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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

daß sich der blaue Himmel im Wasser spiegelt. Das Meerwasser ist aber an sich gefärbt, auch bei tribem Wetter scheint uns an den Stellen, wo weißer Sand in nicht zu großer Tiefe den Grund bildet, dieser blaugriin oder griin gefärbt.

Man hat verschiedene Erklärungen für diese Färbung des Meerwassers gegeben, aber keine der= selben findet allgemeine Anerkennung. Deshalb wollen wir über diese Frage hinweggehen mit der bekannten Entschuldigung, wenn man etwas nicht weiß, dar über sind sich die Gelehrten noch nicht einig," was in diesem Falle thatsächlich der Fall ist. Die zeitweise auftretende blutrothe Färbung des Wassers, der das Rothe Meer" seinen Namen verdankt, ist für uns heute kein Zeichen und Wunder mehr, wie weiland dem alten Volfe Israel ; wir fennen die Ursache dieses Wunders, sie besteht in mikroskopisch kleinen, blutroth gefärbten Thierchen, die zu Zeiten in ungeheuren Mengen dicht an dicht an der Oberfläche des Wassers schwimmen.

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Durch mikroskopisch kleine Thierchen wird auch die wunderschöne Erscheinung verursacht, die unter dem Namen Meerleuchten bekannt ist. Darauf näher einzugehen, würde mir aber wohl den Vorwurf der Leserinnen einbringen, daß ich mich gar zu sehr von der Küchen- Naturwissenschaft entferne.

Das Kochen des Wassers ist jedenfalls eine der am häufigsten in der Küche vorzunehmenden Arbeiten die ja freilich nicht gerade schwierig ist. Immerhin eristirt manche höhere Tochter", die uns

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Spazierfahrt auf dem Meere.( Zu unserem Bilde.) O herrlich, solch eine Fahrt auf freiem, offenem Meer, wenn eine sichere, erprobte Hand das Steuer führt und wir, von einem frischen Wind getrieben, uns ganz dem ewig wechselnden Schauspiel um uns her hingeben können.

Auch die drei Buben und die beiden Mädel, die eines dicht neben dem anderen am Rande des Bootes lehnen, scheinen dies zu empfinden.

Neugierig, mit gespannter Aufmerksamkeit spähen die jungen Augen hinaus auf die schier unendliche, bewegte Fläche, und besonders das liebe Köpfchen, dem die frische Brise die langen, blonden Haare ganz in die Stirn ge= weht, verfolgt die Wellen und Wellchen, die im nächsten Augenblick der Kiel zerschneiden wird, mit einem so ruhig sicheren Blick, als ob der Bootinsassen Wohl und Wehe ganz nur von ihm abhinge.

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Freilich selbst wird sie, die kleine Schifferstochter, ja nie das schwanke Boot durch Sturm und Brandung lenken das wird sie den beiden Brüdern überlassen, die neben ihr vielleicht nach irgend einem fernen Segel auslugen aber theilen wird sie der Brüder Loos und Leben doch. Und wer weiß, ob sie später nicht gar an einen schmucken wettergebräunten Seemann ihr Herz ver­schenken wird.

Mag fie dann unter dessen Führung ebenso ficher wie heute nicht nur die wirkliche wogende See, sondern auch des Lebens wildbewegtes, stürmisches Meer befahren!

