sich, daß der verwundete Löwe nach dem Träger in die Höhe springt, wobei der Elephant durch die Schwere des Raubtiers zu Boden geworfen und der Jäger dem Zorn des wütenden Tieres unterliegt. Außer dieser eigentlichen Jagd gibt es noch andere Weisen, sich des Löwen   zu bemächtigen oder ihn zu erlegen. Die Buschmänner belauern den Schlafenden und schießen ihn vom Gipfel eines Baumes herab mit vergifteten Pfeilen. Andere Stämme fangen ihn in Gruben, in denen er dann unter zahllosen Flintenschüssen der Männer und unter den Steinwürfen der Weiber langsam verendet. Kühne Beduinen erschleichen auch wohl in Abwesenheit der Löwen   das Lager derselben und stehlen die Jungen, die sie in ihren Burnus wickeln, damit sie keinen Laut von sich geben können. Jung eingefangene Löwen   werden bei verständiger Pflege sehr zahm. Schon die alten Kulturvölker haben vielfach gezähmte Löwen  gehalten und, wie altaltegyptische Abbildungen dartun, sie sogar zur Jagd abgerichtet. Der Karthager Hanno war der erste, welcher einen gezähmten Löwen   mit seinen Händen regierte. Aber er mußte es mit Verbannung büßen, weil man behaup­tete, wer einen Löwen   zähme, strebe auch nach Unterwerfung seiner Mitbürger. Marcus Antonius   fuhr nach der pharsa­lischen Schlacht mit einer Schauspielerin durch die Stadt in einem Wagen, welchen Löwen   zogen. In neuester Zeit hat der verstorbene König Theodoros von Abessinien den Beweis ge­liefert, daß die Zähmung der Löwen   möglich ist, denn er hatte vier derselben fortwährend um sich und ging mit ihnen spazieren. Brehm besaß eine gezähmte Löwin, welche ihm wie ein Hund folgte und ihn bei jeder Gelegenheit liebfoste. Sie spielte mit allen Tieren auf dem Hofe und nur zweimal kam das Raubtier in ihr zum Durchbruch, indem sie einen Affen und einen Widder, mit denen sie vorher gespielt hatte, tötete und fraß. Einmal fing sie sich einen fleinen Negerknaben, doch konnte Brehm den Bedrängten leicht befreien, da sie sich gegen ihn niemals wider spenstig zeigte. In Kairo   konnte Brehm, sie an der Leine führend, mit ihr spazieren gehen. Sie kam nach Berlin  , und als sie Brehm nach zwei Jahren wieder besuchte, wurde er augenblicklich von ihr erkannt. Bei den grausamen Tier­Bei den grausamen Tier­fämpfen der Römer wurden eine Menge Löwen   zu gleicher Zeit in die Arena gelassen, und die römischen Halbbarbaren, diese Affen der Griechen, ergözten sich an der Wildheit und Grau­samkeit der Bestien. Den ersten Löwenkampf gab der Aedil Scavola, einen zweiten der Diktator Sylla. Dieser hatte schon hundert Löwen  , Pompejus   aber ließ sechshundert und Julius Cäsar   vierhundert kämpfen. Der Fang war früher eine böse Arbeit und geschah meistens in Gruben. Unter Clau­dius aber entdeckte ein Hirt durch Zufall ein leichteres Mittel. Er warf dem Löwen   seinen Rod über dem Kopf, was den König der Tiere so verblüffte, daß er sich ruhig fangen ließ. Echon zu Marc Aurels Zeiten waren die Löwen   so dezimirt, daß er nur noch hundert zusammenbringen fonnte. Die im Mittelalter in Aufnahme gekommenen Löwen- und Bärenzwinger dienten nur den grausamen Gelüsten der vornehmen Herren. Aus diesen entwickelten sich dann die Menagerien und teilweise schon hier, namentlich aber in den zoologischen Gärten bekundet sich eine humanere Behandlung der Tierwelt. Doch in der Mehrzahl der auf Jahrmärkten und Volksfesten herumziehenden Menagerien sind die Tiere in ihren engen Käfigen zu Krüppeln geworden und einer lebenslänglichen Tortur verfallen. Seit etwa 20 bis 30 Jahren, wo man begann, die Tiere nach den natürlichen Grundbedingungen ihrer Existenz aufzuziehen, hat man mit der Aufzucht günstigere Resultate erzielt als früher. Die größten Erfolge bei der Aufzucht von Raubtieren hat Schöpff, der Direktor des dresdner zoologischen Gartens ge habt. Auch Bodinus in Berlin  , Schmidt in Frankfurt  , Funt in Köln   und van Bemmelen in Amsterdam  , haben nicht unbedeutende Erfolge erzielt. Ihnen haben sich dann die Menagerien angeschlossen und heute sind diese Anstalten beinahe imstande, ihren Bedarf durch die Aufzucht zu decken. Die Lebensdauer des Löwen   ist beträchtlich. In Paris   hat ein Löwe 40, in London   ein Löwe von Gambia   63, und der be­

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rühmte Löwe Pompejus  , der 1760 in London   starb, 70 Jahre erreicht. Wenn sie schon im engen Käfig so alt werden, so wird ihre Lebensdauer in freier Natur ungleich länger sein.

