Ein neues Werk Proudhons. Der bekannte freilich vielen blog durch das ga nicht von ihm herrührende Wort: la propriété c'est le vol*)( das Eigentum ist Diebstahl) bekannte- französische Sozial­politiker Proudhon   hat ein Werk hinterlassen: le Cesarisme et l'Histoire( der Cäsarismus und die Geschichte), welches die Hinterblie= benen jezt veröffentlichen wollen, nachdem alle persönlichen und sonstigen Bedenken durch die Länge der Zeit beseitigt worden sind. Jedenfalls werden wir einige interessante Aufschlüsse über das zweite französische  Kaiserreich in seiner Glanzzeit" und namentlich über die nicht ganz flaren Beziehungen des Verfassers zu Napoleon III.  erhalten.

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Helena   gerettet! Die wirkliche Helena  , die Gattin des Mene­laus und die- wie sollen wir sagen? des Paris  , welche nach Homer  den trojanischen Krieg entzündet hat, sie ist gerettet, zu Ehren gebracht, von jedem Makel gereinigt durch einen englischen Dichter A. Lang. In einem langen, nach dem Zeugnis des Athenäum" und der Sa­turday Review" poetischer Schönheiten nicht ermangelnden Epos- es ist 200 Seiten lang besingt er die schöne Helena als ein Muster der Tugend, zeigt, wie sie wider ihren Willen, das unschuldige Opfer der Ränke von Menschen und Göttern, unter welch lezteren die böse Venus die schlimmste Rolle spielt, in jene bekannten und bedenklichen Abenteuer hineingeraten ist, welche den guten Ruf einer Dame nicht gerade zu heben geeignet sind. Herr Lang läßt seine Heldin helden­mütig gegen ihr Schicksal tämpfen; namentlich gegen die schaumgeborne Aphrodite( Venus) kämpft sie mit der Tapferkeit und Mundfertigkeit homerischer Heroen. Doch sie erliegt des Geschickes Mächten. Allein nur äußerlich. Ihr Verhältnis zu Paris   ist das Erzeugnis eines sinn­betörenden Tranks, dessen Wirkungen freilich verschiedene Jahre dauern. Sobald die Verblendung oder Verzauberung zu Ende, was wunder­barerweise mit der Eroberung Trojas durch die Griechen zusammenfällt - ist Helena   wieder die treue Gattin des Menelaus, der sie auch, nach einigem begreiflichen Poltern, seelenvergnügt zurück nach Sparta   nimmt. Und schließlich wird sie

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-after watching peacefully

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The counted years of mortue life go by**)

an der Seite ihres biederen Gemahls in das Elysium versezt. Jeden­falls ein befriedigender Abschluß.

Uebrigens, wir wiederholen, das Langsche Gedicht wird von der Kritik lobend erwähnt, und die Vorrede, welche Studien über den Karakter der Helena   enthält, soll, dem Athenäum" zufolge, eine sehr tüchtige wissenschaftliche Leistung sein.-

Andersens   Furchtsamkeit. Der dänische Staatsrat E. Collin hat unter dem Titel: Hans C. Andersen   og det Collinske Huus ( Hans C. Andersen   und das Collinsche Haus) ein Buch geschrieben, welches viel des Interessanten aus der Lebens- namentlich Jugend­geschichte des berühmten Erzählers bringt. Wie aus Andersens   Auto­biographie( Mit Livs Eventyr- der Roman meines Lebens) bekannt ist, wurde der, in sehr dürftigen Verhältnissen aufgewachsene Andersen von dem Staatsrat Jonas Collin  , dem Vater des Verfassers der oben erwähnten Schrift, an Kindesstatt angenommen. Es ist also gewisser­maßen ein Bruder, der über den Bruder schreibt. Und er tat es mit der Liebe eines Bruders, welche ihn indes keineswegs gegen Fehler blind macht. Indem wir die Freunde Andersens   auf die Schrift auf­merksam machen, sei hier eine der zahlreichen darin enthaltenen Anet­doten mitgeteilt. Andersen war außerordentlich furchtsam. Ueberall sah er Gefahren, und nach jeder Reise, auch der kleinsten, selbst nach jedem Ausflug, wußte er seinen Freunden zu erzählen, daß sein Leben unterwegs verschiedenemal aufs ernstlichste bedroht gewesen. Kaum ein Tag ohne wunderbare Gefahren und ebenso wunderbare Rettungen. Seine Hauptangst war aber, daß er lebendig begraben werden könne. Besonders des Abends, ehe er zu Bette ging, erwachte diese Angst in ihm, und er bat dann die Hausgenossen, falls er etwa in der Nacht ohnmächtig werden sollte, ihn doch ja nicht begraben zu lassen. Da er

worden.

*) Das Wort ist zum erstenmal von dem Girondistenführer Brissot gebraucht **) Nachdem ihr im friedlichen Glück die zugemessenen Jahre des Menschenlebens vergangen.

