Der Herzog von Orleans war in der Sceschlacht von Quessans ein feiger Hosen.-"( Das Epitheton ist neuer­dings durch Anwendung auf einen Reichsminister für Deutsch­ land   fursfähig gemacht worden). Er läßt sich von den Eng­ländern bezahlen". Robespierre   hat im College Louis le Grand  ( wo er erzogen wurde) Hemden gestohlen". Lafayette  ist in seinem Privat- wie öffentlichen Leben der vollendetste Lump und Hallunke". Necker hat den Fiskus um Millionen bestohlen, und alle seine Freunde und Verwandten mit Staats­geldern vollgestopft( gorgé)".

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Auch die Frauen und Töchter der Revolutionsmänner sind vor diesen Söhnen der Kreuzritter" nicht sicher. Die fleckenlose Gattin Karl Lameth's ist eine Dirne", die skan­dalösesten Abenteuer werden von ihr erzählt, eine ekelhafte Krankheit ihr angedichtet u. s. w. Ebenso schlecht kommt die edle Gattin Condorcet's   weg, die zu einer Messalina gestempelt wird. Die Marquise von Sillery( Frau von Genlis) deren einziger Fehler es war, daß sie so langweilig war und das Schreiben nicht lassen konnte, ist die schamloseste aller Säu­ferinnen( la plus éffrontée des inrognesses), Bacchantinnen und Mänaden." Die Mutter des Herzogs von Orleans wird beschuldigt, die Geliebte ihrer Lakaien und von Lastträgern, die sie auf der Straße auslas, gewesen zu sein. Die revo­lutionären Hinneigungen des Herzogs von Montmorency werden damit natürlich" erklärt( s. oben), daß seine Mutter sich von einem plebejischen Stallfnecht Unterricht in den Menschen­rechten" habe erteilen lassen, und daß der junge Herzog das Resultat dieser Lektionen sei. Die Tochter Neckers( Ma­dame von Staël  ) ist eine Messaline  ", die eines Tages zum Abbé Fauchet sagt: Sehen Sie, wie hübsch ich bin, mein Herr Abbé. Betrachten Sie sich mein Bein! Ah, Sie sehen mir nach dem Busen, Sie kleiner Schäfer?"

Am ausdauerndsten, gehässigsten und rücksichtslosesten wird aber Mirabeau   verfolgt, der bis über das Grab hinaus die Zielscheibe der unflätigsten Angriffe in Prosa und Versen bleibt. Mirabeau   ist gewiß kein reiner Karakter, und die deutschen   Pro­fessoren, welche aus ihm einen Heros und den strahlenden Mittelpunkt der französischen   Revolution machen, haben troz ihrer Gelehrsamkeit" die Geschichtsquellen nicht studirt und mit grandioser Oberflächlichkeit die überlieferten Legenden für baare Münze genommen. Indes gerade die Vertreter der Monarchie und des Hofs hatten kein Recht, Mirabeau   anzugreifen, denn er hat sein Möglichstes getan, um die Monarchie zu retten. Und daß er dies für das Geld des Hofs getan, ist der häß­lichste Flecken auf seinem Karakter. Beiläufig ist es nach ver­schiedenen Richtungen hin karakteristisch, daß aus derselben Tasche, die Mirabeau's   Tätigkeit im Dienste der Monarchie bezahlte, auch das Geld für die Federn" der Apostelgeschichte  " floß, die Mirabeau   mit allen Mitteln der Lüge und Verläumdung in der Achtung des Volks herabzusezen und politisch unmöglich zu machen suchte. Es zeigt dies einerseits die Zerfahren­heit, anderseits aber auch die Unehrlichkeit der Hofpartei, welche durch ihre Doppelzüngigkeit die Katastrophe nur beschleu­nigte. Nach den Actes des Apôtres" ist Mirabeau   ein Un­geheuer, ein Spizbube, ein Schnapphahn, ein Scheusal, ein Gauner, ein Thersites, ein Cartouche, ein Dieb, ein Ravaillac  , kerl, ein giftiges schleimiges Reptil, ein Catilina  , ein Sch... Kerl, eine Kröte, ein Teufel, ein Aas( Marogue) u. s. w. Er ist " gefünstelt, rachsüchtig, von unmäßigem Ehrgeiz zerfressen, ebenso grausam wie treulos, teck bis zur Frechheit, gewissenlos, jedes Mittel ist ihm recht, das zum Ziel führt." Er hat ein scheuß­liches Gesicht, eine abscheuliche Schnauze( un museau affreux), ist ein gelbes, schielendes, stinkendes Ungeheuer."

