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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

allerlei harmlose Vereinigungen, Gesang, Turn- oder Bildungsvereine, die Sondirungsstätten, in denen man die Spreu von dem Weizen sonderte, in denen man die tüchtigsten und intelligentesten Leute heraus­suchte, um sie für die Aufnahme in den Geheim­bund vorzubereiten.

Die Einführung in diesen selbst geschah in feier licher Weise: Wir Arbeiter," so sprach der Leiter, ,, sind endlich müde, für die Faullenzer zu arbeiten, in Entbehrung zu leiden, während Andere im Ueber­flusse schwelgen; wir wollen uns von den Egoisten keine drückenden Lasten mehr auflegen lassen, keine Geseze mehr respektiren, welche die zahlreichsten und

nützlichsten Menschenklassen in der Erniedrigung, Ent­behrung, Verachtung und Unwissenheit erhalten, um einigen Wenigen die Mittel an die Hand zu geben, sich zu Herren dieser arbeitenden Massen zu machen. Wir wollen frei werden und wollen, daß alle Menschen auf dem Erdenrund so frei leben wie wir, daß keiner besser und keiner schlechter bedacht werde wie der Andere, sondern Alle sich in die gesammten Lasten, Mühen, Freuden und Genüsse theilen, d. h. in Ge­meinschaft leben. Willst Du so wie wir?"

Nachdem sich der Aufzunehmende mit dieser Prinzipienerklärung" einverstanden erklärt hatte, " Prinzipienerklärung" einverstanden erklärt hatte, wurde er mit den Internis des Bundes, mit seinen

Rus   dem Papierkorb der Seit

Pflichten und Rechten vertraut gemacht. Zu den ersteren gehörte vor Allem das Gelöbniß strengster Verschwiegenheit, die Verpflichtung mündlicher und schriftlicher unausgesetzter propagandistischer Thätigkeit, die Aufgabe, überall neue Anhänger dem Bunde und damit der Sache der Kommunisten zu werben.

Diese organisatorische Thätigkeit Weitlings war von bedeutendem Erfolge begleitet, in wenigen Jahren hatten sich zahlreiche Mitgliedschaften gebildet, die über die Kantone Bern  , Genf  , Zürich  , Aarau  , Waadt  und Neuenburg verbreitet waren und miteinander regen schriftlichen und mündlichen Verkehr unter­hielten.

( Schluß folgt.)

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war es

Napoleon   bei Waterloo.  ( Zu unserem Bilde.) Das war das Ende der Laufbahn des korsischen Eroberers: mit dem unglücklichen Zuge nach Rußland   begann sein Stern zu sinken, und Deutschland   mit seinen Armeen ver­nichtete den Sohn der Revolution". Am 18. Juni 1815 nahm Napoleon   die denkwürdige Schlacht gegen Marschall Blücher und den englischen Feldherrn Wellington   auf­die Schlacht, welche dem ersten französischen   Kaiserreiche ein Ende machte. Das Glück aber, das dem Korsen so lange treu war, hatte ihn verlassen. Nicht das Verdienst der vereinigten deutschen   und englischen Armee war es, durch welches die Schlacht gewonnen wurde und es war auch kein glücklicher Sieg. Wohl hatte die Faust Napoleons   schwer auf Deutschland   geruht doch nicht auf dem deutschen   Volke, sondern auf den damaligen deutschen   Fürsten und Fürstlein. Da kam der verhäng. nißvolle Tag: Napoleons   Macht wurde gebrochen und die Fürsten   und Fürstlein, die sich unter der französischen  Gottesgeißel gekrümmt und gewunden hatten, hoben nun wieder ihre Häupter, aber man fragt sich besser? War es besser, daß Deutschland   seinen Nacken vor jenen Fürsten   bog, als vor dem Großen, der, obwohl ein Verräther an der Revolution, doch sein Blut nicht verleugnen konnte und Vieles, was die Revolution ge­schaffen hatte, auch in dem damaligen gefnechteten Deutsch­ land   durchführen wollte und dessen Pläne die ganze Erde umspannten vor jenen Fürsten  , deren letztes Ziel Herrschsucht und Tyrannei war, als vor ihm, dem Herr sucht nur das Mittel zu seinen weiten Zielen gewesen? Es war ein Sieg der Deutschen   bei Waterloo  - aber es war eine Niederlage des Volkes. Heute prangen herrliche Denkmäler zur Erinnerung an die Schlacht bei Mont St. Jean und La Belle- Alliance  ; aber kein Denkmal steht dort, auf dem geschrieben stände: Wir haben Dich be­siegt, weil Du uns durch Deine Tyrannei die Mittel zur Befreiung gabst." Aber gut so! Die Völker haben von ihm doch Eines gelernt, nämlich, daß kein einzelner Mensch, und wäre es der größte und genialste, sie wahrhaft be­freien kann, sondern daß in ihnen selber allein das Heil wohnt.

