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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
gegen das Glas fliegt, so wird wohl die Wucht des Fremdkörpers in den meisten Fällen durch das Glas abgeschwächt und der Fremdkörper kann keinen Schaden mehr verursachen; aber es zerspringt dabei das Glas, und die Glassplitter des zerschmetterten Brillenglases dringen in das Auge ein und verlegen es. Außer dem haben die Glasbrillen noch den Nachtheil, daß durch die vordere Fläche keine Luft zu den Augen treten kann, somit, da die seitlich am Brillengestell angebrachten Deffnungen nicht genügen, bald ein starles, dem Arbeiter lästiges Hizegefühl in den Augen entsteht, wodurch sich häufig eine chronische Lidhautentzündung mit ihren üblen Folgen ausbildet. Dazu kommt noch, daß die Gläser, sobald der Arbeiter aus einem falten in einen warmen Raum tritt, sofort anlaufen, somit das Sehen er= schweren und deshalb gereinigt werden müssen, was bei der Arbeit mit schmutzigen Händen oft nicht ordentlich geschehen kann.
Dr. Thomalla, dirigirender Arzt der sechsten
Berliner Unfallstation, hat daher eine neue Schutzbrille nach folgenden Grundsäßen konstruirt. Statt Glas verwendet er das Scheringsche Gelatoid, eine elastische, feste, vollkommen durchsichtige Masse. Diese Brillengläser werden, wenn nöthig, vorne durchlöchert und außerdem sind an den Seiten des Brillengestells Oeffnungen angebracht. Durch diese Schutzbrillen werden die Augen der Arbeiter vor jeder Verlegung und vor vielen Erkrankungen bewahrt. Auch mit großer Gewalt gegen diese Gelatoidgläser geschleuderte Steinchen oder Eisentheilchen können das Gelatoid wegen seiner Elastizität nicht durchschlagen. Ist dies aber doch bei abnormer Gewalt geschehen, so fällt der Fremdkörper kraftlos herunter, da das Gelatoid nicht splittert, wenn es auch zerschlagen werden kann. Da ferner die vordern Gelatoidflächen durchlöchert sind, so tritt vorn und seitlich Luft zu den Augen, es entsteht ein die Ueberhizung des Auges verhindernder Luftstrom. Auch am Feuer Arbeitende haben durch diese Schußbrille eine Erleichterung, da die glühende
Hize durch das Gelatoid abgehalten wird, somit das Auge fühler bleiben fann. Auch läuft Gelatoid, wenn es aus einem falten Raum in einen warmen kommt, nicht an, weil es ein schlechter Wärmeleiter ist. Die Brillen sind nicht feuergefährlich, sondern fohlen nur an; sie werden in allen Farben von der Firma Nitschke& Günther in Nathenow geliefert.
Während ein ähnlicher Stoff wie das zu diesen neuen Schußbrillen verwandte Gelatoid von einer gemeingefährlichen Anwendung der Wissenschaft zur Anfertigung des rauchlosen Pulvers benutzt wird, welches die Bethätigung der rohesten Triebe im Menschen fördert, folgen die Anwendungen der Wissenschaft, von denen wir oben einige beschrieben haben, der Mahnung Goethes:
Aus dem Papierkorb der Zeit.
Gute Freundschaft.( 3u unserem Bilde.) Auch die Hundehütte im Hof unten ist eine kleine Welt, in der sich manch Seltsames ereignen fann; ein wunderliches Paar hat sich dort zusammen gefunden, das innige Freundschaft hält. Mit etwas mißtrauischen Augen schaut der kleine, verwöhnte Spig zu seinem großen Freunde empor, zum braunen Waldmann. Ob er es auch ehrlich meint, der Starfe? Aber ihm merkt man die Ehrlichkeit an, in seinem treuen, ernsten Blick liegt nichts von Tücke. Und gerade darum sind sie so gute Freunde geworden Freunde, wie sie das Leben der Menschen mit seinem Kampf und seiner Noth selten kennt.