Die Standaloja, die man ihm andichtet, werden mit den un­flätigsten, cynischsten Details erzählt!

Auf dieses Gebiet fönnen wir nicht folgen, das verbietet uns die Rücksicht, welche wir unseren Lesern schulden.

Da Mirabeau   für Angriffe auf seine Person ziemlich un­empfindlich ist, so sucht man ihn in den Personen zu treffen, die er liebt. Die arme Sophie Monier, welche der Stern

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seines Lebens war und durch ihre Liebe ihn vor dem Versinken in die Gemeinheit bewahrte, wird als eine niedrige Buhlerin hingestellt, die sich ihm an den Hals geworfen und durch die verwerflichsten Bordellkünste diesen Minotaur  ", durch dessen Lüsternheit und obscöne Häßlichkeit ihre verderbte Phantasie ent­flammt worden, an sich gelockt habe."

Kein Laster, dem Mirabeau   nicht gefröhnt, kein Verbrechen, das er nicht verübt hat!

,, Que voulez- vous donner, Messieurs, vous pouvez voir:

A tant par crime, on est sur de l'avoir."

( Was wollen Sie geben, meine Herren? Sehen Sie zu: für jedes Verbrechen hat er seine Taxe. Wer sie zahlt, der hat ihn.)

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Ein andermal Mirabeau   war gerade von einigen Leuten auf der Straße insultirt worden sangen die Dichter der Apostelgeschichte  ":

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O le grand jour que ce jour- tout Français prononcera Que Mirabeau pendu sera.

( O schöner Tag, wo jeder Franzose sagt: Mirabeau   wird gehängt.) Den Rest des Couplets drucken wir nicht ab, weil er zu unflätig ist.

Etwas später bringen die ,, Actes des Apôtres" eine Karri­fatur, in der Mirabeau   als Teufel dargestellt ist und das Schwein des Heiligen Antonius am Strick führt( das Schwein soll ein Bataillon Nationalgarde sein, welches Mirabeau zum Kommandanten gewählt hat), und darunter die Verse:

O Mirabeau, chef de la horde, Perturbateur du genre humain, Que n'avez vous au cou la corde Que vous tenez en votre main!

( Mirabeau  , du Haupt der Bande, du Ruhestörer des Menschen­geschlechts, warum hast du den Strick statt in der Hand nicht lieber um den Hals.)

Und bald darauf heißt es:

,, Puissé- je voir au bout d'une pique sanglante Promener dans Paris   ta tête encore fumante."

( Könnte ich doch sehen, wie auf der Spize einer Picke dein rauchen­des Haupt durch Paris   getragen wird.)

Ein menschenfreundlicher Wunsch, der in einer folgenden Nummer also variirt wird:

Herr Riquetti( Mirabeau  ), Sie nehmen einen so erhöhten Standpunkt ein, daß die einzige Erhöhung, die Ihnen noch fehlt, der Galgen ist."

Als Mirabeau   endlich gestorben ist, prophezeien die ,, Actes des Apôtres", seine Asche wird die Pest aushauchen" und sie laden die Hunde von Paris   ein, das Grab des Hallunken zu verunreinigen."

Genug. Die schon erwähnte Rücksicht auf die Leser der Neuen Welt" hindert uns weiter zu zitiren.

Und nun fragen wir: Hatte Camille Desmoulins   nicht recht, als er nach Gründung der ,, Actes des Apôtres" schrieb: ,, Die Royalisten haben jezt einen bequemen Ablagerungs­plaz für ihren Schmuz."

Ehe wir schließen, bitten wir noch die Zeit genau im Auge zu behalten. Die ,, Actes des Apôtres" haben so geschrieben in den ersten Jahren der Revolution; während die Erzesse, welche der Revolutionspresse zur Last gelegt werden, in die späteren Jahre fallen, wo die Leidenschaften in viel höherem Grade aufgewühlt waren.

Dessen ungeachtet sind diese Erzesse nicht so exzessiv wie die der ,, Actes des Apôtres".

Marat   und Hebert werden verdunkelt durch die Suleau und Rivarol, der ,, Ami du Peuple  " und der ,, Père Duchesne" sind, was den Ton betrifft, schwächlich und blaß neben den ,, Actes des Apôtres".

Und wenn man bedenkt, daß die ,, Actes des Apôtres" diese Kampfweise eingeführt, mit dieser tollen Verblendung- von der Gemeinheit hier gar nicht zu reden das Volk gereizt und Repressalien förmlich herausgefordert haben, wie können wir uns über die Katastrophe wundern, die schließlich hereinbrach?

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