und Louis Blanc , noch einfacher Schriftsteller zuvor, sah sich mit einemmale von den Wogen der Revolution zur Regierung emporgeschleudert. Jene Vorfälle sind bekannt; auf den Sturz von Guizot , auf die Abdankung und Flucht von Louis Philipp folgte eine provisorische Regierung, bestehend aus Mitgliedern der republikanischen Opposition, Dupont de l'Eure , Lamartine , Ledru- Rollin , Garnier- Pagès u. s. w. Da diese Regierung im Augenblick erkannte, daß sie in der Arbeiterfrage eine sehr schwierige Aufgabe vorfinden werde, so nahm sie zu ihren Sekretären vier Männer, von denen sie glaubte, daß sie auf die Arbeiterkreise Einfluß besäßen, nämlich Marrast und Flocon, zwei radikale Journalisten, den Arbeiter Albert und Louis Blanc. *)

Schon am 25. Februar brachte das offizielle Blatt neben der Erklärung der Republik folgendes Dekret:

Die provisorische Regierung der Republick verpflichtet sich, die Existenz der Arbeiter durch die Arbeit zu verbürgen. Sie verpflichtet sich, allen Bürgern Arbeit zu sichern. Sie erkennt das Recht der Arbeiter an, sich untereinander zu vereinigen, um den gerechten Lohn ihrer Arbeit zu genießen. Die provi­sorisce Regierung gibt an die Arbeiter die million, welche von der Zivilliste fällig ist. Die Tuilerien sollen fortan zum Asyl für die Invaliden der Arbeit dienen. Die provisorische Re­gierung dekretirt die unmittelbare Errichtung von National­werkstätten."

Man sieht dem Dekret den dominirenden Einfluß von Louis Blanc an; es enthält ganz die von ihm verfochtenen Ideen und Teorien.

Die glänzenden Versprechungen der Regierung bewirkten einen wahren Freudentaumel; alles schwamm in Wonne und die ersehnte goldene Zeit schien angebrochen. Allein die Enttäuschung sollte nicht allzulange auf sich warten lassen.

Während man eilig an die Errichtung von Nationalwerk stätten ging, dekretirte die Regierung, daß eine Versammlung von Delegirten der französischen Arbeiter im Palais Luxembourg zusammentreten und dort die Mittel zur Verbesserung der Lage der arbeitenden Klasse beraten sollte, und zwar in Gemeinschaft mit Louis Blanc und Albert.

Somit war Louis Blanc auf der Höhe seines Einflusses und seiner Bedeutung angelangt.

Man kennt die Rolle, welche die Nationalwerkstätten in jener stürmischen Periode gespielt haben. Es ist klar, daß der Gedanke ursprünglich von Louis Blanc ausgegangen und in eine populäre Form gebracht war. Den befizenden Klassen aber war diese Einrichtung als eine vermeintlich sozialistische verhaßt. Jener Haß brachte eine ungemein starke Agitation gegen die Nationalwerkstätten zustande. Die Beherrscher der Börse ver­einigten sich, um den in den Nationalwerkstätten angefertigten Waaren die Abfazgebiete zu versperren, um dann mit sittlicher Entrüstung sagen zu können, daß die auf die Nationalwert­ſtätten verwendeten millionen zum Fenster hinausgeworfen seien und die Regierung immer mit neuen Forderungen vor die Na­tionalversammlung werde treten' müssen, um jenes kostspielige Institut zu erhalten. Man tat alles, um jene Anstalten in Mißkredit zu bringen; vor allen Dingen behauptete man, die in den Nationalwerkstätten zusammengeströmten Arbeiter bildeten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit , und es gelang in der Tat, das Land gegen die Nationalwerkstätten aufzuregen. Selbstverständlich wurden die heftigsten Angriffe gegen Louis Blanc gerichtet, in dem man den Urheber der Nationalwerkstätten sah. Aber mit vollem Unrecht. Denn wenn auch die Teorie ursprünglich von Louis Blanc ausgegangen war, so konnte ihm doch die Schuld für die aus den Nationalwerkstätten entstehenden Unzuträglichkeiten feinesfalls aufgebürdet werden, wie eine leicht fertige Geschichtsschreibung getan hat und noch tut. Die in

*) Die provisorische Regierung schaffte sofort alle von der gestürzten Regierung verliehenen Pensionen, darunter auch die von 4800 Francs, ab, welche Heinrich Heine bezogen hatte. Vielleicht bewies das Büb­chen" damit, daß es denn doch die dritte Schulklasse" längst hinter

sich hatte.

