Neptun sein, demnach 2 X 627 millonen deutsche Meilen betragen mußte, war durch ihre Wärmeausstrahlung genötigt, im Laufe der Aeonen sich allmälich zu verdichten, wobei als Wirkung der Gravitation ein Fallen der kleinsten Körperteilchen nach ihrem Zentrum hin stattfand.

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Mit dieser zusammengedrängten Darstellung erhält der freundliche Leser den Gesammtinhalt der Teorien, welche zuerst, wenn auch mit einzelnen irrigen Voraussezungen untermischt, der königsberger Denker Immanuel Kant   in seiner Natur­geschichte des Himmels" 1755 aufgestellt hat, und welche vierzig Jahre später von dem berühmten Physiker Laplace  ( 1796), doch) ganz unabhängig von jenem, in seinem Werk: ,, Exposition du système du monde" mit einer Schärfe entwickelt worden ist, wie dies heute noch nicht besser geschehen könnte.

Daß eine derartige Publikation in der damaligen gelehrten Welt ein ungeheures Aufsehen und Kopfschütteln erregte, läßt sich denken, allein da man nicht das Zeug hatte, die Haltlosig= keit dieser aus den gründlichsten Berechnungen herausgewachsenen Teorie mit niederschmetternden Gründen ad absurdum führen zu können, wendete man schon damals das noch gegenwärtig gepflegte Mittel feigen Totschweigens an. Es ist ja zuzugeben, daß dieses System nur als das äußerste Resultat kühner Schlüsse aus der Gegenwart in die Vergangenheit zu betrachten war, für welches zwar strengbindende Beweise fehlten, welches aber mit keinem bekannten Naturgesez in Widerspruch steht und nach den Ergebnissen der neuesten Forschungen eines Faye, Daubrée, Schiaparelli und Oppolzer und besonders eines Zöllner immer mehr als die allein mögliche Teorie bezeichnet wird, durch welche die Entstehung des Sonnensystems und der Erde zu er­flären sei.

Wenn nun," sagt Professor Pfaff, weder von Seiten der Mechanik noch von Seiten der Pysit irgend ein gegründeter Einwand gegen diese Teorie erhoben werden kann, so ist auch die Möglichkeit derselben erwiesen; zur Wahrscheinlichkeit aber wird sie dadurch erhoben, daß eine ganze Reihe von Er­scheinungen und Tatsachen durch sie eine höchst einfache Er­flärung finden, die sonst unerklärbar sein würden und ganz ge­eignet waren, jenen genialen Rechner( Laplace) zur Aufstellung seiner Teorie zu veranlassen."

Diese Erscheinungen sind kurz zusammengefaßt folgende:

1. Die Bahnen sämmtlicher Planeten zeigen eine nur ge­ringe Exzentrizität und fallen ziemlich genau in eine und die­selbe Ebene, welche durch den Mittelpunkt der Sonne hindurch geht, in die Ebene der Ekliptif.

2. Alle Planeten bewegen sich ohne Ausnahme von Westen nach Osten um die Sonne und drehen sich ebenso in derselben Richtung um ihre Achse.

3. Die Bahnen der Monde fallen mit den Bahnen ihrer Planeten zusammen, und auch sie bewegen sich in derselben Richtung.

4. Die Sonne bewegt sich in gleicher Weise um ihre Achse. Alle diese Erscheinungen zusammengenommen fönnen nur als die notwendige Folge aus jener Annahme angesehen werden, daß früher sämmtliche Planeten und Monde mit der Sonne in einer zusammenhängenden Dunstkugel vereinigt waren, welche in derselben Richtung, wie heute noch die Sonne, um ihre Achse rotirte. Ohne diese Teorie muß man diese Erscheinungen als rein zufällige ansehen, da sich eine andere gemeinschaftliche Ursache dafür nicht auffinden läßt.

Mit dieser Beweisführung hätte man sich schon einstweilen beruhigen können, hatte ja die Sphinx den Schleier des Rätsels gelüpft, um dessen Lösung die denkenden Kräfte des Menschen seit Jahrtausenden sich abgemüht hatten. Allein die nach Wahr­heit ringende Wissenschaft suchte nach neuem Beweismaterial

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zur Unterſtüzung und inneren Befestigung dieser schon fast unan­greifbaren Teorie.

