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Geschichte des Walfischfanges. Wenn angenommen werden darf, daß die Art und Weise des Walfischfanges ziemlich allgemein bekannt ist, so kann man auf der andern Seite fast mit Bestimmtheit voraussezen, daß die Geschichte desselben für viele etwas neues ist, vorzüglich da erst die zahlreichen Unfälle, welche in neuerer Zeit die Walfischfänger betrafen, Veranlassung zu ausführlicheren Bearbeitungen jener Geschichte gegeben hat. Wir lassen daher hier eine gedrängte Uebersicht folgen.

Der Walfischfang( Walerei) wurde schon im 9. Jahrhundert von den Norwegern und im 13. und 14. Jahrhundert von den Basken betrieben, die 1372 bis nach Neufundland  , später bis tief ins Eismeer vordrangen. Dies war jedoch nur in beschränktem Maße der Fall. Wer aber den Fang zuerst systematisch und in größerm Maßstabe betrieben, ob die Biskayer oder die Normänner, darüber sind die Meinungen geteilt; nur so viel ist gewiß, daß die Art des Fanges und die dabei ge­brauchten Werkzeuge noch dieselben sind, wie sie bei den Biskayern des 15. Jahrhunderts üblich waren. Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts wagten sich diese bis nach Jsland hinauf, wo die dort angesiedelten Norweger   gemeinschaftliche Sache mit ihnen machten, sodaß ihre Flotte

bald 50-60 Segel zählte.

Kurz nach der Entdeckung von Amerika   machten die Engländer und Holländer viele unglückliche Versuche, durch eine nordöstliche Fahrt nach Indien   zu gelangen und trafen dabei in den nördlichen Meeren eine ungeheure Anzahl Walfische an, welche seit Jahrhunderten hier ungestört, ganz furchtlos und ziemlich träge waren. Die Seefahrer benuzten nun diese Gelegenheit, um, wenn sie auch nicht das Glück hätten, auf diesem Wege die köstlichen Gewürze aus Indien   zu holen, doch wenigstens etwas Preiswürdiges nachhause zu bringen. Was anfänglich nur Nebensache gewesen, wurde bald Hauptzweck; die kühnen Hoffnungen der entdeckungssüchtigen Seefahrer gingen unter in der schweren Arbeit des Walfischfanges.

Indes scheint es, als ob vor dem 17. Jahrhundert die ganze Sache für den Handel nicht besonders wichtig gewesen sei, indem die erste, ausschließlich für den Walfischfang bestimmte Fahrt erst im Jahre 1610 von den Engländern unternommen wurde. In Amsterdam   und London  bildeten sich Kompagnien, welche bald zahlreiche Flotten nach Spiz­bergen sandten. 1614 vereinigten sich die holländischen Rheder zu einer grönländischen Kompagnie( auch nordische Gesellschaft genannt), die sich aber 1645 wieder auflöste. Von England gingen 1598 schon Schiffe in das Nordmeer, und zwar von der privilegirten moskowitischen Kompagnie. 1615 forderte Dänemark   in der Voraussezung, Spizbergen sei ein Teil von Grönland  , von den Engländern Tribut. Allein da nun auch andere Nationen Europas   daran teilnehmen wollten und man sich gegenseitig das Recht auf diesen Seestrich streitig machte, so wurden die Fahrten wegen der unaufhörlichen Kämpfe um dieses Besizrecht öfters nuzlos oder hatten einen ganz unglücklichen Ausgang. Die Schiffe liefen in kleinen Geschwadern aus und waren ebenso zum Angriff wie zur Verteidigung gerüstet; namentlich trieben die Engländer fast nichts als Seeräuberei, indem sie sich auf Plünderei der Schleich­händler, wie sie die Seefahrer anderer Nationen nannten, beinahe aus­schließlich legten. Endlich, nachdem man sich lange genug auf eine so nuzlose Weise gestritten hatte, wurde eine Uebereinkunft getroffen, nach welcher die besten Seestriche längs der Küste von Spizbergen unter die Engländer, Spanier, Holländer und Hamburger verteilt wurden.

