war, mußte die provisorische Regierung einer definitiven Plaz machen, und als sie Rechenschaft ablegte, richtete man die hef tigsten Angriffe gegen Louis Blanc . Sein Antrag auf ein ,, Ministerium der Arbeit und des Fortschritts" wurde natürlich mit großer Majorität abgelehnt. In die neue Regierung wurde er nicht wieder aufgenommen und nur sein Mandat schüzte ihn vor den wütenden Angriffen seiner Feinde, die ihm sonst sicherlich irgend eine Anklage an den Hals geworfen hätten.
Am 15. Mai wurde jene bekannte Demonstration gegen die Nationalversammlung unternommen, der eine Petition zu Gunsten der Wiederherstellung Polens als Anlaß diente; die von Blanqui , Raspail, Barbès, Huber, Sobrier u. a. geführte Volksmasse überflutete den Saal der Nationalversammlung und unterbrach die Sizung. Man erklärte die Nationalversammlung für aufgelöst. Darauf strömten die Massen nach dem Stadthause, wo man eine neue provisorische Regierung ausrief, die aus Ledru Rollin , Barbès, Huber, Blanqui , Raspail, Proudhon , Louis Blanc u. a. bestehen sollte. Die inzwischen zusammengeeilte Nationalgarde zerstreute indessen die Masse und nahm die meisten der Führer im Stadthause gefangen.
Die Rolle Louis Blancs bei dieser stürmischen Szene ist nicht ganz aufgeklärt; uns scheint, daß er abwarten wollte, auf welche Seite sich der Sieg neige, um dann seinen Entschluß zu fassen. Allein der stürmische Hereinbruch der Volksmassen überraschte ihn und ließ ihm keine Zeit zu ruhigem Besinnen. Mit dem Rufe:„ Es lebe Louis Blanc !" wurde er von einigen Arbeitern auf die Schultern gehoben und an dem Bureau der Versammlung vorübergetragen. Die Masse riß ihn und Barbès mit sich aus dem Saal, nachdem Huber die Auflösung der Nationalversammlung verkündigt hatte. Nun wurde nach dem Abzug der Volksmassen der Sizungssaal von der Nationalgarde besezt und nach geraumer Zeit( der offizielle Bericht sagt: nach einigen Stunden) erschien Louis Blanc wieder bleich und verstört; sein Frack hing in Fezen an ihm herab.
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Bürger!" rief er, ich beteure bei meiner Ehre, daß mir gänzlich unbekannt war, was geschehen sollte und was ge= schehen ist."
Es gab einen solchen Lärm und erschollen so beleidigende Zurufe, daß Louis Blanc sich entschloß, die Tribüne zu verlassen.
Nach diesen Ereignissen glaubte die Regierung in den Nationalwerkstätten den Herd dieser Bewegungen entdeckt zu haben; man beschloß deshalb zunächst, an 8000 Arbeiter aus Paris zu entfernen und eine Entwaffnung der mobilen Nationalgarde vorzunehmen. Von da gelangte man zu dem Entschlusse, die Nationalwerkstätten nach und nach gänzlich aufzuheben. Man suchte die in denselben beschäftigten Arbeiter kolonnenweise aus Paris abzuschieben". Durch dieses Verfahren aber wurden Durch dieses Verfahren aber wurden die Arbeiter so sehr erbittert, daß sie zu den Waffen griffen. Es entstand die blutige, dreitägige Junischlacht, eine der furcht barsten Krisen Frankreichs , die mit der Niederwerfung der Aufständischen endete, aber auch dem Bonapartismus die Wege bahnte.
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Louis Blanc hatte sich inmitten aller dieser Ereignisse ziemlich passiv verhalten. Sein Mandat als Abgeordneter zur Nationalversammlung schüzte ihn vorläufig vor einer Verhaftung; aber nach der Niederwerfung des Aufstandes nahte sich ihm drohend die Gefahr. Hatte man die gegen ihn beantragte Anflage wegen seiner( angeblichen oder wirklichen) Beteiligung an den Ereignissen des 15. Mai abgelehnt, so sollte es jezt anders tommen. Am 3. August erstattete Bauchart Bericht über die Vorsölle vom 15. Mai, und während der Junischlacht; entgegen dem alten juristischen Grundsaze: ,, Non bis in idem" wurden die Ereignisse vom 15. Mai abermals zur Belastung gegen Louis Blanc herangezogen. Die Beschuldigungen bezüglich seiner Beteiligung an der Juniinfurrektion waren sehr vage; sie besagten nur, daß„ die Arbeiter die Sprache Louis Blancs" sprächen und daß dieser am Tage vor dem Ausbruch des Aufstandes einen Besuch in der Werkstätte der Schneider zu Clichy , wo 1500 Mann arbeiteten, gemacht habe. Sodann sollte ein ge
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wisser Thomas gesagt haben:„ Ach, hätte ich nur Louis Blanc gefolgt; dann hätten wir am 15. Mai 100 000 Bewaffnete gehabt und alles wäre anders gekommen!"- Daß Herr Trèlat patetisch ausrief:" Ich betrachte Louis Blanc als die Ursache des Unglücks meines Vaterlandes!" war wohl rührend anzuhören, aber doch kein Beweis.
