zu seinem Unternehmen verwendet wissen, allein die Kommission, die über das Geld zu verfügen hatte, wollte sich erst an die Regierung wenden, um die Zustimmung derselben einzuholen, was Garibaldi entrüstet ablehnte. Er äußerte schwer gekränkt, man wolle ihm das Leben verbittern und ihn vom Dienst des Vaterlandes abhalten..
Indessen eröffnete Dr. Bertani in Genua eine„ GaribaldiKasse", weiche die massenhaft einströmenden Beiträge für Gari baldi's Unternehmen sammelte, und drei Banken zu Genua erklärten sich bereit, Garibaldi nach seiner Landung einen Kredit von einer Million zu eröffnen. So war auch die finanzielle Schwierigkeit gehoben.
Unterdessen hatten sich die alten Waffengenossen Garibaldis , die ihr Loos mit dem seinigen entschieden sehen wollten, in aller Stille in Genua versammelt, wo 20 000 Gewehre bereit lagen, die man mit den Subskriptionsgeldern angeschafft hatte. Die Regierung befahl diese Gewehre mit Beschlag zu belegen, allein der Befehl war nicht auszuführen, und der Gouverneur von Genua sagte später, als man ihn deßhalb rügen wollte: Hätte man die Truppen nicht in den Kasernen konsignirt, so hätte man sie nicht abhalten können, sich Garibaldi anzuschließen.
Nun fehlte es noch an Fahrzeugen, aber man wußte sich zu helfen. Zwei Dampfer von der Rubattino'schen Gesellschaft wurden einfach in Beschlag genommen, und Garibaldi richtete an die Direktion der Gesellschaft die Bitte, man möge ihm den Gewaltstreich verzeihen; seine Sache rechtfertige ihn und als Unterpfand sei der Ertrag der Subskription für die Million Gewehre vorhanden. Die Antwort der jedenfalls nicht wenig erstaunten Direktion hat der Verfasser dieser Biographie leider nicht zu Gesicht bekommen.
In einer Proklamation ermahnte Garibaldi die Soldaten des Königreichs Sardinien , ihre Fahne nicht zu verlassen; in einem Briefe an Viktor Emanuel sagte er, unter heftigen Ausfällen gegen die Minister, daß er den Aufstand in Sizilien nicht angeraten habe, aber da cr im Namen der italienischen Einheit, deren Personifikation Viktor Emanuel sei, vor sich gegangen, dürfe man ihn nicht im Stiche lassen.„ Wenn," heißt es in diesem wichtigen Briefe, wir unser Ziel erreichen, so werde ich stolz sein, die Krone Ew. Majestät mit diesem neuen und glänzenden Edelstein zu schmücken, vorausgesezt, daß Ew. Majestät nicht dulden, daß Ihre Minister diese Provinz den Fremden wieder ebenso abtreten, wie sie mit meiner Vaterstadt getan haben."
Am 6. Mai 1860 stachen die beiden Schiffe mit der etwa 1000 Mann starken Freischaar, den berühmten„ Tausend von Marsala" an Bord, in die See.
Man nahm unterwegs fünf kleine Kanonen an Bord und entrann glücklich den neapolitanischen Kreuzern; zuerst steuerte man nach der Regentschaftsspize an der afrikanischen Küste, wo man Lebensmittel einnahm und dann auf die Westküste von Sizilien zu, nachdem man die drei Geschwader, die Sizilien bewachten, getäuscht hatte. Am 11. Mai bekam man die sizi lianische Küste bei Marsala in Sicht. Den Morgen hatten die drei vor Marsala stationirten neapolitanischen Kriegsschiffe die Rhede verlassen; im Augenblicke aber, als Garibaldis Schiffe landeten, kamen zwei davon zurück; zugleich geriet der größere von Garibaldis Dampfern auf den Grund, so daß die Mannschaft nur langsam auf Böten ausgeschifft werden konnte. Ein neapolitanischer Kriegsdampfer fuhr im kritischen Moment mit offenen Stückpforten heran, feuerte aber nicht, angeblich weil man vermutete, es besänden sich englische Truppen am Lande, da auch ein englisches Echiff in der Nähe hielt. Als sich die Neapolitaner überzeugt, daß keine englischen Truppen am Lande seien, begannen sie das Feuer; aber zu spät. Dieser versäumte Moment entschied über das Schicksal des Königreichs Neapel . Ein rasches Feuer hätte wahrscheinlich die Alpenjäger anfgerieben. So aber ließ Garibaldi die zwei Dampfer und die fünf Kanonen in den Händen des Feindes zurück und besezte Marsala, wäh rend sich die Neapolitaner durch ein heftiges Bombardement auf die wehrlose Stadt rächten.