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Der Kampf gegen das Duell. Da im deutschen Reiche unserer Tage nichts oder doch nichts Wirksames gegen das gegenseitige Morden nach gewissen Regeln geschieht, welches besagte Morden auch noch als Privileg von einer der kleinen Minderheit der sogenannten Satisfaktionsfähigen beansprucht wird, erscheint es vielleicht nicht uninteressant, etwas darüber zu lesen, wie man ehedem in Deutschland dieser eingeschleppten moralischen Seuche beizukommen wußte.
Der erste Duellfall in Kurbrandenburg datirt vom Jahre 1646, wobei ein böhmischer Rittmeister Caplier von einem von Bredow erstochen wurde und dieser Lettere eine Wunde am Schenkel erhielt. Ursache? v. Bredow hatte den Kettenhund seines Gegners geschlagen. v. Bredow floh, ließ aber verbreiten, daß er weg sei"; nichtsdestoweniger wurde er aufgegriffen und nach Spandau eingeliefert.
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Mit berechtigtem Sarkasmus sagt v. Below in seinem Buche„ Das Duell in Deutschland ":" Dieser Kettenhund steht an der Spige der ritterlichen Duellgeschichte in der Kurmark Brandenburg."
Die zahlreichen Duellverbote in Deutschland sind, beiläufig bemerkt, den französischen Mandaten gegen die Folie( d. h. Narrheit) des Duells nachgebildet: das Land, welches besonders viel Seuchestoff geliefert hatte, bot nun auch die Medizin dagegen.
Die sämmtlichen deutschen Duellverbote nennen übrigens in lobenswerther Weise das Kind bei dem rechten Namen; so Kaiser Matthias in einem Edift von 1617: ein ganz unzeitiges, unrechtmäßiges, vermessenes, blutiges Selbstgericht und eigenwilligen Austrag." Sehr oft wird von Duelliren und Balgen" als von gleichbedeutenden Dingen gesprochen, wie ein Edift für das Herzogthum Jülich- Berg von 1692 von eigenthätigen Ein- und Ueberfällen, Rumor und Raufhändeln, Balgereien, Schlägereien und Duellen" redet.
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Vielfach wird die einfache Herausforderung mit der Todesstrafe bedroht, daneben wenigstens Gefängnißstrafe, Geldbuße und Aemterverlust. Heutzutage erhält der duellverweigernde Linien- oder Reserveoffizier den Abschied und soziale und wirthschaftliche Bußen werden ihm auferlegt! Selbst für die Zukunft werden in alten Duellgesezen die Duellanten für unfähig erklärt, Aemter zu bekleiden.
Das genannte Edikt von Jülich- Berg droht dem nicht beamteten Herausforderer, selbst wenn kein Duell stattfand, mit dreijährigem Gefängniß und entzieht ihm den Genuß seines Besizes, über den der Landesherr dann zu verfügen hat; der Mittellose soll sechs Jahre auf einer Festung büßen. Aehnlich lauten die brandenburgischen Duellgesetze. Das von 1688 bestraft ein perfekt gewordenes Duell mit Hinrichtung, auch wenn es nicht tödtlich ausgeht. Friedrich Wilhelm I. beschränkte später die Todes. strafe auf Duelle mit tödtlichem Ausgang; sonst werden Honoratioren" zu zehn Jahren Gefängniß, deren zwei bei Wasser und Brot, die„ Geringeren" zu achtjährigem Festungsbau verurtheilt. Beide Duellanten werden ihrer Aemter und Chargen entkleidet, auch für die Dauer der Strafe ihrer Revenuen verlustig gesprochen. Er bestrafte
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nur preußische Offiziere, die im Ausland Duelle ausfochten, nicht als Duellauten, indessen, wenn dabei eine Entleibung geschieht," so soll auch der nach gemeinem Recht gestraft werden, denn über vergossenes Menschenblut werden wir niemals dispensiren, sondern es allein dem rechtlichen Ausspruch überlassen".
Den Abschluß der älteren Zeit bildet das allgemeine preußische Landrecht. Es schreibt für untödtlichen Ausgang Verlust des Adels und der Aemter und zehnjährige bis lebenslängliche Festungshaft vor; bei tödtlichem Ausgang Hinrichtung des Ueberlebenden als eines Mörders, d. i. mit dem Rad, oder als eines Todtschlägers mit dem Schwert.
