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Gottfried Kinkel  .

Ein Lebensbild.

O fröhlich Leben an dem Rhein  , Gespeist von Kraft, getränkt von Wein! Otto der Schüi z.

Der berühmte Dichter und Kunstgelehrte, der jüngst in das Reich der Schatten hinabstieg, hat mit seinem Hingang all die Abenteuer und Wandlungen, von denen sein romantisches und bewegtes Leben erfüllt war, in dem Gedächt nis seiner Zeitgenossen wieder aufgefrischt. Das Urteil über ihn ist kein einstimmiges und kann es nicht sein. Die Finster­linge müssen den Mann hassen, der sich so glühend und rücksichtslos dem Vorwärtsbrausen der Sturmjahre von 1848 und 1849 anschloß; den Leuten der gemäßigten Mitte" waren seine ra­dikalen und demokra­tischen Neigungen zu start und den äußersten Radikalen selbst mißfiel Kinkel, weil er die an fänglich eingeschlagene Bahn nicht auf die Dauer inne hielt und sich dem Wechsel der Zeitverhält­nisse in mancher Be­ziehung unterwarf.

Alle aber sind einig darin, daß mit Kinkel  ein hochbegabter Poet aus der Schaar der vaterländischen Sänger geschieden ist, und zwar ein Poet vom alten Schlage, wie sie unsere Zeit selten mehr gebiert. Es hat fast den An­schein, als wollte unser hämmeindes, brausen­des, rasselndes, fabri­zirendes und telegra

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ihnen gefehlt so ausgelassen sein konnten, als ob es gar kein Morgen gäbe und der ganze Weltlauf auf das tolle, trunkene, singende, klingende und jubilirende Heute beschränkt wäre! Aber die Leute waren jung, sie waren lebenskräftig und lebenslustig. Sie wußten, daß die Jugend, einmal entschwunden, nicht wieder­kehrt. Kein Wunder, daß die frömmelnde und gottselige Welt alle Heiligen anrief gegen die Freigeisterei jener Dichterschule, und daß die ortodoxen Blätter die Sache darstellten, als nehme

Satanas in eigener Per­son teil an den Ver­gnügungen der rheini­schen Poetenschaft. Der Unterrichtete weiß aber, daß in jenem Kreise wohl mancher Krug feu­rigen Weines gestürzt, aber auch die persön­liche Moral hochgehalten wurde; ohnehin gehörten Frauen jenen Kreisen an, deren Tugend über jeden Zweifel erhaben ist.

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Die rheinischen Poe­ten fümmerten sich aber auch wenig um die gegen sie ausgestreuten Ver­leumdungen. Das Cen­trum der Poetengemein­schaft bildete der Mai­fäferbund", der einer­seits den geselligen Ver­fehr beleben sollte, an drerseits auch Kritik an der poetischen Zeitlitera­tur übte. In dieser Gesellschaft fanden sich 11. a. Karl Simrock  , Arnold Schönbach, Alex. Kaufmann zusammen. Namentlich die Gedichte Kaufmanns, der jezt als Archivar eines ul­tramontanen Fürsten   in Wertheim   a. N. lebt, geben einen Begriff von dem fröhlichen Leben, das in jenem Kreise pulsirte. Das Haupt der Gesellschaft aber war Gottfried Kinkel  , und die Sizungen fanden häufig in dessen Wohnung zu Poppelsdorf   bei Bonn   statt.

Gottfried Kinkel.  

phirendes Zeitalter mit seinen Eisenbahnen und Fabrikschorn­steinen bald keinen jener Dichter mehr hervorbringen, die mit dem Glanze ihrer Phantasie das alltägliche Leben so ideal zu verklären wußten. Die das noch in dem Sinne, wie wir meinen, verstanden, sind alle in der Zeit vor der ersten Eisenbahn ge­boren. Inmitten der modernen, oft so geschmacklosen und leeren " Mache" überkommt einen doch oft eine Sehnsucht nach den guten und tüchtigen Poeten entschwundener Perioden. Kinkel  gehörte zu ihnen, und er war ein rheinischer Poet, aus jener Atmosphäre voll Glanz und Duft, in der Immermann  , Freilig­ rath  , Simrod, Grabbe, Wolfgang Müller und andere ihre dichterischen Gaben wie goldene Früchte heranreifen ließen.

Das war ein tolles und lustiges Treiben in der rheinischen Poetengemeinschaft der dreißiger und vierziger Jahre. Wenn man die luftsprühenden, manchmal beinahe zu bacchantischer Heftigkeit sich verirrenden Lieder jener Tafelrunde vor sich hat, so kann man es heute kaum mehr erfassen, wie jene Menschen bei all ihren Sorgen und an solchen hat es keinem von

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Wenn man den Menschen nur nach den äußeren Formen seiner Erziehung beurteilen wollte, so hätte man Kinkel   sicherlich nicht in jenem Kreise suchen dürfen. Geboren als der Sohn eines Geistlichen zu Oberfassel bei Bonn  ( 11. August 1815) erhielt Kinkel   eine nicht nur religiöse, sondern ortodoxe Er­ziehung, und von dieser Erziehung ist soviel an ihm haften ge= blieben, daß er bis an sein Lebensende gerne predigte, wenn er in seinen politischen und kunsthistorischen Vorträgen auch den salbungsvollen Kanzelton vermied. Als Kinkel sich in den Revo= lutionsjahren dem politischen Radikalismus ergab, schloß er den Radikalismus sorgfältig aus seinen religiösen Anschauungen aus. Es war offenbar die Nachwirkung seiner Erziehung.

Allein zum Vermuckern war er denn doch nicht geschaffen, wenn man ihn auch Teologie studiren ließ. Bald erfaßte ihn zweifel an der Richtigkeit der teologischen Heilslehren; es war dies damals unter den Teologen feine ungewöhnliche Erscheinung,