Aus dem Papierkorb der Zeit.
Ziegelträgerinnen bei Nimwegen. ( Zu unserem Bilde.) Der Amsterdamer Maler Henry Luyten, der Schöpfer unseres heutigen Bildes, gehört zu Denen, die nicht nur der Technik, sondern auch der Wahl ihrer Etoffe wegen mit Recht den Namen eines modernen Künstlers tragen Gleich einem Max Liebermann , von dessen Schaffen wir unseren Lesern schon mehrfach Proben gaben, ist auch das Auge Henry Luytens ganz auf die Gegenwart gerichtet, und die realistische Darstellung unseres heutigen sozialen Lebens, insonderheit des Arbeiterlebeus, das, was ihn vor Allem reizt.
Dabei unterscheidet er sich vortheilhaft von vielen Eeinesgleichen, die einseitig uur in der sogenannten ,, Armeleutmalerei" aufgehen, denen hauptsächlich das Mitleid mit den Nöthen und Nachtseiten des Proletariers den Pinsel führt, ohne daß sich mit ihm ein tieferes Verständniß für die Bedeutung, für die Zukunft des werkthätigen Volfes paarte.
Dies Lettere aber gerade ist es, was aus den Bildern Luytens zu uns spricht. Wir haben von ihm den Eindruck einer starken, kraftvollen Natur, die, gleichviel ob bewußt oder unbewußt, im Geiste einer neuen Zeit wirkt und webt, die zu ahnen scheint, daß die Zukunft allein der Arbeit, der Arbeit der heute ausgebeuteten, unterdrückten Masse gehören wird.
Oder wie anders könnten wir uns das Interesse des Künstlers eben am Leben des werkthätigen Volkes er. flären, wie anders seine Fähigkeit, es mit einer Wahrheit und Sicherheit zu schildern, wie sie auch in unserem Bilde, den Ziegelträgerinnen bei Nimwegen , sich deutlich offenbart.
Die drei Frauen, wie sie unter der Gluth eines wollenbedeckten Augusthimmels schweigend ihre Arbeit verrichten, mühsam sich Stein für Stein aufladen, um sie dem nahen Trockenschuppen zuzutragen, die Bewegung der Hände, die Stellung der Beiden, die sich bücken, der müde, resignirte Ausdruck in dem Gesicht der Aufrechtstehenden alles Dies ist mit einer Schärfe beobachtet, mit einer Vollkommenheit und zugleich solch liebevollem Jnteresse wiedergegeben, daß sicherlich bei Manchem unserer Leser der Wunsch entstehen wird, dem Schöpfer unseres heutigen Bildes noch öster zu begegnen.
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Von den wilden Thieren. Die Gefährlichkeit der wilden Thiere wird nach einem Vortrag des Professors Rechuel Lösche über das Leben in der Wüste stark übertrieben. Es sei, als fürchteten sie den Menschen. Die beste Schutzwaffe sei denn auch wegen seiner Fremdartigkeit der Regenschirm,( 1) gegen den weder Löwe noch Tiger anspringen.( 1) Leute, die wirklich gesehen haben, wie ein Mensch von einem Tiger oder einer Schlange getödtet wurde, seien äußerst selten. Auch die statistischen Zahlen, mit welchen alljährlich der Verlust an Menschenleben durch wilde Thiere in Indien angegeben wird, entbehren einer zuverlässigen Grundlage. Dort wird Kopfsteuer erhoben, und wenn der unwilltommene Steuereinnehmer erscheint, so rentirt es sich, besonders in entlegenen Dörfern, sehr wohl, eine Anzahl Einwohner als vom Tiger gefressen oder von der Schlange gebissen anzugeben. Die Gefahr beim Anschießen wilder Thiere ist auch nicht wesentlich größer als bei uns. Wer bei uns ein Wildschwein anschießt und ihm unvorsichtig in den Weg tritt, darf sich nicht wundern, wenn er geschlagen" wird. So ist es auch dort, und im Allgemeinen gilt die Regel: Thu mir nichts, ich thu dir auch nichts. Mehr zu fürchten als die großen Thiere sind die kleinen, die Ueberfälle durch Bienen, die Zecken, Moskitos, Mücken, welch lettere übrigens nicht in den Tropen, sondern in den Tundren( moosbedeckten Sümpfen, Sumpfsteppen) am Eismeere die schlimmste Plage sind.
