vom Körper wieder verbraucht werden können, ist uns hier gleich gültig; wir zählen sie dann zur Stoffzufuhr, bezweifeln aber aus anatomischen Gründen, daß es überhaupt möglich sei. Bei jeder Zersezung werden auch die Duftstoffe frei, bei den Eiweiß stoffen die dem Individuum und der Art eigentümlichen Seelen­duftstoffe. Die unbrauchbaren Stoffe müssen ausgeschieden werden. Dies geschieht erstens durch Kot und Harn; sie enthalten die abgenuzten Stoffe des Körpers, wie die unbrauchbaren und die nicht aufgenommenen nahrhaften der Nahrungsmittel; zweitens durch den Atem und drittens durch die Haut. Die Auswurfstoffe durch Hals und Nase sind nur bei Krankheiten von Hals, Nase, Lunge oder Magen fest oder flüssig. Beim gesunden Menschen sind sie luftartig und bestehen der Hauptsache nach aus Wasserdampf, Kohlensäure, flüchtigen Säuren und Delen. Weder die festen noch die flüssigen noch die luftigen Auswurfstoffe sind chemisch genügend untersucht und bekannt. Die Gesundheit des Menschen hängt demnach lediglich von der stetigen und regelrechten Stoffauf­nahme ab, wie von der stetigen und regelrechten Stoffzersezung und der regelmäßigen Abführung der abgenuzten Stoffe aus dem Körper. Jede Hemmung dieser Tätigkeit, jede Aufnahme schädlicher Nahrungsstoffe, jede regelwidrige Zersezung der Körper­bestandteile ist krankhaft; alles, was zur Erhaltung oder Wieder­herstellung des Stoffwechsels dient, ist Heilmittel: so gute, geeignete Nahrung, reine Luft, Ruhe oder lebhafte Bewegung, Reinhaltung der Haut, innere Reinigung durch erhöhte Aus­scheidung schädlicher Stoffe, Kleidung u. s. w. Besonders hervor­zuheben sind hier die kontagiösen Krankheiten. Diese rühren her von niedrigen, nur mit dem Mikroskop wahrnehmbaren Organismen, welche man gewöhnlich als kleine Pilze bezeich net; sie gedeihen am besten in feuchten, sumpfigen Gegenden, wo die Fäulnisstoffe verwesender Organismen ihnen reichlich Nahrung bieten in allen Jahreszeiten, außer bei Frost und großer Hize, welche ja auch immer trocken sind. Diese Dr­ganismen gelangen in den Körper und, wenn dieser dazu ge­eignet ist, wuchern sie in den Gedärmen und wandern aus nach den Schleimhäuten, welche sie zerstören. Dies stimmt genau mit dem Vorkommen in der Natur überein, wonach Fäulnis­stoffe*) und Feuchtigkeit es ist dies für uns wichtig ihre Lebensbedingungen sind. Andere Pilze gehen ins Blut über Andere Pilze gehen ins Blut über und zersezen dieses. So wird jezt namentlich die Diphtheritis erklärt. Ein wissenschaftlicher Vertreter der Naturheilkunde, Herr Dr. Didtmann, sagt daher ganz richtig, die Diphtheritis müsse im Darm bekämpft werden; Herr Jäger fügt hinzu, was jener ganz vergißt, auch durch Vertreibung aller überflüssigen flüchtigen und flüssigen Stoffe des Körpers, durch eine flotte Hautausdünstung und angemessene Kleidung. Andere Krank­heiten, welche kontagiös und daher auch ansteckend sind, sind bermutlich alle Seuchen und eine Reihe von Fiebern, Scharlach, Typhus und die Malarienfieber, welche lezteren bei den jungen Aerzten eine so sehr beliebte Krankheit sind, daß sie dieselben schon auf dem trockensten Sande der Mark Brandenburg wittern. Weiter ist zu beachten, daß manche Tiere, die Epizoen- Fliege, Wanze, Floh 2c., und vielleicht auch viele Entozoen, entschiedene Seuchenparajiten sind; sie halten sich am liebsten in getragener Wäsche, in unreinen, dumpfigen Zimmern, auf Miststätten, Kloaken u. s. w. auf und belästigen am meisten kranke Menschen und Tiere. Welche Rolle spielen nun hierbei die Duftstoffe? Wir haben gesehen, daß die Entwicklung der Duftstoffe im Körper eine stetige ist, sowohl der Luft als der Unluſtſtoffe. Herr Jäger

*) Fäulnisstoffe sind alle Zersezungsprodukte organischer Körper, aber erst dann, wenn sie selbst wieder organisches Leben zeigen. Wir schalten hier eine äußerst bemerkenswerte Notiz des Herrn Jäger ein. Auf die Frage, duftet ein Leichnam?" werden viele unbedenklich antworten: ,, er stinkt." Das ist falsch. Garnicht riecht er. Wenn der Leichnam gereinigt ist, fann man feinerlei Geruch an ihm wahrnehmen. Erst nach einiger Zeit, wenn neue organische Wesen in ihm wuchern, fängt er an übel zu riechen, d. h. er fault. Fäulnis und Verwesung sind daher nicht Zeichen der Vergänglichkeit, sondern gerade das wieder er­wachende organische Leben. Wir dürfen daher von dieser Seite her auch endlich Aufklärung darüber erwarten, was Tod und Leben, welches der wesentliche Unterschied zwischen organischem und unorganischem Leben ist, wenn überhaupt ein solcher besteht; denn Stoffwechsel findet überall statt.

