wertvollen Beitrag zur Geschichte der Literatur und Kunst unseres Jahr­hunderts gestalten. Zu Anfang von 1880 schrieb er mir u. a. darüber: Sie werden ca. dreißig Bogen stark, wenn ich die Erinnerungen an Ludwig Jahn  , Bartholdy, Mendelssohn, Ludwig Spohr  , Dawison Theo­ dor Döring  , Grillparzer  , Saphir  , Adolf Böttger   2c. hinzurechne. Ale­ xander von Humboldt   lernte ich nur flüchtig in Scherbitz bei Schkeudig kennen, wo ich auf dem Rittergut des Amtsrat Linonius zwei Tage und zwei Nächte mit ihm in unauslöschlicher Erinnerung verkehrte. Wir teilten Tag und Nacht ein Zimmer...."

Es kann mir hier, wo ich dem Heimgegangenen lediglich ein be­scheidenes Gedenkblatt widmen will, nicht beikommen, Drobisch's litera­risches Wirken nach allen Seiten zu beleuchten und kritisch zu würdigen. Genug, er war ein Mann des Gemüts, dem alles, was er schrieb, aus der Seele kam; es beherrschte ihn eine frische, ursprüngliche Empfindung, die sich in seinen nedischen, zumteil scharfsatirischen, aber niemals ver= lezenden humoristischen Schöpfungen, in denen er vielfach den spezifisch sächsischen Humor vertrat, und in seinen gemütvollen Erzählungen aus­spricht; und in seiner langjährigen und fruchtbaren Wirksamkeit als Kunstkritiker hat er ebenfalls diese Tiefe und Frische des Gefühls, die ihm zu einem feinsinnigen, gesunden Urteil verhalf, allerwegen offenbart. Aus dieser Beschaffenheit seines Wesens entspringt auch seine tiefe, warme Liebe zum Volke, das er bei allem, was seiner Feder entfloß, im Auge hatte; er wollte das Volk unterhaltend belehren, aufklären, sein Gemüt fräftigen und heben, und der modernsten Literatur, die in nicht wenigen Fällen das Gegenteil bezweckt und erreicht, galt sein rücksichtsloser Ver­dammungsspruch. Er hat nie nach oben hin gebuhlt und ist stets seine eigenen Bahnen gegangen. Ja, vor allem: er war ein Karakter, das beste und schönste vielleicht, was man in unserer Zeit einem Mann nachsagen kann!....

Theodor Körner.  ( Illustration Seite 628 u. 29.) Zu den Tau­senden und aber Tausenden, die zu Anfang 1813 zu den Waffen griffen, um Deutschland   von der Gewaltherrschaft Napoleons   I. zu be= freien, gehört auch Theodor Körner  , und wie so unzählig viele vor ihm und nach ihm, so hat auch Körner den vaterländischen Kampf mit seinem Tode besiegelt. Als König Friedrich Wilhelm   III. nach langem Zaudern am 3. Februar 1813 von Breslau   aus den bekannten Aufruf zur Bildung von Freiwilligenforps erließ, da zögerte der noch nicht 22 jährige Körner keinen Augenblick, seinen Wirkungskreis als Lust­und Schauspieldichter in Wien   zu verlassen und sich den Schaaren der Kämpfer für Deutschlands   Unabhängigkeit anzuschließen. Körner   trat in das zumeist aus Söhnen der begüterten Klassen zusammengesezte und berühmt gewordene lügow'sche Korps, welches unter dem Befehl des russischen Generals Wallmoden   der Nordarmee der Verbündeten zugesellt war.

Hatte Lützow's wilde verwegene Jagd" schon so manchen Strauß mit den Franzosen anagefochten, und war Körner   schon beim Gefecht von Kizen verwunder vorden, so war dem lüßow'schen Korps am 26. August 1813 wiederum die Aufgabe geworden, an den Feind zu gehen und ihm einen durch Kundschafter avisirten Proviant- und Mu­nitionszug wegzunehmen. Bei dieser Gelegenheit war es, wo Körner beim Dorfe Lugow unweit Gadebusch   in Mecklenburg   das tötliche Blei traf.