Anekdoten von römischen Kaisern.
Als die Bevölkerung von Alexandria den von den Kaisern Aurelian und Robus hochgeschäßten Feldherrn Saturninus nöthigten, seinerseits sich zum Kaiser erheben zu lassen, wich dieser dem Ansinnen zunächst aus, indem er nach Palästina ging. Als er aber nicht mehr widerstehen konnte ohne Gefahr seines Lebens, ließ er sich den faiserlichen Purpur, das" Sterbefleid", anlegen; weinend sprach er dabei: Was thut Ihr doch? Ihr raubt dem Reiche einen nüßlichen Bürger! Ich habe geholfen, Gal lien ( das heutige Frankreich ) für das Reich zurück zu gewinnen, ich habe Afrika gegen die Mauren geschützt, ich habe in Spanien Ruhe und Ordnung wieder hergestellt: was hilft mir das Alles jezt? Ich verliere an einem Tage Alles, was ich seit Jahren gewonnen habe. Indem Ihr mich mit der Krone schmückt, weihet Ihr mich dem Tode." So geschah es auch. Probus suchte den Saturninus zu schonen, den aber zwangen seine Soldaten, die noch mehr Geschenke von ihm erpressen und unter ihm Beute machen wollten, seine Stellung zu behaupten. Er kam bei der Eroberung eines festen Plages um, an den er sich zurückgezogen hatte.
Als Kaiser Hadrian , umringt von mehreren Aerzten, zum Sterben fam, sagte er lächelnd:" Die vielen Aerzte haben den Fürsten umgebracht."
Kaiser Probus( 276-282 n. Chr.) war als tüchtiger Soldat emporgekommen, neigte aber viel mehr zu friedlichem Walten, wobei er sich auch, z. B. bei seinen Banten , Urbarmachen von Dedland und Sumpf, Stromiregulirungen usw. seiner Soldaten als Arbeiter bediente. Ihm wird das Wort nachgesagt:„ Ich hoffe noch die Zeit zu erleben, wo Rom feines Kriegsheeres mehr bedürfen wird." Das brach ihm den Hals. Beim Trockenlegen eines Sumpfes in der Nähe von Sirmium( heute Mitrowig) ergrimmten die Soldaten über die in dem Herbste 282 herrschende Hize und ihre Strapazen bei der Arbeit, warfen die Werkzeuge weg und ermordeten den Probus. Als sie ihn umgebracht hatten, beweinten sie ihn und setzten ihm eine höchst ehrenvolle Grabinschrift.
Kaiser Diocletian hielt darauf, daß nicht Furcht vor den Richtern die Unterthanen abhielt, gegen ergangene Urtheile Berufung einzulegen. Er sagte:" Wenn Du gegen das über Dich ergangene Urtheil keine Berufung eingelegt hast, so müssen wir annehmen, daß Du Dich dabei beruhigt haft; denn Du hättest Dich unserem Heiligen Hofe ohne alle Besorgniß nähern dürfen." Bitten um Bevorzugung irgend welcher Art wies der Kaiser zurück mit den Worten:„ Es ist nicht meine Gewohnheit, Vortheile oder Vorrechte zu gewähren, die Andere nur benachtheiligen können." Eingriffe in den Rechtsgang, etwa durch die beliebten Begnadigungen späterer Zeiten, auch unseres Jahrhunderts, liebte er ebenfalls nicht; er entschied einmal in einem solchen Falle:„ Dinge, die kraft eines bestehenden Gesezes geschehen sind, dürfen nicht durch ein bürgerliches Resfript rückgängig gemacht werden."
