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und dem Geräusch der Welt, um in der Einsamkeit und Armut ihr besseres Selbst wiederzufinden. Man brachte später dieses Zurückziehen von der sündigen Welt" in ein System, und so entstanden die Klöster, die Vereinigungen der Mönche und der Nonnen, die sich später zu weitverzweigten Verbänden, Orden genannt, zusammentaten.

Armut, Entsagung, Keuschheit und Arbeit galten als die Grundprinzipien dieser Vereinigungen, und wir haben Beweise genug, daß diese Prinzipien anfangs auch sowohl von einzelnen Personen als ganzen Gesellschaften streng durchgeführt worden sind. Allein das änderte sich sehr bald. Sobald das Christen tum aus einer unterdrückten Partei eine herrschende in Form einer Staatsreligion geworden war, vollzog sich auch ein Um­schwung im Mönchstum und Klosterwesen. Die Klöster erwarben Besitz und Herrschaft und großen Einfluß in Staat und Ge­sellschaft. Die Reichtümer, die solch ein Gemeinwesen an sammelte, ließ man nicht tot liegen; sie wurden einerseits auf Vermehrung angelegt, zum andern zog in die Klostermauern, mochten sie äußerlich noch so öde aussehen, der Lebensgenuß wieder ein und die meisten der so strengen Ordensregeln hatten nur einen papierenen Wert.

Die Pflege der Wissenschaften war in den Klöstern genau so verschieden wie in der übrigen Gesellschaft. Wenn sich ein Teil der Mönche vor Erfindung der Buchdruckerkunst auf Lebens­zeit mit ödem Abschreiben von Büchern beschäftigte, so kann man das keine Pflege der Wissenschaft nennen. Es gab eine große Anzahl von Klöstern, die als ausgezeichnete Gelehrten schulen galten, wie z. B. die berühmte Abtei von St. Gallen  . Die berühmte Nonne Hroswitha   schrieb ihre Dramen im Kloster zu Gandersheim  . Die klösterliche Gelehrsamkeit, die sich wie ein Rauschen vergilbter Blätter anhört, hatte freilich mit dem Rauschen des frischen Lebens gar wenig zu tun. Sie trägt auch zum größten Teil die Schuld daran, daß die deutsche Sprache so lange Zeit vor dem Latein und Griechisch zurück­trat. Wenn es nach den Klöstern gegangen wäre, hätten wir weder eine deutsch  - nationale Wissenschaft noch eine deutsch­nationale Dichtung bekommen, sondern hätten immer das dürre Steckenpferd antiken Klassizismus reiten müssen.

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Wenn es also Klöster gegeben hat, die wirklich Pflanz- und Pflegestätten von Gelehrsamkeit und Wissenschaft waren aller­dings einer eigenen Art von Gelehrsamkeit und Wissenschaft- so gab es auch andere, und deren war die überwiegende Mehr­zahl, die nach dieser Richtung hin nichts leisteten. Als die flösterliche Strenge nachgelassen hatte, ließen es sich Mönche und Nonnen wohl sein. Die Abgeschlossenheit ward bald durch brochen; man sezte sich mit der Welt" wieder in Verbindung und damit zogen die weltlichen" Freuden mit all ihrem Gefolge in die Klöster ein. Man umgab sich mit weltlicher" Pracht, wozu die Insassen der Klöster auch ohnehin durch die Ueppigkeit der hohen und höheren Weltgeistlichen angespornt wurden. Vor allem waren die Klöster darauf bedacht, ihren Besiz zu vermehren und damit ihre Einkünfte; sie erhoben von den Bauern, die auf den Klostergütern saßen, die Abgaben, wie sie sonst der Gutsherrlichkeit zukamen, und die Kloster­Herrschaft war für die Hörigen und Leibeigenen wie für die Gemeinfreien mindestens ebenso drückend und hart, wie die adelige Gutsherrschaft. So verbrachten Mönche und Nonnen in vielen Klöstern ihre Zeit mit Wohlleben auf Kosten der Bauern, die draußen in harter Arbeit dem Boden abgewannen, was in den Klöstern verjubelt wurde. Da war von Wissen­Da war von Wissen schaft und Kunst keine Rede; ja in vielen Klöstern sind nach weisbar kostbare Dokumente und Handschriften ganz oder teil­weise verloren gegangen, weil die Klosterinsassen deren Wert nicht zu schäzen wußten. Man weiß, daß kostbare alte Hand schriften auf Pergament als Unterlagen für Weinfässer dienten. So mag manches wichtige Schriftstück durch den Fußtritt eines trunkenen Mönchs in Vernichtung und Vergessenheit geschleudert worden sein. Vielfach kam es auch vor, daß man alte Hand­schriften überstrich und Gebetsformeln darauf schrieb, was eine Hauptbeschäftigung der Mönche war. Eine oder die andere der

überstrichenen Handschriften trat dann später durch irgend einen Zufall wieder zu Tage.

