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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
treffen nirgends blos ein kleines Stück des Lebens ausgeschnitten, nirgends einen Einzelfall, der Bezug hätte auf die ersten und nächsten Interessen des Tages. Es find fernab gelegene, theils der Mythe und der Bibel, theils der abstrakten Spefulation entlehnte Stoffe, die auf den ersten Blick fesseln, gerade weil sie so fremd und entlegen anmuthen. In zwei oder drei mythischen Gestalten, Menschen oder visionären Figuren, verkörpert der Künstler irgend einen großen, das tiefe und geheimnißvolle Wesen der Welt durchdringenden Gedanken.
Und in zweiter Linie bemerken wir eine, man möchte sagen, bis zum Uebertriebenen geführte Einfachheit der Darstellung. Auf keinem der Bilder ist irgend ein nicht unbedingt zum Ganzen
genug dazu und als fürchte er beim Suchen der Formen und Ausdrucksmittel die Idee selbst zu verlieren. Und diese Hast im Suchen nach Ideen und nach möglichst schneller und primitiver Verköiperung ist durchwegs unverkennbar und es liegt in diesem Suchen ein großes Theil jugendlichen Ungestüms, der schnell Gedanken zu finden weiß, aber auch schnell mit der Verwirklichung fertig sein möchte.
Gehen wir zur Betrachtung der heutigen Bilder über. Das Bild„ Eine Vision" hat einen biblischen Gegenstand zum Ursprung. Ein in einem Buche, vielleicht der Bibel, lesender Jüngling, der von der Lektüre aufblickend ein seltsames Gesicht hat. Die betreffende Stelle im Propheten Hesekiel , die die Herrlichkeit Gottes versinnlichen soll, lautet:„ Ein Herrlichkeit Gottes versinnlichen soll, lautet:„ Ein
stellung des Bibeltertes, bedeuten soll, bleibt unflar. Je näher man das Ganze betrachtet, desto verschiedenartiger könnte man es auslegen, ohne daß vielleicht eine einzige Auslegung die Absicht des Künstlers treffen würde.
Ganz anders und viel ergreifender ist das zweite Bild. Der Kampf der Finsterniß gegen das Licht um eine Menschenseele. Aus dem dunklen Hintergrunde heraus grinst das gierige Gesicht eines Ingeheuers, vielleicht den Teufel darstellend. Es streckt die langen Strallen nach dem Sterbenden ans, über den es sich fast ganz hingewälzt hat. Und die großen, leuchtenden Augen schauen voll gehässiger Gier und siegessicherer Schadenfreude nach einer Lichtgestalt hinunter, die in Haltung und Ausdruck
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gehöriges Moment. Aengstlich vermieden sind zum Beispiel alle landschaftlichen Zuthaten, selbst dort, wo sie vielleicht die Plastik der Darstellung erhöhen und verschärfen würden. Und gerade diese schroffe Einfachheit der Mittel soll es sein, die dem Beschauer die Idee jedes Bildes umso eindringlicher vorführt. Gerade dadurch, daß ihm der Künstler nur die nothdürftigste äußere Gestaltung verleiht, tritt der kahle und ungeschmückte Gedanke des Bildes um so eruſter hervor.- Auf der anderen Seite möchte man Schneider in dieser Beziehung, was die künstlerische Verwerthung der Stoffe betrifft, einen Verschwender nennen, in sofern, als er es vermeidet, seine Stoffe technisch auszunußen und durch die Gewalt und Größe der Formen der Gewalt und Größe der Idee nachzukommen: alle äußerlichen Mittel, wie Farben und Dimensionen, läßt er bei Seite liegen. Es macht den Eindruck, als nähme er sich nicht Zeit
ungestümer Wind kam daher mit einer großen Wolfe von Feuer, das allenthalben glänzte. Und in der lichten Helle des Feners war es gestaltet wie vier Thiere und jedes hatte vier Flügel und vier Angesichter, das eines Menschen, das eines Löwen, das eines Stieres und das eines Adlers. Wie gewaltige Wasser rauschten die Flügel und wie ein Getöne des Allmächtigen, und wenn sie niedersanken, so donnerte es über ihnen im Himmel." Mit diesem Stoffe ist der Künstler ganz frei umgegangen. Aus einem weiten weißen Luftfreis heraus läßt er die Gestalt eines Mannes mit ungeheuren Flügeln schweben, ganz nah über dem Kopf des Jünglings, der ihn greifen kann. Von dem Erschütternden und Grausigen, wie es die biblische Mythe berichtet, ist hier nichts mehr zu finden. Es liegt wie unendliche Nuhe über dem Gauzen, wie eine nie endende Vision. Was das Bild, abgesehen von einer einfachen Dar
vielleicht die schönste und innigste ist, die Schneider lisher geschaffen hat. Es ist ein rein symbolisches Bild und in drei Figuren ist der ewige Kampf und das ewige Ringen der Schicksalsmächte in der Menschheit zusammengefaßt. Bezeichnend ist und wir werden noch weitere Beispiele hierfür finden auch in diesem Bilde die Wiederkehr derselben sinnlichen Formen für verschiedene Sujets bei Sascha Schneider . Die Gestalt des bösen Geistes hier erinnert in Haltung und Ausdruck, in der ganzen Durchführung an das Ungeheuer auf dem Bilde „ Gefühl der Abhängigkeit", und zum Theil auch an den in Affengestalt auftretenden Teufel auf dem biblischen Bilde„ Eins ist noth".
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Auch das Schaffen von Halbgestalten, aus Menschen und Thieren gebildet, findet sich bei Schneider öfters. Es ist zumeist das Bestreben, in diesen Symbolen die Bedeutung der Idee an=