zu vervollkommnen, und hatte sich, nach Heinrich Köstlins Flucht in die Welt, nach Holmstädt zurückgekehrt, vor nun sechs Jahren mit dem reichen Fabrikanten Burger verheiratet.

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Schon in dem ersten Jahre seiner Anwesenheit lernte er Frau Burger bei Katharina kennen. So geistvoll war ihm nicht bald eine Frau erschienen, und so natürlich und geistig anspruchs­los zugleich. Immer schien sie bestrebt zu lernen, immer schienen ihr geistige Interessen über alle andern zu gehen und an allem nahm sie regen und verständnisvollen Anteil. Das war sicher ein seltenes Weib,- vielleicht eine Perle, wie sie im Ozeane des Lebens nicht oft ein glücklicher Schiffer findet wer weiß, ob mehr als einmal.

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So dachte Heinrich Köstlin; und machte im Hause der schönen Frau jenen Besuch, dessen schließlichen Verlauf unsere Leser bereits fennen.

Auch zu dem reizvollen Weibe war er gekommen, zu stu diren, sie zu studiren, wie er so vieles andere studirt hatte, mit wissenschaftlichem Ernst und mit wissenschaftlicher Ruhe.

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Als er sie nun, nach dem ersten Besuche, verlassen hatte, schien ihm fast von lezterer schon ein Stück abhanden gekom­men, doch er meinte, jedenfalls nur ein unwesentliches Stüd davon.

( Fortsezung folgt.)

Hartes Brot.

Von Prof. C. Reclam .

( Aus der Wochenschrift Gesundheit".)

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Was hartes Brot" sei, das wissen die ivenigsten Menschen. Wir deuten natürlich mit dem Ausdrucke der Härte" nicht auf geistiges Gebiet, denn da weiß jeder, der vom Ertrage seiner Arbeit lebt und mithin ein Arbeiter" ist, wie hart das Brod ihm wird, das er ißt: vom Kohlenbergmann bis zum Minister, vom schlesischen Leinweber bis zu dem geistige Fäden verwebenden Schriftsteller. Aus­genommen sind höchstens die Besizer behaglicher Pfründen, wie z. B. viele Geistliche, die Aufsichtsräte und Ausschußmitglieder verschiedener Bankinstitute, und die Chorherren in Naumburg , deren einzige Arbeit gegen eine stattliche Jahresrente darin besteht: alljährlich gemeinsam ein mehr oder minder lukullisches Mittagessen zu verzehren. Aber die Privilegirten sind selten geworden in Deutschland , und wer seine Pfründe nicht geerbt hat von den Vorfahren, dem dürfte es schwer fallen, sie auf anderem Wege zu gewinnen als durch harte Brotarbeit und Sparsamkeit. ( Dazu läßt sich bekanntlich noch mancherlei bemerken. Red. d. ,, N. W.") Wir meinen also das wirklich harte Brot, welches sich mit den Fingern als harten Gegenstand erkennen läßt, welches aus dem frischgebackenen Brote allmählich entsteht und welches zum Unterschiede von seinem Jugendzustande wohl auch als altbackenes" bezeichnet wird.

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Das altbackne Brot steht bei vielen Personen in hohem Ansehen. Es gilt für gesünder. Die Mehrzahl der alten Leute, sowie viele jüngere mit fizender Lebensweise, besonders aber das Heer der älteren aber noch immer jugendlichen unverheirateten Damen, nicht minder die gealterten und den Verlust der Jugendzeit schmerzlich entbehrenden unverheirateten Männer, kurz das sehr stattliche Heer der Hypo­chondristen zieht das harte Brot dem weichen frischgebackenen vor: denn lezteres belästige ihren Magen, sei schwerverdaulich oder unver­daulich, bewirke Magendrüden und Sodbrennen. Wir sind fern davon, die Klagen dieser nervösen Genossenschaft zu unterschäzen oder gar leugnen zu wollen. Aber wir behaupten: nicht das harte Brot, sondern ihr eigenes Ungeschick und die weitverbreitete Unwissenheit darüber, was hartes Brot" sei, verursache ihre Leiden.