Nun betrieb die englisch  - moskowitische Kompagnie einige Jahre hindurch den Handel mit ziemlichem Erfolge; aber als ihre Schiffe später fast jedes Jahr unglüdlich waren, so verschwanden sie allmälich aus den nördlichen Meeren und überließen den Plaz den Holländern, welche selten ohne reiche Ladung zurückkehrten. Die moskowitische Ge­sellschaft löste sich auf; eine andere Gesellschaft verlor in wenigen Jahren ihr Kapital von 80 000 Pfund Sterling. Die Holländer sezten das Geschäft mit der ihnen eigenen Kraft und Ausdauer fort, und da sie im Anfange an dem ihnen zugeteilten Küstenstriche die Walfische in Menge und sehr träge fanden, so gründeten sie am Ufer eine Sommer­folonie und bereiteten hier den Tran aus dem Fett, welches die Schiffe brachten. Bald erhob sich hier an diesem öden Strande ein kleines Dorf Smeerenbeeg. Das ganze 17. Jahrhundert hindurch dehnte sich das Geschäft der Holländer immer mehr aus, sodaß nicht selten 200 Fahrzeuge von verschiedener Art und Größe in dem Hafen von Smeerenberg lagen. Endlich aber wurden die Walfische scheu, man mußte nun weit hinausfahren in die offene See und hier den gefahr­vollen Kampf beginnen. So entfernte man sich immer mehr und mehr von Spizbergen, und von dem ehemaligen Dorfe Smeerenberg ist auch nicht eine Spur übrig geblieben.

Mehr als hundert Jahre lang sandten die Engländer kaum einen Walfischfänger aus, während die Holländer und Hamburger bis zum Jahre 1778 jährlich eine Flotte bis zu 200 Schiffen ausrüsteten. Da­durch gereizt und durch hohe Prämien aufgemuntert, wurden die Eng­länder wieder Mitbewerber, allein die Versuche, welche unter dem Namen der Grönland  - und Südseekompagnie unternommen wurden, blieben erfolglos. Die Prämie stieg allmälich auf 40 Schillinge für die Tonne und blieb so das ganze vorige Jahrhundert hindurch.

Bis zum Jahre 1785 besuchten etwa 60 Walfischfänger Grönland  und die Davisstraße, welche Zahl sich jedoch im Jahre 1788 bereits auf 235 vermehrt hatte. Durch die französische   Revolution wurden Hollands   Walfischflotten zugrunde gerichtet, so daß England die Ober­hand erhielt und fast allein auf dem Schauplaze blieb.

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Mitte dieses Jahrhunderts fuhren die englischen Walfischfänger gewöhnlich von Hull   und Whitby   in England, von Peterhead, Aber­ deen  , Dundee   und Leith in Schottland   ab, da diese Häfen bequemer für sie sind. Uebrigens braucht es wohl kaum erwähnt zu werden, daß durch die beständige Verfolgung die Walfische aus ihren alten Aufenthaltsorten in den Meeren um Grönland   vertrieben worden sind und sich über das atlantische Meer nach der Davisstraße und bis in die Baffinsbai gezogen haben.

Gegenwärtig ist der Walfischfang vornämlich in den Händen der Engländer und Amerikaner. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts be= suchte der Walfisch die nordamerikanischen Küsten in so großer Zahl, daß die Jagd mit Böten betrieben werden konnte. Später entwickelte sich dieselbe mit größern Schiffen zu hoher Blüte, und 1858 betrug der Gehalt ihrer Schiffe 198000 Tonnen, und der Ertrag belief sich auf mehr als 30 millionen Mark. Seitdem hat die amerikanische   Walerei start abgenommen. Die englische erreichte ihren Höhepunkt 1815 mit 164 Schiffen, während sie 1866 nur noch mit 35 Schiffen in den nor­dischen Meeren vertreten war, die einen Erlös von 2 millionen Mark begonnen, wird jezt nur noch ganz vereinzelt betrieben. lieferten. Die einst so blühende Walfischerei der Hanseaten, gegen 1620

