Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Säkerhets- Tändstickor. verdampfen und unter Rauchbildung zu phosphoriger

Von Fred Hood.

u den zahlreichen und zum Theil höchst werth­vollen chemischen Stoffen, welche die Alchymisten durch glücklichen Zufall aus ihren meist willfür lichen Gemengen gewonnen, gehört auch der Phos­phor; seine Entdeckung erregte nicht viel weniger Auf­sehen, als wäre es in der That gelungen, den Stein der Weisen zu finden und das vielbegehrte Gold fünftlich zu erzeugen. Allerdings wurde dieser Stoff, der wegen seines merkwürdigen Ursprungs und seiner sonderbaren Eigenschaften wie ein Schaustück aus­gestellt und von aller Welt angestaunt wurde, in den Händen des Entdeckers oder auch seiner Aus­benter thatsächlich zu Gold, so lange sie das Ge­heimniß der Phosphorbereitung zu wahren wußten.

Ein Hamburger Kaufmann, Namens Brandt, versuchte es mit der Alchymie, in der Hoffnung, seinen zerrütteten Vermögensverhältnissen auf diesem Wege aufhelfen zu können. Er hatte es wohl nicht besser wie sonst die Goldmacher seiner Zeit getrieben, bis er schließlich auf den sonderbaren Gedanken kam, der Mensch, diese vollkommenste Maschine, müsse die wirksamsten und kostbarsten Stoffe in sich vereinigen und somit in seinem Organismus auch den Stein der Weisen bergen, mit dessen Hülfe man die Um­wandlung unedler Metalle in Gold bewerkstelligen fönne. Er begann nun( 1669) mit einem Aus­scheidungsproduft des Menschen, dem Harn, zu er perimentiren, und zwar mit einem Eifer, der einer besseren Sache würdig gewesen wäre.

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Natürlich waren alle seine Bemühungen ver­geblich; er fand den Stein der Weisen nicht, ent­deckte aber eines Tages einen hellgelben, halb durchsichtigen Körper von höchst merkwürdigen Eigen schaften in der Retorte. Die Masse war von wachs­artiger Konsistenz, von knoblauchähnlichem Geruch und entwidelte bei normaler Temperatur Dämpfe, die im Halbdunkel des Laboratoriums leuchteten. Hand, mit welcher er den Stoff berührte, begann gleichfalls aufzuleuchten, und aus dem kochenden Wasser, in welchem er das neue Produkt aufzulösen suchte, stiegen Dämpfe auf, die sich zu strahlenden Wolfen ballten. Diese Eigenschaft des Leuchtens, welche man noch bei feinem anderen Körper bemerkt hatte, veranlaßte Brandt, den Stoff Phosphor" ( Lichtträger) zu taufen.

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Vielleicht hätte schon die leichte Entzündlichkeit genügt, den neuen Stoff zu einem für alle Welt interessanten Phänomen zu machen; Thatsache ist, daß die kleinsten Mengen Phosphor mit Gold auf­gewogen wurden. Geschäftskundige Leute reisten mit dem infernalischen Stoff in aller Welt umher, zeigten ihn für Geld und füllten ihre Taschen. In London  bezahlte man um 1680 die Unze mit zehneinhalb, in Amsterdam   sogar mit sechzehn Dukaten. Indessen war schon dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wuchsen, denn inzwischen hatte ein ge­wisser Kraft für den bescheidenen Preis von zwei­hundert Thalern das Geheimniß erworben. Er war von Kunckel  , dem berühmtesten Chemifer seiner Zeit, behufs gemeinsamer Ausmuzung dieser Erfindung zu diesem Kaufe veranlaßt worden, hielt es aber, im Besize des Geheimnisses, für angemessener, auf eigene Rechnung" zu reisen. Nun aber ging Kundel, der wohl wußte, daß der Phosphor aus dem Haru gewonnen werde, selbst daran, den Stoff zu finden, und in der That gelang ihm dies. Als nun die Als nun die Entdecker gegen Zahlung von zehn Thalern Jedem, der das Verfahren kennen lernen wollte, das Ge­heimniß mittheilten, wurde der Stoff schnell Ge­meingut.

Eine große Verbreitung fand er allerdings erst, als Jahn und Scheele( 1769-71) festgestellt hatten, daß der Phosphor in großen Mengen aus Knochen gewonnen werden könne, indem man diese verkohlen läßt, mit Schwefelsäure zerseßt und den sich bildenden phosphorsauren Kalt, mit Kohle gemischt, bis zur Weißgluth erhizt; hierbei wird Phosphor destillirt, aufgefangen, in Stäbchen geformt und unter Wasser aufbewahrt. Bei Berührung mit dem Sauerstoff der Luft würde er schon bei gewöhnlicher Temperatur

Säure orydiren. Er schmilzt bei fünfundvierzig Grad und verbrennt bei fünfzig Grad unter lebhafter Feuer­erscheinung mit blendendweißem Licht zu Phosphor­säure.

