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vergeblich gewesen weil die Juden sich als untauglich zur begegnen wir auch den Juden. Es besinden sich in den Händen Landwirtschaft erwiesen hätten. jüdischer Gutsbesizer 129 6 9 Deßj. eigentümlich, und unter den jüdischen Gutsbesizern befinden sich drei mit einem Ackereigentum von mehr als 50 000 Deßi.

Wie wir gezeigt haben, war das Gegenteil der Fall. Das russische Verwaltungssystem selbst war es, welches den jüdischen Kolonien die tötlichsten Schläge versezte.

Am 30. Mai 1866 erfolgte ein faiserlicher Erlaß, der die besondere Verordnung über die jüdischen Kolonien bezüglich ihrer Privilegien aufhob. Durch kaiserliches Manifest wurden die siskalischen Anleihen, welche den Kolonien im Laufe der Zeit gewährt worden waren, annullirt. Ein Gesez vom 24. Novbr. 1:67 erleichterte den Uebergang der jüdischen Bauern zum Kleinbürgertum, und die Gouverneure erhielten Weisung, im Interesse der Auflösung der Kolonien, den Kolonisten den Ueber­gang in andere Steuerklassen zu erlauben. Von dieser Erlaubnis wurde begreiflicher Weise sehr zahlreich Gebrauch gemacht. Mit Anfang der Siebenziger- Jahre wurden von den Aufsehern regel­mäßig Familienrevisionen vorgenommen, bei welchen alle Juden von den Kolonien ausgeschlossen und ihres Standes als Acker­bauer verlustig erklärt wurden, welche sich nicht ausschließlich mit dem Ackerbau beschäftigten oder die träg und nachlässig waren. In den Dörfern blieb immerhin ein Stamm Land­wirte zurück, die es troz alledem vorzogen, der Landwirtschaft in den Kolonien selbst treu zu bleiben. Dieser Stamm ist es, den wir heute noch in den jüdischen Dörfern antreffen. Seit der Aufhebung der Knechtschaft ist es wesentlich freundlicher in den Kolonien geworden, der landwirtschaftliche Betrieb hat eine regere Entwicklung gefunden, doch ist der jüdischen Landwirtschaft, soweit sie nicht in den günstigsten Verhältnissen sich befindet, kein guter Fortgang zu verheißen, da die Konkurrenzfähigkeit der jüdischen Bauern keine größere geworden, das Klima auch nach wie vor der kleinen Landwirtschaft ungünstig geblieben ist.

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In allen jüdischen Kolonien waren im Laufe der lezten 10. Jahre 5 volle Mißernten des Winter- und 4 volle des Sommer­

getreides. Niedriger als die Durchschnittserute waren 11

Winter und 212 Sommerernten. Durchschnittsernten gab cs bei 22 Winter- und 12 Sommerbestellung. Höher als die Durchschnittscrute waren 212 Winter- und 12 Sommerbestellung. Die außerhalb der Kolonien stehenden jüdischen Landwirte suchen sich, soweit sie die Mittel dazu bejizen, durch die Boden pacht zu einer günstigeren Lebensstellung zu verhelfen. Im Jahre 1880 hatten jüdische Landwirte vom Staatsboden 115042 Teßj. gepachtet; 61 317 Deßj. befanden sich im Pachtbesize der christlichen Bauern, die im allgemeinen ja Pächter der Guts­besizer sind. Der Rest des Staatsbodens befindet sich im Pacht­besize der Gutsbesizer. Im landwirtschaftlichen Großbetriebe

Die Bahnen, welchen die südrussische Landwirtschaft zustrebt, führen, wie man sieht, entschieden zum Großbetriebe, der ja auch der natürliche ist. Diese Sachlage nötigt, bei der Anlage neuer jüdischer Ackerbaukolonien, die ja im Werke ist, genossenschaft­liche Organisationen zu schaffen, in denen die Gesammtheit für den einzelnen und dieser für die Gesammtheit eintritt. An tüch= tigen jüdischen Landwirten, welche die Bildung solcher Kolonien übernehmen könnten, fehlt es ja nicht. übernehmen könnten, fehlt es ja nicht. Es liegt beiläufig auf der Hand, daß die Befreiung der christlichen Bauern aus dem heutigen der Leibeigenschaft durchaus verwandten Zustande nur durch ihre Vereinigung zu geschlossenen Gemeinschaften erreicht werden kann, wie sie in Rußland zahlreich bestehen. Allerdings fönnte das nur auf Kosten der Krone und des großen Grund­besizes geschehen.