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Ein Wort über Byzantinismus. Selten hat eine Zeit an stolzen Schlagworten ein höheres und auf­richtigeres Vergnügen gefunden als die unserige. und felten, müssen wir leider hinzufügen, ist dem anspruchs­vollen Gebahren, dem selbstbewußten Stolze einer Zeit ein geringerer Gehalt, ein bescheideneres Maß von Selbst­vertrauen und würde gegenübergestanden als heute. Nie hat die protestantische Geistlichkeit vollere Töne zum Nuhm und Preis der wahren evangelischen Freiheit" anzuschlagen gewußt, nie verächtlicher auf die, römische Senechtschaft" herabgeblickt, als in unseren Tagen, wo des protestantischen Pfarrers, der dem Evangelium der Menschlichkeit zu dienen glaubt, wenn er sich der Sache der Armen und Unterdrückten annimmt, Maßregelungen über Maßregelungen, Chikanen aller Art und Straf­versetzungen harren während der katholische Klerus, durch Niemand beirrt und angefochten, seinen sozialen Aufgaben gerecht zu werden versucht. Und nun vollends der Pharisäerhochmuth und Dünkel, mit dem eine Gesell­schaft, die sich in dem widerlichsten Personenfultus, der schamlosesten Liebedienerei nimmer genug thun kann, auf den sogenannten Byzantinismus herabsieht! fein geringes Verdienst zweier deutscher Gelehrten, Krum­bachers( in seiner Geschichte der byzantinischen Literatur) und Fischers( im fünften Bande der Zeitschrift für allge= meine Geschichte), den vermeintlichen Byzantinismus im oströmischen Reiche eingehend untersucht und ihn in seinem Berhältniß zu der Knechtsseligkeit und dem Servilismus, wie er sich an modernen abendländischen Fürstenhöfen

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Es ist

über die Erkennungszeichen kochenden Wassers keine Auskunft wird geben können. Daß der Kochpunkt erreicht ist, erkennt man an der starken Entwickelung von Dampf und an dem Aufwallen des Wassers an der Oberfläche. Heizt man tüchtig weiter ein unter einem Topf mit kochendem Wasser, so wird das Wallen immer stärker, bis das Wasser schließ lich überkocht, d. h. die Wellen des siedenden Wassers über den Rand des Topfes hinausschlagen. Heißer wird das Wasser aber nicht, ob es nun nur eben leise wallt oder ob es überkocht, selbst das stärkste Feuer vermag es in unserem offenen Topf nicht über 100 Grad Celsius hinaus zu erhizen. Wenn wir nun aber einen Topf fest verschließen, und das Entweichen des Dampfes verhindern, so ist eine nothwendige Folge, da die neu hinzugefügte Wärme nothwendige Folge, da die neu hinzugefügte Wärme nicht mit dem Dampfe entweichen kann, daß das Wasser und der darüber mit eingeschlossene Dampf eine höhere Temperatur annehmen. Man kann also auf diese Weise überhizte Wasserdämpfe" erzeugen, die in der Technik mannigfache Anwendung finden, auch da, wo mit Dampf gekocht wird, ein Verfahren, daß sich für große Küchen in Hotels, Krankenhäusern usw., wo es sich darum handelt, Krankenhäusern usw., wo es sich darum handelt, für viele Personen zu kochen, mehr und mehr ein­bürgert. Hier ersetzt der heiße Dampf die Feuerung.

immer ist die Luft mit daher rührender Feuchtigkeit mehr oder weniger gesättigt. Sogar das fest gewordene Wasser, das Eis, verdunstet. Legen wir ein Stück Eis ins Freie, so werden wir auch bei Frostwetter sehen, daß es kleiner wird.

Ein Umstand, der das Gefrieren des Wassers gelegentlich für das Küchengeschirr verhängnißvoll macht, ist der, daß das Eis mehr Platz einnimmt, als die gleiche Menge Wasser, daß sich das Wasser beim Gefrieren ausdehnt. Da das Eis aber hart ist, und seine Form nicht den veränderten Verhältnissen anpassen kann, so zersprengt es oft Gefäße, die, mit Wasser gefüllt, dem Gefrieren ausgesetzt sind. Deshalb sehe man sich vor und bewahre gefüllte Flaschen stets an Orten auf, die frostfrei sind. Die Aus­dehnung des Wassers ist bei seiner Umwandlung in Eis eine verhältnißmäßig bedeutende, namentlich ist die dabei entwickelte Kraftleistung eine sehr viel größere, als man gewöhnlich glaubt. Selbst eiserne Flaschen mit dicken Wänden werden zersprengt, wenn man sie mit Wasser gefüllt dem Froste aussetzt. Wenn im Gebirge das Wasser in kleinen Rissen im Gestein sich ansammelt und im Winter gefriert, so werden dadurch oft große Felsblöcke abgesprengt. Solche Felsmassen ja, das ist aber keine Stiichenwissen­schaft mehr, höre ich Dich sagen, verehrte Leserin, Du hast Recht. Was man mit Wasser in der Stüche Alles anfangen kann, Das weißt Du aber wahr­weshalb ich dies wässrige Kapitel

