macht gegen Montevideo   zog, suchte der blutige Rosas in Buenos Ayres   seine Herrschaft dadurch zu befestigen, daß er alle Ein­wohner des von ihm geknechteten Landes, die mit ihm nicht ein verstanden waren, einfach verhaften und durch Massenhinrichtungen aus der Welt schaffen ließ. Wer reich oder angesehen war, fonnte keine Minute seines Lebens sicher sein. Frauen, die nicht die Farbe der rosas'schen Schreckensherrschaft an ihren Kleidern trugen, wurden entkleidet durch die Straßen gepeitscht. Während Rosas in Buenos Ayres   das Blut derart vergoß, daß ihm höchstens noch der König von Dahomey   in der Massenschlächterei gleichkam, flüchteten die Einwohner zu tausenden nach Montevideo  , wo sie freundlich aufgenommen wurden. Die besten und an­gesehensten Namen von Buenos Ayres befanden sich bald in Montevideo  , soweit sie den Henkern des Rosas entgangen waren. Die Regierung von Montevideo   nahm die europäische   Civilisa tion als Grundlage ihrer Anschauungen an; Rosas, der seine Blutherrschaft auf die rohen Horden der Gauchos stüzte, ver­warf naturgemäß alle civilisatorischen Bestrebungen und verfolgte sie mit dem Henker. Da inztoischen auch noch der Sturz Oribe's eintrat, so wurde der Kampf unausbleiblich; ein Krieg entspann sich, so gräuelvoll, wie ihn die dunkelsten Blätter der Weltge­schichte kaum noch kennen. Dribe ließ auf Befehl Rosas' alle Gefangenen, auch die, denen man früher Pardon zugesichert hatte, erschießen, hängen oder enthaupten. Unter solchen Um ständen war es nicht sehr einladend, der Republik   Montevideo  zu dienen, deren Streitkräfte und Geldmittel schwach waren, während Rosas, der alle seine Opfer beraubt, die Güter aller Emigranten eingezogen hatte, reichliche Mittel zur Verfügung standen.*)

Die Gefahr hatte Garibaldi   immer angezogen; fie tat es

*) Die Geschichte der Regierung des blutigen Rosas ist so interessant und lehrreich, wenngleich man die Details dieser Periode nicht ohne Grauen lesen kann, daß es sich lohnte, sie bei Gelegenheit einmal in diesen Blättern zu behandeln. Beiläufig sei bemerkt, daß das Ungeheuer Rosas 1852 gestürzt wurde und mit seinen gestohlenen Schäzen nach England floh. Dort starb Rosas, im Schuze der britischen Gastfreiheit, im März 1877 im Alter von 84 Jahren. Der Verf.

586

auch hier. Wo sich die Civilisation und die blutige Barbarei befämpften, konnte für ihn kein Zweifel bestehen; er trat in die Dienste der Republik   Montevideo  . Obwohl er auf allerlei gegen ihn gerichtete Intriguen stieß, gelang es ihm doch, sich das all­gemeine Vertrauen zu erwerben. Als Dribe auf Montevideo  rückte, organisirten sich die daselbst anwesenden Europäer in ein zelne Korps, die man Legionen nannte. Es bildeten sich eine spanische, eine französische und eine italienische Legion, die leztere natürlich unter dem Befehle Garibaldis, der bei der Formirung dieser Truppe bei seinem trefflichen, leider allzufrüh verstorbenen Freunde Auzani eine sehr erwünschte Hilfe fand. Garibaldi  flößte seine eigene Uneigennüzigkeit der ganzen Legion ein. Sie empfing feinen Sold, sondern nur Rationen an Nahrungsmitteln; sodann gab man ihr das Versprechen, den Ueberlebenden oder den hinterlassenen Familien Ländereien oder Vieh zu verabfolgen. Mehr konnte die kleine und arme Republik   in der Tat nicht geben.

Der übermächtige Feind rückte auf Montevideo   und blokirte die Stadt; die spanische Legion ging zu ihm über und die Situation wurde bedenklich. Garibaldi   war mit seiner italienischen Legion die Seele der Verteidigung. In zahlreichen Gefechten und Scharmüzeln, durch fühne Handstreiche und verwegene Ueber­fälle, schlug, dezimirte, beunruhigte er den Feind. Seine Erfolge waren so glänzend, daß die Regierung von Montevideo   der italienischen Legion die Schenkung großer Ländereien übersandte. Garibaldi   wies im Namen der Legion die Schenkung zurück.

Indessen änderte sich die Lage, der General Rivera, welcher die Hauptarmee von Montevideo   kommandirte, wurde von der Hauptarmee des Rosas unter Urquiza vollständig geschlagen. Dadurch wurden alle Kräfte des Feindes gegen Montevideo   selbst frei und die Blokade immer enger und drückender. Um diese Zeit schlug Garibaldi   vor, er wolle sich mit der italienischen Legion auf einer Flotille einschiffen und nächtlich nach Buenos Ayres   fahren, um dort den Diktator Rosas zu überfallen und so den Krieg zu beendigen. Aber die Regierung gab nicht ihre Zustimmung zu diesem Handstreich.

( Fortsezung folgt.)

Baierns Landesausstellung zu Nürnberg  .

I.

