Minna's Vater gab dem jungen Manne die Hand und rief seine Tochter herein, die ihm gleichfalls die Hand gab. Da klopfte es an die Tür und herein streckte seinen Kopf der Herr Inspektor mit dem freundlichsten Gesicht von der Welt.
" Darf ich eintreten?" frug der Herr Inspektor und kam auch schon herein, hinter ihm zwei bis an die Zähne bewaffnete Grenzaufseher. Magnus und der Alte sahen mit Staunen auf diese bewaffnete Macht. Allein Minnas Vater war nicht der Mann, der sich so leicht imponiren ließ.
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„ Und den Damen darf ich künftig den Hof machen und zwar welchen ich will?"
Diese Anspielung auf Inspektors Elise war sehr deutlich. So viel Sie wollen," sagte der Inspektor, der seinen aufsteigenden Zorn kaum mehr bemeistern konnte.
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" So; dann erkläre ich Ihnen, daß ich trozdem keine Lust mehr habe, wieder auf Ihrem Bureau und unter Ihnen zu arbeiten."
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Und das werden Sie auch nach der Residenz schreiben?" „ Kommen diese Herren in amtlicher Eigenschaft?" frug frug der Inspektor in seiner Beschränktheit mit ängstlicher Miene. er kurz.
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, Das nicht," sagte der Juspektor verlegen, aber als Zeugen einer Erklärung, die ich
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" Dann mögen sie die Waffen hinaustun oder sofort meine Wohnung verlassen," sagte der Fischer trocken.
Die Grenzaufseher mußten ihre Waffen hinaustun, was dem Herrn Inspektor sehr peinlich zu sein schien. Er hatte geglaubt, durch diese Entfaltung einer bewaffneten Macht den anderen imponiren zu können.
„ Warum haben Sie mir nicht gesagt, daß Sie so einflußreiche Verbindungen haben, Herr Magnus?" begann der Inspektor.
Herr Magnus sah ein, daß er es mit einem sehr beschränkten Menschen zu tun hatte. Sie haben mich ja nicht gefragt," entgegnete er.
"
"
Ach, hätte ich das gewußt, dann wären uns viele Mißverständnisse erspart geblieben," fuhr der Inspektor fort.
"
Und nun?"
" Ich bin gern bereit, Sie wieder aufzunehmcu," sagte der Inspektor.
„ Trozdem," sagte Herr Magnus mit beißendem Spott, „ daß ich faul, unfähig und liederlich bin?"
„ Aber das habe ich doch nicht gesagt?"
" Nein, Sie nicht," sagte Magnus spöttisch lachend. Der Fischer und Minna lachten mit. Magnus aber wußte nun, daß der Inspektor von seinen Vorgesezten durch des Oberrevisors Einfluß eine„ Nase" bekommen hatte und fuhr fort:
"
Sie sehen also ein, daß es nicht immer gut ist, einen Kanzleigehilfen mit Uebermut zu behandeln. Man kann einmal an den Unrechten kommen. Also fünftig brauche ich nicht mehr zur Frühmesse?"
„ Sie scherzen, Herr Magnus."
„ Vielleicht," sagte Herr Magnus lachend,„ vielleicht auch nicht." Der Inspektor empfahl sich verlegen und niedergeschlagen. Als er weg war, brachen die drei in ein nicht enden wollendes Gelächter aus. Magnus war so stolz und sah so glücklich aus im Bewußtsein, den Burcautyrannen gedemütigt zu haben, daß sich Minna, die Gegenwart des Vaters vergessend, in überquellender Freude an seinen Hals warf.
„ Mädchen!" sagte der Alte. Sie ließ ab, aber behielt Magnus Hand fest in der ihren.
Und nun erzählte Magnus ausführlich, wie die Regierung durch den Oberrevisor bewogen worden sei, dem Inspektor eine „ Nase" zu geben; wie sie ihm vorgehalten, daß auf diese Weise fein tüchtiger und schaffensfreudiger Beamtenstand herangebildet werden könne und wie sie den Inspektor verpflichtet habe, den Volontär wieder anzustellen. An Magnus selbst aber hatte der Oberrevisor geschrieben und ihm zugesagt, daß er ihm zum Vorwärtskommen behilflich sein wolle, wenn er keine Lust zum Kanzleigehilfen auf dem Zollamt mehr habe.
