Ach Palästina!" rief Prinzessin Marie, fromm entzückt die Augen verdrehend," Sie wissen, Carlos, ich war in Palästina."

" O ja," sagte Prinz Stein und sein großer ausdrucksvoller Mund verzog sich ironisch, während er mit seiner weißen Hand, von der er den Handschuh gezogen, in rascher, schnellender Ge­berde, gleich einem Hunde sich hinter den Ohren krazte.

Er wirßte was ihn bedrohte und daß sie nun zum hundert­stenmale die Geschichte ihrer Wallfahrt zum besten geben würde. Aber er wollte ihr wenigstens die Vorrede abschneiden und ein direktes Drauflosgehen erleichtern.

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Ich weiß, ich weiß, Sie hatten da höchst interessante Er­lebnisse, und Hoheit haben selbsteigenhändig Wasser aus dem Jordan geschöpft."

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-Aus dem heiligen Flusse ich zwei Maß voll bewahre es noch in kupfernen Flaschen," versezte sie hoheitsvoll und wichtig. Dann sich an Gräfin Dönhof wendend, die diese Geschichte ebenfalls bis zum Ueberdruß fannte, fügte sie gnädig hinzu: Wenn Sie einmal heftige Migräne haben, Liebe, dann schicken Sie doch zu mir, ich werde Ihnen einige Tropfen davon geben. Sie verdünnen sie mit Eau de Cologne , reiben die Stirne damit ein, und die Wirkung ist eine wunderbare."

, Besten Dank, Hoheit, für Ihre Güte."

Die Prinzessin fuhr mit einem Lächeln der Genugtuung fort: Ich bin an den vier heiligen Orten, in Zion, in Bethlehem , in Gethsemane und am Kalvarienberg gewesen, und habe von all diesen Orten mir heilige Erde mitgebracht. Sie wird mir in der Sterbestunde aufs Herz gelegt werden, die Seele geht dann ohne Kampf hinüber."

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Es sind köstliche Reliquien, die Sie da errungen," bemerkte Prinz Stein, aber," fügte er boshaft und mit einem sarkasti­schen Lächeln hinzu, Sie haben auch minder angenehme Dinge von dort mitgenommen."

Carlos, woran erinnern Sie mich!" rief sie mit einer Ge­berde des Abscheues, und sich hierauf in aufgeregter Wichtigkeit an die Gräfin wendend, teuere Natalie, Sie können sich keinen Begriff machen, was ich an dem heiligem Orte gelitten habe, von stellen Sie sich vor, es gab da in Unzahl waren sie vorhanden, die

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Sie lispelte ihr ein Wort in das Dhr.

Der Prinz erhob sich mit einem diskreten Lächeln, er wollte die Prinzessin in weiteren vertraulichen Mitteilungen nicht stören. Diese winfte die Gräfin noch näher an sich heran. Wie die Menschen gerne von einer großen überstandenen Gefahr, in der sie geschwebt, erzählen, so liebte sie es von jener unerhörten Peinigung zu sprechen, der sie, die Hochgeborene, in Palästina ausgesezt gewesen, und die sie selbst während ihrer Andachts­übungen am heiligen Grabe zu einem fortwährenden Krazen zwang.

Elsa war von der Tochter des Hauses, der jungen Prin­zessin Amélie in Empfang genommen worden. Es schien die bereits versirte junge Dame zu unterhalten, Elsa, den Neuling, in der Gesellschaft zu orientiren. Mit großer Geschicklichkeit, in furzen aber treffenden Aussprüchen karakterisirte und klassi­

fizirte sie die einzelnen Persönlichkeiten. Mit heuchlerischer

Demut von denen bei Hofe Einflußreichen sprechend, mit bos hafter Medisance von den anderen.

Einige junge Damen, die soeben eintraten, bewizelte sie in

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Büsten der jungen Damen schienen wie von Lust durchbebt, und ihr Lachen wurde herausfordernder, ihre Augen sprachen eine vielberedte Sprache; und dann gabs wieder ein Flüstern, ein Kichern, ein Seufzen, und die Blicke flogen von einem Kavalier zum anderen, als wollten sie alle erobern, alle zu Sklaven machen, und diese exaltirt, berauscht von so viel Ge fallsucht, die sie bei diesen Frauen entfacht, wurden kühner in Blick, in Wort und Geberden und sie brachten all ihre Frivolität unter diese Jugend, die in dieser Atmosphäre zu schwelgen schien.

Elsa in ihrer Schönheit und als eine neue Erscheinung in dem Kreise wurde von allen bemerkt und bewundert. Dreiste begehrliche Blicke waren es, die den ihrigen zu gegnen suchten.

