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die Arbeit nicht cher wieder aufgenommen, als bis die Forde| Einrichtungen fehlte. Sie wären demzufolge, falls sie nicht rungen durchgesezt waren.
Die Schiffszimmerer in Pommern , namentlich in Danzig , gehörten größtenteils den Dr. Mar Hirsch'schen Gewerkvereinen an, und diese machten ihren Kollegen bei etwaigen Arbeitseinstellungen Konkurrenz. Die Schiffsbaumeister an der Ostseeküste, die schon seit dem 15. April 1872 cinen Verein unter dem Namen:„ Verein deutscher Schiffsbaumeister" bildeten, brachten es bald dahin, die Meister der Nordseeküste zu bewegen, sich mit ihnen zu vereinigen, und bereits am 16. und 17 November 1874 fand in Berlin ihre erste Generalversammlung statt, die den„ Verein norddeutscher Schiffsbauer" ins Leben rief. Auf dieser Generalversammlung wurde die meiste Zeit dazu verwendet, Mittel und Wege zu finden, wie die Organisation des Allgemeinen deutschen Schiffszimmerervereins am besten zu sprengen sei. Beschlossen, wurde, im Januar 1875 alle die jenigen Schiffszimmerer auszusperren, welche die schriftliche Er flärung verweigern würden, dem Vereine zu entsagen. Einige Meister drohten jedoch mit ihrem Austritt aus dem Bunde, wenn der Ausschluß schon im Januar 1875 stattfinden sollte, weil sie bedeutende geschäftliche Kontrakte zu erfüllen hatten, für deren strikte Innehaltung hohe Konventionalstrafen stipulirt waren. Die Maßregelung wurde daher bis Januar 1876 aufgeschoben. Mit einer Lohnreduktion wurde trozdem gleich darauf am 23. November 1874 in Memel vorgegangen. Die deutschen Schiffszimmerer mußten hierzu Stellung nehmen. Der Allgemeine deutsche Schiffszimmererverein war so gut wie der Verein norddeutscher Schiffsbauer ein zentralisirter Verein, mithin war und mußte es vor allen Dingen seine Hauptaufgabe sein, die Reduktion der Löhne in Memel zu verhindern; es war ja ein Angriff gegen den ganzen Verein, und dieser Angriff mußte abgewiesen werden, um an andern Orten ähnliche Lohnreduktionsmaßregeln nicht aufkommen zu lassen.
In diese Zeit fällt auch die Abnahme des Holzschiffbaues in Deutschland . Jnnerhalb drei Jahren, von 1874 bis 1877, vermehrte sich die Zahl der Kauffahrteidampfer in den zivilisirten Staaten der Welt fast um 1800.
Die größten Rheder Hamburgs und Bremens , welche am meisten den Weser- und Ostseestrand mit dem Bau neuer hölzerner Schiffe beschäftigt hatten, verkauften zum Teil dieselben und gründeten, der Zeit entsprechend, um der Konkurrenz der Engländer nicht zu erliegen, Dampfschiffahrt- Aktien- Gesellschaften, in deren Betrieb nur der moderne eiserne Dampfer eine Rolle spielt.
Die Gelegenheit für den Meisterbund, den Verein der Schiffszimmerer zu sprengen, wurde also stündlich besser, daher beschloß denn auch die Generalversammlung des Meisterbundes im Jahre 1875 am 29. und 30. November in Berlin mit 29 gegen 6 Stimmen, mit der Aussperrung sämmtlicher Schiffs zimmerer am Weser- und Ostseestrande am 1. Januar 1876 vorzugehen. Der Plan wurde ausgeführt; inwieweit er gelang, werden wir später berichten.
Mittlerweile waren für die Schiffszimmerer in Memel bereits 10 704 Mark an Unterstüzung verausgabt, ohne daß sich das Ende der Lohnstreitigkeit, resp. des ausgebrochenen Strikes abschen ließ.
Wie es nun in allen Branchen noch allzu viele indifferente Arbeiter gibt, so gibt es auch unter den Schiffszimmerern viele Männer, die leider gegen ihr eigenes Interesse zu handeln vermögen. So ging es auch in Memel . Viele Schiffszimmerer wurden fahnenflüchtig und waren froh, daß ihnen die Meister den früheren Lohn weiter zahlten. Der Kern der dortigen Schiffszimmerer mußte sich daher entweder organisiren und selbst Unternehmer werden oder zu den Meistern überlaufen. Sie wählten das Erstere, organisirten sich, übernahmen alle Arbeiten, die zu bekommen waren und mieteten einen Plaz, auf welchem sie ihren Arbeiten oblagen. Sämmtliche Arbeiten an den Schiffen, welche am Deck und über Wasser auszuführen waren, konnten sie annehmen, aber keine Arbeiten an den Schiffen unter Wasser, weil ihnen hiezu eine Schiffswerfte mit den dazu gehörigen
ebenfalls in den Besiz einer Werfte gekommen wären, in flauen Zeiten den Meistern wieder in die Hände gefallen und der Kampf
wäre alsdann von neuem entbrannt.
