rutenlaufen wohl eins der wenigen, die die Menschheit noch vor hundert Jahren in Schrecken versezten, und alle, die immer wieder den Verlust der guten alten" Zeit beklagen, werden in Anbetracht der Rechtszu­stände damaliger Zeit gerne mit dem Dichter in obiges Motto ein­stimmen. In Leipzig wurde noch im Jahre 1806 ein Spießrutenlauf abgehalten. Für viele gleichsam ein delikates Schauspiel, konnten es selbst Frauen nicht über sich gewinnen, demselben fern zu bleiben, und hieß es: Heut' gibts ein Spießrutenlauf," so strömte alles mit Kind und Kegel auf den Schauplaz, die Arbeit ruhte plözlich, und, wie üblich), bildeten auch hier große Schlägereien eine unentbehrliche Zugabe.

Der Vorgang beim Spießrutenlaufen, auch Gassenlaufen genannt, war in Kürze folgender:

Nachdem Soldaten unter Musikbegleitung, welche die Melodie des bekannten Gassenhauers: Zieh! Schimmel , zieh!" zum besten gab, herangerückt waren, wurde von denselben, die in einer Stärke von mehreren hundert Mann erschienen waren, eine Gasse von ungefähr sieben Fuß Breite gebildet; nachdem hierauf der Delinquent, bis zum Gürtel vollständig entblößt, eine Bleikugel im Munde, mit auf der Brust kreuzweise gebundenen Armen erschien und die Soldaten von einem mit dem Namen Stäpchen" bezeichneten militärischen Indivi­duum mit in Wasser geweichten Birken-( Spieß-) Ruten versehen waren, begann die Prozedur: Der Delinquent mußte die gebildete Gasse in nicht zu schnellem Tempo, woran ihn überdies ein ihm mit umgekehrtem Gewehr vorangehender Unteroffizier hinderte, passiren, wobei er von jedem Soldaten einen heftigen Schlag mit der Rute auf den entblößten Rücken erhielt. Wie wohl anzunehmen, hatte der Delinquent unter den Soldaten viele gute Freunde, die ihm die Straße nicht zu derb fühlen lassen wollten und daher ihre Ruten in der Mitte durchknickten; doch wurde von Offizieren, denen dies wohl bekannt war, viel darauf geachtet, daß dergleichen nicht vorkam. Je nach der Zahl der bereits empfangenen Hiebe wurde der Rücken hintereinander rot, blau und grün; ein sechsmaliges Spießrutenlaufen durch etwa 300 Mann hatte gewöhnlich den Tod zur Folge.

Nur solche, die sich der Desertion schuldig gemacht, nicht aber den Spizbuben, war es gestattet, nach der Exekution, sofern sie es noch vermochten, ein wenig Geld von den Umstehenden einzusammeln. Na­mentlich wurde unter Friedrich Wilhelm I. die Strafe des Spießruten laufens oft ausgeübt, und zwar wurde auch einzelnen Mannschaften seiner aus aller Herren Länder zusammengewürfelten Riesengarde, welche nicht selten sich ihrem aufgezwungenen Soldatentum durch die Flucht zu entziehen suchten, troz Friedrich Wilhelm I. Vorliebe für seine ,, blauen Kinder", die Strafe des Spießrutenlaufens auferlegt.

Diese barbarische Strafe wurde fast durchgängig nur den Soldaten zuteil; große Aehnlichkeit mit derselben weist der im Mittelalter auch an bürgerlichen Personen ausgeübte, gewöhnlich mit Landesverweisung verbunden gewesene Staupenschlag auf; hierbei wurde der Delinquent vom Henker durch die Straßen geführt und dabei auf den entblößten Rücken gepeitscht.

Zum Schluß wollen wir nicht verfehlen, noch eine kurze Karat­terifirung des Stäpchen" zu geben. Eine von allen verachtete, namen­lose Person, gewöhnlich des Profossen Laufbursche, mußte das Stäp­chen" beim Eintritt ins Bataillon vor einem von Soldaten gebildeten Kreis, in der sich der Major befand, um einen Namen bitten, alsdann bis in die Mitte des Kreises auf allen Vieren hindurchkriechen, hierauf erhielt er einen Schlag, stand auf, füßte den Steigbügel des Majors und wiederholte dabei seine Bitte um einen ehrlichen Namen, welchen er alsdann mit einer nagelneuen Uniform erhielt; Stäpchen" war also hiermit ins Bataillon eingeführt, erhielt eine Stelle als Trommler und versah dabei das Geschäft des Spießrutenverteilers und anderes mehr.

