entsezt einen Schritt zurück. Wardour bemerkte, empfand es, und appellirte, um seine wohlgehegte Ueberzeugung zu verteidigen an Crayfords eigene an ihm gemachten Erfahrung.
,, Schauen Sie mich an," rief er ,,, sehen Sie, wie ich gelebt habe und erstarkt bin, während der Gram an meinem Herzen nagte, und die eisigen Nordwinde mich umpfiffen! Ich bin der Kräftigste von euch allen. Warum? Weil ich mich durch alle Mühseligkeiten, die die abgehärtetsten Leute unserer Gesellschaft umgeworfen haben, hindurchgefochten habe. Warum? Was habe ich getan, daß das Leben in allen Adern meines Körpers in dieser Minute, an diesem tötlichen Orte eben so tapfer pulsirt wie in der gesunden Atmosphäre der Heimat? Wozu bin ich noch bestimmt? Ich sage es wieder, zu dem einen kommenden Tag zu dem Treffen mit dem einen Mann.".
Er schwieg wieder.
,, Richard!" begann nun Crayford ,,, seit ich Sie zum erstenmale sah, glaubte ich troz allem äußerem Scheine an Ihre bessere Natur. Ich glaubte an Sie, fest und wahrhaft, wie ein Bruder. Sie sezen diesen Glauben auf harte Probe. Hätte mir Ihr Feind gesagt, Sie hätten so gesprochen wie Sie soeben getan, so geblickt, wie in dem Augenblick, ich würde ihm den Rücken gekehrt haben als boshaften Verleumder eines gerechten, braven, redlichen Mannes. Ach, mein Freund, mein Freund, verbannen Sie solche Gedanken aus Ihrem Herzen. Sehen Sie mir wieder mit dem Blicke eines Mannes ins Gesicht, der die blutigen Rachegedanken unter seinem Fuße hat und sie nicht mehr kennt. Lassen Sie niemals, niemals den Tag kommen, wo ich Ihnen die Hand nicht mehr bieten könnte als dem Manne, den ich bewundere, dem Bruder, den ich liebe, wie heute."
62
Das Herz, welches keine andere Stimme mehr zu rühren vermochte, fühlte die Anklage. Die wilden Augen, die harte Stimme wurden sanft unter Crayfords Einfluß, Richards Kopf senkte sich auf die Brust herab.
,, Sie sind gütiger gegen mich, als ich verdiene," sagte er. ,, Scien Sie noch gütiger, und vergessen Sie, was ich gesagt habe. Genug von mir, ich bin es nicht wert. Wir wollen den Gegenstand unserer Unterhaltung wechseln, und ihn nie wieder erwähnen. Wir wollen tätig sein. erwähnen. Wir wollen tätig sein. Arbeit- Crayford, das ist unser Lebenselixir! Arbeit, die die Muskeln spannt und das Blut erwärmt; Arbeit, die den Körper ermüdet und dem Geiste Ruhe gibt. Ist nichts zur Hand, was ich tun könnte? Nichts zu schneiden? Nichts zu tragen?"
Während er diese Fragen tat, öffnete sich die Türe und Bateson, der bestellt war, um Franz' Bettstelle zu Brennholz zu zerhacken, erschien pünktlich mit der Art. Wardour riß sie dem Manne ohne ein Wort aus der Hand. ,, Was soll es damit?" fragte er.
,, Ich will Herrn Alderleys Bett zerhacken, Herr."
Ich werde es statt eurer tun, ich bin im Augenblicke damit fertig!" Darauf wandte er sich zu Crayford. ,, Sie brauchen sich meinetwegen nicht zu ängstigen, alter Freund. Ich tue das Rechte, ich will meinen Körper ermüden und dem Geiste Ruhe schaffen."
Der böse Dämon in ihm war, für kurze Zeit wenigstens, gänzlich unterdrückt. Crayford drückte dem Freunde schweigend die Hand und ließ ihn dann, von Bateson gefolgt, allein bei seiner Arbeit. ( Tortsczung folgt.)
Die russischen Juden in den Gegenden der schlimmsten Judenhezen und die jüdischen Ackerbaukolonien.
