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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
jeder menschlichen Vorstellung spottende Einöde darstellt, hat früher bessere Zeiten gesehen; auch auf ihm hat einst frisches und warmes Leben pulsirt.
Aus verschiedenen Gründen, sowie nach Analogie unserer Erde und des Mars, ist es nahezu selbst verständlich, daß vor Aeonen von Jahren- wahr scheinlich befand sich derzeit unsere Erde noch in glühendem Fluß auch auf dem wegen seiner Kleinheit sich schneller abkühlenden und damit noch rotirenden Monde eine reiche Pflanzen- und Thierwelt, möglichenfalls lettere sogar gipfelnd in intelligenten Wesen, herrschte, die freilich bis auf winzige Neste durch Hemmung der Notation und das Verschwinden des freien Wassers und der Luft, sowie das damit verknüpfte Herabsteigen der fürchterlichen Kälte des Weltraumes für immer vernichtet ward. Will man der Phantasie einen im vorliegenden Falle garnicht ganz ungerechtfertigten Spielraum lassen, so kann man träumen von mächtigen Völfern, Kämpfen, sozialen Wirren und einem schließ lichen Gipfelpunkt des Lebens der Urzeit des Mondes, der dann schließlich der nahezu allgemeine Untergang folgte.
Einige geringe Reste der organischen Welt des Mondes scheinen sich nun noch bis auf unsere Tage im Kampfe mit den feindlichen Naturgewalten be= hauptet zu haben.
Der Astronom Klein in Köln in erster Linie hat diesen Verhältnissen Beachtung geschenkt; die Ergebnisse seiner und einiger Anderen Forschungen sind der Nachweis von noch heute, wenn auch äußerst selten stattfindenden Veränderungen der Oberfläche, von dem Entstehen und Verschwinden fleiner Krater, von schwachen Trübungen der äthes rischen Lufthülle. Einige Male wurden sogar kleine lokale Nebel oder Wolken beobachtet,* welche be= wiesen, daß meteorologische Prozesse noch vereinzelt vorkommen. Verschiedene Theile der Mondoberfläche, vorzugsweise der graugrünen Tiefebenen, zeigen dazu weit ausgedehnte, grünliche, gerundete Flecken, welche, abweichend von allen anderen Mondflecken, bei höhersteigender Sonne nicht heller, sondern dunkler werden, Färbung gewinnen, bei sinkender Sonne dagegen mehr und mehr verblassen, oft bis zum völligen Verschwinden.
Diese eigenartige Fleckenbildung kann nur auf eine Pflanzendecke der betreffenden Gebiete zurück geführt werden, doch darf man hierbei nicht etwa an rauschende Wälder oder üppige Wiesen denken, sondern lediglich an eine weit ausgedehnte, den zerrissenen Felsboden überkleidende und färbende Flechten vegetation, genährt durch die Sonnenwärme und die geringen Mengen des durch die Besonnung aus der eisigen Erstarrung gelösten Wassers und Dampfes.
Nur kurz ist die Vegetationsperiode, denn der gauze Tag des Mondes, gleichbedeutend einem halben Mondjahre, währt nur etwa vierzehn Tage; mit dem Sinfen der Sonne fällt wieder Alles in Erstarrung zurück.
Also nur die genügsame Flechte und vielleicht winzige, auf diese angewiesene niedere Thiere sind vermuthlich die letzten Ueberbleibsel des Mondlebens, und zwar auch sicher nicht mehr auf lange Zeit, denn der Erstarrungs- und Zersetzungsprozeß des Mondes durch fortwährend sich weiter ausdehnende Zerklüftung, Ausdehnung und Weiterlaufen der Frostrisse, Spalten und Rizen schreitet unaufhaltsam fort.
Sehr abweichend von dem uns bekannten Bilde erscheint nun das Himmelsgewölbe vom Monde aus betrachtet.
Kein blaues Himmelszelt, sondern ein tiefschwarzer, wolkenloser, unserem sternklaren Winter himmel ähnelnder Himmel, an dem selbst am Tage und in nächster Umgebung der Sonne die Sterne, jedoch ohne das uns bekannte Funkeln, in ruhigem Lichte erstrahlen, überspannt die Landschaft. Schein bar fest angeheftet, ihren Platz am Himmel nie verändernd, zeigt sich der uns zugekehrten Mondhälfte eine hellleuchtende Kugel, au Größe etwa 13 mal die uns bekannte Mondscheibe übertreffend, gleich dem Monde Phasen zeigend, unsere Erde.
* Ueber diese Fälle berichtete Klein vor etwa 12 Jahren in der„ Gaea".