,, Die, gute, alte Zeit! Sie ist vorüber!"

Unsere Illustrationen.

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N. L.

Die Fischotterjagd.( S. 376-377.) Es muß schon ein ziemlich passionirter Jäger sein, der sich auf die Gewinnung des Pelzes der Fischotter, resp. auf die Jagd dieses merkwürdigen marderartigen Tieres verlegt, das, wie der Biber und die Wasserratte sich ebensoviel im Wasser als auf dem Lande aufhält. Es gehört viel Geduld dazu, um diesen rüstigen Schwimmer zu erlegen. Wie sauer in früherer Zeit einem armen Leibeigenen die Otterjagd werden konnte, findet sich trefflich ge= schildert in Scheffels berühmtem historischen Roman Ekkehard". Dort wird erzählt, wie ein armer Hirtenknabe Namens Audifax der von ihm geliebten Gänsehirtin Haduwoth gerne eine Pelzhaube schenken möchte. Zu diesem Zwecke will er eine Fischotter fangen, aus deren weichem Belz die Haube hergestellt werden soll. Er hat weder genügende Waffen noch genügende Zeit. Doch hören wir Scheffel selbst:

Auch Audifax traf seine Vorbereitungen für Weihnachten .... er oft ans

mit trägem Lauf dem Gee entgegen schleicht. Beim morſchen Steg

stand ein hohler Weidenbaum. Dort lauerte Audifax manches Stünd­lein, den erhobenen Rebstecken nach des Baumes Deffnung gerichtet.

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Und wenn Audifax oft vor Kälte zitternd sprach: izt muß er kommen! so tam weit stromaufwärts ein Gebrause hergetönt, das war sein Freund, der dort die Schnauze übers Wasser streckte und Atem holte; und wenn Audifax leise dem Ton nachschlich, hatte sich der Otter inzwischen auf den Rücken gelegt und ließ sich gemächlich stromab treiben."

So schwierig macht man sich heut den Otterfang nicht mehr. Das Tier wird geschossen, indem man es beschleicht, während es frißt oder indem man sich auf den Anstand legt; man hat besondere Fischotter­fallen und Fischotterneze; auch wendet man den Schlagbaum, das Tellereisen und das Stangeneisen bei der Jagd auf die Fischotter an.

Es gibt eine ganze Anzahl von Fischotterarten; sie kommen in Europa , Asien und Amerika vor. Der Kürschner, der sich mit der Ver­arbeitung von Otternfellen beschäftigt, weiß die Felle der einzelnen Arten gar wohl zu unterscheiden. Die Otter, ein äußerst lebendiges und ge= wandtes Tier, sieht wie ein Marder aus. Zwischen den Zehen hat die Fischotter Schwimmhäute. Die Fischottern schwimmen und tauchen mit ungemeiner Geschicklichkeit; einzelne Arten kommen auf dem Lande schlecht, andere besser fort. Sie leben in Höhlungen, die sie sich an den Ufern von Flüssen und Bächen graben und leben hauptsächlich von Fischen; dann aber auch von Wasservögeln, Krebsen, Fröschen und Wassermäusen. Der Fischbestand wird von den Ottern sehr verwüstet; man jagt sie deshalb oft weniger ihres Pelzes wegen, als um den Fisch­bestand zu schonen. Man kann die Fischotter auch zähmen und zum Fischfang abrichten, was schon in den ältesten Zeiten geschehen ist. Das Fleisch wird gegessen und wurde früher von den Katoliken als Fasten­speise genossen, da man die im Wasser lebende Fischotter als Fisch be­trachtete. Aus den Haaren der Otter werden die den Kastorhüten ähn lichen Hüte, aus den Schwanzfedern feine Malerpinsel angefertigt. Ihr Fell gilt als sehr wertvoll. Man nimmt an, daß jährlich etwa 50000 Felle von Fischottern in den Handel kommen, wovon Nordamerika etwa die Hälfte liefert.

