strecken birgt, ist Afrika . Von dem ungeheuer ausgedehnten, bisher noch an feine Kulturmacht vergebenen Innern werden die eroberten Saharavasen an Frankreich , als dem Herrn von Algier und Tunis , fallen, während Fesan einst der Macht an gehören wird, welche sich Tripolitanien zueignet. Dagegen seien die reichen Länder Nadai, Bagerons, Boru, Sokota wie die südlichen gelegenen Negerstaaten von jeder europäischen Herrschaft noch völlig unabhängig. Um sich jedoch derselben zu bemächtigen, bedarf man notwendig herrenloser Meerestüsten, und deren gebe es in Afrika nur noch sehr wenige. Auch die noch bis in die neueste Zeit freie Goldküste sei seit 1874 ganz eng lisch . Dafür sei allerdings die lange Küste zwischen Nue und Senegal zu haben, hinge aber mit keinem zur Kultivirung ges eigneten Hinterlande zusammen.
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Auf der ganzen Westküste sei nur noch die Kameroonstüste und die Nigermündung herrenlos. Obgleich die erstere an sich für Kaufleute wenig Anlockendes habe, so wäre doch auf der Höhe des Kameroonsgebirges fruchtbares Land zu finden, und von hier aus stände der Zugang nach einem Hinterlande frei, das an Fruchtbarkeit Indien gleichfäme.
Was die Nigermündungen anlange, so seien diese zwar ungemein sumpfig und häufig mächtigen Ueberschwemmungen ausgesezt, aber der Boden sei fruchtbar und liefere jezt schon Ingwer, schwarzen und roten Pfeffer, Indigo, Baumwolle und Gummi und trage auch den sehr nüzlichen Butterbaum.
( Schluß folgt.)
Die Berichterstatter im englischen Parlament.
Viermal wöchentlich hält das Haus der Gemeinen, dieser linke Lungenflügel des englischen Parlamentsförpers, seine Sizungen ab, welche in der Regel Nachmittags gegen vier Uhr beginnen und bis gegen zwei bis drei Uhr am nächsten Morgen währen. Wenige Stunden später erscheinen die Morgenblätter und alle bringen brühwarme Be richte über die lezte, kaum beendigte Sizung, und nicht etwa dürftige Mitteilungen, mager, wie die sieben dürren pharaonischen Kühe, sondern fette, ausführliche, mit photographischer Treue wiedergegebene Berichte, die es sich in den Spalten der Riesen- Zeitungen wie auf einem bequemen Sopha wohl sein lassen. Wohlgefällig ruht der Blick des Abonnenten auf diesem ergiebigen Weideplaze seines parlamentarischen Hungers, der bald vollste Befriedigung findet; kein Grashälmchen läßt er stehen, und je nachdem er dieser oder jener Partei angehört, unterbricht er seine Lektüre nur bald mit Ausrufen des Beifalls, bald mit solchen des Tadels oder gar der Entrüstung. Die wenigsten indes, welche sich auf diese Weise behaglich in die Parlamentsberichte vertiefen, haben eine Ahnung von dem Apparat, welcher fortwährend in Tätig feit sich befinden muß, um die zauberhafte Schnelligkeit, welche das Heer der gesprochenen Worte in Lettern und Buchdruckerschwärze verwandelt, zu ermöglichen- ein Apparat, in welchem der Berichterstatter die erste Stelle einnimmt. Mit diesen ehrenwerten Herren unsere Leser näher bekannt zu machen, ist der Zweck der nachstehenden Stizze.
Unter einem Berichterstatter, wie sie die großen englischen Zeitungen nach beiden Häusern des Parlaments entsenden, stelle man sich vor allem nicht etwa jene Reporter gewöhnlichen Schlages vor, welche ihr Dasein mit dem Einheimsen von Stadtklatsch füllen, die von Unglücksfällen, wie der Chirurg von Knochenbrüchen, leben und die in ihren Berichten oft noch mehr wüten, als das entfesselte Element, dessen jüngste Untat sie schildern. Der Mann, der über Parlamentssizungen berichtet, genießt Achtung und hat Anspruch auf Achtung. Nicht wenige dieser Männer folgen während der Tageszeit noch einem andern Berufe, indem sie etwa als Rechtsanwälte oder als Berichterstatter an Gerichtshöfen tätig sind oder sich mit literarischen Studien und Arbeiten beschäftigen. Man hat Beispiele, daß ihnen eine glänzende Laufbahn sich erschloß. Wir führen nur den verstorbenen Lord Campbell an, der sich bis zum Lord- Hauptrichter( Lord Chief Justice) emporschwang, und an den bekannten Novellisten Charles Dickens . Zwei bis drei ehemalige Parlaments- Berichterstatter stehen an der Spize ausgedehnter kommerzieller Unternehmungen, wie Eisenbahngesellschaften und dergleichen, und noch andere sizen im Hause der Gemeinen. Keiner von ihnen schämte sich noch je, der Gallerie der Berichterstatter angehört zu haben; denn diese ist, wie gesagt, ein Institut, welches England, seinem Parlament und der englischen Presse zur höchsten Ehre gereicht.