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Es würde uns zu weit führen, wollten wir hier die ma­teriellen Vorteile des genossenschaftlichen Betriebes eingehender behandeln; sie sind bedeutend, und sie bestehen, abgesehen von ihren sittlichen Wirkungen, wesentlich in dem geringeren Anlage­und Betriebskapital, in der besseren und kräftigeren Konzentration der Arbeitskraft und der gesicherteren Existenz des einzelnen jüdischen oder christlichen Bauern. Wir haben die Berufstätig­keit der Juden in Cherson kennen gelernt. Es gibt kein Hand­werk, feine Industrie, kein Gewerbe, wo sie nicht in hervor­ragendster Weise beteiligt wären. Wie sie das Gros des Hand­werker- und Handelsstandes stellen, wie sie bedeutend in der landwirtschaftlichen Industrie vertreten sind, so stellen sie auch zur Landwirtschaft selbst, wie unsre Zahlen gezeigt haben, kein fleines Kontingent.

Zur Erklärung der Judenhezen bleiben mir keine anderen Gründe als die bereits im Eingange genannten übrig: die reli­giöse Verachtung, die systematische Herabwürdigung und Ver­lästerung der Juden durch die Regierung, die sinnlosen und barbarischen Verfolgungen, denen sie im Laufe der Jahrhunderte ausgesezt gewesen, die geistige Verkümmerung der russischen Volksmassen, das große materielle Elend derselben und der damit verbundene Hang, an den ausbeutenden Elementen Rache zu nehmen, wobei man allerdings an die falsche Adresse gelangt, da die große Mehrzahl der jüdischen Bevölkerung in Rußland ebenso sehr aus Proletariern besteht, wie diejenigen der christ­lichen Bauern.

Serena.

Eine venetianische Novelle von Max Vogler.

( 2. Fortsezung.)

Die

Durch die grandiosen Säulenhallen des Korridors gingen| dinen und das Blätterwerk der draußen fast unmittelbar die sie nach der dem Portal entgegengesezten Seite des mächtigen Bauwerks und dann auf einer der ebenso wie die andern drüben nach dem Eingang ausmündenden, mit herrlichem Skulpturen­schmuck versehenen Treppen auf einen zweiten großen Flur hinab. Hinter einer frisch grünen, dichten Gruppe hoher Topf­gewächse öffnete sich hier zwischen majestätischen, mannigfach ver­zierten Steinpfeilern der weite torähnliche Eingang zu dem großen Saale, in welchem die gesellschaftlichen Festlichkeiten des Hauses, die besonders seit der zweiten Verheiratung des Besizers sehr häufig veranstalteten Bälle und anderen Ver­gnügungen, stattzufinden pflegten.

Dem Eintretenden zeigte sich ein weiter, hoher Raum, in welchen durch die mit bunten Glasmalereien versehenen Fenster ein nur mattes, sanftes Licht hereinfiel, das durch lange, schwere, allenthalben von den Wölbungen bis auf den mit eingelegter funstvoller Arbeit geschmückten Parquetboden herabfließende Gar­

großen Glasscheiben der Fener berührenden Zweige der Sträut cher und Bäume des Gartens noch mehr gedämpft schien und nur ein dämmeriges Halbdunkel darinnen walten ließ. Ausstattung des weiten Raumes war eine altertümlich lururiöse und bekundete allenthalben den verschwenderischen Reichtum des pornehmen Patriziergeschlechts: an den Seiten lange Reihen funstvoll geschnizter Stühle, rotsammtene Divans in den Ecken und Nischen, längs den Säulenhallen der Wände silberne, mit goldenem Zierrat versehene Kandelaber, mächtige Kronleuchter von der Decke herabhängend, im Hintergrunde ein großer Dr­chesterraum und ein breiter, fast die ganze Höhe des Saales ausfüllender Spiegel, der das Bild des großen Raumes in magischem Lichte zurückwarf. Und aus diesem Saale führten wieder an verschiedenen Stellen Eingänge nach kleineren Ge­mächern mit all den der Bequemlichkeit und dem Wohlbehagen dienenden Einrichtungen, die, dem modernen Bedürfnisse ent­