gebung ihm verraten, was dies Mädchenherz etwa beeinflußt und gewendet. Er firirte einen Moment den jungen Salzarbeiter, der bei seinem Eintritt nahe bei Elsa gestanden, und der sich nun diskret in eine Ecke zurückgezogen und sich mit einer Holzarbeit beschäftigte.
Und wieder wandte er sich dem jungen Mädchen zu und mit einer Bestimmtheit und zugleich mit einer Milde, die etwas Imponirendes hatte, sagte er:„ Kommen Sie, der Priester erwartet Sie."
"
„ Er erwartet mich vergebens."
„ Das wird Gott verhüten. Die Taufe-"
Wird nicht an mir vollzogen werden."
Einen Augenblick schien das blasse, bartlose Gesicht des jungen Paters durch eine nervöse Kontraktion verzerrt, dann hob er den Kopf noch höher, und voll zwingender Hoheit, und in einem etwas vibrirenden Mollton, der an's Herz drang, sagte er:„ Sie irren, Elsa, ein Befehrungswerk vollendet sich inner lich, und wen einmal ein Strahl der Erleuchtung getroffen, der fann nie und nimmer in die Finsternis des Unglaubens zurücksinken." Zugleich streckte er mit der Geberde der vollsten priesterlichen Autorität seine Hand nach ihr aus, als gälte es ein Gut an sich zu nehmen.
Sie trat einen Schritt zurück, jede Fiber in ihr verkündete Auflehnung:„ Nein, ich will nicht!"
Er faltete die Hände wie in Beschwörung:„ Armes, teures Kind, Sie kämpfen also noch immer! Wollen Sie es denn nicht einsehen: es ist ja nur die Armseligkeit der Menschennatur, die in Ihnen sich auflehnt, gegen ein Höheres, Geistiges, gegen eine Vervollkommnung, die in Ihnen nun zur herrlichen Tat werden soll!"
„ Ich kämpfe nicht mehr!" rief Elsa, und in der Tat, sie sah in diesem Augenblick so schön und stolz aus wie eine Ueber winderin, voll feuriger Energie, voll leidenschaftlicher Kühnheit, und aus ihren Augen blizte jenes Höhere, jenes Geistige, das
sie nach der Meinung des Paters noch nicht besaß, das sie erst durch ihn erringen sollte.„ Ich brauche nicht zu kämpfen, denn all die Waffen, die Ihr gegen mich zu Felde führt, sie haben
ihre Wirkung auf mich verloren. Was wollt Ihr von mir?
Glauben Sie Sich Herr und Meister auch über mein Hirn
und meine Nerven? Wollen Sie mich zu etwas zwingen, das
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wider äußern Sinn ist und inneres Gefüht? Wir sind verschieden von Grunde aus! Eure Vorstellungen, eure Begriffe sind nicht die meinen, und selbst die Wunder eurer Phantasie regen mich
nicht an, sie laſſen mir das Herz kalt, sie bewegen mich nicht.
Was wollt ihr also?! Man hat mir euer großes Gedicht nicht in jenem zarten Alter vorgesagt, wo es noch alle Macht über mich erringen konnte, jezt ist es zu spät. Aendert das, wenn ihr es ändern könnt, ihr könnt es nicht! Durch Furcht nur, durch Grauen wollten Sie mich unterjochen aber ich
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Sie glaubte nicht, aber auch sein Glaube war erschüttert. Er lachte der Himmlischen in diesem Augenblick. Niemals hatten sie ihm so das Herz bewegt, niemals hatten sie ihm solche Leiden gebracht, niemals aber auch ihm Freuden verheißen, wie sie in seiner Phantasie jezt aufloderten. Ihm dünkte, als sei ihm der Begriff für Seligkeit jezt erst erstanden.
Sie glaubt nicht, weil sie nicht glauben muß, aber lieben muß sie, das ist ein Naturgesez, und lieben wird sie. Und sie wird lieben nach ihrem Wesen, fühn, feurig, leidenschaftlich, alle Schranken durchbrechend, sich über alles hinwegsezend. Warum sollte sie nicht ihn so lieben?!
In diesem unbeschreiblichen Aufruhr seines ganzen Menschen, der ihn nur Worte ganz verwirrten Sinnes stammeln läßt, traf ihn grausam ernüchternd die tiefe Stimme Georgs. Fräulein," sagte er," Sie wissen, Sie können auf mich rechnen zu jeder Zeit. Wenn Ihnen dieser Herr nicht mehr vertrauenswürdig erscheint, wenn Sie ihm nicht folgen wollen, ich bringe Sie, wohin Sie befehlen."