Im Grunde haben wir es hier nur mit dieser letztgenannten Eigenschaft, der Entzündlichkeit, zu thun. Es lag sehr nahe, den Stoff zur Herstellung von Feuerzeugen zu verwerthen, indessen war das nicht so leicht und einfach, wie es uns heute er­scheinen will. Man erfand zunächst ziemlich umständ liche Vorrichtungen, welche allerdings nicht dazu dienten, Feuer zu erzeugen, sondern vielmehr die selbstthätige Entzündung des Phosphors verhindern sollten. Da es also die atmosphärische Luft abzu­halten galt, brachte man den Zündstoff, in welchem ein mit Schwefel- oder Kampherpulver bestreuter Docht befestigt war, in kleine Glashülsen; es ge= nügte, den kugelförmigen Kopf des Glasröhrchens zu zerbrechen, um lediglich durch diese geringe Nei­bung den Phosphor und zugleich den Docht zu entzünden.

Natürlich waren diese und ähnliche Vorrichtungen viel zu umständlich und kostspielig, um eine große Verbreitung finden zu können. Man erkannte bald, daß in der zweckmäßigen Vereinigung von Schwefel und Phosphor die beste Wirkung zu erreichen sei, aber es dauerte dech geraume Zeit, ehe man zur Er­findung der Phosphorzündhölzer gelangte. Als Vor­läufer derselben sind die Congreveschen Streichhölzer anzusehen, deren Zündkappe im Wesentlichen ans Kaliumchlorat und Schwefelantimon bestand; man entzündete fie durch Reibung zwischen zwei Sand­papierblättchen.

Lange Zeit war es zweifelhaft, welchem Manne die so bedeutungsvolle Erfindung der Phosphorzünd­die so bedeutungsvolle Erfindung der Phosphorzünd­hölzer zuzuschreiben sei, da diese im Jahre 1833 fast gleichzeitig in verschiedenen Ländern auftauchten. Es wurden J. F. Kammerer in Ludwigsburg  , Preshel in Wien  , Moldenhauer in Darmstadt  , Walfer   in Stockton   und noch einige Andere als Erfinder ge­nannt; es darf jedoch heute als feststehend gelten, daß diese Ehre allein dem Studenten der Chemie Friedrich Kammerer   aus Ludwigsburg   gebührt. Er war 1833 wegen Betheiligung am Hambacher Fest  politischer Gefangener auf dem Hohenasperg   und hatte dort ein halbes Jahr Festungshaft zu ver­büßen. Der Kommandant, ein alter, menschenfreund­licher Herr, suchte dem jungen Manne die Haft zu erleichtern und gestattete ihm, seiner Neigung gemäß, in seiner Zelle zu erperimentiren. Der junge Chemifer, der sich schon auf der Universität mit Herstellung von Tunkfenerzengen beschäftigt hatte, begann jetzt Versuche mit Phosphor anzustellen, und zwar zweifel­los in der Absicht, die damals bekannten Phosphor feuerzeuge   zu verbessern. Man vermag sich die Freude des Studenten vorzustellen, als es ihm nach vielen mühevollen Versuchen gelang, einen mit einer Phos­mühevollen Versuchen gelang, einen mit einer Phos­phorlösung bestrichenen Spahn durch einfache Reibung phorlösung bestrichenen Spahn durch einfache Reibung an der Wand zu entzünden. Berechtigte ihn diese Erfindung doch zu den glänzendsten Hoffnungen, da dieses Feuerzeug scheinbar an Wohlfeilheit und Zu­verlässigkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Als sich die Thore des Gefängnisses hinter ihm geschlossen hatten, begab er sich nach seiner Vaterstadt, um so= fort die Fabrikation von Reibzündhölzern und Zünd schwamm aufzunehmen.

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Seine Hoffnungen sollten aber nicht in Erfüllung gehen. Noch gab es kein Patentgesetz in Deutsch­gehen. Noch gab es kein Patentgesetz in Deutsch­ land  , und so kam es, daß seine Zündhölzer von Chemikern aller Orten nachgemacht wurden. Aller­dings wäre dadurch seine Existenz noch nicht ge= fährdet worden, als aber 1835 der Bundestag die Verwendung der höchst gefährlichen" Reibzündhölzer verbot, erfaßte den unglüdlichen Erfinder die Ver­zweiflung. Inzwischen hatte sich auch Walfer   in Stockton  , ein zweifellos sehr geschäftskundiger Mann, der Erfindung bemächtigt und in aller Welt Ver­bindungen angeknüpft, so daß auch im Auslande für bindungen angeknüpft, so daß auch im Auslande für Kammerer nichts zu holen war. Die Fabrikation wurde zwar später vom Bundestag wieder freigegeben, wurde zwar später vom Bundestag wieder freigegeben, inzwischen hatten aber die Kämpfe und Enttäuschungen die Gesundheit Kammerers zerrüttet, so daß er sich unfähig fühlte, das Werk von Neuem zu beginnen.