Troz diesen vagen Anschuldigungen war vorauszusehen, daß die Nationalversammlung die Verhaftung Louis Blancs be schließen würde; er entzog sich ihr durch die Flucht nach England. Heine hatte richtig prophezeit; die Rolle war nur eine kurze gewesen.
In London beschäftigte sich Louis Blanc hauptsächlich mit literarischen Arbeiten und schrieb viel für französische Zeitungen. Schon vor 1848 war Louis Blancs Geschichte der französischn Revolution von 1789-99 erschienen; er sezte sie nun fort und sie erschien bis zum Jahre 1862. Dies große Werk hat seinem Verfasser viel Ruhm gebracht. Was an demselben zu tadeln ist, ist die unbedingte Parteinahme für Maximilian Robespierre , der eine Art Ideal Louis Blancs zu sein scheint, und den er in eine Art sanften arkadischen Schäfers verwandeln möchte. Wir teilen nicht die landläufige Philisteranschauung über Robes pierre , allein die Verhimmelung, die ihm Louis Blanc angedeihen läßt, ist uns auch nicht sympatisch.
Auch die Ereignisse von 1848 hat Louis Blanc in zwei Bänden beschrieben. Als der auf den Trümmern der Republik errichtete Tron des Bonaparte durch die Ereignisse von 1870 gefallen war, kehrte mit so vielen Geächteten auch Louis Blanc wieder zurück. Er ward von Paris in die Deputirtenkammer gewählt und behielt das Mandat bis zu seinem Tode. Er hatte sich der äußersten Linken angeschlossen. Ab und zu las man, daß er da oder dort eine Rede gehalten habe, aber er trat politisch nicht mehr hervor und überlies das Feld jüngeren Kräften. Als er starb, ehrte die Regierung den berühmten Schriftsteller und Deputirten, indem sie sein Begräbnis auf Staatskosten stattfinden ließ.
Der Mann, der im verflossenen Jahr aus einem so erreignisreichen Leben geschieden, hat viel Feindschaft zu bestehen gehabt und am meisten natürlich in jenen Tagen, da der Stern seiner Popularität sank und herabfiel von den Höhen, zu denen ihn der Schwung einer Revolution emporgetragen. Es gelang ihm, einer Epoche jener Revolution ganz den Stempel seines Geistes aufzudrücken und innerhalb jenes merkwürdigen Abschnittes seines Lebens mächte er die lehrreiche Wandlung von der höchsten Volksgunst bis zum geächteten Flüchtling durch. Wir haben seine Teorien dargestellt, wie er sie unter die Massen geworfen hat; sie werden vielfach als fehlerhaft bezeichnet, aber man wird anerkennen müssen, daß es keine Kleinigkeit war, diese Teorien zusammenzufassen, sie populär darzustellen und mit so viel Geist und Kraft zu vertreten. Was man sonst auch sagen möge, sei man dem Manne feindlich oder freundlich gesonnen, man wird zugeben müssen, daß er es ehrlich gemeint hat und daß er nach Kräften für das Heil seines Vaterlandes zu wirken bemüht war. Es war eine hohle und alberne Anschuldigung, wenn man sagte, Louis Blanc sei an dem Unglücke Frankreichs schuld. Die Schuld an dem Unglück trugen vielmehr diejenigen, welche millionen verschleuderten, um die Nationalwerkstätten so einzurichten, daß dieselben zu einem Fiasko gelangen mußten und als Anschuldigung gegen die Teorien Louis Blancs dienen konnten. Gegenüber diesen gewissenlosen Menschen, die aus Parteihaß Gut, Blut und Ruhe des Landes aufs Spiel sezten, erscheint Louis Blanc fast erhaben, wenn man beobachtet, wie er inmitten der politischen Stürme und inmitten des Kampfgeschreies der Fanatiker im Luxembourg mit antifer Ruhe den Arbeitern seine neuen Lehren vorträgt. Er vertrat vor allen Dingen die humanen und großen Ideen der Neuzeit und vertrat sie mit Kraft bis an sein Ende. Die Lasten der Militärstaaten hatten an ihm einen unermüdlichen Gegner und wenn man ihn auch oft als einen Phantasten verschrie, so wollen wir ihm lieber dafür dankbar sein, daß er sein redlich Teil dazu beigetragen hat, das Ideal eines allge