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Zuschauern herbei. Besonders zahlreich waren die Landleute| jungen Freiherrn vortrefflich. Manches Mädchen beneidete im von den nahen Bergen vertreten. Wenn es ein fröhliches Fest stillen Hofmaiers Marie um den stattlichen Kavalier, der ja mitzufeiern gilt und gar ein Schauspiel geboten wird, da scheut bald, wie es das Gerücht wissen wollte, ihr Bräutigam das lebenslustige Volk der baierischen Berge nicht weiten Weg, nicht Zeit und nicht Geld!
In der ersten Nachmittagsstunde eilten von allen Seiten die jungen Glonheimer, welche die Stelle der Schweden übernommen, auf ihren Sammelplaz. Hierzu war, ebenso aus Verpflegungs- als strategischen Rücksichten, ein auf einer Anhöhe eine halbe Stunde von der Stadt gelegenes Wirtshaus ausersehen. Bald begannen sich aus dem Wirrwarr einzelne Haufen abzu sondern und in sich zu ordnen. Das kleine Heer war vortreff lich organisirt: Hauptleute und Lieutenants, aus gedienten Soldaten gewählt, übernahmen ihre Kompagnien und Rotten. So gut es anging, war Sorge getragen, daß wenigstens die einzelnen Trupps gleichmäßig adjustirt waren. Neben einer Abteilung Pikeniere stand ein Trupp Musketiere mit Gabelstöcken, worauf sie ihre unförmlichen Radschloßmusketen stüzten, denen freilich nur eine stumme Rolle zugedacht blieb. Damit aber auch das fröhliche Knallen, welches zur Würze des kriegerischen Schauspiels unentbehrlich war, zu seinem Recht käme, hatte man frischweg die historische Treue geopfert und etliche Trupps mit Gewehren der Neuzeit ausgerüstet. Die Reiterei war durch eine nicht zahlreiche, aber gut berittene Schaar Dragoner vertreten.
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Den höchsten Stolz des schwedischen Heeres bildete aber das Geschüzwesen, vier wirkliche Feldschlangen, welche aus längst vergangenen Zeiten noch im Rathaus aufbewahrt waren. Ohne Kanonendonner wenn auch nur aus Böllern kann sich der Altbaier nicht einmal das friedlichste Fest denken, und heute durfte derselbe vollends gar nicht fehlen. Für diesen besonderen Anlaß hatten die Väter der Stadt großmütig die seit Jahrhunderten verstummten Feldschlangen zur Verfügung gestellt. Dieselben wurden zuvor vorsichtig probirt, damit nicht etwa ein altersschwaches zerspringendes Geschüz jählings die Festfreude stören möchte. Zum Jubel der Glonheimer erwiesen sich die ehrwürdigen Kartaunen noch kriegstüchtig, und vier gediente Artilleristen übernahmen als Konstabler den Befehl über die Geschüze und die Einübung der bedienenden Stückknechte. Schon Wochen vorher waren alle Schweden tüchtig gedrillt worden, und so vollzog sich jezt auf das Kommando der Führer die Her stellung einer Schlachtordnung in soldatisch gewandter Weise. Nun wälzte sich eine mächtige Staubwolfe, von dröhnenden Pferdehufen aufgewühlt, auf der Landstraße einher und der schwedische Oberfeldherr kam mit seinem glänzenden Gefolge angesprengt.
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Dieser Feldherr war niemand Geringerer als der junge als der junge Freiherr Camill von Lindenegg. Seine Ernennung war zwar auf manchen Widerspruch gestoßen, besonders von Seiten der jungen Glonheimer, welche dem Baron wegen seines neulichen Verhaltens gegen den beliebten Georg Walter nicht eben grün waren. Doch wußte es der gebietende Herr Baltasar Hof maier, der natürlich im Komité eine gewichtige Stimme führte, durchzusezen, daß seinem künftigen Schwiegersohn diese Ehren stelle zugesprochen wurde. Anfangs war Baron Camill ver sucht gewesen, jede Teilnahme an dem Bürgerspiel geringschäzig abzulehnen. Da sich aber auch Gutsbesizerssöhne und sonstige junge Leute aus höheren Ständen beteiligten, fand er keinen Grund mehr, sich auszuschließen, zumal ihm eine so hervor ragende Rolle zugedacht wurde. Der junge Freiherr schmeichelte sich, daß er hoch zu Roß, in der malerischen Tracht als schwedischer Feldobrist doch auf die schöne, nur zu spröde Marie seinen Eindruck nicht verfehlen würde. Der alte Lindenegg hatte, wenn auch unter manchem Seufzer, für Anschaffung eines präch tigen Kostüms bedenklich tief in die Kasse greifen müssen." Papa Gambrinus wird schon dereinst für die Ehre zahlen, daß sein Schwiegersohn in spe die glänzende Figur bei dem Spektakel spielt", beschwichtigte Baron Camill leichthin die Bedenken seines Vaters. Das Kostüm machte auch in der Tat dem funftfertigen Schneider aus der Residenz alle Ehre und kleidete den
würde.