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deshalb oft ausgelacht wurde, verfiel er auf ein sinnreiches Auskunfts­mittel. Jeden Abend, wenn er zu Bett ging, legte er ein Blatt Papier  neben sich, mit den geschriebenen Worten:" Ich bin nur schein­tot!" Dieses:" Ich bin nur scheintot" erinnert uns an den, einem ähnlichen Gefühl entsprungenen Ausruf eines vielgenannten Reichs­verfassungskämpfers von 1849, der in einem Gefecht einen Streifschuß an den Kopf erhielt, halb betäubt einen kleinen Abhang herunterrollte, und unten seinen Freunden, die ihn aufrichteten, einmal über das ander­mal zurief: Ich bin tot! Ich bin tot! Der Mann hat noch mehr als 30 Jahre gelebt.

Aus allen Winkeln der Zeitliteratur.

Christen als buddhistische Missionäre. Ein amerikanischer Oberst Henry S. Olfott, und eine russische   Dame, Madame Blavatsky  , beide Mitglieder einer teosophischen Gesellschaft, die ersteren ihren Präsidenten nennt, haben sich jezt in Indien   niedergelassen, um Hindus zum Buddhismus zu befehren. Olfott erklärt den Buddhismus   für die Religion der Zukunft, da er am meisten mit Natur und Recht über­einstimme; deshalb hat er die Lehren dieser Religion in einem Kate­chismus zusammengestellt, der von dem Oberpriester der Insel Ceylon, Sumanggala, genehmigt worden ist. Wer sich für denselben interessirt, mag ihn in der englischen Ausgabe( London  , Trübner) nachlesen. Herr Oltott und Frau Blavatsky   machten auch auf dem Festlande Propa­ganda für ihre Lehre und scheinen darin nicht unglücklich gewesen zu sein; sie haben sich jezt nach Nepal   und Bhutan   begeben, um die Lehre des Buddhismus   an der Quelle weiter zu studiren. Die christlichen Missionäre sind keine Freunde der teosophischen Gesellschaft, wie dies leicht erklärlich ist; sie werden in ihren Bemühungen von einem Teil der Presse unterſtüzt. Wenn man sich anfänglich erstaunt die Frage vorlegt, weshalb die genannten Missionäre des Buddhismus   nicht zu­nächst getrachtet haben, diese Zukunftsreligion in ihrer Heimat zu ver breiten, so ist dies doch bei näherer Betrachtung ganz erklärlich; zunächst werden bei den Christen ihres Vaterlandes teosophische Bestrebungen immer mit mehr oder weniger Argwohn aufgenommen, dann aber ist es eine nicht unbegründete Hoffnung, daß die neue Lehre am besten für Indien  , die Heimot des Buddhismus  , paßt. Ohne daß wir auf den Inhalt von Olfotts Katechismus näher eingehen, wollen wir einige Mitteilungen über denselben machen. Derselbe ist in 153 Fragen und Antworten abgefaßt, einer bis jezt bei den Buddhisten ungebräuchlichen Form. Die Fragen beziehen sich auf das Bekenntnis der Religion, auf das Leben Buddhas in der bekannten sagenhaften Form, auf die Erkenntnis der Wahrheit, die Leiden des Daseins, die Erlösung von denselben, die Kenntnis der äußeren Verhältnisse des Buddhismus  , die Lehre desselben und seine Stellung zur Gottheit, die Lehre von der Seele, die Wunder, die Dewas, die Verbreitung der Lehre.

Rebus.

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Auflösung des Rebus in Nr. 12:

Viele Hunde sind des Hasen Tod.

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Inhalt: Vom Baume der Erkenntnis. Roman von J. Zaded.( Fortsezung.) Bilder aus Rußland.  ( Mit Illustration.) Der Schwedeneinfall. Erzählung von Otto Sigl.( Fortsezung.) Galerie schöner Frauenköpfe.( Bergißmeinnicht.) Der Neugeborene. Nach Adrien Dézamy von Rudolf Lavant.  ( Mit Illustration.)- Der Hopfen und seine Wirkungen auf den menschlichen Organismus. Von Dr. A. L. Serena. Eine venetianische Novelle von May Vogler.( Schluß.) Was man meint und wie man urteilt. Eine Plauderei von Bruno Geiser.( Schluß.)- Poetische Aehrenlese: Nach langen Jahren. Von Emanuel Geibel  . Geschichte des Walfischfanges. Die St. Bern­hardshunde.( Mit Illustration.) Ein neues Werk Proudhons. Helena gerettet.- - Andersens Furchtsamkeit. Rebus. Aerztlicher Ratgeber. Redaktionskorrespondenz. Gemeinnüziges. Mannichfaltiges.

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Berantwortlicher Redakteur Bruno Geiser in Stuttgart  . Redaktion: Neue Weinsteige 23. Expedition: Ludwigstraße 26 in Stuttgart  . Drud und Berlag von J. H. W. Dieß in Stuttgart  .