287

wie er sagte, 3immt, Ingwer, Malvasier, Nägelin, Pommeran-| zen, Seide und andere Weiberschlecken" trüge, aber doch Anken ( Butter), Milch, Pferde, Schafe, Vieh, Landtuch, Wein und Korn überflüssig, daß ihr dabei schöne starke Leute erziehen könnet." Damit packte er das züricher Volk an der rechten Stelle. Auch vor dem Kapitel des Großmünsters hatte er frank und frei seine reformatorischen Absichten dargelegt.

Er wolle, sagte er, die Geschichte Christi nach dem Evan­gelium Matthäi predigen, damit man nicht länger blos den Namen Christi   trage; und er werde sich dabei nicht durch mensch­schliche Autoritäten, sondern allein vom Geiste der Schrift leiten lassen.

-

-

In dem demokratischen Gemeinwesen Zürich   die Stadt zählte damals die für jene Zeit beträchtliche Zahl von 7000 Ein­wohnern konnte ein Prediger, der sich wie Zwingli   auf das Bolt stüzte und sich der Gunst desselben versicherte, viel ent­schiedener und furchtloser gegen die römische Hierarchie und nicht minder gegen kaiserliche Gewalt vorgehen, als sonstwo.

Deswegen nahm denn auch Zwingli   bei seinem Angriffe gegen die hohe Geistlichkeit, sicherlich sehr zur Erbauung des niederen Volkes, welches die weit überwiegende Mehrheit seiner Zuhörerschaft ausmachte, kein Blatt vor den Mund. Immer wieder kam er mit den schärfsten Worten auf die Verderblichkeit des Ablaßkrams und auf die gesammte römische Büberei und Verführung zu sprechen und entfremdete so die Herzen des

Boltes dem Pabste.

Auch in seinem privaten Leben zeigte er sich als Volksmann. Er lud Landleute zu sich zu Tiſche, war auf Schützenfesten, in der Zunſtſtube und auch bei Gastereien oft zu finden, plauderte und zechte mit den Handwerksmeistern, sang auch wohl der er sich befand, zu beleben und zu erheitern.

unter das Bolt, sondern auch dann war er mitten unter ihm, Jedoch nicht zu heiterer Geselligkeit mischte sich Zwingli  wenn es von Not und Gefahr bedrängt wurde.

Schon im Sommer 1519 bot ihm die in Zürich   hansende und mehr als den dritten Teil der Bevölkerung dahinraffende Beſt dazu überreiche Gelegenheit, und er tat ſeine ſchwere Bilicht big Seelsorger an den Krantenlagern der Beſtbefallenen jolange, bis ihn die furchtbare Krankheit selbst darniederwarf. Popu­

larität der hohen Geistlichkeit imponirte, beweist, daß ihm,- den man schon längst als Aufrührer und Kezer hätte betrachten fönnen, der Legat Pucci seinen Leibarzt zur Hilfe sandte, und mehr als dieses, daß ihm sogar noch drei Jahr später vom Pabst Hadrian VI.   ein schmeichlerisches Schreiben zuging,

ausrichtete, als daß der Rat die öffentliche Mißachtung der Fastenvorschriften mit Geldstrafe bedrohte.

Dabei ließ es Zwingli   jedoch nicht bewenden. Er wandte sich jezt mit seiner ersten reformatorischen Druckschrift an die ihm höchste Instanz, das Volk selbst. Die Schrift ist betitelt: " Von erkiesen und fryheit der Spysen, von ärgernis und Ver­böserung; und ob man gewalt hab die spysen zu etlichen zyten zu verbieten."

Mit dieser Schrift wollte er die Blöden und Schwachen stär­ken, daß sie, nachdem sie einmal das evangelische Salz verkoſtet, nicht mehr zurückverlangten nach den Fleischtöpfen Aegyptens  .

11

Der Abbruch von Speisen" sei nicht Gottes Wille, sondern sei willkürliche Sazung einiger Bischöfe, die sich herausgenommen hätten, den Christen Geseze zu geben, ohne das gemeine Volk zu fragen." Auf solche Bischöfe passe das Wort: Wenn dich dein Auge ärgert, so reiß es aus und wirf es von dir."

