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darstellbarer Stoffe beigelegt, Schwefel und Quecksilber; die angenommenen Bestandteile teilen jedoch nicht alle die Eigen­schaften der darstellenden Substanzen gleichen Namens; der Schwefel und der Merkurius der Metalle haben von dem ge meinen Schwefel und dem gemeinen Quecksilber den Namen und sollen darin in großer Menge enthalten sein, aber die Eigen­schaften sind dessenungeachtet verschieden."*)

Der arabische Alchemist Geber( im 8. Jahrhundert) mit seinem vollständigen Namen Abu- Mussa- Dchafar- al- Sofi, geht bon dieser Teorie aus und legt dar, daß Gold und Silber reich jei an reinem Duecksilber und reinem Schwefel, Gold enthalte weißen Schwefel und Silber roten; in den anderen Metallen seien die Grundbestandteile weniger rein, gröber, der Schwefel auch von verschiedener Färbung."**)

Wer sich nun zu dieser wissenschaftlichen Teorie bekannte, dem konnte es nicht allzuschwer und keinesfalls unmöglich er­scheinen, Gold und Silber aus anderen Metallen herzustellen, handelte es sich doch nur darum, das Quecksilber und den Schwefel, die in allen Metallen vorhanden waren, gehörig zu reinigen und zu verfeineren.

Daher waren denn auch alle Gelehrten jener Zeit, die sich mit der Naturwissenschaft befaßten, und das waren fast immer Aerzte, Alchemisten.

Den teoretischen Auseinandersezungen Gebers fügten die nächsten Jahrhunderte nichts, was wissenschaftliche Bedeutung gehabt hätte, hinzu, - dagegen verbreitete sich vom 10. Jahr­hundert an die Alchemie von den Arabern auf die abendlän­dischen Völker. Auch bei diesen waren alle hervorragenden Gelehrten Alchemisten, eine Tatsache, die den Anschein des Ver­wunderlichen verliert, wenn man bedenkt, daß die geistig her borragenden Leute des Mittelalters in allen Wissenschaften tüchtig sein, das ganze Wissen ihrer Zeit in ihrem Kopfe ver­

einigen mußten.

Borzüglich im dreizehnten Jahrhundert treten uns aus der großen Zahl der Alchemisten glänzende Namen entgegen. Albertus Magnus  , d. h. Albert der Große  , wie der im Jahre 1193 geborene und 1280 gestorbene Universalgelehrte Albert Graf bon Bollstädt genannt wurde, ferner der nicht minder hochange­sehene Engländer Roger Bacon  , von 1212 bis 1294 lebend. Albert der Große  , der dem Mönchsorden der Dominikaner  angehörte, hat sich das Verdienst erworben, durch eine Zusammen­

schaften und fämpfte mit großer Entschiedenheit gegen die Un­fruchtbarkeit der scholastischen   Philosophie an. Zugleich erstrebte er eine Reform des gesammten Unterrichtswesens, der Kirche und der Religion im Sinne desjenigen Humanismus, welcher die Kirchenreformation des 16. und 17. Jahrhunderts einleitete und ermöglichte.

Dabei machte er eine ganze Menge wichtiger Erfindungen und Entdeckungen; so erfand er die Vergrößerungsgläser, ferner ein im Wasser brennendes, vermutlich von phosphorartigem Körper herrührendes Feuer, dann einen aus Schwefel, Salpeter und Kohle zusammengesezten Explosivstoff, eine Art Schieß­pulver, mit dem er den Bliz nachmachte u. v. a. m. Zu seinen wichtigen Entdeckungen gehörte seine Lehre der Strahlen­brechung und Perspektive, und besonders auch seine Erkenntnis der Irrtümer des Julianischen Kalenders  , dem er einen dem exakt richtigen sehr nahe kommenden selbstangefertigten Kalender gegen­überstellte.

