Landsknechte.( S. Illustration S. 281-282.) Die Gelehrten sind noch nicht einig, ob sie die wilden Gesellen, die wir hier auf dem Bilde bei einer nichts weniger als löblichen Heldentat ertappen, als wirkliche Landsknechte", so durch die Lande streichen, oder als Lanzknechte", von ihrem oft 14 Fuß langen Hauptgewaffen, der Lanze, zu benennen haben. Indessen ist dieser Streit auch wenig fruchtbringend; es stehen der interessanten Tatsachen genug fest, über die man sich nicht zu streiten braucht. Zunächst die, daß die Herren Landsknechte eine Land­plage waren, wo sie auftraten, und ihre Sitten" dürften wohl am besten sich spiegeln in dem bekannten Lied der Schillerschen Räuber in seiner derbsten und ursprünglichsten Form, wo es heißt:

Morgen hangen wir am Galgen, Laßt uns heut' drum lustig sein!"

Wer sich des näheren über das Treiben der Landsknechte unterrichten will, der lese die betreffenden Kapitel im Simplizissimus" nach, und man wird staunen, welche Roheit noch vor einigen Jahrhunderten möglich war. Dabei waren diese rohen Horden, oft der Auswurf der Gesellschaft, immer für den zu haben, der sie am besten bezahlte; der Begriff Vaterland" war für dieselben ein rein geographischer, denn sie dienten jedem Herrn. Oft revoltirten sie auch am Morgen einer Schlacht, um höheren Sold zu erlangen, und die Korruption ward so groß, daß von irgend welcher Zuverlässigkeit gar keine Rede mehr sein fonnte. Die Dichter haben sich viele Mühe gegeben, diesem Treiben und diesen wüsten, aber originellen und kräftigen Gestalten eine poetische Seite abzugewinnen. Am besten ist dies Schiller in seinem Wallen­steins Lager" gelungen, und die Figuren, welche Schiller dort geschaffen, werden immer ein musterhaftes und anziehendes Karakterbild jener Zeit bilden. Wir wollen die Verse eines neueren Dichters zitiren, Heinrich Leuthold , eines der besten deutschen Lyriker, der das Treiben fahrender Landsknechte wie folgt schildert:

Das Land in hellen Haufen Durchziehn wir wohlgemut

Mit Balgen und mit Raufen;

Nach beidem schmeckt das Saufen, Saufen, Saufen

Uns noch einmal so gut.

Den Gang zur Kirche lenke

Der Heuchler und der Tor,

Es zieht den Weg zur Schenke Ein frommer Landsknecht vor.. Schließt auf, Herr Wirt, die Küche Und auf das Kellertor!

Biel lieber sind dem Zecher

Als Kelch und als Monstrang

Das Huhn am Spieß, der Becher... Die Würfel sind dem Zecher, Becher, Becher

Der wahre Rosenkranz.

Kein Pfaffe macht indessen

Uns mit der Hölle schwer;

Wir lesen selber Messen

Und halten Christenlehr'...

Herr Wirt, noch eine Kanne, Noch eine Kanne her!

Sprach Christus nicht zum Reichen: Verkaufe, was du hast, Das sei des Heils ein Zeichen!" Ich selber denk desgleichen, Gleichen, gleichen, Bersaufe, was du hast!" Es kommt des Reichen Seele Ins Himmelreich so schwer, Als wie ein Trupp Kameele Durch einer Nadel Dehr... Herr Wirt, noch eine Kanne, Noch eine Kanne her!

Jm Glaubensstreit befehden Sich jezt um Alt und Neu Der Kaiser und die Schweden ; Indes ich selbst mich jeden, Jeden, jeden,

Mich jeden Jahrgangs freu! Wenn andre, treu dem Alten, Jm grimmem Lutherhaß Bur Mutterkirche halten, Halt ich am Mutterfaß...

Herr Wirt, noch eine Kanne Von diesem edlen Naß!

Beneidenswerten Loses Jm wohnlichen Gebiet Blieb Pharao , als Moses,

Moses , Moses Aufs Trockene geriet.

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Wär dies Geschick doch meines, Und wär das rote Meer Ein Meer voll roten Weines, Ich söff es tapfer leer!... Herr Wirt, noch eine Kanne, Noch eine Kanne her! Den Glauben muß man schäzen, Mit dem ein jedes Kind Selbst Berge tann versezen... Das Wunder muß man schäzen, Schäzen, schäzen,

Wenn es Weinberge sind.- O, frommer Wunderglaube, Laß wachsen mir zur Stund Die Kananitertraube

Wohl in den durstgen Mund!... Wein her, Herr Wirt, die Kanne

Ist leer bis auf den Grund!