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Rede stehenden Nationalwerkstätten waren keineswegs nach den Vorschlägen Louis Blancs, sondern gegen dieselben organisirt worden, wie schon oft nachgewiesen worden ist; gerade seine dringendsten Einwendungen hatte man gänzlich unbeachtet ge­lassen. Von vornherein hatte man es darauf abgesehen, die ganze Sache zu diskreditiren, und gerade der Minister der öffentlichen Arbeiten, der Advokat Marie, der die oberste Auf­sicht über die Nationalwerkstätten hatte, tat sein Möglichstes, die ganze Institution in ungünstigem Lichte erscheinen zu lassen. Wenn sonach die Nationalwerkstätten auch an den hinterlistigen gegen sie gerichteten Einwirkungen und Angriffen Fiasko gemacht haben, so ist dies nicht Louis Blanc zuzuschreiben, der für die Wirkungen jener Einrichtung so wenig verantwortlich gemacht werden kann, wie für die Einrichtung selbst.

Inzwischen versammelten sich die Delegirten der Arbeiter­schaft im Luxembourg , in dem Saale , wo früher die Pairs von Frankreich getagt hatten. Am 29. Februar erschienen an 5000 Arbeiter auf dem Plaze vor dem Stadthause und verlangten ein Ministerium der Arbeit, eine Forderung, die Louis Blanc zu der seinigen machte. Die Arbeiter trugen ihn darauf im Jubel um das Stadthaus..

Am 2. März trat die Delegirtenversammlung im Luxembourg zusammen, und es begannen jene teoretischen Erörterungen, die so viel Aussehen machten. Zunächst beschloß man, daß die Arbeitszeit in Paris nur zehn Stunden, in der Proving nur elf Stunden täglich betragen solle. Dieser Unterschied konnte nicht genügend motivirt werden. Der Beschluß erregte in den Kreisen der Unternehmer und Fabrikanten einen nicht berech­tigten Sturm gegen die Delegirtenversammlung im Luxembourg .

In der Sizung vom 20. März entwickelte Louis Blanc aus­führlich sein ganzes System und zeigte, daß er mit seinen ge­meinschaftlichen Werkstätten keine Staatsmonopole, sondern Asso­ziationen schaffen wolle. Sein System war, wie er ausführte, hauptsächlich gegen die freie Konkurrenz" gerichtet, die er als eine Reihenfolge von Unglücksfällen und Bankerotten", als eine tägliche Häufung von Ruinen" bezeichnete, durch die eine Nation immer schwer geschädigt werde. Wir können hier die Fragen nicht alle erörtern, die im Luxembourg zur Debatte standen; wir wollen nur anführen, wie Louis Blanc seine ge­meinschaftlichen Werkstätten selbst darstellte.

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Was ist zu tun?" sagte er in seiner Rede vom 20. März. Wir schlagen Folgendes vor: Kämen die Unternehmer, die sich augenblicklich in unglücklichen Verhältnissen befinden, zu uns und sagten:" Der Staat möge unsere Anstalten nehmen und an unserer Statt eintreten," so würden wir darauf ant­worten: Gut, darauf geht der Staat ein! Ihr sollt reichlich entschädigt werden. Allein, die Entschädigung, welche man euch schuldig ist, kann nicht aus den unzureichenden Hülfsquellen der Gegenwart genommen werden, sondern aus denen der Zukunft. Der Staat wird euch also Schuldbriefe ausstellen, mit Interessen, hypotecirt auf den Wert der zedirten Anstalten und rückzahlbar durch jährliche Abtragung oder durch Amortisation."

Das ist also die Verstaatlichung der im Privatbetrieb sich nicht rentirenden Unternehmungen, feineswegs aber das, was die Nationalwerkstätten von 1848 gewesen sind.

Die teoretischen Erörterungen im Luxembourg blieben in­dessen im Ganzen ohne praktische Folgen und die Donner des unter dem Namen der Junischlacht bekannten Straßenkampfes trieben die zu friedlicher Beratung Versammelten auseinander.

Da man die Schuld an dem Fiasko der Nationalwerkstätten Louis Blanc zuschob, wurde er in der Deffentlichkeit mit viel Feindschaft behandelt. Man schob ihm die ganze Misère zu, daß sich immer mehr Arbeiter zu den Werkstätten drängten, daß diese immer größere Summen verschlängen und daß der Handel und Verkehr immer mehr stocke, folglich auch die in den Werkstätten angehäuften Produkte nicht abgesezt werden könnten. Um diese Zeit begannen auch die großen Demonstrationen der Arbeiter gegen die Regierung und die Versuche der Klubs, die Regierung zu stürzen.

Nachdem am 4. Mai die Nationalvertretung zusammengetreten