Unser Bild stellt eine Szene aus den Abendstunden des 25. August dar. Während der Stab des Freikorps   im Herrenhaus von Gottes­ gabe   dei Gadebusch   einquartirt war, blieben die übrigen Lüzower auf dem geräumigen Hof daselbst und im Dorf. Bald nach ihrer Ankunft wurde unter andern der noch jezt zu Fürstenberg   in Mecklenburg­Strelitz lebende, 1872 pensionirte Stadtrektor A. Probsthan( geb. den 24. Februar 1791, welcher am 2. Februar 1881 das seltene Fest seiner diamantenen Hochzeit feierte), damals als Oberjäger der 3. Schwadron unter dem Rittmeister J. Fischer, der, nachdem er schon im 7 7 jährigen Kriege gefochten, nahezu 70 Jahre alt noch als Freiwilliger bis 1816 diente( 1820) als Vedette ausgeschickt. Nach geschehener Ablösung spät abends meldete er sich seinem Vorgesezten zum Rapport. Im Saale des Herrenhauses fand er Theodor Körner  , welcher auf dem daselbst befindlichen Klavier spielte und sang. Der dem Spiel und Ge= sang andächtig lauschende Friesen fiel später n Frankreich  , und Helfriß, der nicht minder Andächtige, erlebte den herben Schmerz, seinen wenige Stunden später tötlich getroffenen Kameraden in den Armen zu halten und auf einen der erbeuteten Proviantwagen betten zu müssen. Major v. Lüßow raucht gemütlich seine Pfeife und hört dem Rapport zu, den Probsthan dem vor ihm stehenden Rittmeister Fischer erstattet.

Die Szene ist getreu nach vorliegenden Berichten und meisterhaft auf Holz gemalt, und zwar auf dem Aufschlagdeckel desjenigen Klaviers, auf welchem Körner nur wenige Stunden vor seinem Tode die Kame= raden durch seine Vorträge begeisterte. Leider ließ Unkenntnis des Sach­verhalts das kostbare Instrument bis auf den erwähnten Deckel in

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Stücke gehen, und auch dieser ist erst vor kurzem durch Ausfindigmachung in den Besiz des Direktors des Körner- Muſeums, welches dem Dichter und Kämpfer zu Ehren in seiner Vaterstadt errichtet worden ist, ge= langt, der es durch F. W. Heine renoviren ließ.

Körner   wurde am 23. September 1791 in Dresden   geboren, be­suchte von 1808-1810 die Bergakademie zu Freiberg   und ging dann nach Wien  , wo er, wie schon erwähnt, eine Reihe von Lust- und Schau­spielen dichtete und zur Aufführung brachte. Sein Vater, der am 13. Mai 1831 als Geh. Obercegierungsrat in Berlin   starb, gab die Dichtungen seines Sohnes 1814 unter dem Titel Leier und Schwert" heraus und die Stadt Dresden   ehrte sein Andenken durch Errichtung des Körnermuseums und eines Denkmals. S.

Allgemeinwissenschaftliche Auskunft.

Osnabrück  . Alter Freund der N. W. Ueber die Zahl der während der verschiedenen Jahrzehnte dieses Jahrhunderts aus Deutschland  Ausgewanderten haben Sie doch falsche Vorstellungen. Es wan­derten aus den deutschen   Landesteilen, welche jezt das deutsche Reich umfaßt, aus in der Zeit von 1821-30 8000, 1831-40 177 000, 1841-50 485 000, 1851-60 1 130 000, 1861-70 970 000, 1871-80 590 000(!) dagegen 1880-81 allein 210 485 Personen.

Berlin  . K. B. Sie haben bei Ihren Versuchen nicht beachtet, daß die Farben, die man auf Porzellan aufträgt, sich durch das sie haltbar machende Brennen verändern. So nimmt man Goldpurpur um Rosa bis Karmin zu erzeugen, Eisenoxyd um Rot, Nickeloryd um Dunkelgrün, Berggrün oder Chromoxyd um Hellgrün herzustellen u. s. w.