Die allgemeinen Umrisse der Erdkontinente und Ozeane, die Schnee- und Eisregionen der Pole, ja Vegetationsfärbungen, die großen, grünen Waldwüsten Afrikas und Südamerikas , würde ein Beobachter auf dem Monde deutlich erkennen; zeigte doch unser Mond, in günstiger Position über der südamerikanischen Uglaea( Waldwüste des Orinoko und Ama zonas ) stehend, schon mehrfach infolge des Refleres ein intensiv grünes Licht, welches sogar, wie Humboldt im„ Kosmos" berichtet, in Europa beob= achtet ward.
Wegen des Mangels einer dichten, mit Wasserdämpfen geschwängerten Lufthülle fehlen dem Monde die Dämmerungserscheinungen. Daher wird die Landschaft fast lediglich in grelles Licht und tiefdunkie Schatten mit haarscharfen Umrissen zerlegt. Mildere Lichteffekte bietet nur die Erdseite des Mondes zur Zeit der Abwesenheit der Sonne, wenn die Erde ihr das Mondlicht 13 mal an Helligkeit übertreffendes Licht spendet, die der Erde abgewandte Seite dagegen kennt auch dieses nicht.
Todtenstille herrscht, denn die dünne Luft hindert die Entstehung stärferer Schallwellen.
Fremdartig erscheint auch die Bodengestaltung dem Erdbewohner.
Große, graugrüne Ebenen, durchzogen von niedrigen, sich vielfach verästelnden Hügelfetten, die sogenannten Meere oder Mare , offenbar der jetzt trockene Grund ehemaliger. Ozeane des Mondes, wechseln ab mit grell weißleuchtenden Gebirgsländern. Furchtbare, tiefschwarze Abgründe, Gebirgsketten und Berge kreuzend und zerspaltend, die Nizen, lediglich Frostrisse der Felsenrinde, welche sich schließ lich tausendfach feiner und feiner verästeln und dadurch die ganze Oberfläche zersplittern, durchqueren die Landschaft oft auf Hunderte von Kilometern.
Unähnlich der Erde, giebt es der Kettengebirge auf dem Monde nur wenige; von Bedeutung ist nur eins, die Appeninen, welche 700 Kilometer lang, die Westseite eines alten Ozeans, des Mare imbrium der Astronomen, begrenzen und Gipfel von 5400 bis 5600 Meter Höhe( die Berge Konon und Huyghens) aufweisen.
Die Annahme, daß die Mondberge, unter denen mehrere bis zu 6-7000 Meter Höhe sich erheben, ja der Berg Curtius in der Nähe des Südpoles bis 8831 Meter emporstrebt, und also den höchsten Erdbergen nahe kommt, relativ höher als die Berge der Erde sind, hat nur scheinbare Gültigkeit. Berge der Erde sind, hat nur scheinbare Gültigkeit.
Der die Erde umhüllende Ozean, von dessen Spiegel die Höhen irdischer Berge gerechnet werden, hat auf dem Monde kein Seitenstück mehr, denn Mondmeere sind auf Nimmerwiederkehr versiegt; man kann also die Höhe der Mondberge nur von dem tiefsten Punkte ihrer Umgebung an messen.
Ein brauchbares Vergleichsobjekt würde unsere Erde daher erst dann abgeben, wenn auch die irdischen Ozeane verschwunden, dann aber würden die Erdberge erheblich höher als jetzt erscheinen, oder auch, wenn noch Mondozeane vorhanden, dann sänken die Höhen der Mondberge scheinbar um ein Bedeutendes.
Aus Vorstehendem ergiebt sich nun unzweifelhaft, daß Mond- und Erdberge, unter Berücksichtigung der Größe der Weltkörper, nahezu gleich sind, wenn auch, wohl infolge der geringeren Schwere, auf dem Monde die Gipfel relativ um ein Geringes höher emporgetrieben sind als auf der Erde.
Höchst auffällig ist die immer und immer wiederfehrende Kreisform der Mondgebirge, welche Kreisform sogar, wenn auch verwischt und beschädigt, in der Gestalt der großen, grangrünen Ebenen, welche in der Gestalt der großen, graugrünen Ebenen, welche Durchmesser von 300 bis 1500 Kilometer aufweisen, zum Ausdruck gelangt, und sich dann in immer kleineren Bildungen wiederholt, bis zur kleinsten Kraterbildung.
Allerdings zeigen unsere irdischen Vulkane in ihren Kratern zuweilen ähnliche Gestaltungen, doch ist diese Kreisform auf der Erde verhältnißmäßig selten, auch stehen die Erdkrater hinsichtlich ihrer Größe erheblich hinter den Ringgebirgen des Mondes zurück.