Aus dem Umstand, daß man im Diluvium mehrfach bei uns die Schädel des Höhlenlöwen fand, und aus der Erwähnung eines Löwen   im Nibelungenlied, den Sigfried   in den Vogesen  erlegte, geht zurgenüge hervor, daß der Löwe in früheren Zeiten in unsern Gegenden existirt hat. Darauf weisen auch die Städtenamen wie Lyon  , Leonberg  , Löwenberg, Löwen  , Löwenstein, Löwenburg u. a. hin. Löwenstein, Löwenburg u. a. hin. Gegenwärtig ist es Afrika  , das die meisten Löwen   beherbergt; sie finden sich ferner in Persien   und Indien  . Der Löwe der alten Welt( Felis leo L.) fommt in mehreren Arten vor. Für den schönsten und furchtbarsten gilt der dunkelfarbige der Berberei, mit prachtvoller Mähne und schwarzer Schwanzquaste. Der Löwe vom Cap ist hellgelb, nur Mähne und Bauchbehang sind stets dunkel. Der Löwe vom Senegal   hat eine schwächere Mähne, die an Brust und Bauch ganz aufhört. Der persische Löwe ist kleiner und trägt eine Mähne, welche aus braunen und schwarzen Haaren gemischt ist. Bei sämmtlichen genannten Arten ist nur das Männchen bemähnt, das kleinere Weibchen unbemähnt. Nicht so der Löwe von Guzerate in Indien  , der durch Kapitän Smee entdeckt worden ist. Er ist etwas kleiner als der afrikanische und am ganzen Leib gleichmäßig rötlich­fahlgelb, nur die starke Schwanzquaste ist weiß. Die Mähne ist blos angedeutet und kaum nennenswert. Durch Anzündung der ausgedehnten Dschungeln( niedre Gras- und Schilfdickichte), welche in Guzerate weite, menschenleere Strecken einnehmen, aus seinem Aufenthaltsort vertrieben, fällt er in bewohnte Gegenden ein und richtet unter den Herden furchtbare Ver­wüstungen an.

Auch Amerika   hat seine Löwen  , aber sie sind Zwerge, wahre Kinder im Vergleich zu dem gewaltigen Verwandten in Afrika  . Der größte von ihnen verhält sich zu dem altweltlichen Löwen   wie sich der Tapir zum Elephanten verhält. Ihm fehlt der Herschermantel, der sich um des eigentlichen Löwen   Schulter schlägt. Nur in seiner Färbung zeigt er einige Aehnlichkeit mit dem Würger der Herden" und deshalb ist ihm von den Gauchos der Name Leon geworden, den unsere Tierschausteller passend mit Silberlöwe wiederzugeben pflegen. Die Natur­geschichte nennt ihn gewöhnlich Puma   oder Cuguar, Linné hat ihm den wissenschaftlichen Namen Felis concolor   gegeben.

Die Gestalt des Löwen   in seiner furchtbaren Schönheit ist seit alten Zeiten ein dankbarer Stoff für Plastik und Malerei gewesen. Seine Formen sind trozig gedrungen und straffer ge­spannt als die sich geschmeidig windenden Gestalten des Tigers und des Leoparden. Vorzüglich schön ist der kolossale Kopf im Schmuck der wallenden Mähne. Seine breite Stirn, viereckig und gradabfallend, gleicht einer ehernen Tafel. In der Mitte leicht vertieft, schwillt sie in der Gegend der Augenbrauen an; aus dieser Wolfe", wie Aristoteles   sich treffend ausdrückt, droht sein majestätischer Zorn. Das Gebiß ist von der Weiße des Elfenbeins, die Klauen ebenholzschwarz. Der zwei Fuß lange Schweif mit der schönen Quaste gibt der Gestalt einen präch­tigen Abschluß. Aber auch die Poesie hat den Löwen   zu ihrer Lieblingsfigur in der Tierwelt ausersehen. Schon Homer   ver­wendet ihn zum Gleichnis für seine Helden:

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Wie ein Löwe

Grimmvoll naht, den zu töten entbrannt, die versammelten Männer Kommen, ein ganzes Volk; im Anfang stolz und verachtend Wandelt er, aber sobald mit dem Speer ein mutiger Jüngling Traf, dann frümmt er gähnend zum Sprunge sich, und von den Zähnen Rinnt ihm Schaum und es stöhnt sein edles Herz in dem Busen. Dann mit dem Schweif die Hüften und mächtigen Seiten des Bauches Geißelt er rechts und links, sich selber anspornend zum Kampfe.

Noch häufiger begegnet er uns in der Bildersprache der Hebräer. In der Poesie der Bibel( des sogenannten alten Testaments) wird er gegen 130 mal genannt, und sie befizt für ihn eine Menge Namen, je nach Geschlecht und Alter, und auch für das Brüllen des Löwen   hat sie vier verschiedene Ausdrücke. Nicht nur der Held oder der siegreiche Stamm, Jehova selbst