..Ich konnte nicht anders," murmelte er vor sich hin; ,, bei Gott, ich konnte nicht anders!"
Die Generalsalve hatte in einem Augenblick das Verdeck des Schooners mit Leichen besäet. Von achtzig bis neunzig Mann, welche vor der Salve aufrecht standen, waren mindestens siebzig gefallen. Das Wehgeheul der Verwundeten war gräßlich.
Nur der brasilianische Kapitän wurde hiervon nicht gerührt. Blos vier Matrosen hatte er zu seiner Verfügung. Er eilte mit ihnen in das Zwischendeck hinab und band auch den Rest der Sklaven los.
Unterdessen war das Duzend Neger, welches die lezte Salve überlebt hatte, von den Desterreichern gefangen genommen worden. Man suchte ihnen begreiflich zu machen, daß man nichts Böses gegen sie im Schilde führe, im Gegenteil sie retten wolle. Sie schienen endlich zu verstehen und verhielten sich ruhig.
Der Schooner war mittlerweile bis zu den Luken des Zwischendeckes gesunken. Im lezten Augenblicke stürmten hundert bewaffnete Neger auf das Verdeck und wollten, geführt von dem brasilianischen Kapitän, den„ Crnogorac" entern.
Diesmal schrien ihnen ihre eigenen Brüder zu, man werde ihnen nichts zu Leide tun. Sofort warfen sich die Verzweifelten auf die Brasilianer, um sie zu töten. Der Kapitän entkam jedoch, indem er die Luke hinabsprang. Die Neger stürzten ebenfalls in den Raum, um die noch unten schmachtenden Weiber und Kinder zu befreien. Bevor dies jedoch geschehen konnte, erfolgte eine Explosion, der Hinterteil des Schooners ging in Stücke und das Schiff versant unmittelbar darauf. Offenbar hatte der rachsüchtige Brasilianer Feuer an die Pulverkammer gelegt.
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Die während der Explosion auf dem Verdeck befindlichen Neger waren größtenteils mit dem Leben davon gekommen. Sie schwammen im Wasser umher und suchten sich mit Hilfe der einzelnen umhertreibenden Schiffstrümmer auf der Oberfläche zu erhalten. Schlimmer war es den noch im Zwischendeck angeschmiedeten Weibern und Kindern ergangen. Nur wenige waren dem Tode entronnen und selbst diese waren größtenteils schrecklich ver-" stümmelt. Die Meisten hatten Arme und Beine in den Eisenringen gelassen, an welche sie geschmiedet waren. Man sah einzelne Schiffsplanken im Meere treiben, in deren Eisenringen menschliche Glieder hingen.
Von allen Seiten zerriß schreckliches betäubendes Hilfe- und Wehgeschrei die Lüfte. Die schnell ausgesezten Boote des Barkschiffes konnten leider nicht überall rechtzeitig an Ort und Stelle sein, die Hilferufenden aufzunehmen.
Werfen wir einen Schleier über diese schreckliche Szene! Von den 360 Negern, welche auf dem Schooner verfrachtet waren, hatte der., Crnogorac" 91 gerettet. Von seiner eigenen Mannschaft hatte Najfovic zwei Tote und fünf Verwundete zu beklagen. Das Schiff hatte ebenfalls sehr gelitten: Vorbram-, Kreuzbram- und Kreuzstange, Kluverbaum und Bugstag waren abgeschossen, der Rumpf an verschiedenen Stellen durchlöchert. Im Zwischendeck arbeitete Dr. Namini an seinen Verwundeten. Der eine hatte einen Schuß in den Arm erhalten. Acchzen des armen Burschen wurde sie herausgezogen. Die Flinkenkugel stak noch im Fleische. Unter dem kläglichen
" Fragen wir die Neger, woher sie stammen."
Dies hat Neptun bereits getan. Nach ihrer Explikation müssen sie aus Innerafrika konimen. Sie wurden in Loango eingeschifft.
" In Loango , dessen Küste ist nicht ferne. Sezen wir sie dort aus."
