von 37,5° Celsius eine ſyrup flüssige Lösung her, in die etwa 40 T. Zinkoryd eingeführt werden. Die Mischung wird in einer Farbmühle zermahlen, dann auf Glas platten völlig ausgetrocknet, noch einmal und zwar zu möglichst feiner Masse gemalen und dann in die Formen, wie sie die betreffenden Waaren zeigen sollen, gebracht. In den Formen kann ein Druck von 160 Kilo auf den Centimeter und eine Hize von 125-137,5° Celsius zur wendung kommen.

Redaktions- Korrespondenz.

An

Braunschweig  . M. St. Ihr Gedicht Das Gleichgewicht" zeigt bedeutenden Formensinn und Gewandtheit des Ausdrucks. Der Gedante ist jedoch weder glüdli noch triit er flar in die poetische Erscheinung.

am besten und wird demnächst abgedruckt.

Ottensen  . G. Sch. Von den neuestens eingesandten Gedichten ist das Erkannt

Darmstadt. Prof. Dr. B. Für Ihre freundliche Zusage besten Dank.

Berlin  . Junger Anfänger T. Ihr Roman ist zumteil recht interessant und besonders ganz ungeheuer spannend." Einzelne Partien im Anfange und der ganze Schluß sind dagegen ganz außerordentlich schwach. Das ist um so fataler, als der pis tante Teil nichts mehr und nichts weniger als ein höchst ungenirter Abklatschi del " Irren von St. James" von Galen ist. Fahren Sie nicht so fort, wie Sie an

gefangen haben, junger Anfänger.

Prath bei Weßlar. Bergarbeiter A. D. Mein Antwortschreiben auf Ihren Brief ist nach verschiedenen Jrrfahrten als unbestellbar zurückgekommen, weil in Shrem Orte mehrere Bergleute Ihres Namens wohnen und nicht angegeben sei, welcher der verschiedenen Bergarbeiter A. D. gemeint sei. Geben Sie also Ihre Adresse ganz ge

nau an.

G.

Von

Inhalt: Verschlungene Lebenswege. Roman von Franz Carion.( Forts.)- Die pariser Salons und die Encyclopädisten. Im Kampf wider alle. Roman von Ferdinand Stiller.( Forti.) Die Jeannette- Expedition auf dem Eise.( Mit Illustration.) Literarische Umschau: München   in der Westentasche- Das vituelle Schächten

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der Ifraeliten im Lichte der Wissenschaft. Allgemeinwissenschaftliche Auskunft.

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Redaktions- Korrespondenz.

Berantwortlicher Redakteur Bruno Geiser   in Stuttgart  . Redaktion: Neue Weinsteige 23.

Expedition: Ludwigstraße 26 in Stuttgart  .

Drud und Verlag von J. H. W. Dieß in Stuttgart  .