-

bedeutenderer, bald in geringerer Tiefe. Das als eine grün­gelbe Kugel intensiv leuchtende Pyrosomatier behielt sein Licht noch eine Viertelstunde nach dem Herausheben aus dem Wasser. Eine Alcyonarie leuchtete plözlich wieder lebhaft auf, als sie mit Spiritus begossen wurde. Lichtspendende Infusorien be­merkte man diesmal nicht. In der Nähe der Congomündung waren es wiederum große Züge von hell leuchtenden Pyrosoma, die ziemlich nahe der Oberfläche schwammen, und das Kielwasser glich einem breiten leuchtenden Streifen. Zwei Tage später befanden sich die Tiere in größerer Tiefe, waren viel weniger zahlreich, ihr Licht strahlte diffuser. Am Strande von Tschin­tschotscho( Loango- Expedition. II, 2) leuchtete der Boden unter den Tritten von unzähligen Leuchttieren, und das ganze sich überstürzende brausende Wasser der Brandung erschien magisch hell. Stundenlang fuhr M. Buchner  ( Reise durch den stillen Ozean) an der Ostecke Südamerikas   durch Schwärme hell­funkelnder Pyrosoma.

Im südlichen Teile des indischen Ozeans strahlte v. Wille­moes- Sahm, dem leider auf der englischen   Challenger- Expedition verstorbenen deutschen Zoologen, die See in der Nähe der Insel St. Paul wie ein Feuermeer entgegen. Hier riefen sehr viele Noctiluca Tiere, die das Wasser ganz schleimig machten, das Leuchten hervor, und große Feuerwalzen glänzten im Kielwasser mit lebhaft grünem Lichte. Auch Lehnert( Um die Erde. S. 83) fuhr im indischen Ozean wie durch ein Feuermeer, das milliarden phosphorescirender Infusorien, Leuchtquallen und Leuchtkrebse hervorbrachten. Hielt man eine hellbrennende Lampe in die Nähe des Wassers, so wurde das Leuchten in höherem Grade erregt; das Lampenlicht genügte, um auf weite Strecken ein bläulich grünes Feuermeer zu schaffen mit hunderten großer heller Knoten. Wurde die Lampe verdeckt, so wurde nach wenigen Minuten alles dunkel. Eines Abends, so erzählt v. Desterreicher( Aus fernem Westen und Osten. S. 16) blizte ein intensives Leuchten unter dem Bord des Schiffes auf, von einer Stärke, als ob ein Blaufeuer abgebrannt würde; und nach und nach begann es allerorten zu leuchten, so daß der ganze Horizont nur ein einziges Lichtmeer bildete, das erst nach 15 Minuten erlosch. Den nächsten Tag entdeckte man als Lichtverbreiter eine kleine Gattung von Garuelenkrebsen, und es wurde ersichtlich, daß ihr Leuchten eine Reflexerscheinung ist, hervorgebracht durch das intensive Licht einer Kabinenlampe, deren Lichtreiz das Leuchten der Tiere hervorrief. Nach Klun­zingers häufigen Beobachtungen gehört im roten Meere das allgemeine Seeleuchten zu den Seltenheiten. Doch konnte der berühmte Afrikareisende Schweinfurth( Zeitschr. f. allg. Erdkunde. Bd. 18, S. 297) sich an dem ungewohnten Anblick des Meeres ergözen, das an der brandenden Flutmarke wie von zahllosen hellen Funken übersäet war. Die an den Händen haftenden Lichtpunkte von sehr verschiedener Größe und Intensität schienen ihm aber nicht Infusorien zu sein, welche aus eigener Willens­fraft ihre innern feinorganischen elektrischen Lampen anzündeten, um in der übrigen, sie völlig ignorirenden Schöpfung auch einmal ihr Licht leuchten zu lassen, sondern die zahllos im Meerwasser an der Küste verteilten faulenden Reste von Fischen und Conchylien, die bei Tage dem menschlichen Auge nicht wahr nehmbar, bei Nacht ihr bläuliches Phosphorlicht ausstrahlten.

Im großen Ozean fand der obenerwähnte M. Buchner, und ebenso Rapel( Aus Merito. S. 20) zwischen San Franzisko und Akapulko, das Leuchten nie bedeutend; aber Graf v. Görtz( Reise um die Welt. I, 35) beobachtete es hellaufleuchtend in der Bai von Panama, und ein englischer Reisender( Journal of Geogr. Soc. 1864. p. 98) sah brillantes Aufleuchten großer feuriger Massen nahe der Duskybai auf Neuseeland  . Zwischen Manila  und den Palauinseln fuhr Semper( Die Palauinseln.   S. 20) drei Tage lang in so dichten Schwärmen von Pyrosoma, daß selbst beim Wasserschöpfen mit Eimern häufig die fast einen Fuß langen Tiere gefangen wurden, und Nachts leuchteten alle diese myriaden von Wesen in so zauberhaftem Lichte, daß, eine Sommernacht bei Helgoland   ausgenommen, er nie ähnliches sah. v. Rosenberg( Der malayische Archipel. S. 64) schreibt: Ent­

302

|

zückend ist bei Pandang der Blick in die Tiefe bei dunkler Nacht, wenn alle diese Meerbewohner aussehen, als wären sie von Hellem Lichtglanz umgeben, während überall leuchtende Punkte, Sternen gleich, im dunkelblauen Meere erscheinen und verschwinden. Wie prachtvoll auch im ochozkischen Meere diese Erscheinung auftritt, wissen wir ja längst durch Erman.

