Hoffnung gewiegt, einen militärischen Staatsstreich machen, der Revolution durch die Bajonette der Miettruppen einen eisernen Damm sezen zu können.

Der 5. Oktober zerstörte diese Illusionen. Der König sammt Familie und Hofstaat wurde gezwungen nach Paris   zu gehen. Gelingt es nicht, den grollenden Löwen zu beschwichtigen, zu zähmen oder einzuschüchtern, oder hinterrücks vermittels eines ins Ausland reichenden Minenganges ihn totzuschlagen, dann ist das Spiel verloren, die legitime Bourbonenmonarchie nebst aristokratisch- flerifalen Anhängseln muß einpacken, falls sie nicht eingepackt werden will und Schlimmeres.

Zum Einschüchtern und hinterrücks Totschlagen fehlts vor läufig an Gelegenheit und an der Macht. So bleibt denn nur das Beschwichtigen und Zähmen. Der Löwe muß kajolirt und womöglich auf die anderen gehezt werden, auf die Re­volutionsmänner.

Was eignet sich aber besser zur Schmeichel- und Hezarbeit als die Presse, dieses sündige Kind der Revolution? Gegen die Revolutionspresse die Reaktionspresse, und als Devise das hübsche Sprüchlein: à Corsaire Corsaire et demi. Auf einen Schelmen anderthalbe. Im Kajoliren und Hezen muß die Revolutionspresse übertrumpft werden.

Und wie ist sie übertrumpft worden?

Während die jungen Journalisten der Revolution, die Ca­ mille Desmoulins  , Loustalet sich erst tastend den Weg suchen, während ein Marat, ein Hebert kaum die Flügel zu heben beginnen, steuert die royalistische Presse, vom Kopf bis zu Füßen gewappnet in die Rennbahn, umschmeichelt und strei­chelt nach fertigem Plan den grollenden Löwen, und schleudert nach fertigem Plan bald die schwärmerbedeckten Bonderillas des Spotts, bald die vergifteten Wurfspeere und Vitriolflaschen kon zentrirter Verläumdung auf die tötlich gehaßten Revolutionsmänner.

Da gibts keine Rücksicht, keinen Strupel. Die Verhaßten sollen vernichtet, der Zorn, die Verachtung des Volkes soll gegen sie erregt werden. Die Verläumdung feiert zügellos ihre Orgien, sie kennt weder Schranken des Anstandes noch der Wahrheit, und hüllt sich, wenn sie es für gut findet, in das Schmuzgewand zotigster Unfläterei.

Doppelt genäht hält besser, dachte die Hofpartei, und grün­dete, sobald sie sich von dem Schlag des 5. Oftober einiger maßen erholt hatte, gleich zwei Zeitungen auf einmal: ,, Le Petit Gautier" und" Les Actes des Apôtres". Den ersteren können wir links liegen lassen, denn er ist durch seine Zwillingsgeschwister rasch in Schatten gestellt worden.

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Die ,, Actes des Apôtres" zeigten sich ihrer Mission desto würdiger. Sie wurden nicht blos aus der Chatulle des Kö­nigs materiell, sondern auch von der Blüte des Hofadels mo­ralisch und geistig durch Protektion und Beiträge unterstüzt. Und die fine fleur( die Auserlesensten) der royalistischen Geistes­helden, die Rivarol und Suleau, von denen der leztere ein schlechtes Ende genommen hat, und der andere- obgleich er das Leben rettete kein viel besseres, besorgten die Redaktion. Erwähnenswert ist schon der Titel des Blattes: Actes des Apôtres", das heißt zu deutsch  : Apostelgeschichte. Diese Benüzung des biblischen Namens zeigt weß weltlichen Geistes diese Vorfämpfer der Religion und der Kirche waren. Voltairianer durch und durch, wie bei Anbruch der Revo­lution, als die Not ihn noch nicht beten gelehrt hatte, der ge­sammte Adel und drei viertel der Geistlichkeit Frankreichs  , zitirten die Herren Redakteure der Apostelgeschichte  " bei sich zu Haus oder im Privatkabinet mit lockeren Dämchen aus vollem Hals lachend das famose: écrasez l'infâme!( nieder mit den Niederträchtigen!), um einige Stunden später einen fulmi­nanten Artikel zu schreiben, welcher die Gegner der Religion als Gottesleugner und Heiligtumsschänder in den tiefsten Schwefel­pfuhl der Hölle verwies.