Einen mächtigen Kreis, der den Maren des Mondes ebenbürtig, uur besißt die Erde, und zwar
in dem großen Vulkangürtel des Stillen Ozeans , welcher von Kamschatka über Japan , die Philippinen, Molukken nach Chile und dann längs der Westküste bis zum hohen Norden über die Aleuten wieder nach Kamschatka führt.
Daß diese Kreisform der Mondgebirge gleich den vulkanischen Gebilden der Erde auf plutonische und vulkanische Ausbrüche zurückzuführt, ist selbstverständlich.
Die gegen irdische Vulkane riesenhafte Größe ist vermuthlich erstens auf die auf dem Monde, gegen die Erde gerechnet, sechsmal geringere Schwere und auf das geringe spezifische Gewicht des Mondmaterials, welches durchschnittlich an Gewicht unserem Kalffels gleicht, zurückzuführen; auf dem Monde hatten die vulkanischen Kräfte eben geringere Widerstände zu überwinden als auf der Erde, daher waren auf ersterem die Resultate gewaltigere.
Das Alter dieser verschiedenen Kreisbildungen entspricht anscheinend annähernd ihrer Größe, und zwar scheinen die großen Mare die ältesten Gebilde, die kleinen Krater im Allgemeinen die jüngsten zu sein.
Die Ränder der großen, freisförmigen Tiefebenen und auch noch die vieler größerer Ringgebirge sind augenscheinlich zerstörenden Gewalten ausgesetzt gewesen, denen die jüngeren Gebilde nicht mehr unterworfen waren, und zwar ist dieses zerstörende Medium, wie deutlich erkennbar, von den tiefliegenden Ebenen ausgegangen, denn alle Zerstörungen der Ringgebirge betreffen die diese Ebenen begrenzenden Wallseiten: es wird also zweifelsohne das Wasser der alten Ozeane das Wirkende gewesen sein.
Zur Zeit der Entstehung der kleinen Ninggebirge und Krater war das Wasser wohl schon von der Mondoberfläche verschwunden, daher blieben diese unbehelligt.
Diesen uralten deutlichen Spuren des ehemals auf dem Monde vorhandenen Wassers sind nun noch die vereinzelten, verästelten Längsthäler anzureihen, deren Entstehung und Auswaschung ebenfalls, gleich den meisten Thälern der Erde, auf strömendes Wasser zurückzuführen ist.
Schließlich ist noch in der fehlenden Rotation des Mondes, welcher bekanntlich der Erde stets dieselbe Seite zufehrt, ein sehr ins Gewicht fallender Wahrscheinlichkeitsgrund für das ehemalige Vorhandensein großer Wassermassen auf dem Monde, auf den zuerst Helmholz aufmerksam machte, zu suchen.
Das Verschwinden der eigenen Umdrehung, welche, außer bei unserem Monde, auch noch bei den Planeten Merkur und Venus erlosch, ist nämlich nur durch eine spätere Hemmung der ursprünglichen Umschwungsbewegung zu erklären. Bereits vor 140 Jahren fand Kant die diese bedingende Ursache in der Fluthwelle.
Die täglich zweimal, entgegengesezt dem Erdumschwung, gegen die Kontinente brandende Fluthwelle, ein richtiger Henumschuh, hat z. B., wie Hansen, Adams und Delaunay nachwiesen, auch den Umschwung der Erde dauernd, und zwar in jedem Jahrtausend den Tag um zirka 170 Sekunde, verringert.*
Diese Hemmung wird, falls der Ozean noch lange genug eristirt, die Erdrotation ebenfalls in der Weise gegen den Mond aufheben, daß schließlich Erde und Mond sich beide dauernd dieselbe Seite zukehren, also für eine Erdhälfte der Mond für immer unsichtbar werden wird.
Bedenkt man, daß der Mond nur 1/87 der Erdmasse gleich ist und sein Durchmesser nur 14 des Erddurchmessers. beträgt, so ergiebt sich, daß die
* Der hemmende Druck, welchen die Fluthwelle auf die Drehung der Erde ausübt, beträgt nach niedrigster Schätzung 6000 Millionen Pferdekraft, ist also gleich einer Kraft, welche in jeder Sekunde eine Last von 464 000 Millionen Kilogramm einen Meter hoch zu heben vermag.
Diese gewaltige Kraft ist aber dennoch nur eine Kleinigfeit zu nennen gegen die Kraftgröße, welche der Erdumschwung repräsentirt, denn letztere vermöchte 25 840 Quadrillionen Kilogramm in jeder Sekunde einen Meter hoch zu heben.
Diese Größe ist im Vergleich zu der Fluthwirkung so ungeheuer, daß sie durch den Gegendruck der Fluth in einem Zeitraum von 2500 Jahren erst um den 700 000. Theil vermindert wird. Seit jener Zeit hat sich die Dauer des Sternentages um 1/87 Sekunde vermehrt.