( 1287), Kandel  ( 1243). Jm nördlichen Schwarzwald   erheben sich der Kniebis( 973 M.), die Hornißgrinde( 1164 M.), der Razenkopf( 1153 M.). Das aus Gneiß  , Granit und Bunt­sandstein bestehende Gebirge zeigt zunächst eine Menge von herrlichen Tälern, die von klaren und fischreichen Flüssen durch­strömt sind; so das Wiesental, das Albtal, das Elztal  , das Kinzigtal, das Murgtal u. s. w. Der Schwarzwald   hat gegen sechzig Mineralquellen, an denen eine Anzahl berühmter Bäder liegen, wie Baden- Baden  , Peterstal  , Rippoldsau  , Badenweiler  u. s. w. Hoch oben auf dem Gebirgsplateau befinden sich Seen, so der Feldsee auf dem Feldberg, der Titisee   bei Neustadt und der Mummelsee an der Hornißgrinde, ein sagenberühmter See mit dunklem Wasser, der keine Fische hat und einen melancho­lischen Eindruck macht, ähnlich wie der Ugleisee bei Eutin   in Holstein. Ein fleißiges Volt wohnt in diesen zahlreichen Tälern; blühende Städte und Dörfer sind allenthalben zu schauen. Man baut Wein und zieht berühmte Sorten; Holzhandel wird viel getrieben und die schlanken Stämme der Tannen werden bis Holland   hinabgeflößt. In den Waldtälern besteht jene großartige Uhrenfabrikation, die freilich nicht mehr das ist, was sie früher war und bei der sich auch immer ganz eigentümliche Gepflogen­heiten und Gebräuche erhalten haben; im Elztal findet man jene Granatschleifereien, die heute den Arbeitern keine beneidens­werte Existenz mehr gewähren; auch die Drehorgeln, mit denen in den Straßen unsere Hörorgane gepeinigt werden, sind zum größten Teil dort gefertigt. Vor allem das Wiesen- und Kinzig­tal sind industrielle Gegenden geworden; doch ernährt sich die Mehrzahl der nichtstädtischen Bevölkerung, wie natürlich, von Ackerbau, Viehzucht, Weinbau und Holzflößerei. Zahlreiche Bahnlinien durchschneiden den Schwarzwald  , der wegen seiner reichen und großartigen Naturschönheiten ein Hauptreiseziel der Touristen ist.

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eine sonderbare Tracht; ein kurzer, vielgefältelter Rock, weiße Strümpfe von Kaninchenhaaren, lange Haarzöpfe mit Bändern drin, die fast bis auf den Boden reichen, rotes Mieder und auf dem Kopf einen Strohhut von ziegelroter Farbe und genau von der Form der Cylinderhüte, vulgo Angströhren. Geschmack­voll ist diese Tracht gerade nicht. Es macht einen merkwür­digen Eindruck, wenn diese Mädchen in Masse zusammen sind und man die vielen grellroten Cylinderhüte sieht. Die Frauen tragen vielfach ein Kopftuch; die im Rheintal so häufige schwarze Flügelhaube findet man hier oben fast gar nicht. Bei Fest­lichkeiten, namentlich Hochzeiten, tragen die Mädchen einen foſt­baren Kopfschmuck, das sogenannte Tschäppele, das wie eine Krone aus Perlen und Flittergold aussieht. Auf dem Jahr­markt sehen wir das gewöhnliche Treiben: Buden, Orgeln, Marktschreier, Händler, Karoussels, Menagerien, Seiltänzer 2c.; die Schwärzwälder kommen aber von weit und breit, um, wie sie hoffen, etwas Billiges zu erlangen. Wenn die Mädchen mit den langen Zöpfen beisammenstehen, macht sich wohl ein mutwilliger Bursch das Vergnügen, sie mit den langen Zöpfen zusammenzubinden; wenn sie dann auseinander wollen, merken sie es erst und werden ausgelacht. Die Wirtshäuser sind voll, und es erschallt fröhlicher Gesang und Lärm; man singt hier am liebsten noch nach der Vererbung aus alter Zeit der Be­drängnis:

" Napoleon  , du Schustersgeselle,

Du sizest so fest auf deinem Tron, In Deutschland   regierst du so strenge Und in Rußland   bekamst du deinen Lohn!

Ach hättest du niemals an Rußland   gedacht, Und hättest mit Rußland   den Frieden abgemacht, So wärest du Kaiser geblieben

Und hättest den allerschönsten Tron."

Hier sind wir auch nicht sehr weit von den Duellen der Donau  , die aus zwei kleinen Bächlein entsteht, so daß man jenen flugen Ungarn   begreifen kann, der mit seinem Wasser­stiefel das Wasserlein staute und sagte: Nun werden sie sich in Pest wundern, warum die Donau   ausbleibt!"