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Im allgemeinen gilt hartes Brot für ausgetrocknetes, man glaubt, daß es seine Feuchtigkeit verloren habe. Daß dem nicht so sei, davon fann sich jeder überzeugen, der eine empfindliche Wage hat, auf welcher man noch 500 Gramm( 1 Pfund) genau abwägen kann. Er kaufe sich ein Brot von 1 Pfund Gewicht, also mit rundum geschlossener Rinde, wäge es genau, schreibe das Gewicht sich auf und lasse das Brot drei bis vier Tage im Zimmer liegen, aber ohne es anzuschneiden. Darauf wäge er es wieder, vergleiche das Gewicht mit dem früheren und überzeuge sich, daß es nur sehr wenig leichter geworden ist, also auch nur einen geringen Bruchteil Wasser verloren hat, mithin nicht als ausgetrodnetes Brot bezeichnet werden kann. Nun schneide er es an, und er wird es trozdem zu seiner Verwunderung hart" finden. Um sich aber zu überzeugen, wie viel Wasser das Brot noch in sich birgt, schneide er aus der Mitte desselben einige dünne Scheiben im Gesammtgewichte von etwa hundert Gramm, zerkleinere dann diese Scheiben auf einem Teller und seze diesen zwei bis vier Stunden lang in eine Wärmeröhre des geheizten Kochofens, ohne daß jedoch andere Gegenstände in der Röhre sich befinden oder Wasserdampf in reich­lichem Maße Eingänge fände. Im Sommer kann man auch an einem heißen Tage bei trockener Luft( also bei etwa nordöstlicher Luftströmung) das Brod an der Sonne dörren. Nachdem es nun gehörig ausgetrod net, wäge man es wieder und man wird finden: Daß es bedeutend leichter geworden ist, daß es also viel Wasser verloren hat, daß es mithin vorher noch sehr wasserhaltig war, als es doch schon sich als hart erwies. Wer keine Wage befizt, die über ein Pfund noch genau wägt, der bediene sich einer Briefwage und eines kleinen Weißbrotes mit unverlegter Rinde, welches schon nach zwei Tagen hart erscheint, und führe mit diesem die Wasseruntersuchung des Brotes in gleicher Weise aus. Durch diese mit Leichtigkeit anzustellenden Versuche ist also festgestellt: daß das Brot nicht durch Austrocknen seine Härte erlangt. Man erkennt, wie die seit etwa fünfzehn Jahren in den polytechnischen

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Zeitungen empfohlenen Gegenmittel gegen das Hartwerden des Brotes auf ganz irrigen Voraussezungen beruhen:

Man soll das Brot in eine möglichst luftdicht geschlossene Blech­schachtel legen und es nur auf kurze Zeit aus derselben entfernen, wenn man eine Scheibe abschneiden will. Derartige Blechkästen werden sauber lakirt und geschmückt in vielen Städten von den Klempnern und Ge­schäften für Haushaltungsgegenstände verkauft. Das Brot aber bleibt in ihnen nicht etwa frisch und weich, sondern wird ebenso hart, als ob es sich außerhalb des Kastens befände; nur die Schnittfläche dörrt nicht aus, weil das Brot in einer von ihm selbst erzeugten feuchten Luft liegt, und diese Schnittfläche ist es, welche die Verbraucher täuscht, so daß sie sich einbilden, ihr Brot sei frisch geblieben. Das kann man aber viel einfacher erreichen, wenn man sich eine Platte von Steingut oder Porzellan fauft, bei jedem Abschnitt möglichst sorgfältig rund um das Brod schneidet, so daß eine ebene Schnittfläche zurückbleibt. Mit dieser Schnittfläche legt man es auf die ebene Platte von Porzellan, Steingut oder Glas und ist sicher, beim nächsten Anschneiden die Schnitt­fläche frisch zu finden. In den Blechdosen aber erhält das Brot einen dumpfen Geschmack oder einen Beigeschmack nach Delfarbe und die Rinde ist nicht mehr angenehm spröde( knusperig), sondern wird weich und zähe, furz man hat sein tägliches Brot verschlechtert, statt es frisch und wohlschmeckend zu erhalten. Noch kopfloser und widersinniger handeln diejenigen, welche das Brot in den Keller tragen, um es frisch zu erhalten, sie brauchten nur ein einzigesmal ein frisch gebackenes Brod in der Mitte quer durchzuschneiden, die eine Hälfte davon auf eine Platte zu legen, wie wir angegeben haben, und es im Zimmer zu lassen,

