Verstellung war ihr so fremd. Mit Mühe preßte sie eine Antwort hervor.
" Mir war so angst, als müßte heut Nacht etwas passiren." Er stand und wirbelte das eine Ende seines Schnurbarts um den Finger.
„ Sei ruhig. Ich war eben drüben um nachzuhören. Es ist alles in Ordnung." Dann ging er und löschte die Lampe aus und legte sich ebenfalls schlafen.
"
„ Es ist alles in Ordnung! o, dieser Hohn!" schrie es in Klara auf. Auch lügen hat er gelernt, mich belügen, die ihm so innig vertraute! Er kann mir das antun, er, den ich auf meinen Knieen wie einen Gott verehrt und angebetet habe! Er falsch!"
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Heiße bittere Tränen entrangen sich jezt ihren Augen; die Seufzer ihrer gepreßten Brust wurden von der Bettdecke erstickt, die sie hoch über den Kopf gezogen hatte, damit Franz nichts hörte. Erst als sie sein regelmäßiges tiefes Atmen vernahm, wagte sie die unerträgliche Hülle abzuwerfen und frei aufzuschluchzen.
Wie war das alles nur gekommen? Wodurch hatte sie sein Herz verloren? Was zog ihn zu der Schwägerin hin? War es allein ihr hübsches Gesicht? Er war mit viel schöneren Er war mit viel schöneren Frauen in Berührung gekommen, mit Frauen von Geist und Bildung. Aber er hatte sich für keine erwärmt, ja, er war ihnen gern aus dem Wege gegangen, weil sie Ansprüche an jeine Unhaltungsgabe gemacht hatten. Sie selbst war ihm stets die liebste Gesellschaft gewesen. Nach dem Tode des Kindes, um das sie sich in Gram verzehrt, hatte er sie freilich oft allein gelassen, aber er war immer wieder voll Liebe zu ihr zurückgekehrt und hatte sie an allen seinen geistigen Interessen wie früher teilnehmen lassen. Erst hier war es anders geworden. Wer trug die Schuld? Hatte sie in dieser Kollision der Pflichten vielleicht nicht das rechte getan? Hatte sie die
Schwägerin vielleicht vom Krankenbette ihres Mannes verdrängt, ihre Opposition gegen das ihr unsympatische Wesen derselben zu deutlich hervorblicken lassen und dadurch das Mitleid ihres Mannes mit Gertruds traurigem Geschick unbewußt genährt und gesteigert? Es fiel ihr jezt ein, was sie oft gehört. ohne darüber nachzudenken, daß vom Mitleid zur Liebe zwischen Mann und Weib nur ein Schritt sei. Und war Gertrud nicht schön nach Klaras Geschmack, so besaß sie doch einen gewissen pikanten Reiz, der in manchen Augenblicken selbst Klara unwillkürlich gefesselt hatte. Leuchteten dem Kranken nicht noch die Augen, wenn die Tür aufging und das strahlende junge Antliz seines Weibes darin erschien? Warum hätte Franz dagegen blind sein sollen? Er hielt seine Empfindung selbst noch für bloßes Mitleid. Doch nein seine Lüge bewies, daß er sich schuldig fühlte. Lüge? Vielleicht war er wirklich nur hinüber gegangen, um nach dem Kranken zu sehen, ehe er sich zu Bette begab. Klara lachte bitter über sich selbst. Sie hatte das Antliz ihres Gatten in jener Situation nicht gesehen, aber ein Blick auf die Gruppe und sein Flüsterton hatten genügt, um ihr das unselige Geheimnis zu verraten.
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Jezt fiel ihr auch manche Szene ein, mancher Blick, die sie in ihrem Vertrauen ganz harmlos gedeutet hatte und die ihr nun zu eben so vielen Wegweisern in dem traurigen Labyrinte wurden. Und seine Kälte gegen sie selbst in lezter Zeit! Sie hatte sie wohl empfunden, aber sie aus der ganzen gespannten Situation sich erklärt und eine gewisse zarte Rücksicht für Gertrud darin gesehen. Statt ihm zu zürnen, hatte sie ihn dafür noch in ihrem Herzen gepriesen.
In furchtbarem Ringen verbrachte sie die Nacht. Erst gegen Morgen sank sie heiß und fiebernd in einen schweren Schlaf voll beängstigender Träume. Sie fühlte immer dabei, daß es Zeit wäre, sich zu erheben, daß sie zu dem Kranken müßte,
allein es lag wie Blei auf ihr.