Die Berichterstatter sind, mit sehr seltenen Ausnahmen, außerordentlich geschickte Stenographen und so gewandt, daß sie jedes gesprochene Wort ebenso schnell niederzuzeichnen vermögen, wie es gesprochen wird. Es hat sogar Männer unter ihnen gegeben, welche vermittelst eines riesenhaften Gedächtnisses aus nur wenigen niedergeschriebenen karakterischen Wendungen später stundenlange Debatten Wort für Wort wiederzugeben imstande waren. Ein solches, fast wunderbares Gedächtnis, verbunden mit Talent und Kenntnissen, besaß ein gewisser Wordfall, der erste von allen parlamentarischen Berichterstattern. Dieser pflegte vor hundert Jahren, als das Parlament noch keine Referenten duldete, als einfacher Zuhörer auf der Gallerie zu sizen und hierauf, mit Hilfe seines kolossalen Gedächtnisses, die wichtigsten Debatten zu Papier zu bringen. Gegenwärtig, wo eine eigene Gallerie für die Referenten eingerichtet ist, welche alle Bequemlichkeiten bietet, bedarf der Berichterstatter weniger eines gewaltigen Gedächtnisses, als vielmehr schneller geistiger Auffassungskraft.
Werfen wir hierbei einen Blick auf die verschiedenen Arten des Referirens. Die Reden der Kabinetsminister und der einflußreichsten Mitglieder des Hauses werden meist Wort für Wort wiedergegeben. Nichts wird verändert, nichts umgestaltet, nicht einmal die grammati
kalische Form. Minder bedeutungsvolle Reden werden nur im Auszuge gegeben, um Zeit und Raum im Blatte zu sparen. Es heißt dann z. B., der Redner oder das ehrenwerte Mitglied des Hauses war nicht dieser Meinung, u. dgl., und jeder Leser weiß sofort, daß er eine verkürzte Rede vor sich hat. Es ist jedoch dem Referenten nicht ge= stattet, seiner persönlichen Ansicht über diese oder jene geäußerte Meinung in seinen Berichten irgend welchen Ausdruck zu verleihen, und wäre es durch Einschiebung eines einzigen Wortes; auch halten es alle jene Männer, welche im Auftrage der Londoner Tagesblätter über die Debatten des Ober- und Unterhauses berichten, für einen Ehrenpunkt, sich ihres persönlichen Urteils in den betreffenden Referaten ganz zu begeben, und der strengen Beobachtung dieses Grundfazes verdankt die englische Tagespresse ganz besonders ihren hohen Karakter. Die einzige den Referenten zustehende Befugnis ist, wie bereits erwähnt, die weniger bemerkenswerten Reden nur ihrem Inhalt nach wiederzugeben. Es ist dies eine durchaus notwendige Befugnis; denn fämen alle Reden ihrem Wortlaute nach zum Abdruck, so böte der ganze gewaltige Doppelbogen der Times, zusammen mit der Supplementausgabe, kaum hinreichenden Raum für die während einer einzigen Nacht in beiden Parlaments häusern gehaltenen Reden dar. Hauptsächlich kommt es für den Be richterstatter also darauf an, den Gedankengang der Reden ebenso rasch zu überblicken, als sie gesprochen werden, um so eine zweckentsprechende Auswahl treffen zu können. Die Schwierigkeit dieser Aufgabe wird niemand verkennen; denn während einer Rede darf die anstrengende Aufmerksamkeit nicht für einen Augenblick unterbrochen werden. Das wörtliche Stenographiren erfordert zwar Gewandtheit, doch nicht als rein mechanische Arbeit die erschöpfende Tätigkeit des Geistes, die sich in dem Referiren dem Hauptinhalt nach notwendig macht.
Mit der stenographischen Niederschrift hat der Berichterstatter seiner Pflicht noch nicht in ihrem Umfange genügt; es gilt zunächst, die gemachten Notizen in gewöhnlicher Schrift für den Drud genau zu topiren, also die stenographischen Zeichen in Schriftworte zu verwandeln. Ein wirklich guter Berichterstatter besizt in beiden Fächern gleiche Gewandt heit. Da das Kopiren natürlich viel langsamer vonstatten geht, als die stenographische Niederschrift, so wechseln, um feine Unterbrechung eintreten zu lassen, die Berichterstatter mit einander ab, was in der Regel alle zwanzig Minuten geschieht. Während demnach die einen kopiren, nehmen andere Berichterstatter ihre Pläze auf den Gallerien ein, von denen dort jeder gleichsfalls zwanzig Minuten verweilt, um dann auch seinerseits abgelöst zu werden und seine stenographischen Notizen in gewöhnliche Schrift zu übersezen. Die Hauptaufgabe ist, die Druckerei keinen Augenblid außer Tätigkeit kommen zu lassen, damit der Saz so rasch als möglich vollendet wird. Nachdem der Berichterstatter seine Kopie zu Stande gebracht und in die Druckerei ge schickt hat, kehrt er auf die Gallerie zurück, um wieder stenographische Notizen zu sammeln.
Jedes der großen Morgenblätter hat nicht weniger als sieben Be richterstatter in beiden Häusern des Parlaments. Im ganzen mögen es an hundert Personen sein, denen das Recht zusteht, die Gallerie hinter dem Stuhle des Sprechers zu benuzen. Die ganze Vorderseite dieser Gallerie, welche sich an der oberen Seite des Hauses hinzieht, ist in eine Anzahl kleiner Logen abgeteilt, deren jede ein Pult und einen Siz für eine Person, sowie hinter diesem Siz eine Tür enthält. Der Beamte, unter dessen Aufsicht alle Räumlichkeiten des Hauses stehen und der ihre Benuzung kontrolirt, hat dafür Sorge zu tragen, daß jede dieser Logen gleich einem Kirchenstuhl einem der täglich erscheinenden Londoner Blätter zur Verfügung bleibt. Der eben amtirende Bericht erstatter sizt in seiner Loge und unmittelbar dahinter sein demnächſtiger Nachfolger, um ihn in dem Augenblicke, in welchem nach der großen Uhr an der entgegengesezten Wand des Hauses seine Zeit abläuft, durch eine Berührung an der Schulter hiervon zu benachrichtigen und
abzulösen.
Die Ueberschreibungen finden seit zehn Jahren im Parlaments