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Kammerer die Freiheit zuzusehen, wie die Frucht seines Fleißes und seines Nachdenkens von fremden Leuten geerntet wurde. Niemand erkannte sein Recht an, und als er selbst in die Lage kam, fabriziren zu dürfen, hatte er keinen Erfolg, denn jeder mann konnte konkurriren, die Art der Fabrikation war längst ein öffentliches Geheimnis. Joh. Fried. Kammerer, der durch seine Erfindung zu den Wohltätern der Menschheit zählt, starb 1857 in seiner Vaterstadt Ludwigsburg im Irrenhause!
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Was nun die Fabrikation dieser kleinen Stäbchen aus Holz, welche mit dem einen Ende in geschmolzenen Schwefel, Paraffin oder Stearinsäure und dann in eine Zündmasse getaucht werden, und sich nach dem Trocknen auf jeder rauhen Fläche oder auf einer Zündfläche von bestimmter chemischer Zusammensezung entzünden, betrifft, so sei zuvor erwähnt, daß dieselbe durch sinnreich konstruirte Maschinen in jüngerer Zeit sehr vereinfacht ist.- Von den verschiedenen Holzarten nimmt man meist Tannen-, Fichten-, Espen-, seltener Kiefernholz( also weiches Holz), welches in Würfel geschnitten und dann in Stäbchen gespalten wird. Dies geschah früher mit der Hand, wird aber jezt mittels eines eigentümlichen Hobels besorgt. Das passend geformte Eisen des Hobels enthält Löcher, deren vordere Ränder zugeschärft sind, und liefert daher, wenn man es gegen eine glatte Holzfläche führt, so viele runde Holzstäbchen,„ Holzdrat" genannt, als das Eisen Löcher enthält. Auf einer andern Maschine werden die Stäbchen der Länge nach zerschnitten. Da aber die Erzeugung der regelmäßigen runden Hölzchen mit einem enormen Holzaufwand verknüpft ist, so kann eine Fabrik nur bei sehr billigem Rohmaterial fonfurriren. In Schweden zerschneidet man die Stämme in Klöze von 35-40 Centimeter Länge, entrindet diese und verwandelt sie, nachdem man sie längere Zeit in Wasser gelegt, um das Holz geschmeidiger und bieg samer zu machen, auf einer drehbankartigen Maschine, auf welcher sie zwischen zwei Spizen eingespannt und in Drehung versezt werden, durch ein seiner ganzen Länge nach angreifendes Messer in ein spiralförmig sich abwickelndes Band von der Stärke eines Zündhölzchen, während acht kleine Messer das Band in Streifen zerschneiden, deren Breite der Länge der Zündhölzchen entspricht. Die Streifen werden endlich in Bündeln zu je 50 auf einer Maschine, die mit einer Häckselmaschine Aehnlichkeit hat, zu Hölzchen zerschnitten. Eine solche Maschine liefert in einer Stunde eine million Streichholzstäbchen. Vielfach hat man angefangen, in holzreichen Gegenden, wie im Bayrischen, Böhmischen und Thüringer Wald , in Schweden und Norwegen , Holzdrat zu hobeln, und gibt die fertigen Hölzchen an die Zündholzfabriken ab.
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Um die Hölzchen mit Schwefel und Zündmasse zu versehen, werden sie auf schmale fußlange Brettchen, welche mit entspre chenden Rinnen verschen sind, gelegt und derartige auf der Unterseite mit Flanell bekleidete Brettchen zu einem Stapel aufgeschichtet, den man durch Schrauben zusammenhält. Durch diese Vorrichtung sind alle Hölzchen in gleicher Höhe und hinreichender Entfernung von einander befestigt. Mit einer Maschine, welche dies Hölzchenstecken mechanisch ausführt, steckt ein Knabe in 10 Stunden 5-600 000 Stück. Nun folgt das Ueberziehen des einen Endes der Hölzchen mit Schwefel oder Paraffin. Bu erſterm Zwecke schmilzt man den Schwefel in einem flachen, genau horizontal stehenden Kasten, so daß er eine Schicht von 1 Centimeter Höhe bildet, taucht die Rahmen mit den einge spannten Hölzchen ein und schleudert den überflüssig anhängenden Schwefel in den Kasten zurück. Sollen die Hölzchen mit Paraffin oder Stearin getränkt werden, so trocknet man sie scharf und taucht sie so lange in die stark erhizte Fettmasse, bis diese in das Holz eingedrungen ist.
Die Zündmasse besteht aus einem Bindemittel, Dextrin, Senegalgummi, seltener Leim, welches zu einem dünnen Sirup aufgelöst, dann mit dem Phosphor bei etwa 50 Grad innig verrieben und zulezt mit den übrigen Bestandteilen gemischt wird. Als Zusäze zur Zündmasse sind benuzt worden: Mennige, Salpeter, Braunstein, Kreide, Englischrot, Kienruß, Terpentin, Bimsstein, Schwefeleisen, Bleisuperoxyd, Bleinitrat 2c.