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Der Tod des Clitus. Alexander der Große   hatte weniger Neigung zum Wein, als man glauben könnte. Es schien nur so wegen der gedehnten Zeit, die er nicht sowohl mit Trinken, als mit Schwazen zubrachte, indem er bei jedem Becher immer eine lange Unterhaltung au­fing. Die Trinkgelage dehnten sich darum infolge seiner Gesprächigkeit sehr lange aus. Hierbei konnte er durch seine Prahlereien wirklich unangenehm und gar zu sehr der gewöhnliche Soldat werden. Er verfiel in ein ruhm­rediges Wesen und ließ sich überdies, sozusagen, von allen Schmeichlern reiten. Hierdurch wurden sodann die besseren Gäste in eine peinliche Lage verseßt, indem sie zwar mit einem Schmeichler nicht wetteifern, aber auch nicht hinter dem Maße seiner Lobsprüche zurückbleiben wollten. Denn wenn das Erstere schmählich erschien, so brachte dagegen das Andere Gefahr.

Bei einer solchen Gelegenheit durchbohrte Alexander einen seiner Heerführer, Clitus, welcher ihm in der Schlacht am Granitus das Leben gerettet hatte, mit einer Lauze. Der Hergang war folgender. Bei der Abendtafel, nach dem Opfer, ging ein tolles Saufen los, an welchem Mace­donier sowohl wie Perser Theil nahmen, und wobei man lächerliche Spottlieder auf die Feldherrn sang, welche unlängst eine Niederlage von den Perjern erlitten hatten. Die älteren Gäste wurden darüber sehr ungehalten, Alexander dagegen hörte mit seinen nächsten Freunden ganz vergnügt zu und verlangte die Fortsetzung.

Clitus, bereits berauscht, zeigte den größten Unwillen. , Es wäre nicht fein," erflärte er, wenn Macedonier in einent Kreise von Fremden und Feinden verhöhnt würden, Macedonier, die weit besser seien, als ihre Spötter, wenn fie auch Unglück gehabt hätten!" Afegander erwiderte, ,, daß Clitus als sein eigener Anwalt rede, wenn er die

Feigheit nur als ein Unglück hinstelle!" Jezt stand Clitus auf und rief: Aber diese Feigheit hat Dir einst das Leben gerettet! Nur durch das Blut der Macedonier und diese Wunden hier bist Du so groß geworden!" Während Clitus diese fecken Reden ausstieß, erhoben sich Alexanders Freunde und schimpften auf ihn los; Alexander aber rief: ,, Elender Gesell, meinst Du, ich laß Dir die Freude ewig, so von mir zu reden?" Als Clitus entgegnete, er solle dann keine freien Mäuner mehr zu Gaste laden, welche die Offenheit liebten, er solle mit Sklaven leben, die sich vor seinem persischen Gürtel und Rock auf den Boden legten," ergriff Alexander, der seines Zornes nicht mehr Meister war, einen Apfel, warf ihn dem Clitus an den Kopf und suchte nach seinem Schwert. Weil aber einer von seinen Leibwächtern dasselbe zeitig genug weggeschafft hatte, auch die Anderen ihn umringten und baten, so sprang er in die Höhe und rief seine Waffenträger heraus.

Den Clitus, welcher durchaus nicht nachlassen wollte, hatten indessen seine Freunde mit vieler Mühe zum Saal hinausgeschoben Aber er kam zu einer anderen Thür wieder herein und deklamirte im Tone der größten Ver­achtung und Keckheit die Verse des Euripides   aus der Andromache  :

Ach, welche schlimme Sitte herrscht in Griechenland  ! Stellt auch das Heer die schönen Siegeszeichen auf, Schreibt man die That nicht Denen zu, die doch gekämpft; Nein, nur der Feldherr trägt den ganzen Ruhm davon; Der Eine schwang den Speer mit andern Tausenden, That nirgend mehr, als Einer thut, und erntet doch Den größten Theil an Ehren, usw.

Auf dieses hin riß Alexander einem Trabanten die Lanze aus der Hand, und als Clitus ihm entgegenkam, durch­bohrte er ihn. Clitus sank mit Seufzen und Gebrüll zu Boden; schon in den nächsten Augenblicken verließ ihn das Leben.

Jezt kam Alexander wieder zur Besinnung; er sal seine Freunde sprachlos dastehen, riß zuerst die Lanze aus dem Leichnam heraus und wollte sich selbst geschwind einen Stich in den Hals versehen. Aber man hielt ihn fest; die Trabauten faßten ihn an den Händen und brachten ihn fast leblos und nur mit Gewalt in sein Zimmer. W.

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Der naturwissenschaftliche Beobachter.