Wir haben aber keine Zeit, uns nach Donaueschingen   zu begeben, sondern müssen wieder hinab an den Rhein   und wählen dazu das Albtal, das wir mit dem Postwagen durcheilen. Wir kommen durch höchst romantische Täler mit zerklüftetem Gestein und tiefen Schluchten. Oft sehen wir in schroffe Abhänge und Abgründe hinab. Wir kommen dabei an St. Blasien   mit seiner altberühmten Abtei vorüber und erreichen, je nachdem wir wollen, zu Albbrück oder zu Waldshut   den Rhein  .

Die Furien des Kriegs sind oft durch diese friedlichen Täler gebraust. Die Franzosen sind gar oft über den Schwarzwald  nach Deutschland   eingefallen; bei Freiburg   ward die große Bundschuhverschwörung gestiftet; der Bauernkrieg tobte 1525 in diesen Gegenden und 1848 wie 1849 sah man hier die Be­völkerung im Aufstand. Aber auch die Poesie hat in Sage und Dichtung ihren verklärenden Schein über diese Berge und Täler ausgegossen und Herzog Ernst von Schwaben  , der Trom peter von Säckingen   und andere Traumgestalten erscheinen uns, wenn wir im Schatten der dunklen Tannen ein wenig einge­schlummert sind.

Wir können die hervorragenden Reize des Schwarzwaldes nicht alle mustern und lassen den Mummelsee sowie die berühm ten Wasserfälle bei Allerheiligen und Triberg   liegen. Auch um die vielen Ruinen adeliger Raubschlösser können wir uns nicht fümmern. Wir wenden uns nach Freiburg  , jener prächtigen Stadt mit ihrem großartigen Münster   und ihren reinlichen, von klaren Bächen durchflossenen Straßen. Die Stadt lehnt sich mit dem Rücken an den Schwarzwald   und blickt vor sich in die weite Rheinebene hinaus. Wir betreten das breite, von grünen Höhen und Weinbergen umfäumte Tal, das sich hinter Freiburg   öffnet und in den Schwarzwald   hineinführt. Wir sind in einem herrlichen Landstrich, alles scheint ein einziger Garten zu sein; wir sehen ganze Wälder von Obstbäumen, zwischen denen die weißen Häuser freundlicher Dörfer hervorblinken. Das ist das Himmelreich- so nennt man diese Gegend. Aber plözlich wird das Tal ganz enge, je weiter wir kommen, desto drohender türmen sich rechts und links gewaltige Massen röt­lichen Gesteins, zuweilen mit spärlichem Fichtenholz oder mit den Ruinen eines Raubschlosses gekrönt. Hier sind wir in dem berühmten Höllental, das seinen Namen von den düstern, drohenden, zackigen Felsmassen, die es einrahmen, erhalten hat. Durch das enge Tal fließt ein kleiner Bach, der Mühlen treibt und an dem auch viele Wirtshäuser lieger; aus den hohen Preisen ersehen wir, wie die Kultur sich schon hier festgesezt. Ein fräftiges, urwüchsiges Volk ist hier von jeher zuhause. Hier liegt das Schloß Falkenstein, das einst die trozigen Bürger Wenn es auch unter den modernen Verhältnissen leidet, so hat von Freiburg   brachen; hier führte der General   Jean Victor Uhland doch nicht zu viel gesagt, wenn er den Schwarzwälder Moreau, Feldherr der ersten französischen Republik  , 1796 seinen Hirtenknaben in seinem Berglied singen läßt: berühmten Rückzug durch. Nachdem wir im lezten höllischen" Wirtshaus, im" Stern", uns erfrischt, steigen wir auf einer langen bald in das freundliche Gebirgsstädtchen Neustadt, gewundenen Straße aus dem tiefen Talkessel hervor und ge­wo wir es gut treffen, denn dort ist gerade Jahrmarkt. Wir tönnen die malerischen Trachten der Schwarzwaldbewohner hier bewundern. Sie sind sich nicht an allen Punkten des Schwarz­waldes gleich; hier tragen die Bauern Kniehosen mit hohen Strümpfen, rote Westen und Wämser oder Röcke mit langen Schößen, auf dem Haupt der Dreispiz. Der reiche Bauer stolzirt mit stattlichen Vatermördern einher. Die Mädchen haben laden sind, daran erfreuen können.

,, Sind Bliz und Donner unter mir, So steh' ich hoch im Blauen hier; Ich kenne sie und rufe zu:

Laßt meines Vaters Haus in Ruh!

Hier ist des Stromes Mutterhaus, Ich trink' ihn frisch vom Stein heraus; Er braust vom Fels im wilden Lauf, Ich fang' ihn mit den Armen auf!"

Der Zauber dieser Gebirgslandschaft wird immer neu blei­ben. Möchten sich recht viele von jenen, die mühselig und be­

A. T.