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Selbsterkenntniß . Ein anderer jener Glückssoldaten, welche die kronenverleihenden Kriegsknechte der römischen Kaiserzeit zum Kaiser machten, hielt eine schöne Ansprache an seine„ Wähler":" Kameraden, Ihr verliert einen guten General und habt einen schlechten Kaiser auf den Schild erhoben." Freilich war es zuweilen gefährlich, sich der Erhebung zum Kaiser zu entziehen, wenn die Streitmacht einer römischen Provinz einen ihrer Feldherrn dazu ausrief.
Ein Cäsarenschicksal. Einer jener zahlreichen Eintagsfliegen des 3. Jahrhunderts n. Chr., Kaiser Marius, den nur drei Tage der Purpur zierte, einer jener Glückssoldaten, die entweder durch ihre Kriegsfnechte zum Kaiser gepreßt wurden oder die Krone räuberisch an sich rissen, war ursprünglich Grobschmied. Als er Kaiser war, wollte ihn ein Mitgeselle aus der Schmiedewerkstatt von ehemals zünftig und freundschaftlich mit Handschlag begrüßen. Der Emporkömmling wies jedoch diese Vertraulichkeit hochfahrend ab. Darüber empörte sich der ehemalige Kamerad dermaßen, daß er den einstigen Grobschmied und derzeitigen Kaiser, Marius, mit einem Schwerte erschlug, das Beide, der Mörder und der Gemordete, in gemeinsamer Arbeit hergestellt hatten.
Gedankensplitter.
Umsonst werden die Menschen lieben, umsonst glauben, wenn sie nicht vor Allem gerecht sind. Der große Fehler der besten Menschen, Generationen hindurch, war der, zu meinen, daß den Armen geholfen werden könne durch das Geben von Almosen, durch das Predigen von Ausdauer und Geduld und durch alle anderen Mittel der Linderung und Versöhnung bis auf die Gerechtigkeit.
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Das Land ist das reichste, welches die größte Anzahl edler und glücklicher Menschen nährt; der Mensch der reichste, welcher, nachdem er die Aufgaben seines eigenen Lebens auf das Vollkommenste erfüllt hat, sowohl persönlich als durch seine Besigthümer den weitesten hülfreichsten Einfluß auf das Leben Anderer ausübt.
Das Wesen des Reichthums beruht auf seiner Herrschaft über die Menschen.
Was Reichthum zu sein scheint, ist in Wahrheit viel. leicht nichts als der vergoldete Anzeiger weitreichenden Verfalls; eines Kaperers handvoll Gold, am Strande ausgelesen, wohin er eine Flotte betrügerisch gelockt hat; eines Marketenders Bündel Lumpen, von den Leibern gefallener Soldaten zusammengerafft; die Kaufstücke für den Blutacker, worin der Bürger mitsammt dem Fremdling begraben werden soll. John Rustin.
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Ueber Majestätsbeleidigungen" und" Verächtlichmachung von Staatseinrichtungen" erließ Theodosius der Große im Jahre 393 folgendes Resfript:„ Wir untersagen es, Leute zu bestrafen, welche sich in Lästerreden gegen uns oder gegen die zur Zeit bestehenden Verhältnisse ergangen haben. Geschah das aus Leichtsinn, so soll es mit stiller Verachtung gestraft werden; geschah es aus Albernheit, so wollen wir die Frevler mitleidig bedauern, geschah es aber aus Bosheit, so wollen wir ihnen großmüthig verzeihen."
Einst flagte ein Denunziant beim Kaiser Julianus dem Abtrünnigen einen Bürger ehrgeiziger Pläne an, weil er ein Purpurgewand besaß. Julianus verfügte lediglich, daß der Denunziant dem Verdächtigten zur Vervollständigung seines Kostüms auch noch Halbstiefel von derselben Farbe liefern mußte.
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Dem Kaiser Julianus Apostata machte Jemand, während er noch unter Constantins II. Feldherr war, Vorwürfe wegen seiner milden und gerechten Justiz, und fragte: Welcher Schuldige wird nicht als unschuldig angesehen werden, wenn die einfache Ableugunug genügt?" Darauf antwortete Julian: Wieviel Unschuldige werden als schuldig gelten, wenn lediglich die Anklage genügen sollte!"
