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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Wanderungen durch Beit und Raum.

Don Th. Dverbeck.

VIII.

Erde und Mars  .

m vorigen Artikel lernten wir zwei Welten, eine fleinere und eine größere, die Planeten Merkur   und Venus   kennen, welche, abgesehen von der Größendifferenz, in der verschiedensten Hin sicht sich gleichen, vorzugsweise hinsichtlich ihrer Be­leuchtungs- und meteorologischen Verhältnisse.

In einem ähnlichen Falle befinden wir uns heute. Auch heute haben wir eine der Venus an Größe fast genau gleichende Welt, unsere Erde, und eine fleinere, allerdings den Merkur an Größe über treffende, den 892 Meilen( 6745 Kilometer) im Durchmesser haltenden, rothleuchtenden Mars   vor uns.

Während Merkur und Venus   eine eigentliche Rotation( Umdrehung um ihre Achse) nicht besitzen und auch ohne Monde die Sonne umkreisen, rotiren Erde und Mars   fast genau gleich, in za. 24 Stun den, und besißen beide Trabanten, die Erde unseren alten, vertrauten Mond, der Mars   zwei winzig flcine Genossen, welche erst in neuerer Zeit, am 11. und 17. August 1877, durch Hall in Washington  entdeckt und Phobos  

und Deimos( in der griechischen Mythologie die Personifikation von Furcht und Schrecken, Söhne und beständige Begleiter des Kriegs­gottes Mars  ) benannt wurden.

Der größere dieser Monde, Phobos  , mit einem Durchmesser von 9,5 Kilometern und einer Umlaufszeit von etwa 72 Stunden, befindet sich in einer mittleren Entfernung

vom Marsmittelpunkte von nur 9340 Kilo­metern, der fleinere,

Deimos, mit einem

Während des Winters reichen die Eis- und Schneemassen meistens über 25 Grade vom Bol, im Sommer schmelzen sie bis auf 5 bis 6 Grade zu­sammen, ja der südliche Fleck, welcher überhaupt die größte Veränderlichkeit zeigt, verschwand schon ganz während eines langen Sommers.

Daß die südliche Schneezone die größte Ver­änderlichkeit zeigt, wird bedingt durch die ganz erheb liche Erzentrizität der Bahn des Mars   und dadurch, daß der Südpol   zur Zeit seines Winters sich gerade in der Sonnenferne, zur Zeit des Sommers in der Sonnennähe befindet.

Während auf der Erde Winter und Sommer der Süd- und Nordhälfte hinsichtlich ihrer Länge augenblicklich nahezu gleich sind, denn die Winter der südlichen Erdhemisphäre dauern zur Zeit nur wenige Tage länger als die der Nordhälfte, kommen wenige Tage länger als die der Nordhälfte, kommen für die Nordhälfte des Mars  ( das ganze Marsjahr ist 1 Jahr 321 Tage 1712 Stunden lang) auf den Sommer etwa 380, auf den Winter nur za. 300 Tage. Genau entgegengesetzt natürlich sind die Verhältnisse der Südhälfte: der Sommer ist hier der kürzere aber den Nordsommer erheblich an Wärme übertreffende Theil, da der Mars   zu dieser Zeit der Sonne am nächsten steht.

Die Nordhälfte hat demnach lange und ge­mäßigte Sommer, furze und milde Winter, die

Vermittelung von Eisbergen und Meeresströmungen, und durch Schmelzen des Eises in niederen Breiten hervorgerufene Ablagerung des mitgeschleppten Materials zurück: ein Vorgang, der bekanntlich auch auf der Erde ständig zu beobachten ist, z. B. auf der Bank von Neufundland  .

Wenn wir auf unserer augenblicklich noch wasser­reichen Erde auch noch sehr weit von einer Zu­schüttung der Aequatorialozeane entfernt sind, so wird dennoch nach unendlichen Zeiten auch bei uns sicher einmal ein die Nord- und Südozeane scheidender Landwall entstehen; dann wird die Oberflächen­gestaltung der Erde annähernd der jetzigen des Mars   gleichen.

