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zurück, der er für immer treu geblieben ist. So oft er auch kleinere und größere Reisen unternimmt und das geschieht häufig, denn bei keiner bedeutungsvollen Festlichkeit, bei keinem wichtigen Unternehmen in Norddeutschland fehlt Hermann All mers immer sucht er sein Rechtenfleth, seinen Bauernhof, der jezt reiche Kunstschäze birgt, wieder auf. In seiner Heimat gemeinde war er auch längere Zeit Vogt, Vorsteher; dort ist er noch in der mannigfachsten Weise tätig, so daß er von allen geliebt und verehrt wird. Seinen Ruhm begründete unser Dichter durch sein bekanntes„ Marschenbuch, Land- und Volksbilder aus den Marschen der Weser und Elbe ", das im Jahre 1857 in der ersten Auflage, 1875 zum zweitenmale erschien, und das in Wahrheit eine neue Entdeckung der gesegneten, her lichen Marschen in Deutschland herbeiführte und vielen eine neue Welt erschloß. Wir machen uns gerne über die Ausländer, namentlich über die Franzosen lustig, wenn sie so wenig Bescheid wissen in unserem deutschen Lande. Wie viele gibt es aber bei uns, die in der eigenen Heimat fremd sind! Mit Recht sagt Allmers in den Vorrede zu seinen Stammesgenossen: " Hinter den Bergen wohnen auch Leute, und wenn Ihr wüßtet, wie unbekannt bei diesen, wie im ganzen anderen Deutschland , unsere Marschen sind und welch' falsche, zum Teil ganz abgeschmackte Begriffe dort, ja ost selbst noch in den nächsten Städten, über unser Land und seine Zustände herrschen, dann würdet Ihr gewiß nicht mehr lächeln und kopfschütteln, sondern so so denke ich mir euch von Herzen freuen, daß ich versucht habe, ihnen einmal ein Bild unserer Heimat zu entwerfen." In dem reizvollen, mit der liebevollsten Hingabe an die Heimat geschriebenen Buche ist kein Merkmal der Marschen unberücksichtigt geblieben: das Größte und Kleinste, das Vergangene und Gegenwärtige, das Ernste und Scherzhafte, alles wird in interessanter und liebenswürdiger Weise geschildert. Wie viele tausende haben sich an dem Marschenbuche schon erfreut! Wie oft und gerne habe ich es in die Hand genommen! Denn es enthält feine trockene, gelehrte Beschreibung, sondern in der anziehendſten Darstellung, wie sie eben nur aus der Tiefe eines wahren Dichtergemütes hervorgehen kann, werden uns die mannigfachen Bilder aus den Marschen vorgeführt. Einfache, schlichte Bauern in Sachsen , die selten zum lesen kommen, ergözten sich wahr haft, als ich ihnen das Buch lich; es wanderte von Haus zu Haus, einer empfahl es dem andern. Es ist wirklich ein Volksbuch der seltensten Art, das in Norddeutschland kaum seines Gleichen hat. Wenige Schriftsteller dürfen sich aber auch eines Erfolges rühmen, wie ihn Allmers mit seinem Marschenbuch geerntet. Hier nur einen Beweis. Schon im Jahre 1864 widmete der Dichter Schlönbach sein großes Epos:„ Der Stedinger Freiheitskampf" Hermann Allmers mit folgenden Worten:„ Ihr klassisches Marschenbuch, bedeutsam für den Historiker wie für den Naturforscher,- für den Dichter wie für den freidenkenden Volksmann, war mir bei meinen„ Stedingern" von großer Anregung und Belehrung. Darum ohne Sie persönlich zu kennen widme ich ihnen meine Dichtung mit innigster Verehrung und Dankbarkeit."
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Im Jahre 1860 erschienen die Dichtungen von Hermann Allmers ( vor wenigen Jahren die zweite Auflage), innige, gemütstiefe Poesien, von denen„ Auf der Nudelsburg", wozu er selbst den Text komponirte, ami bekanntesten geworden ist, während das herrliche Fragment" Die Stedinger" mehr in den Kreisen, die der plattdeutschen Sprache mächtig sind, gefeiert wird. Die bedeutendsten Musiker der Gegenwart, wie z. B. Johannes Brahms , haben die formvollendeten lyrischen Gedichte unseres Marschendichters zu Kompositionen verwandt. Eins der schönsten und sinnigsten Feldeinsamkeit- lautet:
Ich ruhe still im hohen, grünen Gras Und sende lange meinen Blick nach oben, Bon Grillen rings umschwirrt ohn Unterlaß, Von Himmelsbläue wundersam umwoben.