Der frivole Voltairianismus dieser liederlichen Royalistea gesellschaft hat unzweifelhaft als natürlichen Rückschlag jene ernste, an den englischen Puritanismus des 17. Jahrhunderts erinnernde Religiosität erzeugt, die in Rousseau   ihren bered­

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testen Ausdruck fand und bei Robespierre   vielfach mit Un­recht auf bloße Heuchelei und Gleißnerei zurückgeführt worden ist. Ex ungue leonem! Betrachten wir die Pfoten und Pfoten­leistungen dieser auserwählten Champions des Königtums, des Adels und der Kirche. Die Gläubigen der fable convenue ( des hergebrachten Märchens) von der französischen   Revolution, wie sie von den handwerksmäßigen, im traditionellen Geleise vorantrottenden sogenannten Geschichtsschreibern à la Sybel, Häuser u. s. w. für das deutsche Publikum aus französischem Küchenabfall zurechtgekocht worden ist, sie werden freilich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn sie erfahren, wessen die lilienreinen Schwertritter( sie entwickelten sich mit der Zeit zu Dolchrittern, Dolchrittern ohne Metapher chevaliers du poignard) in Verteidigung des lilienreinen Li­lienbanners kapabel gewesen sind, und mit welcher Genialität sie in puncto des Cynismus, der Unfläterei und der persön lichen Verdächtigung alle späteren Ausbrüche der Revolutions­presse antizipirt und übertroffen haben.

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Doch lassen wir das Kritisiren und geben wir eine kleine Blumenlese aus dem legitimistisch- royalistisch- klerikalen Musterblatt.

Um Raum zu ersparen, beglaubigen wir die Citate nicht im einzelnen durch Mitteilung der Nummern und Seiten, und wollen uns, da die ,, Actes des Apôtres" im Original schwer zugänglich sind, ein für allemal auf die kürzlich in Paris   er­schienene Schrift, von Marcellin Pellet   beziehen: ,, En­cyclopédie de la Révolution Française, un Journal Roya­liste en 1789" ,,, les Actes des Apôtres", ,, Armand de Chevalier, éditeur). Und nun in medias res: Von La­fayette sagen die ,, Actes des Apôtres", deren Motto lautet: Liberté, Gaieté, Democratic   royale( Freiheit, Lustigkeit, kö­nigliche Demokratie), er sei ein Schwein, ein elender Spion, ein geriebener Fuchs, ein Bär, ein Tiger". Barnave   ist ab­wechselnd ein Mezger, eine Hyäne, ein Henker, ein Schakal, ein kleiner Nero." Philipp von Orleans( Egalité) figurirt als Räuberhauptmann, Galerensträfling, ein schmuziger Hund, ein Schurke, aus dessen schmierigem Gesicht die Gemeinheit herauseitert( suppure)". herauseitert( suppure)". Bailly ist ein großer Lump, ein abscheulicher, ekelhafter Göze, ein Harlekin, ein Hanswurst". Necker ein Cartouche  ( ungefähr gleich unserem deutschen Schinder­hannes). Die beiden Lameth sind Liedriane, Mädchenjäger, Nonnenräuber, sie wandeln den Weg der Intrigue, der Ge­meinheit, des Verbrechens, der Infamie, der Undankbarkeit, des Totschlags, des niedrigsten Auswurfs( de la crapule). Sie sind Vipern, friechende, giftige Tiere, Feiglinge, Gallenblasen ( des poches à fiel), elende Bastarde, Gistmischer, Meuchel­mörder". Der Herzog Mathieu von Montmorency, einer der Vertreter des Adels, die in der berühmten Augustnacht die freilich nicht mehr zu rettenden Privilegien des Adels hin­warfen, ist ein schuftiger Lump( f.... gueux)". Der Herzog von Aiguillon ein Feigling, ein Totschläger". Der Bischof von Autun   ein Judas  , ein erschreckliches Ungeheuer. Der Abbé Grégoire   ein Rüpel( rusta), ein H.... jäger, ein Apostat, ein Esel, ein Schwein, ein Schafskopf( sot)". Con­ dorcet   ein Feigling, ein Kuppler, ein Bandit, ein Straßen­räuber" und Lavoisier   ein Strauchdieb und Spizbube". Die Nationalversammlung ist cine gottmordende Kloake ( cloaque deicide), voll von tausend ekelhaften Insekten, ein Haufen von Dieben, eine Bande von Verbrechern, eine schmu­zige Sammlung von Meuchelmördern, eine unreine Räuberhöhle, eine Sammlung von Hallunken( collection de j... f...)". Man müßte die Demagogen zum Teufel jagen und sich an dem Schauspiel ergözen, daß sie wie die Kröten auf dem Lande an Mistgabeln zappelnd, auf den Ruinen der Bastille an einem langsamen Feuer geröstet werden". Die nicht in das Horn der Actes des Apôtres" blasenden Mitglieder der National­versammlung sind Bediente, flachköpfige Hallunken, verworfene Subjekte, rohe Kerle, Hanswurste, Schurken, elende Lumpen, Feiglinge, schmuziges Gesindel, Räuber, Galgenvögel, Bettler, Ränkeschmiede, Trunkenbolde, Mistfinken( des fumiers)" und was ähnlicher Ehrentitel mehr sind.