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Die Landung Garibaldis brachte in Sizilien einen ungeheuren Eindruck hervor, der in ganz Europa nachhallte. Die sizilischen Freischaaren vereinigten sich mit ihm und am 14. Mai übernahm er in Salemi im Namen Viktor Emanuels, Königs von Italien ", die Diftatur auf Sizilien . Die neapolitanische Regierung machte die heftigsten Gegenanstrengungen. In Neapel , wo die Gährung infolge der Proklamationen Gari baldis stieg, versprach man eine liberale Verfassung. Auf Sizilien wurden dem General Lanza die Vollmachten eines königlichen Alterego übertragen und die Streitkräfte des Königreichs in Sizilien bedeutend verstärkt. Aber das alles half nichts; der mit 1000 Mann gelandete Garibaldi sollte ein Königreich mit 100 000 Soldaten niederwerfen.
Garibaldi marschirte sofort auf Palermo , aber nicht auf dem nächsten Wege. Bei Catalafimi schlug Garibaldi eine neapolitanische Abteilung von 3000 Mann, deren Ueberreste bis nach Palermo flohen. Dieser Sieg machte einen mächtigen Eindruck und führte dem Sieger viele neue Mannschaft zu. Während er nun gegen Palermo rückte, erklärte die Regierung zu Turin in ihrer offiziellen Zeitung. daß sie das Unternehmen Garibaldis mißbillige, daß sie aber, sowenig wie die Neapolitaner selbst, es habe verhindern können. Sie verbot die Geldsammlungen für Garibaldi , aber man sezte sie fort. Mailand allein gab 200 000 Lire, Como 50 000 u. f. w. Zu gleicher Zeit wurden die noch herbeiströmenden Freiwilligen aus allen Ländern mit englischen Pässen nach Sizilien geschickt.
Aus Palermo rückte Bosco mit 8000 Mann, meistens Schweizern und Baiern, um Garibaldi aus den Positionen, die er nach einigen Gefechten zunächst Palermo eingenommen, zu ver treiben. Garibaldi teilte seine Streitmacht; einen Teil derselben gab er unter den Befehl Orsinis, der sich nach Corleone , südlich von Palermo , zurückziehen und Bosco beschäftigen sollte. Gari baldi selbst rückte östlich ab gegen Misilmeri . Bosco, der glaubte, Garibaldi selbst weiche vor ihm zurück, ließ sich täuschen, und rückte Orsini hizig nach. Er sandte auch einen Siegesbericht ein, der die Bewohner von Palermo verzweifeln machte, die schon seit dem 19. Mai die Feuer der Alpenjäger auf den umliegenden Höhen gesehen hatten.
Aber schon am nächsten Morgen sollte es anders kommen. Die Stadt Palermo war von etwa 25 000 Mann neapolitanischer Truppen besezt und in dem Hafen lagen neapolitanische Kriegsschiffe, während man vom Fort Castellamare die ganze Stadt bombardiren konnte.
Mittels eines der kühnsten und geschicktesten Handstreiche aller Zeiten warf sich Garibaldi mit der Freischaar, die ihm gefolgt war, in die Stadt, ohne Furcht vor der ungeheuren Uebermacht der Neapolitaner. Er rechnete auf eine Erhebung der Einwohner von Palermo , und er verrechnete sich nicht. Wenn auch die sizilianischen Insurgenten, die sich Garibaldi angeschlossen, bei dem Angriff auf das Stadttor, wo Garibaldi einbrach, keine besondere Tapferkeit bewiesen, so gelang der Angriff doch. Ein genuesischer Schüze, welcher die Sizilianer ermutigen wollte, stellte drei Stühle auf die Straße, pflanzte cine Fahne darauf und sezte sich mitten im Feuer dazu; die Sizilianer hielten in der Tat nunmehr auch Stand.
Der fühne Angriff gelang, allein er kostete viel Blut, da die Sizilianer durch ihr Zurückweichen ihn aufgehalten hatten; dabei fiel der Oberst Tuckery, ein Ungar, der am Freiheitsfampf von 1848 teilgenommen hatte und dann in türkische Dienste getreten war; er galt als einer der besten Offiziere Garibaldis . In ungestümem Bajonnetangriff drangen die Alpenjäger in die Stadt und warfen die Verteidiger des Tores nieder. Die Palermitaner hatten Garibaldi zugesichert, sie würden sich erheben, sobald er sich an den Toren zeige. Sie hielten ihr Wort. Um fünf Uhr war Garibaldi eingedrungen, um sechs Uhr befand sich Palermo im Aufstand. Die Sturmglocken dröhnten von den Türmen und die Massen auf den Straßen erhoben den Ruf: Es lebe Garibaldi ! Es lebe Sizilien ! Es lebe Viktor Emanuel !„ Niemals," versichert ein Augenzeuge,„ hat man eine so einstimmige und so furchtbare Bewegung gesehen."