Cölestin wandte sich mit dräuender Geberde dem Frechen zu. Ah, auf der bleichen Stirne dieses Mannes lag eine Drohung. Er hatte ihn vorhin nicht beachtet; dieser Arbeiter war ihm ein Nichts gewesen, ein Stlave, den man übersicht, auf dessen Er gebenheit man gleichwohl rechnet, und nun stellte sich dieser zwischen ihn und sie, seine Würde anzweifelnd, ihn verdäch tigend und an Vertrauenswürdigkeit sich selbst über ihn erhebend. Durfte er das wagen, durfte er es!?
Aber da kam ihm in blizartiger Empfindung die entsezliche Klarheit, daß der Priester, wenn er auch nur einen Augenblick vergißt, was ihm sein Orden und seine Kirche auferlegt, ge richtet ist.
er bejaj
Er hatte jedes persönliche Recht dahingegeben, nichts eigenes, er besaß nur die Ueberlegenheit seines Standes, und jenes Geheimnis, die Seelen zu beherrschen, beruhte einzig und allein auf jener höheren Macht, auf jener Unfehlbarkeit, die dieser Stand, der übrigen Menschheit zum Troz, ſich selber zuerkannt. Wenn er nun fehlte, nicht heimlich mehr, nein offen, und wenn er auch nur mit einem Blick gegen sein Gelübde sich verging, konnte man ihn einem Verbrecher gleich achten, und dieser Arbeiter, dieser Knecht, der alles das durfte, was ihm verboten war, er hatte ein Recht, sich über ihn zu stellen. Wie das seinen Mannesstolz empörte und zugleich deg pfäffischen Hochmut in ihm erregte: nein, dieser da ſollte das Recht nicht haben. Verächtlich wandte er ihm den Rücken und
sich Elsa entgegen.
„ Sie stehen unter meinem Schuz, Komtesse, und Sie könnten nirgend sicherer sein. Von Zwang ist keine Rede, kann feine
Rede sein."
" Nein", entgegnete sie in einem eben so vornehmen Ton fürchte mich nicht mehr! Oder wagen Sie noch zu behaupten, wie er, davor schüzt mich nach außen das Gesez, nach innen
daß das, was Sie von mir verlangen, ein Angebornes sei, in der Natur Begründetes? Ein Etwas, wie der Selbsterhaltungs
trieb im Menschen, wie der Trieb nach Lust und Freude? Diesem kann man sich nicht entziehen, aber jenem war ich entzogen schon von Kindheit auf. Ich fühle mich frei davon, und darum werden Sie feine Macht mehr über mich erlangen, und so trennt uns alles muß uns alles trennen!"
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Ihre Gestalt und ihre Stimme hatten sich erhoben, waren bis zum Ausdruck der Begeisterung gelangt, ja bis zur Eral
mein Wille."
Pfarrhaus zurückzukehren, um Ihre Tante zu beruhigen." „ So ist es. Aber ich dächte, es wäre hohe Zeit, in das
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" Sie haben recht." Sie ging auf Georg zu:„ Ich danke Ihnen, Georg, leben Sie wohl. Hochwürden wird mich geleiten, mit dem nächsten Zuge fahre ich nach Wien zurück, aber ich werde wieder fommen." Sie reichte ihm die Hand, wie zur Bekräftigung ihres Versprechens; er berührte sie nur leicht.
Dann ging fie nach dem Tisch und nahm das Buch an sich, gleichsam alles von sich weisend, was ihr von ihm, was ihr trafen die sich Entfernenden mit der Mutter Hofer zusammen, tation, und sie streckte jezt abwehrend den linken Arm aus, auf das Georg mit einem Blick hingewiesen. An der Türe von dieser Seite noch fommen sollte. Er hatte sie angestannt; die neugierig den Kopf hereingesteckt und so Mitzeuge eines in atemloser Spannung hatte er an ihren Zügen gehangen. Auftrittes wurde, von dem sie kein Wort verstand. Nur das lichkeit. So ganz Wille, ganz Bewußtsein, der verkörperte sich: Also doch ein geistlicher Herr, schau, schau, vom G'sicht Hinreißend schön erschien sie ihm in ihrer stolzen Selbstherr- eine Wort„ Hochwürden" hatte sie aufgeschnappt und sie sagte tät er freilich blaßlich und geistlich genug ausschau'n, das tät niemals auch nur gedacht, er hätte ihm sonst nicht entsagen Als aber jezt Cölestin an ihr vorbeikam, machte sie, traz dieses stimmen, aber er hat keine hohen Stiefeln an, das ist der Fehler.
Widerstand, gewann sie für ihn einen neuen unsagbaren Reiz.
So hatte er das Weib nie gesehen, in solcher Herrlichkeit es
können!
Und wäre es wahr, was sie gesagt, trennte sie wirklich alles? Hastigkeit nach seiner Hand, um sie zu küssen. Aber der Pater