"
Welcher Punkt der Küste liegt uns am nächsten?" ,, Nach meiner lezten Beobachtung das Kap Piedras." ,, Gut, so steuern wir auf dieses Kap los. Vielleicht erfahren wir dort Näheres über die Heimat der Unglücklichen." Nahe dem Kap öffnete sich eine fleine Bai, in welcher der " Crnogorac" vor Anker ging.
"
"
Wir müssen hier gleich unsere Schäden ausbessern," meinte der Kapitän. Holz wird hoffentlich vorhanden sein, um unsere abgeschossenen Stangen und durchlöcherten Planken durch andere ersezen zu können."
" Ha, ein Dorf!" rief Dr. Ramini, indem er auf das Land
zeigte.
Hinter einem niederen Hügel sah man einige Hütten auftauchen.
,, Warum aber keine Einwohner sichtbar sind?" bemerkte der Kapitän verwundert.
" Da sind sie schon!" versezte der Doktor, auf einige halbnackte, schwarze Gestalten zeigend, die den Hügel hinabliefen und ein großes Geschrei erhoben.
"
Wie sollen wir sie empfangen?
" Freundlich jedenfalls. Indem jedoch Vorsicht die Mutter der Weisheit ist, wollen wir auf der Hut sein. Kein Schwarzer darf unser Schiff betreten, bevor wir über die Verhältnisse dieser Gegend orientirt sind."
Währenddem hatte der„ Crnogorac" Anker geworfen.
Am Strande versammelte sich nach und nach das ganze Dorf. Einige kühnere Neger bemannten mehrere Boote und versuchten es, an Bord zu kommen. Sie schienen überrascht, als man sie zurückwies.
„ Schaluppe segelfertig gemacht, Geschüze gegen den Strand gerichtet!" befahl Rajkovic.
Wer wird denn an das Land gehen?" frug Dr. Ramini. " Ich selbst muß als Kapitän auf meinem Schiffe bleiben, aber wenn Sie Lust haben, übergebe ich Ihnen das Kommando der Expedition."
„ Sehr gütig. Wie viel Leute darf ich mitnehmen?"
"
„ Den Untersteuermann zur Führung, sechs Matrosen zum Rudern der Schaluppe, den Bootsmann und sechs Matrosen als Eskorte nach dem Kraal, Neptun und einen der befreiten Sklaven als Dolmetscher; zusammen 16 Mann. Die Schaluppe führt eine zweipfündige Drehbasse am Bug, Sie haben also nichts zu fürchten."
Nach fünf Minuten war die Schaluppe ausgerüstet und stach in die See. Nach weiteren zehn Minuten lief sie an den Strand.
Eine weiße Flagge in der Linken, eine Pistole in der Rechten, stieg Dr. Ramini an das Land. Seine Eskorte und die beiden Neger umringten ihn, die Gewehre im Anschlag. Die sieben
bei der Schaluppe zurückbleibenden Seeleute taten desgleichen.
Einem anderen war von einer Kanonenkugel der halbe Schenkel weggenommen worden. Eine Amputation schien unver meidlich. Nachdem der Matrose betäubt worden, sezte der Arzt die nach und nach verstehen gelernt.
Solche Vorsichtsmaßregeln waren jedoch überflüssig, denn die Eingebornen schienen keine feindlichen Absichten zu haben. Neptun und Fituki( so hieß der zweite Neger) hatten sich
Der
„ Geh, Fituki", sagte Neptun zu ihm, frage die Leute, wo
Fituki gehorchte.
Matrose, welcher seinen Freund zu halten hatte, sank ohnmächig sich ihr Häuptling befindet." zusammen, ein anderer hielt sich die Ohren zu und enteilte dieser Stätte des Jammers.
Nachdem die weißen Seeleute versorgt waren, kamen die verwundeten Neger dran.
Doch verschonen wir den Leser mit den Details dieser traurigen Beschäftigung.
"
28ohin wollen wir zunächst steuern, Herr Kapitän?" frug
der Obersteuermann, nachdem wieder Ordnung geworden.
Die Eingebornen schienen ihn zu verstehen, denn sie antworteten ihm.
„ Was haben sie gesagt?" frug der Doktor. „ König Langori befinde sich in seinem Palaste." Sapperlot, den zu sehen wäre ich neugierig." „ Sie werden uns hinführen."
( Schluß folgt.)