Es gab nun ein gar farbiges Soldatenbild, als sich auf das Kommando der Hauptleute die Schwedischen zum Empfang ihres Feldherrn anschickten. Die Pifeniere warfen sich mit aufgerichteten Spießen und vorgeseztem rechten Fuß in gravitätische Haltung und die Musketiere standen auf ihre langen Gewehre gestüzt und hatten die Gabelstöcke vor sich in den Boden gestoßen. Die Fähnriche schwenkten grüßend ihre mächtigen blaugelben Fahnen, und Trommelwirbel, Pfeifenklang und Trompetenfanfaren ertönten lustig, während der Oberbefehlshaber mit seinem Stabe stolz die Reihen entlang sprengte.
Mit dem Schlag zwei Uhr erdröhnte ein Böllerschuß, das Zeichen zum Beginn des kriegerischen Spiels, und das schwedische Heer begann gegen die Stadt vorzurücken.
In Glonheim waren um diese Stunde schon die Darsteller von Bürgermeister und Ratsherren in ihrer ehrwürdigen Tracht auf dem Rathaus versammelt. Zur Spähe ausgesandte städtische Reiter kamen angesprengt und brachten die Kunde von der Annäherung des Feindes. Trommelsignale riefen alsbald die Bürger zusammen, welche sich in Wehr und Waffen eiligst auf dem Rathausplaz um die Führer der Fähnlein und Rotten schaarten. Nun erschien ein schwedischer Parlamentär von einem Trompeter begleitet peter begleitet- beide hoch zu Roß vor der Stadt und ward vor das Rathaus geleitet. Hier forderte er die Glonheimer auf, sich binnen längstens einer halben Stunde der Heeresmacht der erlauchten Königin Christina von Schweden zu übergeben.
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Nachdem sich der hohe Rat über den bedenklichen Fall beraten, erteilte der Bürgermeister vom Balkon herab dem Parlamentär eine stolz abschlägige Antwort. Dieser erwiderte noch ein paar drohende Worte, gab seinem Roß die Sporen und ritt zu den Seinigen zurück. In einer dramatisch wirksamen Rede forderte nun der Bürgermeister die Glonheimer auf, Blut und Leben in Verteidigung der geliebten Vaterstadt hinzugeben.
Im Sturmschritt eilten darauf die Bürger an die ihnen zur Verteidigung angewiesenen Pläze. Bald entbrannte lebhafter Kampf auf allen Seiten; das Pulver ward an diesem Tage in Glonheim wahrlich nicht gespart! Insbesondere knallten die wackern schwedischen Stückknechte von einer beherrschenden Höhe aus mit ihren Feldstücken drauf los, daß die Vorstellung eines wirklichen Treffens in den Zuschauern geweckt wurde. Es lag förmlich etwas so berauschendes im Donner der Geschüze und dem Knattern des Kleingewehrfeuers, daß die Stimmung der am Kriegsdrama Beteiligten immer mehr sich erhizte und die altbaierische Kampf- und Raufluft sich zu regen begann. Einzelne nahe aneinander geratene Häuflein Glonheimer und Schwedischer feuerten sich bedenlich nahe ins Gesicht. Ja es hatte sich an mehreren Stellen, wo in der Hize des Gefechts fein Teil dem andern weichen mochte, ein recht kriegsgetreues Handgemenge entsponnen. Etliche dabei ruhmvoll erworbene Beulen und Schrammen wurden von den kampflustigen Streitern gar nicht beachtet. Immerhin aber schien es an der Zeit, daß nunmehr auf ein Trompetensignal die Glonheimer programmmäßig überall vor den siegreich andringenden Schweden weichen und sich auf den Marktplaz zurückziehen mußten. Als Schlußeffekt des kriegerischen Schauspiels sollte noch ein Trupp städtischer Reiter den in Glonheim einreitenden schwedischen Dragonern sich entgegenwerfen. Die beiderseitigen Reiterschaaren, welche bisher noch nicht ins Gefecht getreten, brannten schon vor Ungeduld, gleich ihren Kampfgenossen zu Fuß, endlich auch mit dem Gegner zusammenzustoßen.
Zum Anführer der glonheimer Reitertruppe war Georg Walter gewählt. Derselbe war zwar ursprünglich von seinen Kameraden zum städtischen Feldhauptmann ausersehen, hatte aber abgelehnt und sich mit der bescheideneren Rolle begnügt. Als Oberbefehlshaber der Glonheimischen hätte Georg nicht