Als diese Dinge unter die Leute kamen, wurde Herr Magnus allseitig angestaunt als der Held, dem es gelungen, den groben Inspektor zu demütigen. Dieser sah sich fünftig genötigt, sich höflicher zu benehmen, und da ihm damit alle Lust am Zollwesen verdorben war, so ließ er sich bald pensioniren. Seine Tochter hat keinen Mann bekommen.
Wenn wir recht berichtet sind, so hat Herr Magnus die Beamtenkarriere aufgegeben und ist Journalist geworden. Das interessirt auch jedenfalls weniger, als die Tatsache, daß er am Tage nach der famosen Demütigung des Inspektors mit der schönen Fischer- Minna Arm in Arm durch die Straßen der Stadt ging. Und dieses stolze Brautpaar kümmerte sich gar nicht darum, daß alles auf der Straße stehen blich und die Köpfe zusammensteckte. Sie hatten's ja auch nicht nötig.
Aus der afrikanischen Tierwelt.
Von J. Stern.
( S. Jllustration Seite 527.)
Das alte Wunderland am Nil, Aegypten , verdankt diese| glaubte ich zuerst einen schlecht behauenen Baumstrunk zu sehen, Bezeichnung nicht am wenigsten seiner eigenartigen Tierwelt. Schon im hebräischen Faust, dem Buche Hiob, werden die beiden Riesen der ägyptischen Fauna, das Fluß- oder Nilpferd und das Krokodil, hoch bewundert, und die Schilderung derselben gehört zu den Meisterstücken poetischer Tiermalerei, und noch jezt sind diese beiden Kolosse in Menagerien, Tiergärten und Naturalien kabinetten die angestauntesten. Man muß diese Tiere in le= bendigem Zustand sehen, wenn man sich einen rechten Begriff von ihnen machen will, besonders das erstere. Zwar ist auch das ausgestopfte Flußpferd( gr. Hippopotamos, ägypt. P- ehemou, woraus hebraisirt im Buche Hiob Behemoth wurde) mit dem ungeheuerlichen, entsezlichen Kopf und den langgestreckten, walzenrunden, auf kleinen plumpen Füßen wie auf ſtumpfen Klözen ruhenden Leib eine imponirende Erscheinung. Aber seine wahre Natur offenbart es, wenn es lebend sich in einem seiner Größe angemessenen Bassin tummelt. Ein Besucher des pa= riser Tiergartens gibt über ein daselbst befindliches Flußpferd folgende Schilderung:„ Als ich an seinem Wasserbecken vorüberging und eine unförmige Masse auf dem Wasserspiegel erblickte,
bis die kleinen, ochsenartigen und doch ungemein lebendigen Augen mich darauf brachten, daß es der Kopf des Flußpferdes war. Plözlich riß es das Maul auf. Sperrangelweit wie ein Scheunentor gähnte uns ein entsezlicher Schlund an. Einen zweijährigen Knaben hätte man bequem hineinstellen können. zwei blanke, massive Hauzähne kamen zum Vorschein und dazu im Hintergrund, dem grausigen Schlunde zu, die Mahlzähne, wie eine Reihe von Backsteinen. Wahrhaft schrecklich war es, wenn es von den pariser Gamins( Gassenjungen) gereizt wurde. Kein Wächter durfte sich dem Bassin nähern. Erschien ein Mann in der Umzäunung, danu erhob sich plözlich der ungeschlachte Leib über Wasser, blizschnell flog cs heraus und schoß um die Steinumfassung, um sich auf den Verwegenen zu stürzen. Ein außerordentliches Schauspiel war es immer, wenn das Tier nach längerer Enthaltung wieder in das Wasser ging. Niemand würde in dem Fleischklumpen eine solche schlangenhafte Beweglichkeit geahnt haben. Dann erhob es sich mit einemmale, aufbäumend wie ein übermütiges Fohlen, und ließ sich rück- oder seitlings niederfallen mit furchtbarem Getöse".
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