"

Das Auge, erläuterte er, bezeichne jeden Bischof und jeden Pfarrer, einen jeden Oberen, deren Amt darin besteht, Aufsicht zu führen über die Schafe und sie zu weiden, nicht aber sie zu schinden, zu schaben und mit unerträglicher Bürde zu be­laden. Sie sind indes blinde Aufseher geworden, unwissende stumme Hunde, die nicht bellen mögen, sondern in nichtswür­digen Dingen unterrichtet, faullenzen, schlafen, träumen; den

Traum lieber haben als die Wahrheit; unverschämte Hunde, die nicht mögen ersättigt werden; Hirten, die keine Vernunft haben, deren jeder seinem eigenen Weg oder Mutwillen nach­gehet; alle geistig vom Niedrigen bis zum Höchsten sprechend zu sich: Lasset uns guten Wein trinken und voll werden, und wie wir heut tun, wollen wir morgen wieder tun."*)

Diese Schrift Zwinglis ließ feinen Zweifel mehr darüber,

daß es zwischen ihm und Nom zu offenem Bruch kommen

mußte, obgleich er selbst noch klug genug war, diese Notwen­

digkeit nicht auszusprechen.

Neben dem religiösen Zwiespalt hatte indes auch die poli­tische Meinungsverschiedenheit zwischen ihm und seinen kirch­

lichen Gegnern und deren Anhang eine unüberbrückbare Kluft aufgerissen. Diese wurden durch Pensionen an die politischen Interessen Frankreichs   geknüpft und waren deshalb stets bereit, dem franzöſiſchen   Könige Heerfolge zu leiſten. Zwingli   aber

hatte es durchgesezt, daß Zürich   sich von dem Bündnisse mit

Frankreich   zurückzog, und nun wirkte der Einfluß aller Pensions­

und darum Franzosenfreunde auf Tod und Leben wider ihn. Kaum war nun die oben erwähnte Schrift erschienen, so brach der Sturm los.

alter

worin ihm gesagt wurde, man wolle ihm außer dem päbst- Bischöfe von Konstanz   und Lausanne   suchten ihn mit drohenden wiber ihn ein, die er sogleich urträftigſt beantwortete, Die liche Stuhle selbst alle Würden in Aussicht stellen, die Rom   Hirtenbriefen niederzuschmettern, warnten vor den gefährlichen

zu vergeben habe.

gewinnen,

-

-

Neuerungen listiger Menschen und riefen auf zum Widerstande gegen die verstockte Bosheit der Widerspenstigen. Dabei wiesen jie unter Berufung auf die Bannbulle wider Luther   darauf hin,

Aber Zwingli   war absolut durch nichts für den Pabst zu dahin, daß der züricher Rat den sämmtlichen Predigern in Stadt bereits förmlich verdammt sei. Unmittelbar darauf erschien eine Nach seiner Wiedergenesung, im Jahre 1520, brachte er es daß die Zwingli  'sche Lehre von der Alleingiltigkeit der Bibel frei und überall gleichförmig nach dem Geiste Gottes und der fazung, um auch die weltliche Regierung gegen den kühnen und Land anbefahl, die Evangelien und Sendbriefe der Apostel bischöfliche Gesandtschaft vor der zu Luzern   versammelten Tag rechten göttlichen Schrift beider Testamente zu predigen und nur das zu verkündigen und zu lehren, was sie mit bemeldeten Schriften bewähren könnten. Was aber Neuerungen und von Menschen erfundene Sachen und Sazungen seyen, so sollten sie

davon schweigen."

Neuerer zu gewinnen.

Zwinglis Lage begann gefährlich zu werden. Jezt galt es, sich auf das allerfräftigste zur Wehr zu sezen.

Sogleich berief er zehn Geistliche auf eine Versammlung in Einsiedeln  , und diese beschloß sowohl an den Bischof als an die

Dieses Gesuch hatte Zwingli   selbst verfaßt; daß er auch die

entschiedener vor als bisher. Insbesondere wandte er sich mit liche Bitt und Ermahnung" einzureichen um Freilassung der Auf Grund dieses Ratsbeschlusses ging nun Zwingli   noch Tagjazung mit Beobachtung aller gesezlichen Form eine freund­aller agitatorischer Wucht gegen die Faſtengeseze und brachte Predigt des Evangeliums und um Gestattung der Priesterehe. es binnen furzem dahin, daß diese von vielen Bürgern und deren Dienstleuten offen verlegt wurden. Er predigte: Fleisch- Gestattung der Priesterche zum Gegenstande derselben machte, effen sei feine Sünde, wohl aber Menschenfleisch verkaufen und

zu Tode schlagen."

geschrei, und der Bischof ordnete eine Botschaft an den Rat ab, Darüber begannen nun die Mönche ein mächtiges Zeter­die aber gegen Zwinglis Einfluß und Beredsamkeit nichts anders

beweist seine agitatorische Klugheit, denn es war ein Punkt, der dem gesammten niederen Klerus der damaligen Zeit, soweit er

* Weßer und Welte, Katolisches Kirchenlexikon. Freiburg   1854. Bd. XI, S. 1315.