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führt hier einen neuen Unlustduftstoff ein, den Angststoff. Wir vermuten, daß die Aufhäufung von Duftstoffen jeglicher Art im Körper schädlich wirkt; denn alle beeinflussen die Stimmung sehr entschieden nach allen Seiten hin und würden sie bei fehlender Ableitung stets übertreiben; alle sind Zersezungsprodukte, also verbrauchte Stoffe und daher zu entfernen; was daher von den Angststoffen gesagt wird, gilt mehr oder minder von allen. Grund zur Annahme desselben ist die Tatsache, daß bei Ein­tritt der Angst, besonders der Todesangst, ein ganz eigener, heftig und übelriechender Stoff dem geängstigten Wesen ent­steigt. Wenn man dagegen ein Tier plözlich tötet, das Gehirn zerreibt in einer Reibschale und mit einer Säure begießt, so erscheint sofort ein Duft, welcher identisch ist mit dem einem geängstigten Tiere gleicher Art entströmenden. Der Duftstoff hat also seinen Ursprung im Gehirn. Wie ist der Erfolg des­selben Experimentes bei einem zu Tode gequälten Tiere? Die Frage liegt sehr nahe; Herr Jäger erörtert sie nicht. Fehlt der Duft in diesem Falle, so ist der Beweis um vieles vollständiger. Tierschuz und Antivivisektion brauchen sich hier nicht zu echauffiren; die Parforcejagd, die Lieblingsunterhaltung großer Herren, ist ja keine Vivisektion, keine verrohende, sondern eine sittliche Unterhaltung; sie wird ja genügendes Experimental­vieh liefern. Der Angststoff durchströmt den ganzen Körper, wie er ja bei dem auf der Parforcejagd gehezten Wild das Fleisch ungenießbar macht, und ist an den Exkrementen z. B. deutlich wahrnehmbar. Die übrigen Wirkungen der Angst be­weisen aber zur Evidenz, daß ein wirklich nachweisbarer Stoff vorhanden sein muß. Die Wirkung auf den Gesammtorganismus ist eine lähmende, hemmende; im Bereich willkürlicher Bewegung bleibt die Muskeltätigkeit aus, die Glieder versagen den Dienst, die Stimme stockt in der Kehle; gelingen die Bewegungen, so sind sie kraftlos, zitternd, unsicher; im Bereich der unwillkür­lichen Bewegungen finden wir die Hemmung der Atmungsbe­wegungen, der Herz- und Blutbewegung und damit zusammen­hängend das Erblassen der Haut. In den vegetativen Organen ist karakteristisch das Auftreten von meist flüssigen Ausscheidungen, in der Haut der falte Angstschweiß, in Darm, Blase, Leber; auch daß bei hochgradiger, langandauernder Angst die Haare bleichen, gehört hierher. bleichen, gehört hierher. Hält man hiermit nun die andere Tatsache zusammen, daß Menschen, welche angesichts eines Cholera-, Typhus- oder Pestkranken oder bei der Leiche eines solchen von Angst befallen werden, oder auch während der An­wesenheit einer Epidemie fortwährend in Angst vor der Krank­heit leben, äußerst empfänglich für die Ansteckung sind, und weiter, daß die feuchten Ausscheidungen die beste Nahrung für die Seuchenpilze sind: so ergibt sich von selbst, daß der Angststoff der eigentliche Träger für die ansteckenden Krankheiten im Körper ist.

Die Untersuchung wendet sich nun besonders der Haut­tätigkeit zu. Daß die Ausscheidungen durch Mund und Nase, Blase und Darm nicht hinreichen, den Körper gesund zu er­halten, geht daraus hervor, daß lackirte Tiere stets sterben, ebenso Menschen, deren größerer Teil der Haut, etwa zwei Dritteile zur Ausdünstung unfähig wurden z. B. durch Ueber­gießen und Zerstören durch Säuren. Bekannter ist, daß die Stimmung eine schlechtere wird bei Unterdrückung der Haut­tätigkeit; ein banges Gefühl, ein fieberhaftes Brennen in der Haut empfindet man in einem mit Menschen überfüllten, schlecht ventilirten Raume, wie in einer die Hautausdünstung hemmenden Kleidung. Dies rührt nicht nur von dem erschwerten Atmen, der schlechten Luft her, sondern überdies von der erhöhten Angst­stoffentwicklung im Körper.

Wir haben also gesehen: die schädlichen Stoffe im Körper sind das überflüssige Wasser der Gewebe und die Duftstoffe; sie sind schädlich als Träger der widrigen Stimmungen und leidenschaftlichen Erregungen, der Seuchen und anderer Krank­heiten. heiten. Sie werden stetig im Körper erzeugt, es muß daher für ihre stetige Ausscheidung gesorgt werden. Dazu trägt wesent­lich die Hauttätigkeit bei. Und weiter ist klar, daß diese be­fördert wird durch Arbeit, Bewegung, Turnen, Dampfbäder u. s. w. Aber der Gewebewasserstand ersezt sich sehr bald