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bester Zusaz gilt ein Gemisch von Bleisuperoxyd und Bleinitrat, welches durch Uebergießen von Mennige mit Salpetersäure und Eintrocknen erhalten wird. Die Zusammensezung der Zündmasse wird von den Fabriken geheim gehalten; beispielsweisenthält eine solche 6 Kilogramm Dextrin, 2 Kilogramm 90 Gramm Phosphor, 30 Kilogramm des Gemisches aus Bleisuperoxyd mit Bleinitrat.
Aufgetragen wird die Zündmasse in derselben Weise wie der Schwefel, nur befindet sie sich in dünnerer Schicht gleichmäßig aufgetragen auf einer horizontal liegenden Steinplatte Die betupften Hölzchen werden in geheizten Kammern in solche Lage getrocknet, daß die Zündmasse am Ende derselben die Geftalt eines Tröpfchen annimmt.
Die geruchlosen" Zündhölzchen werden nach dem Trocknen noch mit gefärbten Harzlösungen überzogen; auch taucht man sie wohl in dünne Gummilösung und sezt sie dann der Einwirkung von Schwefelwasserstoffgas aus, um einen metallisch glänzenden Ueberzug von Schwefelblei zu erzielen.
Die ersten Phosphorzündhölzchen, deren Zündmasse bis 50 Prozent Phosphor enthielt, waren gefährliche Hausgenossen, während die jezige Waare, die nur selten 17 Prozent an Phos phor übersteigt( 5-7 Prozent genügen vollständig) viel harmloser erscheint. Man ist indes vielfach bemüht, den giftigen Phosphor ganz zu verbannen, was namentlich im Interesse der Arbeiter in den Fabriken der sich entwickelnden Phosphordämpfe wegen zu empfehlen ist, und hat zahlreiche Sicherheitszündmassen für Antiphosphorfeuerzeuge probirt. Von diesen muß man solche unterscheiden, welche auf jeder rauhen Fläche wie die gewöhnlichen Zündhölzer sich entzünden, und solche, die einer Reibfläche von bestimmter, chemischer Zusammensezung bedürfen. zu den lezteren gehören die schwedischen Zündhölzer, welche in vorzüglicher Qualität zuerst in Jonköping dargestellt wurden. Sie bestehen aus mit Paraffin getränktem Espenholz. und die Zündmasse enthält beispielweise 5 Teile chlorsaures Kali, 2 Teile rotes chromsaures Kali, 3 Teile Glaspulver, 2 Teile Gummi. Die Reibfläche, auf welcher diese Zündhölzchen sich allein entzünden, ist ein Gemenge aus gleichen Teilen Schwefelfies, Schwefelantimon und rotem Phosphor, welcher bekanntlich die giftigen Eigenschaften des weißen Phosphors, der zu den gewöhnlichen Streichhölzern verwendet wird, nicht teilt, vielmehr so gut wie unschädlich ist.
Phosphorfreie Zündhölzer, die sich auf jeder Reibfläche entzünden, haben noch keine große Verbreitung gefunden. Man hat für dieselben sehr verschiedenartige Zündmassen zusammengesezt, 3. B. 8 Teile chlorsaures Kali, 8 Teile Schwefelantimon, 8 Teile oridirte Mennige, 1 Teil Gummi; oder 7, s Teile chlor saures Kali, 2,6 Teile unterschwefeligsaures Bleioxyd, 1 Teil Gummi; oder 4 Teile chlorsaures Kali, 1 Teil Schwefel, 0,4 Teile rothes chromsaures Kali; oder 3 Teile chlorsaures Kali, 0,25 Teile Goldschwefel; oder 8 Teile chlorsaures Kali, 0,5 Teile rotes chromsaures Kali, 8 Teile Schwefelantimon, 3 Teile sal petersaures Bleioxyd.
Die ersten Reibzündhölzchen, welche 1832 namentlich unter dem Namen Congreve'sche Streichhölzer auftauchten, waren mit Schwefel überzogen und besaßen eine Zündmasse aus 1 Teile chlorsaurem Kali und 2 Teile Schwefelantimon, und entzündeten sich bei kräftigem Durchziehen durch zusammengedrücktes Sand papier , besaßen aber mancherlei Uebelstände; deshalb fanden sie nicht sogleich allgemeine Aufnahme. Erst nachdem Trevany 1835 das bis dahin angewandte chlorsaure Kali teilweise durch eine Mischung von Mennige und Braunstein, Preshel 1837 voll ständig durch Bleisuperoryd und Böttger durch die eingetrocknete Mischung von Mennige und Salpeter verdrängt hatte, begann der große Aufschwung der Zündwaarenindustrie, welche sich seitdem namentlich in Desterreich und im Elsaß entwickelt hat.
Auch bereits 1848 zeigte Böttger die Verwendbarkeit des im Vorjahr von Schrötter entdeckten roten Phosphors zu Reibflächen für phosphorfreie Zündhölzchen. Eine in Schuttenhofen gegründete Fabrik für Darstellung derartiger Zündhölzchen mußte aber eingehen, weil das Publikum die Anwendung einer be