Der naturwissenschaftliche Beobachter.
In einem amerikanischen Hafen( von Coney Island ) ist probeweise eine Einrichtung im Gebrauch, die in ihrer Anlage an die Stufenbahn erinnert, welche man auf der Berliner Gewerbeausstellung 1896 im Betrieb sah. Es ist eine stets ununterbrochene mit ihrem Geländer bewegliche Treppe, die dazu dient, größere Menschenmengen von einer Fläche auf eine höher liegende zu befördern. Jede Gefahr ist für die Benutzer ausgeschlossen, die, ähnlich wie im Aufzuge, auf der schiefen Ebene sicher emporgehoben werden. Auf der erwähnten Treppe, die noch nicht einmal besonders breit sein soll, werden 3000 Menschen in einer Stunde befördert.
Schnikel.&
Nach fürstlichem Besuch.
Hippokrates.
Gesammte Dienerschaft ist reich gelohnet worden,
Mit Trinkgeld die Lakaien, die Kammerherrn mit Orden.
Staatspolitit.
Der Minister des Aeußern Kann sich nicht äußern, Der Minister des Innern Kann sich nicht erinnern, Der Minister des Krieges Ist nicht der des Sieges; Nach dem Minister der Finanzen Muß Alles tanzen.
X.
Grillparzer.
Einem Bureaukraten ( der mit seinem Beispiel zur Geduld ermahnte). Geduldig waren Sie in Aussicht fünftger Ehren, Dagegen fällt mir gar kein Zweifel ein. Wenn Sie nicht jung ein Lamm gewesen wären, Wie könnten Sie ein Schöps im Alter sein? Wahlspruch.
Lieber im Sturme stehen, Als Erd' und Unrath küssen,
Lieber in Leid vergehen,
Als betteln und schmeicheln müssen.
In einer Wallfahrtskirche.
Wächserne Hände und Füße seh ich flehen für die Kranken, Herzen auch giebt es genug, eins nur vermiss' ich ein Hirn.
Federvieh.
E. Peschkau.
Gänse, Hühner, Enten; Beamte und Skribenten Gackern friedlich hinterm Zaun, Aber willst Du weiter schaun, Balgen sehn das Federvieh Wirf einen Brocken unter sie. Th. Vulpinus.
Edel sei der Mensch, Hülfreich und gut! Denn das allein Unterscheidet ihn Von allen Wesen Die wir fennen.
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Nächstenliebe.
Liebe den Nächsten!" Es ward fein größeres Wort je
gesprochen, ,, Liebe den Nächsten!" Das Wort, das der Erlöser gelehrt. Aber der Liebe Gebot umlügend verkündet der Pfaffe: " Hasse den Nächsten, der nicht betet zu Gott so wie Du! G. Wallich.
Habsucht.
Wie doch die Habsucht sich betrügt. So Mancher ist unreife Beeren Aus Furcht, wenn sie erst schmackhaft werden, Daß sie alsdann ein Anderer kriegt.
Ein kleiner Fehler.
Er ist ein achtenswerther Mann, Nichts Böses ist ihm nachzusagen;
Nur Widerspruch, den kann er nicht ertragen; Weil er ihn nicht ertragen kann, Nimmt er sofort des Gegners Meinung an. J. Trojan.
Einem Pessimisten. Wenn das Leben gar zu sauer, Nur der Tod das Glück allein Ei, du Mann der ew'gen Trauer, Stirb und lass' das Flennen sein.
E. Peschkau.
Halb und Halb. Halb ein Freier, halb ein Sklave, Halb ein Heide, halb ein Christ, Beig nun einmal offen, ob Du Brutus oder Brutum bist.
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2. Seeger.
* Name des Vertreibers des letzten römischen Königs. ** Ein Thier, ein vernunftloses Wesen.
Räthsel- Ecke.
Bilder Räthsel.
GASTHOF
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GMVIII