Und der wilde Knabe brach 3'Röslein auf der Heiden;

Röslein wehrte sich und stach,

Half ihm doch kein Weh und Ach,

Mußt' es eben leiden.

Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden.

Zu dem schönsten, was auf die Rose gedichtet wurde, gehört

Die Rosa Siciliana von Fr. Rückert :

Die Nachtigall ruft mit Gekose: Rose!

Wo bist du, was dich meinem Gruß entziehst du?

Der Zephyr seufzend haucht im Moose: Rose!

Wo bist du, was vor meinem Kuß entfliehst du? Der Quell aus Büschen sprudelt: Lose Rose! Wo bist du, was in fremde Spiegel siehst du? Die Blumen alle rufen: Rose! Rose!

Wo bist du, unsre Königin, wo verziehst du?

Rosen auf den Weg gestreut und des Harms vergessen!" rufen unsere Dichter den gram- und sorgenschweren Herzen zu, und kann es eine weisere Ermahnung geben? Wozu die Gegen wart trüben durch Rückblicke auf eine trübe Vergangenheit oder eine dunkle Zukunft? Nein, sondern:" Freut euch des Lebens, so lang das Lämpchen glüht, pflücket die Rose, eh' sie verblüht!" -Ist man auch nicht auf Rosen gebettet", so kann man sich doch bei rosiger Laune" erhalten, und wenn das Leben auch viele Leiden bringt, so muß man darum nicht mit den Pessi­misten das ganze Dasein verwünschen, sondern bedenken, daß keine Rose ohne Dornen". Energische Tätigkeit wird früher oder später das ersehnte Ziel erreichen, denn Zeit bringt Rosen".

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Wie zu Sprichwörtern und Redensarten, so wird die Rose auch zu Eigennamen häufig verwendet, besonders zu Frauen namen: Rosa, Röschen, Rösle, Rosamunde, Rosabella, Rosa­linde, Rosalie, Rosaura. Der Name Susanne bedeutet ebenfalls Rose, denn er stammt aus dem alten Testament und Schoschanah heißt im Hebräischen Rose. ( Vielleicht hat auch die persische ( Vielleicht hat auch die persische Hauptstadt Suja daher ihren Namen: Rosenstadt.) Auch der in der Bibel vorkommende Name Rut, wie eine moabitische Frau hieß, soll Rose bedeuten. Ebenso der egyptische Name Uarda( den die Heldin eines Ebers'schen Romans hat), wie auch im Chaldäischen Verda Rose bedeutet.*) Mit Vorliebe wählen die Juden die Rose zu Familiennamen: Rosenbaum, Rosenstrauch, Rosenblatt, Rosenstock, Rosenbusch, Rosengart, Rosenberg, Rosenthal u. s. f., wahrscheinlich um die ihnen nach gesagte und von dem Seelenriecher Professor Jäger komischer­weise sogar wissenschaftlich" erklärte Duftspezialität Lügen zu strafen.

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Die Rose ist nicht blos Dekorationspflanze, sondern gewährt auch manchen praktischen Nuzen. Schon die Griechen wußten eine von Quitten mit Rosen gekochte Marmelade zu bereiten, die sie Rodomelon nannten. Sie wird ferner gebraucht zur Bereitung von Rosenhonig, Rosenessig, Rosenwein, Rosenwasser, Rosenpomade u. s. f. Das teuere Rosenöl, mit dem nach Homer schon der Leichnam Hektors gesalbt wurde( Jl. XXIII, 185 ff.), wird meist im Orient von der Bisamrose gewonnen. Bei der Destillation mit Wasser geben 500 Kilogramm Rosen nur eine Unze Del. Das gewöhnlichere unechte Rosenöl wird dagegen durch Auspressen der Rosenblätter gewonnen, wobei sich das Del auf dem Wasser sammelt. Die Orientalen sollen im Besize noch eines andern Verfahrens sein, feines Rosenöl zu bereiten. Sie sollen die Rosenblätter allein mit Wasser übergießen und die Masse der Sonne aussezen, worauf das sich absondernde Del oben schwinimt.

Unsere Garten- oder Topfrosen, von denen man wohl über taufend Abarten und Bastarde fultivirt, stammen von einigen wenigen Arten ab. Die gemeinste von unsern einheimischen wilden Rosen ist die Hundsrose( Rosa canina), welche sich überall an Hecken und Wegen, in Gebüsch und Niederwäldern

*) Die gemeinschaftliche Wurzel ist rd, die auch im griechischen rodou stedt. In Rose ist die Muta d zum s geworden, wie häufig.