Höchst räthselhafte Gebilde entdeckten nun zuerst Schiaparelli, und später auch verschiedene andere Astronomen in diesen Kontinenten des Mars  , nämlich eine große Anzahl( za. 120) schnurgrader, feiner, schwarzer, in die Ozeane mündender Streifen, offenbar mit Wasser gefüllte Kanäle, Verbindungswege der verschiedenen Ozeane, von denen eine große Zahl noch durch ebenfalls schuurgrade Querkanäle mit­einander verbunden sich erwiesen.

An den Kreuzungspunkten dieses richtigen Kanal­nezes sind stets seeartige Erweiterungen des Wasser­spiegels vorhanden, in denen sich meistens je ein Inselchen zu befinden scheint.

Ein Kanal des Mars   zur Sommerszeit.( Niedrigwasser, Inundationsgebiet trocken.)

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Die meisten dieser Kanäle sind Hunderte von Kilometern lang und 20 bis 50 Kilo­meter breit.

Zu gewissen Zeiten entstanden bor   den Augen der Beobachter neue derartige Gebilde, und zeigte sich schließlich bei den meisten vor= übergehend eine höchst räthselhafte Erscheinung, nämlich eine deutliche Verdoppelung derselben in wenigen Tagen, deren Erklärung den Astro­nomen bis jetzt nicht gelungen, obgleich sie sehr naheliegend sein: dürfte, wenn auch nicht Astronomen, so doch für den Geologen, auf welche Erklärung ich zuerst aufmerksam machte. Im Laufe dieser Abhandlung werden wir noch eingehend darauf zurückkommen.

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Derselbe Kanal zur Frühlings- Eis- und Schneeschmelze der betreffenden Hemisphäre, mit Eisbergen erfüllt. ( Hochwasser, Inundationsgebiet überschwemmt. Kanal scheinbar verdoppelt.)

Durchmesser von 8,4 Kilometern und einer Umlaufs­zeit von za. 1 Tag 6 Stunden, umkreist den Zentral­förper in einer Entfernung von 23 300 Kilometern.

Eine Reise um die Welt würde auf diesen kleinen Bällen ein guter Fußgänger bequem in 5 bis 6 Stunden vollenden können.

Der innere Marsmond, der größere, Phobos  , vollendet seinen Umlauf, wie erwähnt, in 7% Stun den, während der Tag des Mars   unserem Erden­tage fast genau gleicht.

Es gewährt daher dieser das ganze sichtbare Himmelsgewölbe in 3 bis 4 Stunden durcheilende Satellit den Marsbewohnern das wunderbare Schau­spiel eines Himmelskörpers, der täglich zwei bis dreimal im Westen auf und im Osten untergeht, entgegengesetzt allen übrigen Weltkörpern, welche genau wie auf der Erde im Osten auf- und im Westen untergehen.

Unangebracht würde es sein, heute näher auf irdische Verhältnisse einzugehen, da diese uns später eingehend beschäftigen werden. Wir werden sie da­her nur dann zum Vergleich heranziehen, wenn sie zur Erklärung der Verhältnisse der Marswelt von Wichtigkeit sind.

In der verschiedensten Hinsicht ähneln sich nun Mars   und Erde, und zwar derart, daß Schiaparelli, der Haupterforscher unserer Nachbarwelt, den Mars  geradezu eine zweite Erde nannte.

An jedem Marspole zeigen sich schon bei schwacher Vergrößerung zwei blendend weiße Flecken, welche bereits vor 200 Jahren gesehen wurden.

Dieselben sind unzweifelhaft Eisregionen, gleich den Polargebieten der Erde, denn sie vergrößern sich zur Zeit des Winters der betreffenden Halbfugel und ver= kleinern sich zur Zeit des Sommers, während sie zur Zeit der Nachtgleichen beide gleiche Ausdehnung zeigen.

