,, Seid ihr ein Drlogsschiff?"

,, Nein, aber vom Kapitän des englischen Kriegsdampfers ,, Rattler" zur Durchsuchung eines Schooners ermächtigt."

,, Kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten!" scholl es vom Schooner zurück; sonst bohren wir eure Nußschale in den Grund!"

Dr. Ramini brach in lautes Gelächter aus. Der also drohende Schooner war dreimal kleiner als das Barkschiff. Liliput drohte Brobdignac!

Der Kapitän nahm die Sache weniger humoristisch auf. ,, Wollt ihr euch also nicht ergeben?"

Statt aller Antwort blizte es drüben auf und eine Kugel schlug krachend in die Wand des ,, Crnogorac".

,, Das sollt ihr Schufte bereuen!" schrie Rajkovic flammenden Blickes.

,, Geschüze gerichtet; fertig; Feuer!"

Eine Salve krachte. Jammergeschrei tönte vom Schooner herüber.

,, So ist's recht!" rief der Kapitän. Aber unsere Karro­naden können auf diese Entfernung nicht gut wirken. Laßt uns dem Schooner näher auf den Leib rücken."

Die Karronaden haben nämlich den Nachteil, daß sie nur schwach geladen werden können, weshalb auch ihre Trag- und Treffähigkeit jener der Kanonen nachsteht. Dafür haben sie freilich den Vorteil, schwerere Geschosse schleudern zu können, ohne an Rohrgewicht den Kanonen gleichzukommen. Eine 48pfündige Kanone hätte 90 Zentner gewogen, während die 48pfündigen Karronaden des ,, Crnogorac" nur je 30 Zentner schwer waren. Auf Kartätschenschußweite( 60) Schritte) waren ihre Schüsse von vortrefflicher Wirkung. Es mußte daher in der Absicht des Barkschiffes liegen, sich dem Schooner möglichst zu nähern.

Dieser war mit zwei gewöhnlichen Achtpfündner von zwölf Zentner Rohrgewicht armirt, Kanonen, welche auf weitere Distanzen noch gut wirken, in der Nähe jedoch mit den Karronaden keinen Vergleich aushalten. Der Schooner war daher in die Not­wendigkeit versezt, sich möglichst fern vom ,, Crnogorac" zu halten, um der verheerenden Wirkung der Karronadenschüsse zu ent­gehen.

Es hing alles davon ab, welches der beiden Schiffe besser segeln und manövriren werde, und da zeigte es sich gleich an­fangs, daß der Schooner gegen seinen Feind nicht aufkommen

fonnte.

Nach einigen gelungenen Manövern befand sich das Bark­schiff nur mehr dreihundert Schritte vom Schooner entfernt und beschoß ihn ohne Unterlaß. Zwei Karronaden gaben Vollkugeln in den Rumpf, die beiden anderen schleuderten Kartätschen auf das Verdeck und das Kleingewehrfeuer der Desterreicher räumte unter den Sklavenhändlern auf.

Die beiden Achtpfünder des Schooners fügten wenig Schaden zu. Erstens waren ihre Geschosse schwach, zweitens wurden sie schlecht bedient und drittens brachten sie schon einige Kartätschen salven zum Schweigen.

Unterdessen herrschte auf dem Schooner Verwirrung und Bestürzung. Von der 22 Mann starken Besazung war bereits die Hälfte gefallen, der Besahnmast war über Bord gegangen und eben meldete ein Matrose dem Kapitän, daß die Geschosse des Feindes mehrmals unter der Wasserlinie getroffen hätten. Das Wasser drang im Sturm ein und drohte den Schooner zu versenken.

,, Fesselt ein vaar Duzend Schwarze los und laßt sie an den Pumpen arbeiten," befahl der Kapitän. Dann sagte cr zu seinem Lieutenant: ,, Was glaubst du, wäre es nicht am besten, wenn wir alle Neger entfesseln und bewaffnen würden? Wenn man ihnen erzählte, die vom anderen Schiff wollten sie

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Dies sagend begab sich der Kapitän in das Zwischendeck und den untern Schiffsraum, wo etwa 350 Neger zusammen­gepfercht lagen.

