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bleibende Umgestaltungen des Menschengeschlechts herbeiführen.| beigebracht zu haben, daß auch patologische Prozesse einen um­Versuchen wir in Zukunft, ob auf diesem Wege die Differen gestaltenden Einfluß auf das Menschengeschlecht ausüben und zirung der Menschenracen erklärt werden fann. vielleicht tiefer, als wir jezt noch vermuten, in den Kampf um

Uns möge es vor der Hand genügen, einige Belege dafür unser Dasein eingegriffen haben.

Wie es im vorigen Jahrhundert dem Gesinde" erging.

Von Dr. Bräutigam.

Wenn gegenwärtig wieder in verschiedenen Staaten Beratungen über die Verhältnisse der Dienstboten stattfinden, so ist es recht interessant, einen Blick auf die kursächsische Gesindeordnung vom Jahre 1765 zu werfen. Schon in sprachlicher Hinsicht ist diese Ge­sindcordnung ein wahres Ungeheuer. Ein Beispiel genügt dem Leser jedenfalls. Am Eingange heißt es:" Wasmaßen eine geraume Zeit daher, sowohl über das Dienst- Gesinde überhaupt, als auch besonders über dasjenige, so auf dem Lande sich befindet, und mehrentheils von Jugend auf bei der Bauer- Arbeit erzogen und herkommen, unter anderen vornehmlich darüber, daß jenes durch troziges Bezeigen, Forderung übermäßigen Lohnes, Entlauffen aus dem Dienst vor der Zeit, und andere grobe Begünstigungen, dieses aber, durch Entziehung von unumgänglich nöthigen land­wirtschaftlichen Diensten und Ergreiffung allerley anderer Hand thierungen, dem gemeinen Wesen höchst beschwerlich falle, und einen fast durchgängigen allgemeinen Mangel an dem einem Land- Wirthe ganz ohnentbehrlichen Gesinde veranlaße, vielfältig geklaget, von unserer getreuen Landschaft auch, bei denen Anno 1763 und 1766 gehaltenen Land- Tägen gleiche Beschwerden mit mehreren angebracht, und, zu Steuerung des hierunter allenthalben, besonders während des lezteren verderblichen Kriegs, so sehr eingerissenen Unwesens, auf Erläuter- und Verbeßerung der von Unsers in Gott ruhenden Herrn Groß- Vaters Königl. Maj. unterm 16den Julii 1735 ins Land ergangenen Gesinde­Ordnung mit Ueberreichung ohnmaßgeblicher Erinnerungen und Vorschläge, untertänigst angetragen worden." Noch heute zeigt sich in Akten und Gesezen oft eine Ausdrucksweise, als ob Leute wie Lessing , der Begründer unserer neueren Prosa, nicht gelebt hätten; aber eine solche Schwerfälligkeit, wie sie uns hier entgegentritt, dürfte doch gegenwärtig kaum noch vorkommen.

Zunächst beschäftigt sich unsere Gesindeordnung mit dem dienstlosen und müßigen Gesinde", das zur Erntezeit auf­liegt" oder den Hauswirt mit unbilligen Forderungen übersezt. Dasselbe soll zu ordentlicher Dienstannehmung ermahnt werden. Fruchtet dies nichts, so ist die Ortsobrigkeit berechtigt, die be­treffenden Dienstboten wöchentlich mit drei Tagen Handarbeit zu beschäftigen oder sie mit einer Geldstrafe und event. Hast zu strafen. Dasselbe Loos trifft die, welche, obgleich sie von der Bauer- und Feldarbeit herkommen", sich derselben in und außer der Ernte entziehen, um anderen Beschäftigungen nach­zugehen. Nur in solchen Gegenden, wo die Einwohner sich nicht allein vom Ackerbau nähren können, wird den Dienstboten freie Wahl der Beschäftigung gegönnt. Man sieht also, daß leztere noch vor hundert Jahren im reinen Sklaventum lebten, indem sie aus ihrer verachteten Kaste", fast ähnlich wie die Schweinehirten der alten Egypter, nur schwer herauskommen fonnten.