Im südlichen Eismeere beobachtete Bellinghausen in der tiefen Dunkelheit der Nacht südlich von der Kergueleninsel das Leuchten der See, das er in höheren Breiten noch nicht wahr­genommen hatte. Im nördlichen Polarmeere, südlich von Grön­ land  , finden sich die ozeanischen phosphoreszirenden Tiere in solcher Menge, daß man nachts einen deutlichen Lichtstreifen im dunklen Kielwasser erkennen kann, und Scoresby segelte weite Strecken in ,, green water", d. h. in einem Meere, dessen Farbe von blau in grüngel5 verändert war durch die zahllosen Tierchen.

Wenden wir uns nun schließlich nach dem Meere der, alten Welt", dem Mittelmeer   und seinen Teilen. In der Nähe vom Kap Alto erblickte einst Karl Ritter alles mit faustgroßen Leucht­kugeln illuminirt. Noch hatte keiner der Passagiere und der Marinari   darauf geachtet; diesen war es ganz gleichgiltig, jene bekümmerten sich nicht um den Natureindruck. Der Kapitän fertigte ihn kurz mit der Bemerkung ,, effetto fosforico" ab. Erst als Ritter ihnen mitteilte, daß Tiere diesen effetto her­vorbrächten, wurde das Interesse etwas rege; aber so einge­wurzelt war das Vorurteil, daß er den Kapitän nicht zu bewegen vermochte, durch Matrosen mit Eimern solche Leuchtkugeln schöpfen zu lassen. Wir gaben absichtlich diese Stelle in ihrer Voll­ständigkeit, weil vielleicht mit darauf zurückzuführen ist, daß wir in den Schriftstellern der Griechen und Römer keine genauen Nachrichten über das Meerleuchten antreffen. Auf der Seefahrt nach Patmos beobachtete v. Schubert( Reise in das Morgen­land. III, 404) an mehreren Abenden hintereinander ein glän­zendes Phosphoresziren. Auch Feldmarschall v. Moltke  ( Briefe, S. 72) erfreute es häufig bei Smyrna. Helle Funken klebten an den Rudern und wirbelten am Steuer. Ganz eigen ist es, wenn man dabei badet; man ist wie in Licht und Feuer eingewickelt." Das schwarze Meer hat gleichfalls Leuchttiere aufzuweisen. Als Ehrenberg im Sommer 1858 in Neapel  weilte, bemerkte er, daß jede Bewegung des Wassers mit dem Ruder oder Stock, sogar jede Handbewegung sogleich millionen Funken gaben, die so dicht beisammen aufblizten, daß sie in einen zusammenhängenden Feuerschein verschwammen. In einem leinenen Beutel konzentrirte sich die Lichtsubstanz, die ohne Ueber­treibung geschmolzenem, glühenden Metall glich. Das abfließende Wasser war lichtlos. Eine genauere Besichtigung mit 300maliger Vergrößerung ergab, daß die ganze große Erscheinung von un­berechenbar zahlreichen Tierchen geschaffen wurde. Von massen­haften, der Lichterscheinung adäquaten schleimigen Stoffen, wie sie einst Humboldt( Reise, II, 306) und oben Schweinfurth beobachtet haben wollten, war durch das Mikroskop nichts zu sehen.

Н

Mit wohlbedachter Absicht haben wir im obigen solche Stellen ausgewählt, die zugleich zur Erklärung des anscheinend so wunderbaren Phänomens dienen können. Weder durch den Lichtstoff Robert Boyles, noch durch das elektrische Fluidum Forsters  , das durch Anschlagen der Salzmoleküle des Meer wassers gegen die Metallplatten des Schiffes sich erzeugen sollte, noch durch die Phosphoreszenz faulender organischer Stoffe, die als milchige Substanz auf der Oberfläche schwimmen, läßt sich das Meerleuchten erklären, denn jene milchige Farbe löst, wie das Fernrohr die Milchstraße in zahllose Fixsterne, so hier das Mikroskop in myriaden kleiner Tiere auf, die mur dem unbewaffneten Auge so weißlich erscheinen, wie das Blut rot.

Aehnlich wie in den wärmern Teilen Europas   die sogenannten Johanniswürmchen als Diamanten der Nacht" ein entzückendes Schauspiel darbieten, wie in Südamerika   manche Käfer so hell leuchten, daß man feine Schrift dabei lesen kann, daß die Indianer sie bei ihren nächtlichen Reisen an die Schuhe binden,