Hört mich an, Bursche!" rief er ihnen in ihrer Sprache 31. Das Schiff drüben gehört den Menschenfressern, welchen schwarzes Fleisch am besten schmeckt. Sie haben cure Aus lieferung verlangt und als wir erklärten, euch nicht fressen lassen zu wollen, haben sie uns angegriffen. Unser Schiff beginnt bereits zu sinken. Wenn ihr weder ertrinken noch aufgefressen werden wollt, so helst uns, die Menschenfresser drüben umzu bringen. Wollt ihr das?"

Die Neger sahen sich erst stumpfsinnig an, dann besprachen sie sich. Nach kurzer Beratung riefen einige, sie wären bercit zu kämpfen; die anderen stimmten hierauf ebenfalls zu.

Sofort ließ der Kapitän 100 Schwarze losbinden und be­waffnen. Der Rest blieb einstweilen gefesselt.

Mittlerweile hatte der Kampf nicht aufgehört. Beide Schiffe lagen sich jezt auf hundert Schritte nahe.

Plözlich öffnet sich an Bord des Schooners die große Luke und mit schrecklichem Geheul stürzt ein Rudel halbnackter Ge stalten auf das Verdeck. Sie famen eben recht, eine volle Kartätschenladung in Empfang zu nehmen.

Die Wirkung war furchtbar. Etwa zwanzig Neger wälzten sich in ihrem Blute, die anderen erhoben ein so schauerliches Geheul, daß selbst dem abgehärteten rauhen Rajkovic das Herz blutete.

,, Die Schurken haben ihre Sklaven losgefesselt und gedenken sie gegen uns zu verwenden; schade, daß diese Salve so fürchter lich unter ihnen aufgeräumt hat."

"

Der Schooner sinft!" schrie ein Matrose.

" Der Schooner will uns entern!" ergänzte der Steuermann. Aufgepaßt!" tönte des Kapitäns Stimme durch den Lärm. Neptun! sprich mit deinen Brüdern, sag ihnen, sie sollen sich gegen ihre Unterdrücker wenden; sag ihnen, daß wir sie befreien wollen!"

Neptun trat an das Bugspriet und schrie die Neger an. Sie horchten erstaunt, verstanden ihn aber nicht. Der Krumann sprach einen anderen Dialekt. Aber aus seinen Geberden er rieten sie den Inhalt seiner Worte.

Entert!" donnerte der Sklavenkapitän seinen Leuten zu. Gleichzeitig feuerte er gegen Neptun einen Schuß ab; glück licherweise ging dieser schl.

,, Entert nicht, meine Brüder!" schrie Neptun den Negern zu; wir müssen sonst unter euch schießen. Wir wollen euch retten, schlagt eure Tyrannen tot!"

Die Neger begannen zu schwanken. Hätten sie Neptuns Worte verstanden, hätten sie sicherlich seinen Nat befolgt. Allein da dies nicht der Fall war, glozten sie ratlos den Krumann an. Der Schooner sant immer tiefer.

Entert!" wiederholte der brasilianische Kapitän wütend. Seine weißen Matrosen, nur mehr sechs an der Zahl, zogen sich mit den Enterhaken an den ,, Crnogorac".

Der Moment war kritisch. Ließ Najfovic die Schwarzen auf sein Schiff kommen, so war es wahrscheinlich, daß sie in ihrem Wahn ihre Befreier niedermezelten. Andererseits scheute sich der brave Bocchese, seine Geschüze gegen sene zu richten, welche er befreien wollte.

Aber es blieb ihm keine Wahl. Der sinkende Schooner enterte und achtzig Neger machten sich bereit, auf das Verdeck des Crnogorac" zu springen.

" Nun denn, wenn es sein muß!" rief Rajkovic bitter, da es die Wahnsinnigen so wollen, richtet alle vier Geschütze auf die schwarze Masse!"

Es geschah.

morden und auffressen? Wir könnten dann entern und uns der Verdeck zu erſteigen, krachten Karronaden und Gewehre der In demselben Augenblick, da die Neger Miene machten, das

Barke bemächtigen."

Desterreicher. Ein Kartätschenhagel entlud sich in die dichte

,, Die Idee wäre nicht so übel, wenn wir uns auf das Masse der Enterer.

Ebenholz verlassen könnten."

,, Laß nur mich dafür sorgen."

Betäubendes Jammergefchrei zerriß die Lüfte. Rajkovic wischte sich eine Träne aus dem Auge.