Mit einleitenden Bemerkungen zur Frage der kulturellen Bedeutung der Reformation. Von Bruno Geiser.
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auf welche
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( Forts. folgt.)
Forts.
zu einem Schulmeister." Aber der Teploge trat bei ihm auch
in der Schule keineswegs hinter den humanistischen Lehrer
zurück, ihm war und blieb das Wissen zwar ein gar erstrebenswert Ding, doch aber vorzüglich auch ein Mittel zur Mehrung des Chriſtenglaubens und zur Befestigung in einem frommen
Lebenswandel. Es war ihm, wie er bekennt, nicht genug, daß man„ lehre schreiben und lesen und die Poeten auslegen, sondern daß die Jugend fromm und gottesfürchtig sei und züchtigen Wandel führe." Wie er die Aufgabe des Lehrers und Seelsorgers auffaßt, kennzeichnet er ausführlicher in folgenden
Aus dem verunglückten Feldzuge in Italien brachte Zwingli zunächst grimmigen Haß gegen das demoralisirende Söldnerwesen und gann er in der Heimat dagegen zu predigen und zu Frieden Dabei war er in Italien dem Treiben des römischen Klerus Ginigkeit, zur Arbeit und zur Frömmigkeit aufzurufen. nähergetreten, und dessen Verderbtheit hatte ihm nicht verborgen bleiben können. Endlich empfing er in Italien auf welche Weise ist nicht bekannt auch Anregung, sein Wissensgebiet mit der lateinischen vertraut gewesen und nur die altrömische Säzen einer seiner besten Predigten:" Wie der Hirt jezt die Literatur genauer gekannt hatte, warf sich jezt mit größtem Schafe mit dem Stabe lenkt und jezt sie mit der Hand oder Fleiße auf die griechische Sprache und ihre großen Schrift mit dem Fuße schiebt, wie er einige durch Zuruf antreibt, ziemlich unbekümmert darum, wann er seine so entstehenden selber trägt oder daheim läßt, bis sie erstarken: also auch der Schulden zurückbezahlen könne, eine stattliche Bibliotek zu jammen, und feiner ganzen tatkräftigen Natur gemäß blieb er beim Selbststudium nicht stehen, sondern suchte das geistig Ge wonnene sogleich zu möglichster Verbreitung unter seinen Freuns zuläßt." den und zur Belehrung der Jugend auszunüzen.
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andere mit Salz lockt, noch andere, die allzu
schwach sind,
Hüter der Seelen. Und er wird das alles tun zur Mehrung Hüter der Seelen. und Pflege der ihm anvertrauten Herde, er wird bald mild, bald rauh sein, nachdem es der Schäflein Art ist und Gott es
Zwinglis zuweilen rauhe, dabei jedoch stets für empfängliche
Schule zu gründen, und widmete sich selbst ohne alle Beihilfe lehrbegierigen Jugend fest an ihn; auch die glarner christliche So veranlaßte er die glarner Landschaft, eine lateinische Gemüter gewinnende Art fesselte die Geister und Herzen der
dem Lehramte.
Auch hier mangelte es ihm keineswegs an Erfolg und er
bewies ein pädagogisches Verständnis, welches in jener Zeit
Gemeinde hing an ihm in ihrer großen Mehrheit, und dennoch war seines Bleibens nicht in Glarus .
Sein Eifer als Sittenprediger hatte ihm schon Gegner
wollte er unterrichten, sondern die Schüler nach Maßgabe ihrer notwendig die aristokratische Kriegspartei des Kantons, welche jedenfalls nicht häufig zu finden war. Nicht nach der Schablone geschaffen und sein Kampf wider das Reislaufen mußte ihm individuellen Anlagen mit den Gaben gelehrten Wissens aus
hat," sagte er selbst, die Ingenia recht zu pflanzen und einen
es mit Frankreich hielt, auf das grimmigste verfeinden.
Es konnte ihm daher an offener und geheimer Befehdung und gehässiger Verleumdung nicht fehlen, zumal er durch seine
jeden zu lehren, je nachdem er geschickt ist, so ist er nit recht es z. B. mit dem Gelübde priesterlicher Keuschheit keineswegs
Nr. 12. 1884.