Ratgeber für Gesundheitspflege.

Frankfurt   a. M. W. S. Gegen Ihre rheumatischen Schmerzen im Beine wenden Sie dann und wann ein Dampfbad an, außerdem sollten Sie Sich möglichst viel im Freien bewegen und wollene Unter­kleider tragen.

Berlin  . H. Ihr Afterjucken kann, wie die meisten andren Krankheitserscheinungen, sehr verschiedene Ursachen haben und sehr ver­schiedene Behandlung verlangen. Es kann Hämorrhoidal- oder Flechten­stoffsymptom, Wurmreiz oder Folge von Leber- und anderen Unter­leibsleiden sein. In jedem Falle werden Sie gut tun, stark reizende und nährende, gewürzhafte Nahrung, sowie den reichlichen Genuß spiri­tuöser Getränke zu meiden und kalte Sizbäder zu nehmen. Eine der Ursache des Uebels zuleibe gehende Behandlung kann Ihnen jedoch auf dem Wege dieser oder einer andern Korrespondenz nicht zuteil werden. Sie müssen Sich deshalb, falls es nicht bald weicht, an einen tüchtigen Arzt wenden.

Hansdorf. M. A. Das Karlsbadersalz ist allerdings ein viel gebrauchtes und bewährtes Mittel gegen Magenkatarrh( chro­nischen), Magengeschwüre, dauernde Verstopfung und Leberleiden. Sie können es sich künstlich selbst bereiten, indem sie 50 Teile Glaubersalz mit 3 Teilen doppeltkohlensaurem Natron und 2 Teilen Chlornatrium mischen. Jeden Morgen lösen Sie 1 bis 2 Kaffeelöffelchen voll in einer Tasse warmen Wassers und trinken die Lösung nüchtern. Dabei leichte, am besten hauptsächlich in Milch bestehende Kost.

Redaktions- Korrespondenz.

Hamburg  . P. W. H. Wir kennen ein Gedicht, das so beginnt, wie Sie schreiben, nicht. Dagegen hat folgende nach Lachambeaudie von Ludwig Pfau   gedichtete Fabel ungefähr denselben Inhalt: Die Eintagsfliege".

Die Eintagsfliege sah ihr Loos

Sich nahen mit der Abendröte; Da tam aus eines Steines Schoos Emporgestiegen eine Kröte.

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Ach! sprach sie wie ich dich beklage! Dein Schicksal, es ist hart fürwahr! Du lebst und stirbst an einem Tage, Ich lag im Felsen hundert Jahr." Die Eintagsfliege frug verwundert: " Was hast du all' die Zeit geschafft?"

" Ich? Nichts, ich schlief."" Troz dem Jahrhundert Scheint mir dein Leben zweifelhaft." Nacht ist's und fühl in meinem Steine Da gibts nicht Jahr noch Tageszeit." " Du dauerst mich! Im Sonnenscheine Hab' ich gejauchzt, gestrebt, gefreit. Einschlummr' ich, nimmer aufzustehen, Und wünsch dir neidlos lange Ruh: Ich hab' nur einen Tag gesehen, Doch hab' ich mehr gelebt, als du."

Inhalt: Verschlungene Lebenswege. Roman von Franz Carion.( Forts.)- Josef Garibaldi.( Forts.) Edle Liebe. Novelle. -Francisco de Quevedo  . Der Volksschriftsteller Theodor Drobisch. Ein Gedenkblatt dem Heimgegangenen. Von Dr. Max Vogler. ( Schluß.) Theodor Körner   am 25. August 1813 zu Gottesgabe   in Mecklenburg- Schwerin   am Vorabend seines Todes.( Mit Illustration.) Allgemeinwissenschaftliche Auskunft. Ratgeber für Gesundheitspflege. Redaktions- Korrespondenz.

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Verantwortlicher Redakteur Bruno Geiser   in Stuttgart  . Redaktion: Neue Weinsteige 23. Expedition: Ludwigstraße 26 in Stuttgart  . Druck und Verlag von J. H. W. Dieß in Stuttgart  .