Es gelang endlich Garibaldi, sich nach hundert gefährlichen Abenteuern auf die offene See und auf ein englisches Schiff zu retten, das ihn nach Piemont brachte. Er ward vom Volke mit Wärme empfangen; die Regierung schlug vor, ihn aus Piemont auszuweisen, was die Kammer mit großer Majorität ablehnte. Aber die Regierung drohte nun, den Verteidiger Roms wegen einiger Kontributionen, die er erhoben, zu belangen und Garibaldi zog vor, Piemont zu verlassen, nachdem er noch ein Geschenk von 10 000 Franks, das ihm die über seine Abreise erfreute Regierung anbot, zurückgewiesen hatte. Er wollte nach Tunis fahren, aber der Bey ließ ihn garnicht ans Land. Er bot dem heimatlosen Mann einen Dampfer zur Rückfahrt nach Malta an, was Garibaldi ablehnte. Er fuhr nach
595
der kleinen Insel Maddalena , im Norden von Sardinien ge= legen, wo er sich niederlassen wollte. Die piemontesische Regierung wies ihn aus, und man brachte ihn nach Gibraltar , von wo ihn England auswies. Nur in Tanger konnte er ein halbes Jahr im Hause eines Freundes Ruhe finden, wo er seine Memoiren zu schreiben begann. 1850 siedelte er nach New- York über, wo er in einer Lichterfabrik einen bürgerlichen Beruf sand. Dann führte er für amerikanische Kaufleute Schiffe nach China und Australien . 1855 kehrte er nach Europa zurück.
Vom Verteidiger Montevideos und Roms in die Lichterfabrik romantischere Schicksale. hat kein berühmter Mann unserer Zeit aufzuweisen.
-
( Fort. folgt.)
II.
Edle Liebe.
Novelle
Beinahe vierzehn Tage später stand Priam vor der Tür des Obristen und reinigte sich eifrig die Füße, lachte vergnügt vor sich hin und öffnete dann leise die Tür.
Aber der Obrist hörte ihn nicht. Er hatte ihm den Rücken zugekehrt und saß weit übergebeugt vor einem großen mit Karten, Schlachtplänen und Büchern überdeckten Tisch. Er martirte eine dieser Landkarten mit bunten Nadeln und dampfte aus seiner langen Pfeife, als ob eben das ganze Land unter seinen Händen in Feuer und Rauch aufginge.
Priam hustete und räusperte sich. Vergebens.
"
"
Priam schon zurück sein," brummte er vor sich hin. Priam allerlei schöne Dinge wissen."
Umsonst. Der Obrist martirte eifrig weiter und schoß eben drei Rauchwolfen nach einander in die Luft, als ob eben wieder drei neue Dörfer Feuer gefaßt.
Priam hustete noch einmal, als ob auch er seine Worte martiren wolle, und sagte dann mit lauter Stimme:
Da fuhr der Obrist endlich auf und sah den Neger fragend an. " Nichts aus Germany sein, Massa!" sagte Priam, den Obristen mit halbzugekniffenen Augen pfiffig ansehend und dann den Wollkopf nach oben schnellend, als wolle er ihn wie eine Kugel durch die Decke in die obere Etage schnellen, wo Missis Lizzi noch immer frank lag.
-
"
Nichts," sagte der Obrist finster, immer nichts aus Germany! Und was sonst, Priam?"
"
Von Missis Lizzi oben Priam neue, nette Dinge wissen, Massa. Von Joë aus Houssonshouse neue, nette Dinge gehört haben -von wo Missis weggelaufen, Massa!" " Was sagst du, Priam?" fragte der Obrist gleichgültig. " Sie ist aus Houssonshouse weggelaufen?
-
Missis Lizzi sehr schnell weggelaufen sein, Massa!" " Und warum ist sie weggelaufen?" fragte der Obrist. Vor alte Ma'am weggelaufen sein alte Ma'am sehr giftig gewesen sein, weil Missis mit Mac Tillok Liebschaft ge= habt und Mac Tillok Nachts durch's Fenster gekommen, weil Türen zugeriegelt sein."
