wird vom Poeten( vulgo Propheten) mit dem Löwen verglichen, 3. B. Jesaja:„ Gleichwie der Löwe brüllt und der Jungleu fnurrt bei seiner Beute, gegen welchen der Hirten Menge sich schaart: vor ihrem Lärm zagt er nicht und vor ihrem Haufen wird er nicht mutlos; so wird Jehova herabkommen zu streiten auf dem Verge Zion."
2. Der König des Waldes.
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So dürfen wir das größte und mächtigste Säugetier des europäischen Festlandes nennen, den Wisent oder europäischen Bison( bos bison), den wir neben dem Löwen unsern Lesern in einem trefflichen, gleichfalls der Illustrirten Naturgeschichte der Tiere" von Martin( Leipzig , Brockhaus) entlehnten Bilde vorführen. Man heißt ihn auch( aber fälschlich) Auerochs, indem man nach dem Aussterben des eigentlichen Ur- oder Auerochsen dessen Namen auf ihn übertrug. Der Leser möge sich das Porträt dieses gewaltigen Wildstiers, das eine eigene Sippe in der Familie der Stiere bildet, recht genau ansehen, denn einen leibhaftigen Wisent wird er nicht leicht zu sehen bekommen, er müßte sich denn nach Lithauen begeben, denn nur dort, in dem circa 17 Quadratmeilen großen Walde von Bialowicza, hat das von den Polen Zubr genannte Tier seine lezte Heimstätte gefunden. Die Könige und Großen des Reiches Polen und Lithauen und später der russische Zar wollten das immer seltener gewordene Tier vor gänzlichem Aussterben bewahren, was sie im vorigen Jahrhundert durch Umzäumung des genannten Waldes bewerkstelligten. Nur hier lebt noch dieses furchtbare und stolze Geschöpf, gegenwärtig in 700 bis 800 Exemplaren, von der übrigen Erde ist es ausgerottet und blos am Kaukasus soll es noch vereinzelt vorkommen. Eine fleinere Reservation des Wisent hat der Fürst von Pleß auf seinen großen Gütern in Oberschlesien gegründet, welche ganz erfreu liche Fortschritte macht. In früheren Zeiten war das anders. In früheren Zeiten war das anders. Da war der Wisent fast über ganz Europa und einen großen Teil Westasiens verbreitet. Zur Zeit der alten Griechen war er in Päonien oder dem heutigen Bulgarien häufig; in Mittel europa fand er sich fast überall und selbst im südlichen Schweden fam er vor. Nach dem Nibelungenlied erschlug ihn Siegfried im Wasgau. Aristoteles , der ihn Bonassus nennt, beschreibt ihn eingehend. Plinius führt ihn unter dem Namen Bison auf und gibt Deutschland als seine Heimat an. Calpurnius beschreibt ihn um 282 1. Chr., die leges Alemannorum erwähnen ihn im 6. und 7. Jahrhundert. Zu Karl des Großen Zeiten fand er sich noch im Harz und im Sachsenland, um das Jahr 1000, nach Effehard, als ein bei St. Gallen vorkommendes Wild. Um 1373 lebte er noch in Pommern , im 15. Jahrhundert in Preußen, im 17. in Ostpreußen zwischen Tilsit und Labiau und im 18. noch in Siebenbürgen . Sehr viele Orts namen in Deutschland sind auf das Vorhandensein des Wisent ( wie des Ur) begründet. Der lezte Wisent Deutschlands erlag 1755 in Ostpreußen den Kugeln eines Wilddiebs. Der österreichische Gesandte Heberstain, welcher den Wisent 1517 in Lithauen antraf, beschreibt ihn folgendermaßen:" Die Bisonten haben eine Mähne, Botteln auf Rücken und Schultern und einen vom Kinn herabhängenden Bart. Die Haare riechen nach Moschus; der Kopf ist flein, die Augen dagegen sind groß und wild, gleichsam brennend, die Stirn ist breit. Die Hörner sind meist so weit von einander und ausgestreckt, daß der Raum zwischen beiden gut drei hineingestellte starkbeleibte Menschen fassen kann. Auf dem Rücken selbst erhebt sich gleichsam ein Höcker, welcher nach vorn und hinten abfällt." Diese Beschrei bung ergänzen wir durch folgende Notizen. Die Länge ist etwa 2,50, die vordere Höhe 1,60 Meter, der bis ans Schienbein reichende bequastete Schwanz hat eine Länge von 45 Centimeter. Ein in Preußen 1565 erlegter Wisent soll 950 Kilo Gewicht erreicht haben. Die Haare sind lang, dicht und braun gefärbt. Die Behaarung am Hinterteil ist wollig. Die Brust, wie das ganze Vorderteil ist mächtig entwickelt. Die Kuh ist fleiner,