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Er starb im Jahre 1857 im Irrenhause zu Lud­ wigsburg  .

Die ersten Phosphorhölzer hatten den Uebelstand, daß die Zündmasse beim Aureiben zu schmelzen be= gann und glühend umhersprigte, so daß ihre Ver­wendung in der That nicht ohne Gefahr war. Es lag dies an der Zeimischung von chlorsaurem Kali, welcher Sauerstoff entwickelt und so zur Unterhaltung der Flamme dient. Diesen gefährlichen Stoff suchte man nu angemessen zu ersezen. Trevany wandte eine Mischung von Mennige und Braunstein an, aber erst durch Einführung des braunen Bleisuperoryds durch Preshel, und eines Gemenges von Mennige und Salpeter oder Bleisuperoryd und salpetersaurem Bleioryd durch Böttger nahm die Zündholzindustrie einen bedeutenden Aufschwung. Weitere Verbesserungen wurden durch Tränken des Holzes mit Wachs oder Paraffin erreicht; endlich überzog man die Zünd­fappe mit einer dünnen Lackschicht, um dem Streich­holz ein gefälligeres Aeußere zu verleihen.

Auf diese Weise hatten die Zündhölzchen schon einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht, aber noch galt es, einen großen Uebelstand zu beseitigen. Der Phosphor ist bekanntlich ein scharfes Gift, und so konnte die schädliche Einwirkung der Phosphordämpfe auf den menschlichen Organismus natürlich nicht ausbleiben. Unter den Arbeitern der Zündholz­fabriken stellten sich bald die verschiedensten Krank­heitserscheinungen ein, insbesondere Krankheiten des Zahnfleisches und der Kinnlade. Man war lange Zeit bemüht, diesem großen Uebelstande zu begegnen, aber erst die Entdeckung des rothen oder amorphen Phosphors durch Schrötter brachte die Lösung dieser Aufgabe. Dieses neue Produkt gewinnt man durch Erhizen des gewöhnlichen Phosphors auf zweihundert bis zweihundertfünfzig Grad bei Abwesenheit von Luft. Der amorphe Phosphor ist unlöslich in allen Flüssig= keiten, an der Luft unveränderlich, nicht giftig und entzündet sich erst bei zweihundertsechzig Grad. Eine Zeit lang fertigte man Zündhölzchen unter Fer­wendung dieses ungefährlichen Phosphors, bald aber erwies es sich als zweckmäßiger, den amorphen Phos­phor zur Herstellung der Reibflächen z. B. in einem Gemenge von Schwefelfies und Schwefelantimon zu verwerthen, die Zündkappen aber ganz ohne Phos­phor, und zwar hauptsächlich aus Kaliumchlorat und Kaliumbichromat, zu verfertigen.

Diese Erfindung der Sicherheitszündhölzer, die von Schweden   aus zuerst in den Handel gebracht wurden und daher auch als schwedische Zündhölzer" bezeichnet werden, verdanfen wir dem Professor Bött­ger in Frankfurt   a. M.( 1848). Er verwendete als Erster für die Zündkappen ein aus organischen und Sauerstoff abgebenden Körpern bestehendes Gemisch, das sich bei Reibung an amorphem Phosphor ent­zündete. Später wurden noch sogenannte Vulkan­zündhölzer in den Handel gebracht, welche eine geringe Menge explosiver Stoffe enthalten und daher einer besonderen präparirten Reibfläche nicht bedürfen.

Es sei nun gestattet, auf die sehr interessante Fabrikation der Zündhölzchen etwas näher einzugehen. Daß dieselbe bei der großen Billigkeit des Erzeug­nisses und bei dem ungeheueren Konsum fast aus­schließlich durch Maschinen erfolgen muß, leuchtet ohne Weiteres ein. Zunächst gilt es, aus den großen Baumstännen die fleinen prismatischen Stäbchen zu gewinnen. Zur Verwendung kommen Taunen, Fichten- und Espenholz. Die möglichst astfrei ge­wählten Stämme werden in Würfel zerschnitten und dann die Stäbchen mit Hülfe eines eigenthümlich fonstruirten Hobels mit durchlöcherten Schnitteisen ausgestoßen. Da der Block immer wieder glatt gehobelt werden muß, ist der Holzverbrauch bei diesem Verfahren aber unverhältnißmäßig groß, weshalb man denn auch schon eine große Reihe anderer Schneid­apparate oder-Maschinen ersonnen hat. Unter An­derem werden in Schweden  , woselbst fast ausschließlich Espenholz Verwendung findet, die Stämme in etwa vierzig Centimeter hohe Blöcke geschnitten, ringsumi geschält und zwischen zwei rotirenden Spindeln ein­gespannt; während der lebhaften Drehung wird ein scharfes Messer gegen den Block geführt, von welchem so ein Band von der Stärke der zu fertigenden Hölzchen spiralförmig abgetrennt wird. Gleichzeitig t'eilen scharfe