Schwerlich dürfte eine Ausstellung von Erzeugnissen deutscher Kunst und Industrie einen zweckentsprechendern und schönern Ort finden, als die am 15. Mai eröffnete baierische Landes-, Industrie-, Gewerbe- und Kunst- Ausstellung in Nürnberg  . In keiner Stadt Deutschlands   prägt sich wohl der Triumph des Bürgertums so scharf aus über mittelalter­liches Wesen und Gebräuche als hier in der alten freien Reichsstadt"; nirgends findet man wohl so viele Denkmale der Architektur, Skulptur und des Bronzegusses, in denen der Geist der deutschen   Reformation oder wie wir es gewöhnlich nennen der deutschen   Renaissance den späteren Jahrhunderten entgegenleuchtet, als in der Stadt des Albrecht Dürer  , Peter Vischer   und wie die großen Meister jener Zeit alle heißen.

-

-

Wenn man den innigen Zusammenhang von Kunst und Volks­leben wahrnehmen und studiren will, so braucht man nur Nürnberg  zu besuchen. Seine Bürger, damals treu und gottergeben wie das Volk allerorten in Deutschland  , fühlten den Geist und Gemüt beleben­den Hauch der Reformation, er wies sie zurück zu der lange stief= mütterlich bedachten und verschmähten Natur. Nur zu natürlich ist, daß sich diese Wandlung auch im gesammten öffentlichen Leben und Tun offenbaren mußte. Vornehmlich ist es aber die Kunst, diese höchste und schönste Blüte der Kultur, in der ein solcher Umschwung zur Er­scheinung kommt, ja die gerade dadurch sich um so mächtiger entfalten kann. Noch ehe die neuen Ideen allgemein verstanden und im praf­tischen Leben realisirt werden, wird die Kunst dieselben in ihren mannig­fachsten Gestaltungen verförpern und sie so dem Volke zur Erscheinung bringen, dadurch begeistern und zur eifrigen Arbeit auf der Bahn des Fortschritts anregen.

Daß eine solche Umwälzung nicht plözlich vor sich gehen kann ist flar. Plözlich kommen derartige Erscheinungen nur für die geistig Blinden oder für diejenigen, die dem allmäligen durch keine Macht der Erde dauernd zu verhindernden Fortschritt gegenüber aus irgend welchen Gründen die Augen absichtlich verschließen. Und so sieht man auch auf dem Gebiete der Kunst der Reformationsepoche, wie mit den Formen

der Gotik, dieser konsequent durchgeführten Kunstgattung der weltver achtenden christlichen Religion, der nene Kunststil anfangs gemeinsam auftritt, mit dem Alten ringt und kämpft, bis schließlich das in ihm frisch pulsirende Leben die Oberhand gewinnt. Ein herrliches Beispiel dafür ist das großartige Meisterwerk Peter Vischers, das Sebaldusgrab in der Sebalduskirche zu Nürnberg  . Ueberall machen sich an dieser vortrefflichen Arbeit noch die gotischen Formen bemerkbar, aber der Geist der Renaissance durchdringt bereits das Ganze und feiert seinen Triumph in den fein farakterisirten lebenswahren und kunstvollen Fi guren der Kinder und Apostel, wie auch im übrigen plastischen Schmud.

Solcher Denkmale wird nun der aufmerksame Besucher viele finden, wenn er die Straßen Nürnbergs   durchwandert oder wohl gar die groß artigen Sammlungen des Germanischen Museums besucht. Er möge dann nur nicht vergessen, daß es der Gemeinsinn war, der all diese Dinge geschaffen und dessen gewaltige Kraft die feudale Wirtschaft hin weggefegt. Soviel ist gewiß, derjenige, welcher das alte Nürnberg  genau betrachtet und in den Geist der Sprache einzudringen sucht, die da in den öffentlichen Brunnen, den kühn geschwungenen Giebeln, wie in dem mannigfaltigen Ornamenten- und Zierwerk an den alten Patrizierhäusern und in vielem anderen zu uns redet, wird, wenn er dann durch die reichgeschmückte Pforte der Ausstellung eintritt und das lebhaft bewegte Bild gewahrt, in dem Unternehmen doch etwas anderes erblicken als einen modernen Jahrmarkt, wie oberflächliche oder vorein genommene Beurteiler neuestens solche bedeutsame Schaustellungen be titelt haben. Wie dort sich uns ein von der Vergangenheit überkom mener Geist offenbart, so ist es hier eine Kundgebung des derzeitigen Menschengeistes, die uns einen tiefen Einblick in unsere Kulturwert stätten gewährt und aus der wir viel lernen können

-

ein Spiegel, in dem wir sowohl unsere Schwäche als auch unsere Vorzüge erbliden. Man darf nur das äußere Arrangement dieser Ausstellung be trachten, um zu der Ueberzeugung zu gelangen, daß die Veranstalter den Wert und die Bedeutung derselben richtig zu würdigen und dem Ausdruck zu geben verstanden haben. Einen so herrlichen Plaz dürfte man freilich zu diesem Zweck auch nicht leicht wiederfinden. Es ist das im Nordosten Nürnbergs   gelegene Marfeld", ein durch schöne alte Baumpflanzungen- Linden, Kastanien 2c.- belebter Park von 120 000

Quadratmeter Flächenraum, der allerdings noch von Künstlerhand zu

9

g

C

δ

b

a

fe

id

1

A

11

6

de

&

EASTEDTREETS

111

de

jei