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die andere Hälfte aber im Keller aufzubewahren, nach zwei bis drei Tagen können sie sich überzeugen, daß das im Zimmer gebliebene Brot viel frischer und wohlschmeckender geblieben ist, als das im Keller aufbewahrte. Die Kälte macht das Brot altbacken und hart, nicht die trockene Luft.

Und weshalb wird in der Kälte das Brot altbacken? Das könnte sich eigentlich jeder selber beantworten. Trozdem glaube ich der erste gewesen zu sein, als ich im Jahre 1852 bereits die Antwort drucken ließ: da sie aber während dieser dreißig Jahre wieder in Vergessenheit geraten zu sein scheint, so will ich sie hier wiederholen.

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Die Ursache, weshalb das Brot durch Kälte hart wird, liegt im Materiale, aus dem es besteht, und in der Art der Bereitung. Jedes Brot wird aus Mehl bereitet, vom ältesten Mazze bis auf unser heu­ - jedes tiges; bei jedem Brot wird zum Mehl Wasser hinzugesezt; Brot wird in der Hize gebacken.- Wenn man nun Mehl und Wasser einer höheren Temperatur aussezt, was entsteht da? Antwort: Kleister" oder wenn man es wissenschaftlich vornehm mit einem Namen aus fremder Zunge bezeichnen will" Amylonhydrat", d. h. eine Verbindung von Stärkemehl und Wasser. Diese Verbindung ist( wie jedermann vom Kleister weiß) in der Hize flüssig, beim Abfühlen dickflüssiger und endlich hart und um so härter je weniger im Verhältnis zum Stärke­mehl sich Wasser in derselben befindet.( Man frage nur die Buchbinder­lehrlinge, welche Kraft und Arbeit sie anwenden müssen, um den hart geworden Kleister mit dem Pinsel wieder zu einer gleichmäßigen Masse zu verarbeiten.) Jedes Brot, Schwarzbrot wie Weißbrot, jeder Kuchen, jeder Pudding, besteht in der Hauptsache aus Kleister. Deshalb sind sie so weich und elastisch, so lange sie warm sind, nnd werden hart in der Kälte. Dasselbe weiß jedermann von den Kartoffeln, in deren Bellen sich das Stärkemehl mit dem Waffer der Kartoffel beim Gar­kochen zu Kleister umwandelt, und deshalb ist die warme Kartoffel weich, die kalte aber hart. Man muß also die Härte" des Brotes sehr unterscheiden von dem Ausdörren" desselben auf der Schnittfläche oder in einzelnen der Luft allseitig ausgesezten Stüden.

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Weshalb wirkt nun weiches frisches Brot bei manchen Bersonen schädlich und veranlaßt Magenbeschwerden?- Antwort: Weil sie es nicht gehörig fauen. Unsere Zunge läßt sich täuschen. Sobald sie etwas weich fühlt, hält sie den Bissen für gehörig durch Kauen vor­bereitet und eingespeichelt, schiebt ihn nach hinten, und wir schlucken ihn herunter. Die meisten Personen essen ja ohne Verstand und Ueber­legung und essen viel zu hastig. Genießen sie nun weiche Speisen, so wird auf dieselben ein- oder zweimal mit den Zähnen gebissen, und dann gleitet die durchaus nicht gehörig vorbereitete Speise in den