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Beim Kochen verwandelt sich das Wasser in Dampf, es geht aus dem flüssigen in den gas­scheinlich besser Das thut Wasser nun förmigen Zustand über. allerdings bei jeder Temperatur, es verdunstet stets, hiermit schließe.

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Aus dem Papierkorb der Zeit.

entwickelt, beleuchtet zu haben. Das Resultat der Unter­suchungen beider Gelehrten ist überaus beschämend für unsere Zeit.

Der byzantinische Charakter, der sich rein und unver= ändert bis in das späte Mittelalter hinein erhalten hat, ist sehr schwer zu umschreiben; jedenfalls erfassen Schlag­wörter wie dogmatische Starrheit, sklavische Imitation und maßloser Personenkultus, keinen seiner Grundzüge gänzlich. Am wenigsten erscheint es gerechtfertigt, eine Haupteigen­schaft des byzantinischen Charakters in einem ausgeprägten, allseitigen Servilismus im staatlichen Leben zu suchen, der sich vielmehr überall einstellt, wo sich eine absolute Herrschaft entwickelt. Das gebildete Mittel­ europa hat den Byzantinern nichts vorzuwerfen. Nie­mals hat der Byzantinismus in Byzanz so üppig geblüht wie an den Höfen Karls V., Philipps II., Ludwigs XIV. und mancher Duodezfürsten unseres Vaterlandes." Die deutschen Hofpoeten der guten, alten Zeit übertreffen an hündischer Kriecherei die verwandten Ergüsse der mittel­griechischen Literatur." Alle Staatsgewalt war in Byzanz in der heiligen Person des Kaisers konzentrirt, trotzdem fam es in Oft- Rom nie zu einer so grenzenlosen Korruption und Verschwendung, wie am französischen Hofe oder den Fürstenhöfen mancher deutschen Kleinstaaten im achtzehnten Jahrhundert. Wenn auch das oströmische Volk unter schwerem Steuerdrucke seufzte, so wurde doch der weitaus größte Theil der Einkünfte für die vielen Kriege gegen Nachbarvölker und sonstige Bedürfnisse des Staates ver­wendet, diente aber nicht dem maßlosen Lurus und der sinnlosen Verschwendung des Hofes. Alles in Allem wird der widerliche Charakter, der thatsächlich einzelnen Abschnitten, wie der traurigen Uebergangsperiode von 1025 bis 1081, anhaftet, mit Unrecht auf das ganze byzantinische Zeitalter übertragen."

Wäre es dem Geifte eines Oströmers vergönnt, in diesen Tagen unter uns zu wandeln und von gewissen Vorfällen zu vernehmen, an denen die jüngste Zeit über­reich war wahrlich, er würde verwundert murmeln: Wir Wilden sind doch bess're Menschen!"

L.

Canovas schriftstellerische Thätigkeit. Der im ver­gangenen Sommer ermordete Premierminister Spaniens , Antonio Canovas , ist am 8. Februar 1826 zu Malaga geboren aus reicher Bürgerfamilie; de Castillo nannte er sich, nach Landessitte den Namen seiner Mutter dem des Vaters beifügend. Einer Besprechung seiner schrift­stellerischen Thätigkeit von E. Hübner entnehmen wir folgende Notizen: Schon als Schüler veröffentlichte er in den Zeitungen seiner Vaterstadt Verse und prosaische Auf­sätze. Bei dem unglaublichen Tiefstand des niederen wie höheren Schulwesens war Canovas in der Hauptsache auf eigene Ausbildung angewiesen, wobei sich in ihm jene schwärmerische Vaterlandsliebe ausbildete, welche durch die Halbbildung oder Nichtbildung der meisten ihrer Träger so häufig zum blinden Nationalitätsdünkel auszuarten pflegt". Canovas war von je entschiedener Monarchist, Gegner der Republik in jeder Form, strenggläubiger Katholik und Vertheidiger der weltlichen Herrschaft des