Mit Hunden ist die Fischotter nur schwer zu jagen, da sie auf dem Lande der Fährte des Tieres nicht folgen. Zuweilen gelingt es den Hunden, die Fischotter im niedrigen Wasser zu überraschen und einen solchen Fall stellt unsere Illustration vor. Die überfallene Otter wehrt sich verzweifelt und die Meute scheut vor dem scharfen Gebiß des ver­zweifelten Feindes. Aber der Ueberzahl wird die Fischotter unterliegen müssen, um so eher, als vom Ufer die Jäger mit den für den Ottern­fang bestimmten Waffen herbeieilen. Im übrigen sei bemerkt, daß diese Fleischerarbeit uns sowohl seitens der Hunde als seitens der Jäger gleich wenig anmutig erscheint.

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W. B.

Bei

Aus dem Bereiche der Antropologie und Gesundheitspflege. Ein neues Mittel gegen Zahnweh infolge hohler Zähne, sowie gegen Kopfschmerzen, welche durch Blutandrang verursacht sind, empfiehlt Prof. Jäger in seinem Monatsblatt". Es handelt sich dabei um weiter nichts, als daß man bei der morgendlichen Waschung sich zuerst das Gesicht naß macht und es erst abtrocknet, nachdem man die anderen Teile gewaschen und getrocknet hat und daß man außer dem bei dem Trocknen der Arme diese vom Ellbogen zur Hand hinab frottire. Die Wirksamkeit dieser Maßregel erklärt Prof. Jäger, indem er fagt: Kopf und Arme stehen inbezug auf die Durchblutung im Konkurrenzverhältnis, weil auf der einen Seite Kopf- und Armschlag­ader aus Gablung eines Gefäßstammes hervorgehen, auf der andern Seite sehr nahe beieinander von der Körperschlagader entspringen. den angeführten Uebeln ist es nun wichtig, daß gleich morgens, wenn der Körper aus der wagrechten in die senkrechte Lage übergeht, die Ver teilung des Bluts zwischen Arm und Kopf festgestellt wird, daß die größte Portion die Arme, die kleinere der Kopf bekommt. Dies geschieht dadurch, daß man durch Nässung des Gesichts und die dort längere Kaliber anzunehmen, und andererseits die Armgefäße zur Erweiterung Zeit andauernde Wasserverdunstung die Kopfgefäße zwingt, ein fleineres veranlaßt dadurch, daß man die vordere Armhälfte sammt Hand leicht frottirt. Wird dieser Gegensaz gleich morgens festgestellt, so hält er auch den Tag über im allgemeinen an. Die ganze Prozedur fann natürlich auch wiederholt, beziehentlich nachgeholt werden, wenn Zahn­Die Leser der N. W.", welche an den sie uns über ihre etwaigen Erfahrungen mit diesem Mittel Nachricht bezeichneten Schmerzen leiden, werden uns zu Dank verpflichten, wenn

oder Kopfschmerz eintritt.

geben.

Ueber die Cholerabaccillen, d. h. jenen mikroskopischen Organismen, welche die spezifische Ursuche der Choleraerkrankung sein sollen, hat der. Leiter der deutschen wissenschaftlichen Kommission zur Erforschung- der Februar einen neuen Bericht erstattet. Dr. Roch meint, die besondere Cholera, Geh. Regierungsrat Dr. Koch, von Kalkutta im Laufe des Baccillenart, welche die Cholera verschuldet, ganz sicher festgestellt zu vornehmlich interessantes Ergebnis der Kochschen Forschung ist zu re­gistriren, daß das Wachstum der Kommabaccillen nur in alfalisch Menge freier Säure, welche das Wachstum anderer Baccillen noch nicht merklich beeinträchtigt, hält sie in der Entwicklung auffallend zurüd. Im normal funktionirenden Magen werden sie getötet, daher muß der

Er stellte einer Fischotter nach. Aber feinem Denker ist die Erforschung reagirenden Nährsubstanzen regelrecht erfolgt. Schon eine sehr geringe

der lezten Gründe alles Seins so schwierig geworden, wie dem Hirten­fnaben seine Otterjagd, denn aus dem hohlen Ufer zogen sich noch allerlei Ausgänge in den Fluß, die der Otter wußte, Audifax nicht.