Es war im Jahre 1732, das wurde im Kalfschiefer von Deinigen am Rhein   ein versteinertes Gerippe ge­funden, das sich in der Paläontologie( Lehre von den Versteinerungen) immer ein unvergängliches Andenken, freilich humoristischer Art, bewahren wird. Der Züricher  Professor Andreas Scheuchzer, ein gar frommer Herr, der aufrichtig bemüht war, naturwissenschaftliche Erkennt­niß mit der Bibel in Einklang zu bringen, beschrieb das Skelett, von dem nur Brusttheile vorhanden waren, als ein menschliches: Homo diluvii testis, menschlicher Zeuge der Sündfluth. Es war offenbar einer jener Unglück­lichen, die zu Noahs Zeiten im Wasser elend hatten er­saufen müssen. Diese Entdeckung erregte ungeheures Auf­sehen. Der Diakonus Miller   widmet, dem Denkmal jenes verfluchten Menschengeschlechtes" folgenden schönen Vers: Betrübtes Beingerüst von einem armen Sünder, Erweich das steinern Herz der neuen Bosheitskinder." Der berühmte Cuvier   erst hat festgestellt, daß dieser ver­meintliche arme Sünder ein Riesensalamander, Sala­mandra gigantea, war, die Versteinerung, die später in anderen Gegenden noch vollständiger gefunden wurde, heißt Andrias Scheuchzeri.

Daß wir auch heute nicht vor ähnlichen Verwechſe­lungen sicher sind, lehren Versuche von Th. Fuchs, deren Ergebnisse der Forscher der Wiener Akademie vorgelegt hat. Es ist ihm gelungen, auf mechanischem Wege einige Gebilde herzustellen, welche bisher als Fossilien ange­sehen wurden. Durch Blasen aus einer feinen Röhre in weichen Ton wurde eine Reihe verschiedener Bildungen

erzeugt, welche bis jetzt als Versteinerungen galten. Aehn­lich entstehen durch Tropfen und Fließen einer zähflüssigen Substanz die mannigfachsten zierlichen, wurmartigen Körper, und durch Niedersinken eines derartigen Körpers in eine andere zähflüssige Substanz andere Bildungen. In der Natur finden thatsächlich ähnliche Vorgänge statt, wie sie Fuchs künstlich erzeugt hat, und diese werden dann zur Entstehung von Formen führen, welche als vermeint­liche Versteinerungen aufgefunden werden. Das Athmen gewisser Thiere, der Wasserstrom, das Laichen der Thiere erzeugt unter gewissen Bedingungen ähnliche Wirkungen wie das Blasen durch eine feine Röhre. Die Laiche vieler Thiere bestehen aus langen Gallertschnüren, welche sich beim Niedersinken ganz ähnlich verhalten müssen, wie ein aus enger Deffnung fließender Schleimfaden. Um ein bekanntes Beispiel anzuführen: Das Männchen des Lanzett­fisches( Amphiosius lanceolatus), des niedersten Wirbel­thieres, legt seinen Samen in eine Furche auf dem Boden, während das Weibchen hinterher seinen Laich darauf fallen, läßt.

Im Mittelalter galten alle Versteinerungen für Spiele der Natur. Heute muß sich die Wissenschaft vor dem anderen Extrem hüten. Nicht jede eigenthümliche Ge­steinsbildung ist eine Versteinerung. Also Vorsicht in ihrer Deutung!

Alexander v. Hemptiune hat die chemische Wirkung der Röntgenstrahlen untersucht. Er fand, daß sie nur sehr gering sind im Vergleich zu den Lichtstrahlen, wie sie uns die Sonne sendet.

Wenn bei Diphtherie ein Luftröhrenschnitt gemacht werden muß, so tritt es sehr häufig ein, daß das in der knorpeligen Luftröhre entstandene Loch unvollkommen oder garnicht zuheilt. In der Bergmannschen Klinik( Berlin  ) ist jetzt der wohlgelungene Versuch gemacht worden, den Substanzverlust am Knorpel dadurch zu ersetzen, daß man ein Scheibchen des benachbarten Kehlkopfknorpels, an dem man die Haut daran ließ, über die offene Stelle so nähte, daß das Stückchen Oberhaut dem Inneren der Luftröhre zugewendet war. Bei dem Patienten der Bergmannschen Klinit gelang die Heilung vorzüglich.

Gedankensplitter.

Hippokrates.

Es mag wohl sehr zahmklug sein, den Schurken und Hybristen( Uebermüthigen) aus dem Wege zu gehen, aber es ist männlich besser, sie rechtlich aus dem Wege zu schaffen, wo sie Unfug machen.

Räthsel- Ecke. Amänderungs- Aufgabe. Dichter

Tante Wiener  

Alsen

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Elten

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Seine Enkel

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Garbe Ader- Hebel- Aden Hose Prater  Tadel- Vase Alba Wiese Morgen.

Kolon

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Die Anfangsbuchstaben vorstehender Worte sind durch andere zu erseßen, so daß dann die richtige Zu­sammensetzung derselben ein für die Arbeiterbewegung hochbedeutendes Ereigniß der legten Tage ergiebt.

Auflösung des Räthsels in Nr. 7: Leinen, Leisten, leiten, Leinen, Leiden, leihen, Leichen, Leisten.

Nachdruck des Juhalts verboten!

Alle für die Redaktion bestimmten Sendungen wolle man an Edgar Steiger  , Leipzig  , Oststr. 14, richten.

Berantwortl. Redakteur: Edgar Steiger  , Leipzig.- Berlag: Hamburger Buchdruckerei u. Berlagsanstalt Auer& Co., Hamburg  . Drud: Mar Bading, Berlin  .