-
-
Wirklich, Priam, ist das wahr?- Wer hat dir das gesagt?" fragte der Obrist ihn scharf anblickend. " Joe Schentelman sein und schwarzer Schentelman immer nobel sein und nicht lügen, wie weiße Schentelman tun," sagte Priam, den Kopf stolz in die Höhe werfend und einen seiner Füße patetisch vorschiebend." Joe nobler Schentelman sein und noch mehr sagen. Joe sagen: alte Ma'am sehr giftig sein und Missis aus dem Hause jagen, aber Missis nicht schlimm sein und nichts böses tun, sondern Tochter von alte Ma'am schlimm
( 1. Fortsezung.)
sein und mit Mac Tillok Liebschaft haben durch's Fenster, wenn Türen zugeriegelt sein und alles in Missis' Schuhe schieben. Arme Missis Lizzi!"
"
So!" sagte der Obrist nachdenklich und gedehnt und zwei riesige Rauchwolken in die Luft blasend.
"
-
„ Alles in Missis Schuhe schieben arme Missis aus dem - keine schwarze Ma'am so Hause jagen in Wind und Regen schlimm sein, wie weiße Ma'am in Houssonshouse!"
Der Obrist stand auf, ging ein paarmal im Zimmer auf und ab, blieb dann am Fenster stehen und sah stumm hinaus und strich sich den langen Schnurrbart.
"
"
Und groß Lamento in Houssonshouse gewesen sein, als Missis Lizzi fortging in Wind und Regen," fuhr Priam eifrig fort. Kleine Piccaninis Missis Lizzi am Kleide festgehalten und erbärmlich weinen und schreien und bitten aber Missis Lizzi nicht hören und ganz stolz und schnell fortgehen und kein Wort mehr sagen. Alle, alle Missis Lizzi sehr lieb haben in Houssonshouse und Mac Tillot kein Schentelman sein, ein böser tückischer Flirt sein pfui! ein ganz schlechtes Stück sein!"
-
Priam schwieg, aber sein heftiges Hantiren mit den Fäusten und Armen und das bedrohliche Runzeln der Stirn und Rollen der Augen bezeugten, daß er innerlich ganz empört sei über das ganz schlechte Stück, Mac Tillot genannt.
" Es ist genug," sagte der Obrist,„ geh!"
Priam drehte sich hastig um und verließ das Zimmer, draußen von neuem schimpfend und total erbost über Mac Tillok, der die arme, hübsche Missis Lizzi in solch' Malheur gebracht.-
Der Obrist sah durch das Fenster hinaus in den warmen Sonnenschein, der drüben in dem goldenen Kreuz des Kirchturms blizte. Der Sonnenschein hatte aber auch die sieben Hügel nicht vergessen und begann sie in mattes Grün zu kleiden und einen warmen Frühlingsschleier von Gras und Blumen darüber zu weben. Wer weiß, ob der Obrist grade hieran dachte, aber was besonderes muß es gewesen sein, was ihm durch den Kopf ging, denn die Pfeife war ihm ausgegangen und er be= merkte es nicht einmal und rauchte doch immer fort.
Er drehte sich jezt langsam vom Fenster fort und ging eben so langsam in die Wohnstube, in der seine Schwester Katharine und die weggejagte Gouvernante aus Houssonshouse Miß Lizzi gewöhnlich am Fenster zu ſizen und nach guter deutscher Art zu nähen pflegten. Miß Lizzi oder Lieschen, wie sie des Obristen Schwester viel lieber nannte, saß jezt allein am Fenster und nähte, während die Schwester des Obristen im Hauswesen beschäftigt war. Lizzi sah noch sehr bleich aus, und es waren weder die bläulichen Ringe um ihre klaren hellblauen Augen ganz verschwunden, noch die Rosen auf ihren Wangen, die vordem da so gut gediehen, wieder aufgegangen. Jezt aber, als der Obrist eintrat, ward sie rot wie ganz dunkele Rosen und