Nach Konstruirung der Zentrifugalmaschine war es leicht, die durch Achsenbewegung hervorgerufene polare Abplat­tung und äquatoriale Anschwellung zur Anschauung zu bringen. Die Herstellung dieses Apparates erfordert keine große Mühe. Eine größere Scheibe wird mit einer kleineren durch eine Schnur ohne Ende, wie bei einer Nähmaschine, verbunden, so daß, wenn man die größere Scheibe mittels einer Handhabe um= dreht, die Bewegung derselben in der Art auf die kleinere über­tragen wird, daß diese eine größere Anzahl von Umdrehungen macht. Befestigt man nun auf der kleineren Scheibe einige ( 4-6) kreisförmige dünne Blechstreifen, welche oben mitein­ander fest vereinigt sind, aber dem Mittelpunkte der Scheibe gegenüber eine runde Deffnung besizen, durch welche ein platter Metallstab hindurchgeht, und sezt man sodann diesen Zentri­fugalapparat( Abplattungsmodell) in eine schnellere Bewegung, so rücken die beiden Pole näher aneinander, der Aequator   ent­fernt sich von der Umdrehungsachse und wir sehen, wie die Abplattung vor sich geht. Natürlich kann diese Erscheinung nur eintreten, so lange der rotirende Körper in einem sehr elastischen Zustande sich befindet, welche Bedingung ja bei der Bildung der Planeten in der Gasform der Sonne vorhanden war.

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Dem Professor Plateau in Gent   verdanken wir ein anderes Experiment. Er füllte ein größeres zylinder förmiges Glas bis über die Hälfte mit einer aus Alfohol und Wasser bestehenden Mischung, deren spezifisches Gewicht dem des Deles gleich war; darauf goß er eine Quantität Olivenöl zu, das nun wegen der gleichen Schwere nicht auf dieser Mischung schwamm, sondern in diese eindrang und infolge der Molekularanziehung in der­selben eine Kugel bildete, dann führte er durch das Glas eine senkrechte Achse ein, welche eine kleine Scheibe trug, deren Mittelpunkt genau mit dem der Delkugel zusammenfiel. Wurde nun die Achse in Bewegung gesezt und dadurch jene Delkugel zum Rotiren gebracht, so schwoll die leztere an ihrem Aequator an und flachte sich an ihren beiden Polen   ab, wodurch ein Bild vom Entstehen der Abplattung der Planetenkugeln gegeben wurde. Bei Fortsezung der Rotation bis zu einer Geschwindig­feit von zwei bis drei Achsendrehungen in der Sekunde wurde die Delmasse an der Achse oben und unten hohl, weil sie sich in horizontaler Richtung stets weiter ausdehnte, bis endlich die Delmasse die Scheibe verließ und als ein völlig regelmäßiger Ring erschien. Nach Lostrennung des Ringes von der Scheibe wurde bei fortgesezter Rotation derselben, wodurch zugleich auch in der Alkoholmischung eine drehende Bewegung und mit ihm eine Zentrifugalkraft erzeugt wurde, der Delring in mehrere einzelne, die Kugelgestalt sofort annehmende Massen geteilt, die sämmtlich in der nämlichen Richtung, nach welcher der Ring rotirte, sich um ihre Achsen sowie um die die Be­wegung veranlassende Scheibe bewegten.

Dieser Versuch, zu dessen Ausführung eine große Gewandt­heit im Experimentiren erforderlich ist, und der zuerst von dem berühmten Faraday   mit Erfolg wiederholt wurde, gibt ein Bild im Kleinen von der Entstehung der Planeten.

So hatte die Wissenschaft nunmehr experimentell nachgewiesen, daß jener Teorie von der Planetenbildung eine wohlbegründete Berechtigung innewohne, und es blieb nur noch ein Beweis zu liefern, ein Zweifel zu zerstören, nämlich der, ob denn die Sonne aus denselben Stoffen zusammengesezt sei, als die Erde und die übrigen Planeten, wie es ja notwendig der Fall sein müßte, wenn die Planeten der Sonne ihre Entstehung ver­danken sollten. Wie dieser Beweis erbracht, darüber wollen wir in einem besonderen Artikel in einer der Nummern des neuen Jahrgangs berichten.