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hofft, sie würde, wenn sie von Italien beschickt wäre, auch eine freie Verfassung für ganz Italien entwerfen können, aber die Reaktion schritt zu schnell vor. Nachdem in Florenz die Contrerevolution gesiegt, brachte der Papst einen förmlichen Kreuzzug gegen die römische Republik zu Stande. Desterreich, Neapel und das republikanische Frankreich vereinigten sich, um Venedig und Rom zu unterwerfen. Es wird behauptet, die französische Volksvertretung habe ihre Zustimmung zur Absendung eines französischen Heeres nach Rom gegeben, weil sie geglaubt habe, daß der Präsident Bonaparte zu Gunsten der römischen Republik interveniren wolle. Wir untersuchen nicht, ob man wirklich der französischen Nationalversammlung dieses fürchterliche Armutszeugnis ausstellen kann genug, der französische General Dudinot erschien mit etwa 30 000 Mann Franzosen vor Rom , während die Neapolitaner zu seiner Unterstützung heranzogen und die Desterreicher Venedig belagerten.
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Der Plaz Garibaldis konnte nirgend anders sein als in Rom . An demselben Tage, als die römische Nationalversammlung beschloß, Rom gegen die anrückenden Franzosen mit den Waffen zu behaupten, am 26. April 1849, erschien Garibaldi in Rom , von einem unbeschreiblichen Entusiasmus empfangen.„ Er trug", so sagt ein italienischer Historiker, in seiner Person allein die Bedürfnisse des Augenblicks und war die Hoffnung aller."
Dennoch erhielt Garibaldi nicht den Oberbefehl über die römische Streitmacht; aber seine überlegene Befähigung machte ihn zur Seele der Verteidigung Roms. Die Organisation der Verteidigung Roms, die man seinen Händen entzog, war eine lahme, und deshalb mußte Rom troz aller Tapferkeit seiner Verteidiger fallen. Man staunt, wenn man erfährt, daß die mächtige Stadt den 30 000 Franzosen nur 15 000 Mann regulärer Truppen entgegenzustellen vermochte; die 10 000 Mann Nationalgarde kamen nicht viel in Betracht. Hätte man Garibaldi eine militärische Diktatur übertragen, so hätte sich die Sache jedenfalls anders gestaltet.
Garibaldi hatte mit 2500 Mann ausgedehnte Linien und die am meisten gefährdeten Punkte zu verteidigen.
Der General Dudinot spielte immer noch den„ Freund" der Römer und gedachte unter dieser Maske in die Stadt einzuziehen, d. H. sich derselben ohne Kampf zu bemächtigen. Aber am 30. April wurden die Franzosen bei ihrem Doppelangriff auf das Tor Cavallegieri von Garibaldi mit blutigen Köpfen zurück geschickt. Garibaldi wollte die Franzosen verfolgen und ihnen den Rückzug zu ihren Schiffen abschneiden. Dieser Plan hätte, wenn ausgeführt, die Lage ganz Italiens umgestalten können. Garibaldi schrieb an die Regierung:„ Schicken Sie mir frische Truppen und ich verspreche Ihnen, daß nicht ein Franzose seine Schiffe erreichen soll."
Aber Mazzini widersezte sich diesem Plane; er wollte, Rom solle sich nicht ganz mit Frankreich verfeinden." Von da ab war die Verteidigung Roms zwar noch ruhmvoll, aber zwecklos. Es kam zu einem Waffenstillstand, während dessen Dudinot Verstärkungen an sich zog.
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Jezt erschien auch der König von Neapel mit 12 000 Mann auf dem Schauplaze! Sie rückten unangefochten bis Velletri vor, aber am 9. Mai wurden sie von Garibaldi der jezt unbe stritten den Titel General führte bei Palestrina angegriffen und derart geschlagen, daß sie sich in völliger Flucht auflösten und vom Kriegsschauplaze verschwanden. Zugleich erschienen 5000 Spanier in Italien , die, obschon später auf 9000 angewachsen, sich nicht am Kampfe beteiligten, sondern in Gaëta eine Leibwache des Papstes Pio IX. bildeten.
Die Desterreicher unterwarfen inzwischen Bologna , Ferrara und Ravenna ; die Unterhandlungen mit Oudinot aber führten natürlich zu keinem Resultat, da die Römer die Franzosen nicht freiwillig in ihre Stadt lassen wollten. Am 3. Juni versuchte Dudinot abermals in Rom einzudringen und wurde am Tore von San Pancrazio abermals mit solchem Verlust von Gari baldi zurückgeschlagen, daß er nun zu der Einsicht gelangte, er müsse die offene Stadt mit seiner Uebermacht nach allen Regeln der Kunst belagern, wenn er sie nehmen wolle.