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Papstes, unter der Spanien freilich nie gestanden und gelitten hat. Der Liberale Salmeron nannte ihn einst einen Torquemada, nach dem spanischen Generalinquisitor, der von 1481-1498 gegen neuntausend Kezer verbrennen ließ. Von Canovas umfangreicheren Arbeiten ist die Fortsetzung der spanischen Geschichte der beiden Jesuiten Mariano und Milano zu erwähnen, in der er u. A. den Kezerbruder Philipp II . weiß zu waschen sucht, den er sein Leben lang unverdient günstig beurtheilt hat. Canovas sagt, daran, wie man über diesen König urtheile, sei sofort zu erkennen, ob man den ungläubigen und demagogischen Sinn der Neuzeit und deren Abneigung gegen die nationalen Ueberlieferungen, d. h. gegen Statholizismis und Monarchie, theile oder nicht. Von diesem Stand punkt aus ist auch Canovas Versuch des Nachweises, daß die Mauren die Kultur in Spanien zerstört, nicht gefördert hätten, zu erklären; wiederholt hat er dieses Thema behandelt. Immer wiederholt sich bei Canovas der Grundsatz, daß man gegen den Revolutionarismus ( ein prächtiges Wort!) der demagogischen Parteien kämpfen müsse, ohne dabei irgend eine der recht müssigen Groberungen der Zivilisation aufzugeben". Der letztere Theil dieses Sazes erscheint sehr verwunderlich im Munde eines Mannes, unter dessen Ministerpräsidentschaft in Spanien die Tortur in scheußlichster Form ihre Auferstehung feierte und an keines Verbrechens überwiesenen Menschen voll zogen wurde. Unter dem Eindruck der Nachrichten von den deutschen Siegen in Frankreich im 1870/ 71er Striege sah Canovas das Ende der Weltherrschaft des Papstes und rechnete mit der Möglichkeit, daß der Sitz der Päpste nach Köln verlegt werden könnte und die deutschen Herrscher das Kaiserthum war noch nicht proklamirt!

auch die katholische Kirche regieren könnten. Hat vielleicht Bismarck von dem Vortrag Canovas gehört und in diesem Urtheil des spanischen Ultra die Grmuthigung zum Kulturkampf gefunden? Unseren Nationalchauvinisten lacht gewiß das Herz im Leibe darüber, daß der Spanier in den deutschen Siegen erkannt, daß vor der germa nischen Rasse die lateinische ihr Haupt zu beugen habe". Die germanische Machtentfaltung beruhe, meint Canovas, auf der bewunderungswürdigen Vereinigung von der Freiheit des Individuums(!!!) mit der Disziplin". Das kommit Dem, der die deutsche Freiheit des Individuums einigermaßen fennt, gewiß höchst spanisch" vor.

In einem anderen Vortrage beweist" Canovas, daß Materialismus, Positivismus, Darwinismus und Pans theismus Freiheit und Fortschritt aus der Wissenschaft verbannen". Bum!

In seiner Sammlung von Arbeiten hat Canovas auch Theile von Parlamentsreden aus dem Jahre 1871 über die Internationale aufgenommen. Man kann sich denken, welcher Art Gewächs diese sind.

Nachdruck des Juhalts verboten!

Alle für die Redaktion bestimmten Sendungen wolle man an Edgar Steiger , Leipzig , Elisenstraße 90, richten.

Berantwortl. Redakteur: Edgar Steiger , Leipzig . Verlag: Hamburger Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Auer& Co., Hamburg.- Druck: Mar Bading, Berlin ,