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Die Menschen können sicher und bestimmt nur dann geleitet werden, wenn man es versteht, ihre besten und edelsten Gefühle für sich zu erwärmen.
Ein Barbarenhäuptling zur Zeit des römischen Kaisers Constantius II. im 4. Jahrhundert fragte seine Mutter:" Was soll ich thun, um berühmt zu werden?" und erhielt die Antwort:" Zerstöre und tödte!"
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Soll die Regierung besser sein als die Unterthanen, so muß lediglich das Gesetz, dieser Ausfluß der reinen Vernunft, regieren, nicht aber die Willfür eines Menschen, der möglicherweise nichts Besseres ist, als ein wildes Thier in einem Palast.
Julianus Apostata , in einem Briefe an Themistios . Viele Staatsmänner sind wie Adam vor dem Sündenfall- sie schämen sich nicht, ihre Blößen zu zeigen. Die Deutschen aber besigen eine solche Hundedemuth, daß sie sich vor einem Minister beugen, so lange er da ist, und wenn er fortgeht, nennen sie ihn einen Spizbuben.
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In Staaten, wo die Herrscher Alles, die politischen Institutionen Nichts zu bedeuten haben, kann unter Umständen tiefer Fall ganz unmittelbar auf großartige Erhebung folgen. Duruy, Geschichte des römisch. Kaiserreichs.
Du darfst es mir glauben, mein theurer Vater, ein Kaiser, dem die Wahrheit planmäßig vorenthalten wird, ist sehr übel dran. Er ist nicht in der Lage, sich ganz selbstständig zu unterrichten und sieht sich genöthigt, nicht blos zu vernehmen, was ihm vorgetragen wird, sondern auch seine Entscheidungen lediglich nach solchen Berichten zu treffen. Kaiser Gordianus III.
an seinen Schwiegervater Timafitheus.
Schnihel. n
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Geldsäcke lieben seien wir gerecht! Nicht minder sich als ihre Nachbarn schlecht. Zum Schacht verdammt, ein gleiches Schicksal harrt Des Sklaven, der da gräbt, und dessen, der da scharrt.
Nationalität.
Zu Aesops Zeiten sprachen die Thiere, Die Bildung der Menschen war so die ihre; Da fiel ihnen aber mit einmal ein, Die Stammesart sollte das Höchste sein. Ich will wieder brummen! sprach der Bär, Zu heulen ward des Wolfs Begehr, Mich listets zu blöken! sagte das Schaf, Nur einer, der bellt, schien dem Hunde brav. Da wurden allmälig sie wieder Thiere Und ihre Bildung der Bestien ihre.
Deffentliche Aemter.
Grillparzer.
Der Aemter Last ist groß, schwer sind die hohen Würden, Drum pflegt man beide gern den Eseln aufzubürden. Daniel Georg Morhof .
Steuer.
Wie weise man auch sonst den Salomon geachtet, So hat er doch hierin nicht Alles recht betrachtet: Daß zu der Dinge Zahl, die niemals werden satt, Die Steuer er nicht auch noch zugeschrieben hat. Fr. v. Logau . Auf den Selius. Du lebst nicht wie Du lehrst, das ärgert die Gemein, Daß Lehr und Leben nicht bei Dir stimmt überein. Sie irrt! Du bist im Recht, Du zeigst mit beiden, Durch Lehren, was zu thun, durch Thaten, was zu meiden. Andreas Gryphins.
Hinz: Was doch die Großen Alles essen, Gar Vogelnester, eins zehn Thaler werth, Kunz: Was Nester? hab ich doch gehört,
Daß Manche Land und Leute fressen. Hinz: Kann sein, kann sein, Gevattersmann, Bei Nestern fangen die nun an.
, Es ist doch sonderbar bestellt," Sprach Hänschen Schlau zu Vetter Frizen, , Daß nur die Reichen in der Welt Das meiste Geld besigen."
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