Versezen wir uns jezt einen Augenblick in das südrussische Steppengebiet, wohin sich hauptsächlich die jüdischen Kolonisten wandten, und suchen wir die Bedingungen kennen zu lernen, die der Landwirtschaft hier gestellt sind. Es ist zunächst das abnormste Klima, womit der Landwirt zu rechnen hat. Außerordentlich heiße Sommer wechseln meist unvermittelt mit der außerordent lichsten Kälte, die tatsächlich schon im Oktober beginnt. Ost sinkt der Termometer in diesem Zeitraume schon auf 15 Grad unter Null, und gewaltige Schneemassen bedecken alsdann die Steppe. Die Kälte dauert in der Regel bis Anfang Mai, und bei milderem Winter stößt der Dniepr und Bug sein Eis erst gegen Ende April ab. Der strengen Kälte folgt ohne Uebergang der heiße Sommer; die Schneehülle der Steppe weicht unabsehbaren Wassermassen, und noch sind diese nicht ganz abgeflossen, so steigt die Temperatur in der Steppe auf 30 Grad. Mitte Juni beginnt die intensivste Hize, um bis zu den ersten Tagen des September fortzudauern. Von Beginn des Sommers an werden die Regen zur seltensten Ausnahme, und vierzehn Tage Sonnenschein genügen meiſtenteils, um die brillante Blumenvegetation, welche die ersten Sommertage hervorgerufen, wieder zum Verdorren zu bringen. Die Strenge des Winters wiederum ist fast größer, als man sie an der Ostsee findet, und der Pelzverbrauch von Odessa nur um ein weniges geringer als der von Riga . Der Boden selbst ist von bedeutender Fruchtbarkeit. Von Beßarabien und den Karpathen bis zur unteren Wolga ist er meist schwer und fett, so wie rechter Weizenboden, hie und da jedoch durch salzhaltige, wasserarme und unfruchtbare Gebiete unterbrochen. Oft ist es auf dem schweren Boden nötig, sechs ja sogar zehn Ochsen vor den Pflug zu spannen, um ihn aufzubrechen. In der heißen Zeit ist die Steppe noch weit härter als die Sahara und die Blanos, da ihre Hilfsquellen noch
-
( Schluß.)
schneller und allgemeiner versiegen als in jenen unwirtlichen Gebieten, die troz des heißen Wüstensandes doch fruchtbare baumund pflanzenreiche Oasen schaffen, wo Wasser sich zeigt. Wenn es in der Steppe lange nicht geregnet hat, sagt Kohl, dann ist der Boden so fest, daß die Erdschollen garnicht zertrümmert werden können und an ein Eggen u. s. w. nicht zu denken ist. In seinen fruchtbaren Teilen ist der Boden jungfräulich, trefflicher Humusboden, freilich nur in einer Mächtigkeit von etwa 33 Centimetern im Maximum und mit einer unfruchtbaren Wurzelschicht als Unterlage, die im Verein mit den Nordwinden eine kräftige Baumvegetation unmöglich macht. Die Steppe ist waldarm, dagegen bedeckt sie ein starker und harter Grasteppich, dessen Nährwert allerdings nicht so bedeutend ist, wie man im allgemeinen anzunehmen pflegt; 45 000 Hektaren Weideland reichten z. B. nach Hell in der Gegend zwischen Cherson und Perekop nicht aus, 40 000 Merinoschafe zu ernähren.
-
Eine Parallele zwischen dem südrussischen Steppenplateau und dem übrigen Rußland zichend, läßt der deutsche Reisende Kohl auf die Frage, wie es ihm in der Steppe gefalle, einen Großrussen folgende Antwort geben:„ Ach Herr, wie könnte es mir hier gefallen? Was kann hier gefallen? in Russija , Herr, da ist von jeglichem jedes und hier ist ja von allem nichts. In Russija ist das Brod besser, die Häuser besser, das Land besser, - der Schnee besser, der Sommer und Winter und alle Jahreszeiten besser. Da gibts Berg, Tal, Wald, Wiese, Brunnen, Quellen und Flüsse die Fülle. Alles wechselt und alles ist so schön. Im Lande fließen große schöne Ströme und vor allem die prächtige Mutter Wolga mit allen ihren Kindern. Die Wälder sind groß und schön, die Eichen, Linden, Buchen, die Tannen und Fichten alle bis zum Himmel, und in den Bäumen singen die Vögel von jeglicher Art, der eine so, der andere so.