Südhälfte furze und heiße Sommer und lange, gerade für den falte Winter.

Schon mehrfach beobachtete man nun direkt eine erhebliche plötzliche Ausdehnung der Schneezonen, große nächtliche Schneefälle auf dem Mars.  - Große Flächen erschienen, aus dem nächtlichen Dunkel auftauchend, weiß gefärbt, welche Färbung jedoch unter den Strahlen der Sonne bald ver= schwand; offenbar hatten lettere den Schnee wieder in Wasser aufgelöst.

Außer den besprochenen weißen Polarflecken zeigt der Mars   nun noch eine ganze Reihe sehr dunkler, sowie auch hellere, röthliche und gelbliche Flecken, die dunklen unzweifelhaft Ozeane, da Wassermassen die dunklen unzweifelhaft Ozeane, da Wassermassen auffallendes Licht zum größten Theil verschlucken, die röthlichen und gelben Ländermassen, Kontinente und Inseln.

Ganz abweichend von den irdischen ist die Ver­theilung und die Ausdehnung der Länder und Ozeane des Mars  .

Während auf der Erde nahezu drei Viertel der Oberfläche von Wasser bedeckt sind und die Kon­tinente isolirt, von Wasser umgeben, vorzugsweise auf der Nordhälfte der Erde sich befinden, verhält sich die Größe der ozeanischen Becken auf dem Mars   zu derjenigen des Festlandes etwa wie 2 zu 5, die Erde ist also ganz erheblich wasserreicher als der Mars  .

Die Hauptländermasse befindet sich auf dem Mars   ebenfalls auf der nördlichen Hemisphäre, doch nicht wie auf der Erde als Inseln, sondern im Wesentlichen einen den Aequator umspannenden Kon­tinentalring bildend.

Schiaparelli führt diesen Aequatorialwall auf die ungezählte Zeiten thätige Abschwemmung der Erde und des Felsmaterials aus den Polargebieten durch

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Man ist jetzt vollständig einig darüber, daß diese dunklen Streifen thatsächlich Wasserläufe sind und daß die beobachtete Entstehung neuer auf Ueber= schwemmungen zur Zeit der Schneeschmelze zurück­zuführen ist, welche zeitweise trockenliegende mit Wasser füllen.

Die genau grade Nichtung der sich nach allen Regeln der Kunst krenzenden Wasserläufe zwingt gebieterisch dazu, die Gebilde als Kunstprodukte und als Wasserbauten, Stromanlagen intelligenter Be­wohner unserer Nachbarwelt zu betrachten, denn es ist vollständig ausgeschlossen, daß die rohen Natur­kräfte derartige planvolle Anlagen je hätten schaffen fönnen.

Sie werden in Fachkreisen jetzt auch nahezu allgemein als ein sicherer Beweis für die Existenz menschenähnlicher Wesen auf dem Mars   betrachtet.

Man erblickt in den Kanälen durch die Noth gebieterisch erzwungene Bewässerungsanlagen, ge= schaffen, um das infolge des hohen Alters des Mars   schon ganz erheblich an Masse, durch Auf­saugung seitens des Weltkörpers( vergl. Abhandlung: Unser Mond."), verringerte belebende Naß dem Innern der Länder zuzuführen, diese dadurch künstlich noch bewohnbar zu erhalten und zugleich Verbin­dungswege zwischen Nord- und Südmeer zu schaffen.

Unterstützt wird die Anschauung, daß der Mars  von intelligenten Wesen, wahrscheinlich dem Menschen­geschlecht ähnelnd, bewohnt sei, noch durch eine höchst auffällige Beobachtung der letzten Zeit.

Man entdeckte nämlich auf einer Stelle der Marsoberfläche häufig Lichtblize, welche in ganz