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In Frankreich , wo nicht weniger als neunzehn Rosenarten wildwachsen, unter denen besonders die französische Rose( Rosa gallica) hervorzuheben ist, da von ihr eine Menge herrlicher Varietäten stammen, war die Rose von je eine Lieblingsblume. Zahlreiche Dichter haben sie zum Gegenstand entzückender Lieder gemacht. Noch heute soll in dem Dorfe Salency die alte Volkssitte bestehen, daß alljährlich unter vielen Feierlichkeiten und Belustigungen demjenigen Mädchen, das sich durch Bescheidenheit und Tugend auszeichnet, ein Rosenkranz als Preis erteilt wird. Viele Rosenzüchter Frankreichs sind zur Berühmtheit gelangt. Die schönste Rosensammlung Frankreichs ist die des jardin de Luxembourg zu Paris , welche zur Rosenzeit einen prachtvollen Anblick gewährt.
Spielen, bei ihren Opfern und andern religiösen Bräuchen fehlte| standes, muntert sie doch als Muster treuer Liebe den Hörer sie nie, Jünglinge wie Jungfrauen bekränzten und schmückten zu gleicher Zärtlichkeit auf." sich damit. Der Aphrodite war sie geweiht als Sinnbild der Schönheit, dem Amor als Symbol der Liebe, dem Bacchus als Zeichen der Fröhlichkeit, der Aurora als Ausdruck der Jugend, dem Harpokrates als Bild der Verschwiegenheit. In lezterer Eigenschaft diente sie lange der schönen, auch im nördlichen Europa verbreiteten Sitte, bei gesellschaftlichen und andern Versammlungen eine weiße Rose an die Decke zu hängen, zum Zeichen, daß das, was hier im Vertrauen gesprochen und gehandelt wurde, als Geheimnis zu betrachten sei. Jezt ist dieser Brauch verschwunden und auf uns ist nur der Ausdruck gefommen: sub rosa,„ unter der Rose," soviel als vertraulich. Doch ist schon oft ein sub rosa anvertrautes Geheimnis von Klatschroseu ausgeplaudert worden. Es soll sogar kein wirksameres Mittel geben, eine Nachricht unter die Leute zu bringen, als wenn man dieselbe durch seine Frau im Kaffeekränzchen sub rosa erzählen läßt. Probatum est!
Auch die römischen Dichter feierten die Rose in Wort und Lied, keiner derselben geht an ihr vorüber, ohne ihr seine Huldigung darzubringen. Der Naturgeschichtschreiber Plinius widmet der Rosenkultur in seiner Schrift über die Gärtnerei einen beträchtlichen Raum. Der Verkauf der Rosen, wie der Blumen überhaupt, geschah durch die schönsten Mädchen, und die Dichter haben die Namen mehrerer dieser reizenden Rosenmädchen in ihren Gesängen unsterblich gemacht. Seit der Regierung des Augustus kam die Sitte auf, daß man bei Gastmählern Rosen spendete, sie in Weinschalen legte, auf die Tafeln stellte und sich damit schmückte, wie denn überhaupt die Blumenliebe ein schöner Zug der alten Römer war. Auf Rosenblättern ruhend nahm man die Mahlzeiten ein und streute dieselben auf die Lager und Fußböden der Gastzimmer. Von Kaiser Nero berichtet Sueton , er habe vier millionen Sesterzen( etwa 600 000 Mart) aufgewendet, um für ein einziges Fest die Rosen herbeizuschaffen. Bei öffentlichen Belustigungen wurden die Straßen mit Rosenblättern bestreut und die Bildsäulen der Götter waren mit Kränzen und Guirlanden von Rosen geziert. Mea rosa! Mein Röschen! war ein römisches Schmeichelwort, und vivere in aeterna rosa( in ewigen Rosen leben) eine Redensart, welche soviel bedeutete wie unser: Auf Rosen gebettet sein.