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findet. Die Blüten sind blaßrot oder weiß. Die Wurzel wurde früher gegen die Hundswut gebraucht, woher der Name. Die unter dem Namen Hagebutten bekannten Früchte werden in der Küche zu einem Mus und auch in der Heilkunde ver­wendet. Eine gefüllte Abart kommt in den Gärten als weiße Rose vor.

Die Gartenrose, Zentifolie( Hundertblatt, Rosa centi­folia), eine der schönsten Rosen, stammt wahrscheinlich aus Persien und dem Kaukasus . Von ihren vielen Varietäten seien nur genannt: die Anemonencentifolie, die Sellerierose, die Salat­rose, die Vilmorinrose, die Nelkenrose, die Dijonsrose, die Champagnerrose, die Königsrose und die Moosrose( rosa mus­cosa), die sich durch die moosigdrüsigen Blumenstiele auszeichnet. Die in Südeuropa und Vorderasien heimische Damas zenerrose( Rosa damascena ) ist die Stammart der Monats­rosen, die zweimal des Jahres, im Juni und im Herbst, er­scheinen. Hierher gehören auch die prächtigen Portlandsrosen, welche den ganzen Sommer hindurch bis in den Herbst hinein blühen und in zartrosa, dunkelrosa, carmoisinroten, fleischfarbenen, weißen, kirschroten 2c. Blumen variiren.

Die gelbe Rose( Rosa eglanteria) stammt aus Südeuropa . Die Blumen sind schön gelb, einfach und haben wie die Blätt chen einen eigentümlich pikanten, wanzenartigen Geruch. Von Varietäten sind vorzugsweise zu nennen die türkische Rose oder Feuerrose, mit prächtigen, auswendig gelben, inwendig leuchtend feuerroten, die persische Rose mit stark gefüllten, runden, prächtig gelben und die Tulpenrose mit rotgefleckten Blumen.

Die bereits erwähnte französische Rose( Rosa gallica) stammt aus Südfrankreich . Man hat von ihr eine große Menge Spielarten und Bastarde mit weißen, fleischfarbigen, rosaroten, farminroten, purpurroten, violetten, lilafarbigen, bläulichen, aschgrauen, schwärzlichen, punktirten, marmorirten, gestreiften, panachirten Blumen. Wir nennen: die gefüllte französische Rose, die Ranunkel- oder Agatenrose, die Sammetrose, die Marmor­rose, die kleine Burgunderrose, Pfingstrose, die Provencerrose.

Die indische Rose( Rosa indica) wurde aus China ein­geführt. Sie ist eine höchst veränderliche Art, von der man in den Gärten einen großen Reichtum an Spielarten und Bastarden kultivirt. Die Hauptvarietäten sind: die Bourbonrose, die indische Nelkenrose, die indische Blutrose, die Bourbonmoosrose, die Lawrence oder Zwergrose( Liliputrose), die Noisetterose, die Mandelrose, die Teerose, die bengalische oder immerblühende indische Rose, die chinesische Rose, von denen jede einzelne wieder in der mannichfachsten Weise abändert.

Die immergrüne oder kletternde Rose( Rosa scandens) ist in Südeuropa und Süddeutschland heimisch. Auch sie besizt mehrere Abarten, welche sich alle vorzüglich zur Bekleidung von Pfeilern, Wänden, Geländern und Lauben eignen.

Von den bei uns in Gebüschen wildwachsenden Rosen sei noch die wohlriechende oder Weinrose( Rosa rubiginosa) ge= nannt, deren eirundliche, doppelsägezähnige Blättchen beim Reiben einen angenehmen Apfelgeruch von sich geben.

Wir haben vor mehreren Jahren beim hamburger Blumen­fest Gelegenheit gehabt, die reich entwickelte Rosenkultur der Gegenwart zu bewundern. Mit feinstem Geschmack waren da alle Formen- und Farbenschattirungen, alle Größen- und Füllungs­grade gruppirt, von der Riesengestalt der Rose Anna von Dies­bach oder der Baroneß Prevorst bis zur winzigen Rose Louise Darzens; von der schneeigen Weiße der Aimée bis zum Dunkel­purpur der Rose Alfred de Stougemond, vom lichten Rosa der Louise Odier bis zum Dunkelrot der Kaiserrose von Marokko , vom bläulichen Purpur der Rose Alfons Damaizin bis zum strahlenden Gold des Maréchal Niel. Und unter ihnen strahlte in köstlichster Pracht die Königin aller, die in Form und Farbe hochvollendete Zentifolie mit allen ihren Varietäten.

Neuerdings soll es sogar gelungen sein, schwarze Rosen zu züchten, und zwar durch Pfropfen auf Eichstämme. Diese Gattung dürfte sich als Muster für die päbstliche Tugendrose eignen.