Das Landsknechtswesen trug nicht nur seinen Teil dazu bei, die Länder aufs äußerste zu verwüsten, sondern es ermöglichte auch ehr­geizigen Machthabern, leicht Eroberungsfriege in Szene sezen zu können, wenn nur genügende Aussicht auf Raub und Beute vorhanden war. Man denke an die Angriffe Karls des Kühnen von Burgund gegen die Schweiz , die mit solchen Truppen ausgeführt wurden. Der 30jährige Krieg würde Deutschland vielleicht etwas weniger entsezlich verheert und entvölkert haben, wenn das Landsknechtssystem nicht die Grund­lage der militärischen Organisation der Mächte gebildet hätte. Diese Horden lebten auf Kosten des Volks, und wer nicht gutwillig gab, dem wurde mit Liſt oder Gewalt genommen, wie unser Bild zeigt.

B.

Die Cimbria"( 1. S. 289), eines der schönsten und schnellsten Schiffe der Hamburgisch- Amerikanischen Packetfahrt- Aktiengesellschaft, wurde in der Nacht vom 18. auf den 19. Januar bei dichtem Nebel in der Nähe der Insel Borkum von dem englischen Dampfer Sultan " angerannt und in den Grund gebohrt. Auf dem Schiffe befanden sich 380 Passagiere und 110 Mann an Besazung. Gerettet wurden ins­gesammt 56, so daß der Verlust an Menschenleben sich auf 434 beziffert. Das untergegangene Schiff, der Stolz der Hamburgischen Handelsmarine, wurde 1867 in England erbaut, hatte eine Länge von 330 engl. Fuß, eine Breite von 40 Fuß und einen Tiefgang von 28 Fuß. Der Tonnen­gehalt betrug 3000. Die Maschine von 2500 Pferdekraft verlieh der ,, Cimbria" eine Geschwindigkeit von 13-15 Knoten( 4 Knoten 1 deutsche Meile) per Stunde. Ein unseliger Stern scheint über der Hamburgisch­Amerikanischen Badetfahrt- Aktiengesellschaft zu walten: sie verlor in 25 Jahren 9 prachtvolle Dampfer, wobei 1500 Menschen zugrunde gingen.

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Preis- Ausschreiben. Der Verein für deutsche Literatur", dessen Vorstand gebildet wird von den Herren Professor Dr. Gneist, Geheimrat Professor Dr. Werder, Wirklicher Geheimrat und Ge­neralintendant der Museen Graf Usedom und Stadtrat Hagen schreibt in dem Bestreben, den Literaturfreunden immer Gedie­genes in allen denjenigen Disziplinen darzubieten, die dem Ziel und Streben einer Nationalliteratur in umfassenderem Sinne ent­sprechen, drei Preise aus: erster Preis 4000 Mart, zweiter Preis 3000 Mart, dritter Preis 2000 Mark für drei vor­züglich erkannte Monographien aus der deutschen Ge= schichte oder Kulturgeschichte, die anziehenden Stoff mit Tiefe des Gedankens und fesselnder, in höherem Sinne des Worts populärer Darstellung verbinden. Dem Zwecke würden u. a. Temata entsprechen, die eine bedeutsame Entwicklungsperiode unseres Volks oder eines deutschen Stammes, das Leben einer deutschen Reichsstadt in der Epoche ihrer Blüte und Macht, das Wirken bahnbrechender Geister auf politischem, sozialem, literarischem oder künstlerischem Ge­biete behandeln. Ausgeschlossen sind kirchengeschichtliche Temata und bloße Sammlungen von Aufsäzen, sowie alles, was feinen einheitlichen persönlichen oder sachlichen Mittelpunkt darbietet, überhaupt Speziali­täten, die nur kleine ausgewählte Bildungskreise interessiren dürften; ferner Temata, die in früheren Publikationen des Vereins bereits be= arbeitet wurden. Die Arbeit soll nicht weniger als 20 Druckbogen und womöglich nicht mehr als 23 Drudbogen im Format der Vereins­publikationen umfassen. Der Einsendungstermin an den unterzeich­neten geschäftlichen Leiter des Vereins endet am 1. Oktober 1883. Die Veröffentlichung der Preiszuerkenntnisse erfolgt am 15. Dezember 1883.

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Zu jedem Manuskripte wird ein Motto erbeten und ein mit dem­selben Motto bezeichnetes aber geschlossenes Couvert, welches den Namen des Verfassers enthält. Die drei Couverts werden geöffnet, deren Motti die Preisempfänger bezeichnen. Unleserliche Manuskripte werden nicht geprüft. Durch die Zuerkennung eines Preises wird das ausschließliche Eigentumsrecht der drei Werke vom Verein für deutsche Literatur" auf die Dauer von fünf Jahren erworben.

Das Preisrichteramt haben übernommen die Herren: Rudolf Gneist , Wilhelm Scherer unnd Julius Weizsäcker , ordentliche Professoren an der Universität zu Berlin , unter Zuziehung des Schrift­führers des Vereins, Herrn Dr. Ludwig Lenz.

Der geschäftsführende Direktor Verlagsbuchhändler R. Hofmann.