Das Glück war den Schiffszimmerern günstig. Sie konnten. zu annehmbaren Bedingungen in Memel eine Werft miethen. Um der stets drohenden Gefahr, ausgemietet zu werden, zu entgehen, mußte das nächste Ziel sein, diese Werft eigentümlich zu erwerben. Dies konnten die Memeler Schiffszimmerer allein nicht vollbringen, sondern hierzu mußten die gesammten deutschen Gewerksgenossen beitragen. Nach langen Mühen und Verhandlungen konstituirte sich endlich in Hamburg am 18. November 1875 unter reger Beteiligung die Allgemeine deutsche Schiffszimmerergenossenschaft( E. G.), welche das Grundstück in Memel um 60000 Mt. erstand. Wir wollen hier nicht die außerordentlichen Schwierigkeiten vorführen, welche für die Genossenschaft vorzugsweise darin bestanden, die nötigen Gelder aufzubringen; wir wollen nur konstatiren, daß der Plan troz aller Gegenbemühungen der Memeler Meister gelang und die Werft sich ganz prächtig entwickelte. Gewiß ein Beweis, daß die Arbeiter sehr wohl im Stande sind, derartige geschäftliche Unternehmungen rentabel zu machen.
Aber auch noch eins hat die Gründung der Schiffszimmerergenossenschaft bewirkt: der Plan des Vereins nordd. Schiffsbauer, den deutschen Schiffszimmererverein zu sprengen, ist vollständig vereitelt worden. Innerhalb dreier Jahre wurden von dem Allgemeinen deutschen Schiffszimmererverein nahezu 104 000 Mt. für Unterstützungen aufgebracht, innerhalb dieser Zeit hatte der Verein nirgends eine Niederlage zu verzeichnen, trozdem ein Angriff über den andern erfolgte.
Wir wollen jezt noch einiges über die Entwicklung der Memeler Genossenschaft mitteilen, jedoch nur insoweit, als es von allgemeinem Interesse ist. Wir maßen uns keineswegs an, in dieser Genossenschaft ein großes Werk zu sehen, aber immerhin haben hin haben die Schiffszimmerer etwas geschaffen, was das Interesse aller aufrichtigen Arbeiterfreunde in Anspruch nimmt.
Wie oben schon mitgeteilt, ist die Werft in Memel das Eigentum der Allgemeinen deutschen Genossenschaft. Die Memeler Schiffszimmerer bildeten sodann gleichfalls eine Genossenschaft, welche das Grundstück von der ersteren in Miethe nahm. Dadurch ist erstens die Ausbeutung des Arbeiters von Arbeitern verhindert worden und zweitens sind die Arbeiter gezwungen, sich tüchtig zu rühren, wenn sie geschäftlich nicht zugrunde gehen wollen. Die Memeler schaffen für eigene Rechnung und zahlen an die Allgemeine Genossenschaft für die Benüzung des Grund und Bodens einen mäßigen Zins. Diese Art und Weise der ge nossenschaftlichen Arbeit ist allerdings den Memelern anfänglich selbst spanisch vorgekommen. Auch hatten sie mit großen Schwierigkeiten bezüglich der Leitung zu kämpfen. Diese wurden jedoch beigelegt, indem man von Hamburg einen tüchtigen Geschäftsführer bestellte, der denn auch bald Leben in das Unternehmen brachte. Anfänglich angefeindet, wußte er sich doch bald das Vertrauen der Rheder und selbst der Regierung zu erringen, die denn auch später ihre sämmtlichen Arbeiten auf unserer Werft anfertigen ließ. Folgender Brief, aus dem ersten Jahre der Tätigkeit des neuen Geschäftsführers an den Vorstand der Allgemeinen Schiffszimmerergenossenschaft wirst ein grelles Streiflicht auf die Stellung der bürgerlichen Elemente zu den Be strebungen der Arbeiter, so daß wir es uns nicht versagen können, ihn hier abzudrucken:
„ Wir haben die ganze Kapitalmacht gegen uns. Trozdem ich mich anbiete, die Arbeiten weit billiger zu verfertigen, als andere Meister, so gelingt es doch selten, Arbeit zu bekommen; ich habe bereits viele Kapitäne, die sich von der Aufrichtigkeit unserer Bestrebungen überzeugt haben, auf meiner Seite, allein ihre Rheder sind noch immer auf uns verbissen, sie sagen, wir von Hamburg hätten die Memeler Schiffszimmerer nicht mit Geldmitteln unterstützen sollen, dann stände der Lohn derselben nicht so hoch und sie( die Rheder) würden mehr an ihren Schiffen machen lassen; jezt sei ich derjenige, der um Arbeit