Auch Roger Bacon   galt seiner Zeit als Zauberer, aber ihn, den mit den Irrtümern damaligen Geisteslebens scharf ins Gericht gehenden Neuerer, ließen die Mächtigen der Kirche und des Staates nicht so unbehelligt als Albert den Großen. Er ward verkezert und verfolgt und endlich auch in den Kerker geworfen, wo er zulezt nicht weniger als zehn Jahre schmachtete, bis ihn einflußreiche Verwendung für den kurzen Rest eines nur der Wahrheit und dem Menschenwohl zugewandten For­scherlebens befreite. Auch Arnold de Villanova, oder Arnoldus Villanovanus  , und Raimund Lull   oder Lullus  

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waren

große Gelehrte und nach manchen Richtungen hin Förderer der Wissenschaft, lezterer besonders inbezug auf Grammatik, Logik

und Dialektik; ihm schreibt man auch in der Alchemie große praktische Erfolge zu, während Albertus Magnus   und Roger Bacon   mehr als teoretische Alchemisten anzusehen sind.

Lullus   soll nämlich unter anderem, während er sich in in London   aufhielt, für den König Eduard I.   die stattliche Menge von 50000 Pfund Duecksilber in Gold verwandelt haben, aus dem alsdann die Rosenobel genannten Goldstücke geprägt worden seien. Er selbst rühmt sich auch alle Edelsteine und Perlen anfertigen zu können, und zwar aus geheimnisvollen

erdigen Wassern, die mit einer ebenso geheimnisvollen färbenden Flüssigkeit behandelt werden müßten.

Lullus   blieb für lange Zeit der bewunderte Lehrmeister der

und Nachahmer und feiner von ihnen hat sich in den Wissen­

stellung der Forschungen des Aristoteles   und der byzantinischen, Alchemisten; die nachkommenden waren nichts als Nacheiferer arabischen und jüdischen Kommentare derselben in einer großen Schriftensammlung der scholastischen   Wissenschaft seiner Zeit die schaften zu einer so bedeutenden Stellung emporgeschwungen Grundlage der Aristotelischen Philosophie gegeben und außer wie er, oder wie sie gar Albert der Große   und Roger Bacon  dem auf dem Gebiete der Naturwissenschaften die Aristotelische erreicht haben.

Lehre durch eigene Errungenschaften erweitert zu haben.

Für seine Zeit war er mit Recht der Doctor universalis, mit Unrecht aber auch ein Herenmeister, dagegen ist er heute noch als eine der bedeutendsten Erscheinungen der Wissenschaften

anzuerkennen.

Der faum um zwei Jahrzehnte später geborene britische

Den Stein der Weisen behaupteten gleich Lullus   aber viele zu befizen und gleich ihm behaupteten sie, wovon man während der Jahrhunderte vor Lullus   nichts geschrieben hatte, daß dem Stein der Weisen auch universelle Heilkraft zukomme. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts trat wieder ein wissenschaftlicher Bedeutung auf,

Franziskaner   Roger Bacon   überragt Albert- den Großen noch Basilius Valentinus   genannt, der in der Chemie und an wissenschaftlicher Bedeutung, er muß schlechthin als einer Medizin reformirend wirkte, indem er sie auf eine ganze Reihe

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der großartigsten Geister aller Zeiten genannt werden. Auch für ihn haben die Zeitgenossen einen ehrenden Bei­

namen,

bare),

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er war ihnen der Doctor mirabilis( der Wunder wunderbar in der Tat ist, wie außerordentlich

und

boraus war.

weit dieser Mann seiner Zeit an wissenschaftlicher Erkenntnis Er begründete die realistische Richtung in den Naturwissen Kopp, Geschichte der Chemie, Braunschweig   1843, Bd. I lung der Chemie von Hermann Kopp  , München   1873, S. 14. **) Geschichte der Wissenschaften in Deutschland  , Bd. X, Entwid

5. 45 u. 46.

sorgfältiger Beobachtungen zu begründen suchte, auf chemischem

machte.

Wege Arzneimittel darstellte und vielerlei Entdeckungen made.

So erwähnt er zuerst des Wismuts und des Zinks, ent­deckte das Knallgold, dessen explodirende Eigenschaft er beschrieb, und die Salzsäure, die er aus Vitriol und Kochsalz darstellte. Auch Duecksilbersalpeter und Bleizucker stellte er zuerst dar und lehrte zuerst die Präparate des Antimon( Spießglanz) genauer

fennen.

Neben so manchem anderen noch hat ihm die Nachwelt auch die ersten Spuren eines einigermaßen ausgebildeten Verfahrens in der quantitativen chemischen Analyse zu danken.

( Schluß folgt.)