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bedeutend schwächer und seiner gebaut und hat fürzere Hörner. Die Nahrung besteht in Gras, Moos, Rinde oder Blättern von Laubhölzern, während er Nadelhölzer merkwürdigerweise nicht anrührt. Das Naturell des Tieres ist seiner Größe angemessen. Von Natur scheu, vermag es sich, da sein Gehör- und Geruchssinn äußerst ausgebildet sind, vor dem herannahenden Menschen gewöhnlich noch rechtzeitig zurückzuziehen. Wenn er jedoch überrascht wird, so erwacht das Bewußtsein seiner Kraft und trozig schaut er dem Menschen entgegen, den er mit Wut und Ingrimm empfängt, doch ruhig vorbeiziehen läßt, wenn dieser seinen Zorn nicht weiter reizt. Wird er dagegen in Zorn gebracht, so streckt er die bläulichrote Zunge lang heraus, rollt das gerötete Auge, sein Blick wird furchtbar und endlich stürzt er mit beispielloser Wut auf den Gegner und kämpft, so lange noch ein Funke Leben in ihm ist. Solchem Kampfesmute gegenüber ist es erklärlich, daß die Jagd auf den Wisent von jeher zu den ritterlichen Uebungen gehört hat. Diese Jagd wurde zur Zeit Heberstains in Lithauen noch ohne Feuergewehr ausgeführt. Man trieb die Bisonten mit Hunden aus ihrem dunkeln Waldesdickicht heraus in ein mit starken aber einzeln stehenden Bäumen beseztes Gehölz, in welchem die mit Lanzen bewaffneten Jäger sich versteckt hielten. Kamen nun die Bisonten in den Bereich der Jäger, so sprangen diese hinter den Bäumen hervor und stießen den Tieren die Lanze in den Leib. So viel persönlicher Mut, Kraft und Geistesgegenwart, als diese Jagd erforderte, gehört freilich zu der gegenwärtig üblichen Wisentjagd nicht, welche von Zeit zu Zeit der Schuzherr der Wisents, gewöhnlich mit viel Gepränge, abhält.
Die Brunstzeit fällt gewöhnlich in den August, manchmal auch erst in den September und währt zwei oder drei Wochen, während welcher Zeit ernste Kämpfe unter den Stieren stattfinden. Rasend stürzen sie aufeinander los und prallen derart mit den Hörnern zusammen, daß man glaubt, beide müßten unter der Wucht des Stoßes augenblicklich zusammenbrechen. Allein ihre Stirn hält den kräftigsten Stoß aus und die Hörner sind so biegsam, als wären sie aus Stahl.
Ueber den Fang des Wisents hat Dimitri Dolmatow, Aufseher der kaiserlichen Wälder der Provinz Grodno , im Jahre 1849 in einer englischen Zeitschrift eine sehr lehrreiche Schilderung gegeben. Der Kaiser hatte der Königin Viktoria zwei lebende Wisents für den Tiergarten in London versprochen und gab deshalb den Befehl, daß einige der seltenen Tiere gefangen würden. Zu diesem Zwecke wurden 300 Treiber und 80 Jäger aufgeboten, welche das einsame Tal umstellten, in welchem sich eine Wisentherde aufhielt. Behutsam vorgehend gelangen dieselben bis ganz in die Nähe der Tiere, welche durch blinde Schüsse, Hörnerschall und Hundegebell plözlich aufgeschreckt, da vonrannten und sieben Kälber, worunter drei weibliche, in die Gewalt der Feinde gelangen ließen. Sie waren meist noch so jung, daß man ihnen Kühe als Ammen geben mußte. Ein etwa 15 Monate alter Stier erwies sich anfänglich als ungeberdig, wurde jedoch nach zwei Monaten ziemlich zahm. Noch leichter fügten sich die jüngeren Gefangenen, welche bald gegen ihre Pfleger eine große Zuneigung gewannen. Im übrigen erwies sich ihre Verpflegung nicht schwierig. Man hat beobachtet, daß die Wisents in der Gefangenschaft sich stärker vermehren als im Freien und kennt Beispiele von Wisents, welche es 20 Jahre im engen Gewahrsam ausgehalten haben. Niemals hat man aber noch eines dieser grimmigen, blindwütenden Ge schöpfe wirklich zähmen können. So leutselig sie sich auch in der Jugend betrugen, mit zunehmendem Alter brach ihre rasende Wildheit immer hervor und nicht einmal die Wärter dürfen ihnen ganz trauen. Unendliche Mühe erfordert es, einen durch mehrere Jahre in der Gefangenschaft gehaltenen Wisent an einen andern Ort zu bringen. Eine Kuh, welche in einen andern an dicken Seilen, die ihr um den Kopf gebunden waren, fest Naum geschafft werden sollte, wurde durch zwanzig starke Männer gehalten, eine einzige Bewegung des Tieres aber war genügend, alle Leute mit einem Ruck zu Boden zu werfen.
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St.