Auch in den meisten Nonnenklöstern des Mittelalters blieb nur die äußere klösterliche Form; im übrigen versagten sich die Nonnen keineswegs die Teilnahme an den weltlichen" Genüssen. Es ist interessant und lehrreich, die Geschichte eines solchen Frauenklosters näher zu betrachten und einen Einblick in das Leben und Treiben seiner Insassen zu gewinnen. Wir meinen das Kloster der Dominikanerinnen bei Rotenburg ob der Tauber, dessen Urkunden einen tiefen Einblick in die Geschichte eines solchen Instituts gestatten*).

Der Orden der Dominikanerinnen wurde um 1206 in Toulouse   von dem heiligen Dominikus   gestiftet, und es traten meistens Frauen und Mädchen in denselben ein, die sich früher zu der religiösen Sekte der Albigenser bekannt hatten, aber, um den gegen die Albigenser verhängten mörderischen Verfol­gungen zu entgehen, in den Schoß der alleinseligmachenden Kirche zurückgekehrt waren." Zur Buße" für ihre frühere Abtrünnig­feit nahmen sie den Schleier. Im Anfang mögen sie wohl wie Büßerinnen gelebt haben; als aber der Orden der Domini­fanerinnen ausgebreitet und mächtig geworden war, 400 Klöster zählte und sich reiche Besizungen erworben hatte, da zog auch ,, die Welt mit ihrer Lust" in die Klöster der Dominikanerinnen ein. Diese Klöster wurden Stätten der Ueppigkeit und der Ausschweifung. Die Dominikanerinnen hatten unter ihren Ge­lübden auch das der Arbeitsamkeit, das aber sehr schlecht gehalten wurde. Es kam vor, daß den hübschen jungen Domini­fanerinnen ihre Ordenstracht unbequem wurde. Sie trugen einen weißen Rock und einen lohfarbigen Ueberwurf nebst Kapuze von der gleichen Farbe; später kam dazu ein weißes Skapulier und der Ueberwurf wurde schwarz. Natürlich konnten bei den weiten facartigen Gewändern die Körperformen der hübschen Nonnen nicht genug hervortreten, und so kam es namentlich in den französischen   Ordensklöstern vor, daß junge hübsche Domini­fanerinnen die Ordenstracht ablegten und ihren Liebhabern in weltlichem" Gewand mit allem Schmuck und aller Ueppigkeit der vornehmen Welt erschienen.

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Das Kloster der Dominikanerinnen zu Rotenburg   lag an­fangs außerhalb der Stadt zu Neusiz, eine halbe Stunde von der Stadtmauer. Im Jahre 1258 durften die Nonnen zu ihrer mehreren Sicherheit" den Hof eines Ritters von Norten­berg innerhalb der Stadtmauern beziehen. Sie bekamen von dem reichen Adelsgeschlecht der Küchenmeister zu Rotenburg   viele Besizungen geschenkt und das Kloster kam dadurch zu Ver­mögen, so daß es bald noch größere Besizungen fäuflich er­werben konnte. Um das Ende des vierzehnten Jahrhunderts war das Kloster der Dominikanerinnen reich und mächtig ge= worden und die edlen Klosterdamen waren gewohnt, ihr Leben zu genießen.

Für sie hing der Himmel voller Geigen, denn sie lebten ja noch mitten in der merkwürdigen Feudalzeit, in der die große Masse des gemeinen Mannes" nur bestimmt schien, als Piedestal für ein angenehmes Dasein der edlen Herren und großen Hansen" zu dienen. Es ist unglaublich, was der gemeine Mann" damals an Abgaben und Diensten zu leisten hatte. Auch die ursprünglich freien Bauern konnten sich diesem System nicht entziehen; bei der Unsicherheit der Zustände konnten sie sich auf den Landesherrn, dem allein sie untergeben waren, nicht verlassen und mußten sich unter den ritterlichen Grund­herren einen Schuzherrn" wählen, dem sie sich für seinen oft sehr zweifelhaften Schuz zu einer Abgabe oder zu einer Dienst­leistung verpflichteten. Diese Verträge wurden von den Grund­herren natürlich auszudehnen und zu verewigen gesucht, was ihnen meist gelang, da sie die Macht hatten. So santen die Gemeinfreien zu Hörigen oder gar zu Leibeigenen herab, wobei indes zu bemerken ist, daß die Zahl der Leibeigenen in Wirklichkeit viel geringer war, als man gewöhnlich annimmt.

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*) Siehe Bensen: Historische Untersuchungen über die ehemalige Reichstadt Rotenburg   2c." und vergleiche unseren Aufsaz in Nr. 25 der Neuen Welt" von 1884: Ein deutsches Städtebild".