Nicht minder geliebt wurde die Rose im Orient. Der Dichter des biblischen Hohenlieds, dieser glutvollen Liebesdichtung, singt:„ Wie eine Rose unter den Dornen, so ist meine Geliebte unter den Mädchen." Ihren Hauptfultus aber hatte sie in Persien , und die Liebe der Nachtigall( Bulbul) zur Rose ist ein in der persischen Poesie immer und immer wiederkehrender lieblicher Mytus, den Rosenzweig und Hartmann folgendermaßen erklären:„ Das außerordentliche Vergnügen, das die persische Nachtigall an dem Wohlgeruch der Rose zu finden scheint, deren Kelch sie in flagenden, wirbelnden Tönen unermüdlich zu umflattern pflegt, gibt den orientalischen Dichtern, doch keinem mehr als dem Hafis , Veranlassung zu tausend schönen Allegorien. Man muß hierbei wissen, daß die klagende Stimme dieses lieblichen Vogels sich zuerst in der Jahreszeit vernehmen läßt, in der die Rose zu blühen beginnt. Durch eine sehr natürliche Verbindung der Vorstellungen werden daher beide als die beständigen und unzertrennlichen Gefährten des Frühlings angeführt. Auch ist es sehr wahrscheinlich, daß der Lieblingsaufenthalt der Nachtigall ein Rosengarten sei; gewiß ist, daß sie ihren Duft sehr liebt und sich dem schwelgerischen Genusse desselben zuweilen in solchem Uebermaß hingibt, daß sie ganz berauscht vom Aste zu Boden sinkt." Aehnlich Hammer:„ Die Rose, die hundertblätterige, ist die Königin der Schönen; jener tausendstimmige Vogel der König im Sängerchor. Wo Rosen erblühen, da kosen auch Nachtigallen, welche nie aufhören, der Rose ihre Liebe zu erklären, während diese, darüber unbekümmert, sich nur ihres Daseins freut und sich die melancholischen Klagen der Nachtigall wenig zu Herzen nimmt. Unablässig gibt diese ihre Leidenschaft zu erkennen und wiewohl nicht immer zufrieden mit der Gegenliebe ihres angebeteten Gegen
In England, dem Lande mit den Prachtgärten und heimlichen Hausgärtchen, zählt die Rose schon seit alter Zeit zu den Lieblingsblumen. In der englischen Geschichte schon spielt die weiße und rote Rose eine Rolle, indem die blutigen, gräuelvollen Kriege, welche die Häuser York und Lankaster aus rein dynastischem Interesse ungefähr ein Bierteljahrhundert lang miteinander geführt haben und die von Shakespeare so meisterhaft dramatisirt wurden, unter dem Namen: der Krieg der weißen und der roten Rose in den historischen Annalen verzeichnet sind, weil die Blume als Parteizeichen in den Standarten figurirte. Von der britischen Insel stammt auch das anmutige Lied, das durch Flotows reizende Oper Martha", die Lieblingsoper des Volkes, in die weitesten Kreise gedrungen ist:
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Lezte Rose, wie magst du so einsam hier blühn? Deine freundlichen Schwestern sind längst schon dahin, Keine Blüte haucht Balsam mit labendem Duft, Kein Blättchen mehr flattert in stürmischer Luft. Warum blühst du so traurig im Garten allein, Sollst im Tod mit den Schwestern vereinigt sein; Darum pflück' ich, o Rose, vom Stamme dich ab, Sollst ruhn mir am Herzen und mit mir im Grab.
So großartige Sammlungen wie die vorgenannten Nachbarländer besizt Deutschland nicht, doch fehlt es keineswegs an bedeutenden Anlagen, welche der Rosenkultur gewidmet sind. Die Sammlungen zu Kassel standen früher in bedeutendem Ruf und manche schöne Abart ist daraus hervorgegangen. Auf der Pfaueninsel bei Potsdam ist ein bedeutendes Rosarium angelegt. Der Park bei Koburg führt mit Recht den Namen Rosenau, wie denn überhaupt manche deutsche Ortschaften nach der Rose getauft sind, wie Rosenberg , deren es in Deutschland nicht weniger als vier gibt, Rosenthal, Rosenheim , Rosenfeld .
Treu gehegt und gepflegt wird der Rosenstock im Gärtchen der niederen Hütte und im vornehmen Park, vor dem einfachen Fenster des Dorfmädchens und im feinen Salon der Modedame. Und es ist wahrhaft rührend, zu sehen, mit welcher Liebe die Bäuerin und die arme Taglöhnerin ihr Topfröschen pflegt, oft das einzige, woran sich ihr Schönheitssinn erquicken kann.
Die Minnesänger schon preisen Rosen und Rosenzeit und übertragen das Bild derselben auf die Geliebte, und durch alle Jahrhunderte hindurch verherrlicht die unerschöpfliche deutsche Poesie die Venus unter den Blumen. Sie ist die Angebetete der Kunstpoesie wie der Volksdichtung. Kann es eine schönere Allegorie geben als das Goethe'sche, von Reichardt und von Schubert in Musik gesezte Volkslied: Heidenröslein . Sah ein Knab ein Röslein stehn, Röslein auf der Heiden, War so jung und morgenschön, Lief er schnell, es nah zu sehn, Sah's mit vielen Freuden. Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden. Knabe sprach: ich breche dich, Röslein auf der Heiden! Röslein sprach: ich steche dich, Daß du ewig denkst an mich, Und ich wills nicht leiden. Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden.