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Ein Name, Washington, ist rein, Erröte, Menschheit, er allein!"
fonnte er allerdings nicht wissen, daß die Insel Caprera einen zweiten Cincinnatus tragen sollte, der weder seinem römischen Vorbild noch dem Cincinnatus des Westens an Reinheit und Größe des Karakters hintanstehen, sie beide aber an Kühnheit übertreffen würde.
Man denkt unwillkürlich an die nicht allzuweit von Caprera liegende Insel Elba , wo ein gestürzter Eroberer mit dem Kaiser titel und mit einer million Einkünften seinen Ehrgeiz nicht zügeln konnte, während der Einsiedler auf Caprera die Diktatur von halb Italien freiwillig abgab und auf Caprera seinen Acker bebaute, zugleich so arm, daß er bat, man möge ihm keine unfrankirten Briefe senden.
Wessen Karakter ist der größere?
Der Feldzug in Neapel und Sizilien hat Garibaldi auf die Höhe der Weltgeschichte gehoben, wo ihn keine Verkleinerer erreichen können. Er trieb die Kulturentwicklung Italiens um ein mächtiges Stück vorwärts, indem er das Land von dem Moder verfaulter Regimes befreite und die unselige Zerrissenheit aufhob. Er hat mit seinen Taten die fünftige Freiheit Italiens begründet. Das Beispiel erhabenen Mutes, das er mit seinen tapferen Waffengefährten gab, befreite Italien von jener Demoralisation, welche die unter der Zerrissenheit wuchernden Knechtungssysteme dem italienischen Volte eingeimpft hatten. Das sind seine ungeheuren Verdienste.
( Schluß folgt.)
Edle Liebe.
Novelle.
Sie zog Lizzi zu sich ins Bett und Lizzi umfaßte ihren| Nacken wie ein furchtsames Kind mit beiden Armen und drückte das glühende Gesicht an ihre Brust. Ihr Atem ging allmälich ruhiger, ihre brennenden Augen schlossen sich. Die dunklen Schatten des Kummers schwanden vor den Traumbildern ihrer reinen Seele und Leid und Liebe und Leben versanken in den Schoß des unbewußten Glückes, das der freundliche Zwillingsbruder des Todes über Leidende und Glückliche mit unparteiischen Händen ausgießt.
V.
Sie sind verlobt. In der Stadt Rome durften sich die Verlobten, wie es auch sonst geschieht, nicht darüber beklagen, daß das Interesse des Publikums sich nicht in ausgiebigster Weise mit ihnen beschäftigte und die märchenhaftesten Dinge über den steinreichen herzlosen Eisenfresser und die hergelaufene deutsche Dirne umhertrug. In dem Verhältnis der Ver
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Yobten zu einander hatte sich nichts geändert. Der Obrist war ernst und väterlich freundlich, wie er gewesen, von jeder zärtlichen Annäherung entfernt und Lizzi sah zu ihm empor mit derselben kindlichen Demut und Verehrung, die sie ihm gewidmet, seitdem sie sein wohlwollendes Herz, seinen trefflichen Karakter erkannt hatte. Sie waltete neben und mit ihrer mütterlichen Freundin Katharine nach wie vor still im Hause und im Garten, während er der Außenwelt, den öffentlichen Dingen in Rome ein größeres Interesse zuzuwenden begann und sich in diese ihm bislang fernliegenden kleinlichen Angelegenheiten einzuleben bemüht war, wie einer, der ihnen für immer angehören muß und will. Priam trottete Morgens und Abends nach dem Stationsgebäude und brachte immer nichts Neues aus Germany." Ihm war der Gang Gewohnheit geworden und der Obrist hörte auf den immer gleichlautenden Rapport des woll föpfigen alten Burschen kaum mehr, als auf das Rollen eines Wagens. Auch die Bewohner der Straße, durch welche Priams Weg nach der Eisenbahnstation führte, waren allmälich an sein fast ausnahmsloses Vorbeipassiren zur bestimmten Stunde so sehr gewöhnt, daß er ihnen als Zeitmesser diente, zumal die Finanzen der Stadt bis dahin den Luxus einer öffentlichen Uhr noch nicht erlaubt hatten. Der Nigger geht nach der Station, es ist neun Uhr;"„ der Nigger kommt von der Station, es ist bald zehn Uhr." Heute hatte er zwar durch sein Gehen pflichtmäßig die neunte Stunde angezeigt, aber er fam- zum erstenmal in zwei Jahren nicht zur gewohnten Zeit zurück. Das war auffallend. Die Dienstboten, die Arbeiter standen müßig vor den Türen, es war ja noch lange nicht zehn Uhr, denn der
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( 4. Fortsezung.)
Nigger war noch nicht zurück. Es war merkwürdig und ganz unverzeihlich. Die Bewohner der Straße wurden allmälich warm und gerieten in einige Aufregung. Unter zwanzig sichtbaren Augen waren wenigstens die Hälfte mehr neugierig, als sehnsüchtig den Weg hinauf nach der Station gerichtet aber Priam fam nicht. Es tauchte zwar von Zeit zu Zeit am Horizonte der Straße eine mehr oder minder fragwürdige Gestalt auf, welche immerhin der Nigger hätte sein können aber er war es nicht-er fam nicht. Die Uhr war in Wirklichkeit bereits ein halb elf. Jezt wieder ging ein dunkler Stern am Horizonte auf und bewegte sich in schleunigem Tempo und Dreiviertel- Takt näher und näher. Das konnte aber unmöglich der Nigger sein, viel eher war's ein Kameel oder sonst ein Höckertier, nur nicht der Nigger. Und doch er hatte die halbe Straße passirt und hinter ihm schlossen sich die Fenster der Herrschaften und die lungernden Dienstboten verschwanden zögernd. Es war in der Tat Priam und zwar mit einem strapazirten Lederkoffer auf dem Rücken und einem bejahrten Reisesack in der Hand, schweißtriefend, breitspurig, mit rollenden Augen und im stärksten Trab. Das war den Bewohnern der Straße nun wiederum ein lebendiger Rebus. Wem gehörte Koffer und Tasche? Sie blieben zumteil an den Fenstern, in der Hoffnung, den derzeitigen Besizer beider Reiseeffekten Priam auf dem Fuße folgen zu sehen. Sie täuschten sich; es folgte niemand. So blieb ihnen nur das prickelnde Gefühl der Neugierde, die keine Befriedigung fand.
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Der Inhaber der Effekten aber hatte den Weg durch die Stadt vermieden und sich durch Priam einen Umweg hinter den Gärten bezeichnen lassen, auf welchem er unbeobachtet nach Obrist Bluffs Villa gelangen konnte. Er hatte guten Grund dazu. Wenn auch seine dunklen Augen und das schöne, wie wohl tief leidende Gesicht vor Aufregung leuchteten und er hastig und stolz vorwärts ging hastig und stolz vorwärts ging- sein Anzug schien abgetragen, strapazirt, als habe der Inhaber eine weite beschwerliche Reise hinter sich. Und als er nun am Hinterpförtchen am Parke des Obristen stand, hielt er an, stüzte sich wie ermüdet an den Türpfosten. Sein Gesicht senfte sich auf die Brust, er schloß die Augen, als ob er sich zu einer neuen, vielleicht lezten und schwersten Anstrengung ermanne. Dann aber richtete er sich, aus tiefer Brust seufzend auf und betrat die schattige Nußbaumallee, die durch den Garten nach der Villa führte. Er ging langsam und sah aufmerksam rechts und links. Ein helles Kleid schimmerte aus einer seitlichen Laube durch die Zweige er hielt an. Aber auch Lizzi, die mit einem Buche in der Hand in der Laube saß, hatte den hier ungewohnten Schritt eines Fremden gehört und wandte aufmerksam den Kopf nach ihm. Und wie sie ihn am Eingange der Laube stehen sah, fiel das