Und schöne Wolken ziehn dahin Durchs tiefe Blau, wie schöne stille Träume; Mir ist, als ob ich längst gestorben bin, Und ziehe selig mit durch ewige Räume.
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Allerdings darf man nicht verhehlen, daß die Dichtungen von Hermann Allmers lange nicht den Erfolg gehabt haben wic das Marschenbuch, obwohl sie die meisten dichterischen Ergüsse der lezten Jahrzehnte bergehoch überragen. Größeres Aussehen in der literarischen Welt erregte Allmers durch seine„ Römischen Schlendertage"( 1872, 3. Auflage), die zu den besten Schriften gehören, die über Italien geschrieben worden sind. Noch viele andere dichterische Leistungen rühren von ihm her, so das Drama „ Elektra", verschiedene Novellen, kunst- und kulturgeschichtlichen Inhaltes, eine Schrift über die Pflege des Volksgesanges u. a. Unermüdlich ist er noch tätig. So wird er in der nächsten Zeit eine volkstümliche Schrift über den bremer Patrioten Johann Böse herausgeben, der im Jahre 1813 auf eigene Kosten eine Jägerkompagnie gegen die Franzosen ins Feld stellte. Stoff ist sehr einfach, aber wie großartig weiß ihn Allmers zu
beleben!
Der
Das erfuhr ich an einem interessanten Abende in der histori schen Gesellschaft zu Bremen , woselbst unser Dichter einen Vor trag über den genannten Patrioten hielt. Wohl kaum habe ich die alte Wahrheit, daß das Herz den Redner macht, so er fahren wie in diesen schönen Stunden!
Dieser furze Hinweis auf die Werke von Hermann Allmers möge hier genügen. Welche Eigenschaften sind es nun, welche uns diesen Schriftsteller so lieb und wert machen?- Als ich zum erstenmale die Widmung von seinen Dichtungen las: Lieben Menschen in Liebe geweiht, da war ich tief er griffen. Ja, er selbst ist ein lieber Mensch mit einem war men, weichen Herzen, mit einem weichen, tiefen, sinnigen Ges müte, das nur Güte und Liebe atmet. Er steht nicht unter den ersten Dichtern der Neuzeit, es gibt größere, die in ihren Poesien genialer wirken, aber ich kenne keinen, der liebenswürdiger, edler wäre als Allmers , keinen, in dem ein milder, warmer Humanis mus schöner zur Geltung fäme als bei ihm.
Tausende gehen gleichgültig, ja mit Verachtung im kalten Herzen an den armen Auswanderern in unseren Hafenſtädten vorüber. Allmers sagt von sich:„ Mein Besuch dieses Hauses ( der Auswanderungshalle zu Bremerhaven ) gehört zu den in teressantesten Erinnerungen meines Lebens, und manche Stunde schon trieb ich mich umher unter dem bunten Gewimmel, daß von oben bis unten seine Räume füllte, mischte mich unter die Gruppen der Männer und Frauen, frischen Burschen und rosigen Mädchen, redete freundlich mit ihnen." Allmers beurteilt eben die Menschen nicht nach dem Aeußeren, nach ihrem Kleide, ihrem Vermögen.
Er sagt:
Und findst du einen treuen Freund, Sei's wo und wer und was er sei, Sei stolz darauf und halt ihn hoch Und sag es laut und sag es frei.
Und ob er eines Königs Sohn Und ob er eines Bauern Knecht, Sei stolz darauf und freue dich, Und lieb ihn treu und lieb ihn recht.
Ein Kleinod ist ein treues Herz, Und wenn man dir's entgegenträgt, Sei stolz darauf und frag nicht lang, In wessen Mannes Brust es schlägt.-
Güte, Liebe, Humanität sind die Grundzüge seines Wesens, das uns überall gleichsam seinen schönen Spruch zujubelt, der
das Fremdenzimmer seines Hauses schmückt:
Jegliche Lust wird alt und verblüht,
Doch nimmer die Freude am Menschengemüt.
Es ist aber in Allmers nicht ein verschwommener, süßlicher Humanismus. Nein, voll Mannesmut und Freiheitsdrang tritt er auf. Er ist wie im Aeußeren, in seiner kräftigen Gestalt mit dem mächtigen Haupte und den blizenden und doch so treuen Augen, so auch im Innern ein echter Friese. Das sagt alles. Bekanntlich war dieser zähe, unüberwindliche Volksstamm der einzige in Deutschland , der durch heldenmütigen Kampf frei blieb von den Banden des Lehnswesens, das überall den Bauern