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Garibaldi konnte sich der Ueberzeugung nicht verschließen, daß eine offene Stadt der regelrechten Belagerung durch einen überlegenen Feind nicht widerstehen könne. Die blutigen Kämpfe dezimirten die Verteidiger. Man hatte gehofft, in Frankreich würde Ledru Rollin ans Ruder kommen und die Dudinotsche Armee abberufen werden. Die Niederlage der Partei Ledru Rollins am 13. Juni 1849 zerstörte auch diese Hoffnung. Das Bombardement füllte die Straßen Roms mit Trümmern und Leichen. Zahlreiche Breschen wurden in die alten Mauern geschossen; fast alle Geschüze der Verteidiger waren unter dem wütenden Bombardement demontirt worden. In der Nacht vom 28. auf den 29. Juni erschien Garibaldi mit Blut bedeckt und mit Pulver geschwärzt, den Mantel von Kugeln zerfezt, vor der Versammlung und verkündete, daß die Franzosen das wichtigste der Verteidigungswerke, das Fort San Pancrazio, genommen hätten und daß nun die Verteidigung gänzlich hoffnungslos sei. Er warf der Versammlung vor, daß sie auf seinen Vorschlag einer Diktatur nicht eingegangen sei, denn die Diktatur sei das Mittel gewesen, 100 000 Mann zu bewaffnen.
Garibaldi sagte, er wolle den Kampf noch nicht aufgeben, aber die Versammlung, beim Anblick der brennenden Stadt, über der sich die Bomben des Feindes kreuzten, dekretirte die Aufhebung der Verteidigung.
Die Unterhandlungen begannen; am 2. Juli zogen die Fran zosen in Rom ein, und die besiegte Stadt harrte in dumpfem Schweigen der Racheorgien des zurückkehrenden päpstlichen Regiments. Am selben Tage, da Oudinot in Rom einzog, zog Garibaldi auf der anderen Seite der Stadt hinaus. Etwa 2500 Mann Jufanterie, 400 Mann Kavallerie und ein Geschüz bildeten seine Streitmacht. Er hatte im Sinne, Venedig zu Hülfe zu eilen, das sich noch immer hielt. Mit großer Kühnheit und Geschicklichkeit vollführte Garibaldi seinen berühmten Zug von Rom bis in das Gebiet der kleinen Republik San Marino , aber er sah ein, daß es mit den Desterreichern vor sich und den Franzosen im Rücken nicht gehen würde, mit dem ganzen Korps nach Venedig vorzubringen. Er entband seine Gefährten ihres Wortes und ließ sie auf dem neutralen Gebiet der Re publik San Marino zurück, konnte aber damit nicht verhindern, daß die meisten den Oesterreichern in die Hände fielen und brutal behandelt wurden. Mit einer Anzahl seiner zuverlässigsten Leute, etwa 140 an der Zahl, suchte nun Garibaldi in kleinen Fischerbooten Venedig zu erreichen. Man hatte die Stadt schon in Sicht, als die österreichischen Blokadeschiffe auf die Fischerflottille Jagd machten. Mit Mühe und Not konnte sich Gari baldi noch ans Land retten; er trennte sich von seinen Gefährten und jeder suchte allein zu entkommen. Auf Garibaldi's Kopf war ein Preis gesezt; die Desterreicher hätten ihn sicher erschossen, wenn sie ihn gefangen hätten, wie sie ja auch seine Freunde, den Mönch Ugo Batti und den berühmten römischen Volksredner Ciceruacchio , die sich dem Zuge angeschlossen, erschossen haben.
In diese Zeit fällt die rührendste und schmerzlichste Episode von Garibaldi's Leben. Seine Frau Anita hatte sich troz ihres hochschwangeren Zustandes nicht von ihm trennen wollen und hatte alle Warnungen verachtet. Aber die Anstrengungen der Flucht brachen die Kraft des zarten Körpers der erst 28 jährigen Frau. Gerade da ihr Mann jeden Augenblick den Desterreichern in die Hände fallen konnte, legte sie sich zum Sterben, und der in Schmerz und Tränen zerfließende geächtete Gatte wurde durch die nahenden Desterreicher vom Sterbebett seiner so innig geliebten Lebensgefährtin vertrieben*).
*) In den Aufzeichnungen Garibaldi's über seine interessante und mutige Gattin, die beiläufig keineswegs, wie dieser Tage deutsche Blätter behaupteten,„ von unbekannter Herkunft" war, heißt es aus jenen schrecklichen Tagen:„ O Erde der Ravennaten, sei du einstweilen den Gebeinen der heldenmütigen Tochter Amerikas leicht!" Uebrigens hat Anita auch nicht, wie ebenfalls neuestens zu lesen war, beim Abzug von Rom die Nachhut befehligt. Kann man Garibaldi zumuten, seiner noch dazu hochschwangeren Frau ein solches Amt übertragen zu haben? Ueberfall in der Nähe von San Marino die Nachhut zum Widerstand Uebrigens stammt die Sage wahrscheinlich daher, daß Anita bei einem D. Verf.
anfeuerte.