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Sie hatte anfänglich in den heiteren Ton mit eingestimmt, jezt schwieg sie in heftiger Beklemmung. Auch ihr Blut wallte rascher, es flopste in ihren Pulsen, es stieg als Erröten in ihre Wangen.

Sie empfand den prickelnden Reiz, der von außen auf sic wirkte, und zugleich ein Gefühl des Widerwillens; etwas, das sich dagegen auflehnte.

Was war es denn nur, das sie wie ein Taumel erfaßte und so erregte?

Eine unbestimmte Angst überkam sie.

Eine Anzahl Damen und Herren traten herzu, neue Gruppen formten sich.

Elsa gelang es, sich zu entfernen.

Sie sah sich vor einer Tür. Die Portieren waren herab­gelassen, sie teilte sie und trat rasch ein, aber behender noch als sie gekommen schlüpfte sie wieder zurück.

In dem Fond des Gemaches hatte sie ein Flüstern und unterdrücktes Kichern vernommen, und sie hatte Helene erblickt, die neben einem großen schönen Manne stand, der plözlich seinen Arm um ihre Taille legte und sie umschlingend, die junge Frau an sich heranzog.

Sie glaubte noch den Kuß zu hören, den er auf ihre Wangen drückte.

Ats Elsa wieder in dem gedrängt vollen Saale stand, schien es ihr, als wehte ihr ein heiß erglühender Brodem daraus entgegen. Sie fühlte, daß sie zitterte.

Pater Cölestin trat auf sie zu und bot ihr seinen Arm. Sie beantwortete seine Fragen nur einsilbig, sie hatte Mühe sich zu sammeln. Sie schritten dem Zirkel, den die Fürstin um sich versammelt, wieder entgegen, als Elsa plözlich stehen blieb. Sie hatte Baron Reintal bemerkt und an seiner Seite einen jungen Mann, der soeben der Fürstin vorgestellt worden wat

Ihr Herz begann stürmisch zu pochen; es mußte Arnold sein. Bater Cölestin hatte sie zu einem Fauteuil geleitet, mechanisch nahm sie darin Plaz, ihre Hände blieben ineinander gepreßt, ihre Augen sahen unverrückt nach dem neuen Gegen

ihn wieder, sah ihn hier, unter den fremden Menschen! Warum war er heute Mittag nicht zu ihr gekommen, da er doch bei Tante Helene gewesen? In ihrer kleinen Stube hätte sie ihn

zuerst begrüßen und ihm die Hände schütteln mögen.

Aber war es denn wirklich Arnold, der hier vor der Fürstin stand? Sie hatte ihn damals gesehen in der groben Lodenjade, unbarmherziger Weise; sie konnte sichs nicht versagen, gewisse einfach und schlicht, wie er ihrem Vater seine Lebensschichfale

Anekdötchen, die stark an das Skandalöse streiften, ihrer Gefährtin in das Ohr zu flüstern. Hierauf ging sie auf die also Be­zeichneten zu, begrüßte sie auf das herzlichste und küßte die­jenige, der sie das Schlimmste nachgesagt, auf den Mund.

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und seine künftigen Pläne mitgeteilt. Und jezt sie fand ihn so verändert, durchaus vornehm in seiner Haltung, in seinem befand. Und um den Mund, der sie so milde angelächelt, lag ganzen Auftreten, durchaus dem Kreise angepaßt, in dem er fid

Man schritt einem Etablissement zu und gruppirte sich hier; iezt ein Zug von Jronie. O gewiß, er war ganz anders, aber

einige Herren tamen sie zu begrüßen und sezten sich zu ihnen. Man konversirte in jenem ungezwungenen lebhaften Ton, an den Elsa im Hause ihrer Tante sich gewöhnt hatte, und der ihr zusagte. Man scherzte, man lachte, man ironisirte, aber es war in dem allen etwas, das ihrem keuschen Sinn neu war, das sie verwirrte, und das immer zu deutlicherem Ausdruck

war er nicht schöner noch?

Augenblick seine Schönheit so tief empfand.

Sie errötete; sie wußte nicht wie es kam, daß sie in diesem

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er fonnte

Die Fürstin hatte ihm die Hand gereicht und wohl nicht anders, er drückte sie leicht an seine Lippen. Jezt bedeutete sie ihm an ihrer Seite plaz zu nehmen,

und

gelangte. Die weißen glänzenden Schultern und tiefdekolletirten begann sofort lebhaft mit ihm zu plaudern. Sie schien noch