Die St. Bernhardshunde.( Illustration s. S. 333.) Die berühmten Hunde in den Hospizen auf dem St. Bernhard und St. Gotthard, die so vielen verunglückten Wanderern das Leben gerettet haben, sind heute in ihrer echten Kasse nicht mehr vorhanden. Wohl aber leben sie noch im Gedächtnis; sogar die Namen der berühmtesten sind aufgezeichnet, und sie verdienen vielleicht weit mehr, auf die Nachwelt zu kommen, als der des Schlachtrosses Alexanders von Macedonien. Auch die Dichtung hat diese klugen Tiere nicht vergessen. Hermann Lingg   singt in seinem ,, Mönch auf St. Bernhard":

,, Die Klosterglod' tönt, der Mönch erwacht: Mein Bruder, dich trifft die Reihe heut Nacht! Und der Bernhardmönch im dunkeln Gewand, Er lockt seinen Hund, nimmt die Leuchte zur Hand. So eilt er hinaus in die tosende Höh Und wandelt allein durch Sturm und Schnee. An der Stätte vorbei, wo das Totengebein Der Erfrorenen schläft in geschichteten Reihn. Er folgt dem Schall der Glocke zum Grund, Emsig schnüffelt voraus der Hund.

Der Mönch und der Hund sind nah und fern, Es wehen die Wolken, es glänzt kein Stern...."

Diese Hunde wurden eigens zu dem Zwecke gezüchtet und dressirt, um bei der Aufsuchung und Rettung verunglückter Reisender behilflich zu sein. Sie haben es darin weit gebracht, und zahlreiche Menschen­leben sind durch diese Tiere vor dem Erstarrungstode bewahrt worden. Bei der früheren Unzulänglichkeit der Kommunikationsmittel war ihre Bedeutung in jenen öden Gebirgsgegenden, wo der Reisende so häufig durch Schneegestöber und Lawinenstürze bedroht wurde, eine außer= ordentliche. Diese Hunde trugen am Halsband einen Behälter mit Nahrungsmitteln und Stärkungen für die von ihnen aufgefundenen Erschöpften.

Einzelne dieser Hunde haben mehrere Menschen gerettet; der be­rühmteste von ihnen, Barry, hat mehr als vierzig Berunglückte auf­gefunden und dadurch am Leben erhalten. Dieses fluge Tier fand einst ein halberfrorenes Kind im Schnee und machte, als man auf sein Bellen herbeieilte, Versuche, das Kind durch Belecken zu erwärmen, bot auch, als das Kind zu sich gekommen war, seinen Rücken von selbst dar, um es weiter zu tragen. Das Tier ist nach seinem Tode aus­gestopft worden und befindet sich, mit dem Rettungsfläschchen am Halse, im Museum für vaterländische Naturgeschichte in Bern  .

Die Bernhardshunde sind nach der verbreitetsten Annahme aus der Vermischung des großen Seidenhundes mit der gemeinen Dogge entstanden. Es waren große Tiere mit muskulösen Gliedern und meistens mit lang herabhängenden zottigen Haaren; unser Bild zeigt eine kurzhaarige Nebenrasse. Denn die Zucht wurde nicht rein betrieben, und es entstanden eine Menge von Abarten; der berühmte Barry hatte das Aussehen eines Fleischerhundes. Von der eigentlichen echten Rasse find gar keine Exemplare mehr vorhanden, denn im Jahre 1816 wurden die wenigen noch vorhandenen unter einer Lawine begraben und getötet. Die Tiere, die man heute unter dem Namen St. Bernhardshunde kennt, sind wahrscheinlich aus einer Vermischung der dänischen Dogge mit dem walliser Schäferhunde entstanden; doch haben zur Entstehung der verschiedenen neueren Abarten sicherlich auch Neufundländer, na­mentlich aber Leonberger und Fleischerhunde beigetragen. Die mannich­fachen aus dieser Vermischung hervorgegangenen Typen sind meistens gefleckt und kurz oder halblang behaart; Größe und Schädelbildung ist sehr verschieden.

Heutzutage ist die moderne Verkehrstechnik bis in jene öden Gegen­den vorgedrungen; der Gotthard   ist durchstochen und das Dampfroß befördert die Reisenden in kurzer Zeit dahin, wohin sie früher nur durch mühsames Uebersteigen der im Wege stehenden Bergriesen gelangen fonnten. Heute wäre der Bernhardinerhund ziemlich überflüssig, was aber nicht hindern kann, die Zweckmäßigkeit und Bedeutung dieser Zucht in früherer Zeit anzuerkennen.

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