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Der von der Bauerarbeit Herkommende das ist die Be­mußte, falls er ein Hand­zeichnung für die Landarbeiter werk lernen wollte, der Obrigkeit durch ein Zeugnis beweisen, daß er vom vierzehnten Jahre an vier Jahre bei der Land­wirtschaft gedient habe und darunter zwei Jahre der Gerichts­Herrschaft", d. h. dem Gutsherrn. Damit eine scharfe Kontrole der Dienstboten stattfinden konnte, sollte die Obrigkeit alljährlich genaue Listen derselben aufstellen; auch ward bestimmt, daß wanderndes oder dienstlos werdendes Gesinde sich rechtzeitig bei der Obrigkeit melde. Es war dies für die, welche Dienstboten haben mußten, viel günstiger wie heutzutage. Sie brauchten sich nur bei der fürsorglichen Obrigkeit zu erkundigen, welcher besonders vorgeschrieben war, ohnweigerlich und ohnentgeldlich"

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Auskunft zu erteilen. Sehr energisch geht die Gesindeord­nung von 1767 gegen die Gesinde- Mäfler" vor. Diejenigen, welche sich in die Miethe und Vermiethung" des Gesindes mischen, sollen mit acht oder mehrtägigem Gefängnis be­legt werden. Viele unserer heutigen Stellenvermittler und Agenten haben gewiß keine Ahnung, wie streng ihre täglichen Beschäftigungen einstmals verpönt waren.

Zu interessanten Vergleichen bietet ,, Titulus II" der Ge­sindeordnung Anlaß, der vom Lohne des Gesindes und der Tagelöhner handelt. Der erste Paragraph beginnt: Weil die Klagen, die schon zu unserer in Gott ruhenden Vorfahren Zeiten über die unerfättliche Steigerung des von dem Gesinde geforderten und erzwungenen Lohnes, derer in der Gesinde­Ordnung vom 16. Jul. 1735 und dem unterm 31. Martii 1764 ergangenen Generali enthaltenen ausdrücklichen Verfügungen ohn­geachtet, nicht aufgehört, solche vielmehr, sowie die Begehrlichkeit und der Frevel des Gesindes, besonders seit wiederhergestellter Landes- Ruhe, sich gar sehr vermehrt; So" und nun folgen die Bestimmungen, dahin lautend, daß nicht blos das Ge­sinde, welches zu viel Lohn verlangt, sondern auch die Herr­schaften, die ihn bewilligen, um zehn Taler gestraft werden sollen. Für sämmtliche sieben Kreise des Kurfürstentums Sachsen wird das dem Gesinde zu bewilligende Maximum festgesezt. Da heißt es unter Nr. VI Gesinde- Lohn im Voigtländischen Creyße":

Einem Vogt oder Hofmeister( Jahreslohn). Einem Schirrmeister, so das Geschirr mitmachet Einem Groß- Knechte Einem Mittel- Knechte. Einem Kleinen- Knechte Einer Käse- Mutter Einer Hauß- Magd

Einer Großen- Magd vor alles und jedes Einer Mittel- Magd desgl. Einer Kleinen- Magd

Einem Kuh- Hirthen

Einem Schwein- Hirthen

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16. 18-20 fl. 16. 18-20

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14 15" 10-12" 8-10 8-10 9-10

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8. 10-11"

7- 9

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5

7"

3.

4

17

2-3"

War damals auch der Wert des Geldes ein höherer als jezt, so sieht man doch aus diesen Zahlen, wie dürftig das Ge­sinde bezahlt wurde. Um so ergözlicher wirkt die diesen Be­stimmungen folgende Erklärung: Wobey anzumerken, daß bey vorstehendem Lohne , welches dermahle, gegen das vorige, um ein merkliches verbessert worden(!), er keineswegs die Meinung, daß schlechterdings so viel gegeben werden müsse, habe, sondern hierüber nur ein Ziel und Maaße, wie hoch im Lohne nach Beschaffenheit der Umstände und Geschicklichkeit des Gesindes angestiegen werden könne, geseßet worden."

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Um so ergözlicher wirkt auch die weise Fürsorge der Ge­sindeordnung, welche sich gegen die Ueppigkeit, den übermäßigen Aufwand und die Verschwendung des Gesindes auf dem Lande in der Kleiderpracht, ingleichen bei Gevatterschaften und Hoch­zeiten" richtet. Einem Kuhhirten oder Schweinehirten jährlich 2-4 Fl. bewilligen und ihn dann bei Androhung schwerer Strafen vor Ueppigkeit warnen, ein solches Gesez konnte doch selbst im vorigen Jahrhundert nicht ernsthaft genommen werden. Selbst in Gevatterbriefe steckte die hochlöbliche Obrigkeit ihre Nase. Wer vom Gesinde mehr als acht Groschen einband", d. h. seinem Patenkinde schenkte, wurde um den gleichen Betrag bestraft, der Annehmer aber mit der doppelten Summe.

Wie das Gesinde in den meisten Fällen der Herrschaft gegenüber rechtlos war, das zeigt uns Titulus IV des Gesezes: " Von der einer Dienst- Herrschaft zustehenden Correction tes